Interview mit Andrew von My Dying Bride

Ohrwürmer kennt der dunkle Brite nicht, düstere Musik aber umso mehr. MY DYING BRIDE haben jüngst ihr mittlerweile zwölftes Album veröffentlicht, „Feel The Misery“ fängt die traurige Stimmung der Welt perfekt ein und bietet sich als Soundtrack für den kommenden Herbst bestens an. Gitarrist Andrew Craighan schildert, warum das Album aber doch mehr ist und zeigt sich dabei als symphatischer, aber auch etwas zynisch-ironischer Zeitgenosse.

My Dying Bride - Transparent

Hallo und danke, dass du dir Zeit für das Interview nimmst. Feel The Misery ist soeben veröffentlicht worden, ich denke, ihr seid zufrieden und auch sehr gespannt auf die Reaktionen der Fans. Habt ihr schon ein paar Rückmeldungen?

Hi, ja, das Album ist jetzt draußen und die ersten Reaktionen sind ausgesprochen positiv. Es gab da ein paar wirklich außergewöhnliche Reviews, für unsere Verhältnisse ein echter Erfolg.

Auf den ersten Blick ähnelt die Platte früheren Werken. Aber es gibt schon eine Menge neuer Elemente, die sich erst nach einiger Zeit zeigen. Kannst du erklären, warum „Feel The Misery“ mehr ist als neuer Wein in alten Schläuchen?
Ich denke, wir haben unsere spezielle Art Musik immer weiter verfeinert, entsprechend sind wir immer noch eindeutig MY DYING BRIDE, aber wir wiederholen uns nicht und wir versuchen auch nicht zwanghaft, die Musik unserer Vergangenheit am Leben zu erhalten. Glücklicherweise müssen wir uns als MY DYING BRIDE aber auch nicht großartig um einen anderen Stil bemühen.

Ist „Feel The Misery“ so etwas wie der „Königs-Titel“ für eine Veröffentlichung von euch? Wie lange habt ihr nach genau dem Titel gesucht, der das Konzept der Band einfach perfekt beschreibt?
Für mich umschreibt der Song sogar nicht nur dieses Album, sondern den gesamten Zustand der Welt in diesen Tagen, es läuft einiges schief bei den Menschen und wir werden ständig von irgendeinem Quatsch und Falschmeldungen manipuliert. „Feel The Misery“ soll genau das beschreiben und auf unsere Art soll es etwas Hilfe bringen beim sicheren Verfall der Menschheit. Und natürlich rundet der Titel die Platte sehr schön ab.

My Dying Bride - Interview 2015 III

Was sind aus deiner Sicht die größten Unterschiede zu den letzten Alben bzw. der Manuscript-EP?
„The Manuscript“ wurde mehr oder weniger während der Zeit um „A Map Of All Our Failures“ geschrieben, entsprechend unterscheidet es sich natürlich schon sehr. „Feel The Misery“ ist fokussierter und direkter. Selbst die dunklen Ambient-Parts kommen mehr auf den Punkt. Wir haben dieses Mal weniger gequatscht, sondern einfach gemacht.

Wie groß war der Einfluss durch Hamishs Abgang und Calvins Wiedereinstieg (auf die Band, das Songwriting…)?
Ich denke, das erklärt sich von selbst. Ich hatte ein neues Album zu schreiben, auf meine Art, keine Diplomatie, keine Kompromisse, kein „lass uns sein, was wir nicht sind“. Es ist nicht perfekt, aber es ist ehrlich, es ist MY DYING BRIDE.

Würdest du zustimmen, dass „Feel The Misery“ das abwechslungsreichste Album von euch ist? Da sind so viele schöne Melodien, Breaks, Soli usw., die das Album sehr spannend gestalten.
Das abwechslungsreichste Album jemals? Von allen Bands? Klar, könnte sein…entschuldige, das ist etwas kindisch, ich weiß schon, was du meinst. Mal ernsthaft, es dürfte schon ganz vorne mitspielen, aber ich denke, „Turn Loose The Swans“ hat da die Nase vorn.

Meiner Meinung nach ist der Gesang das I-Tüpfelchen. Hart, clean, erzählend, leidend…sehr variantenreich, aber absolut schlüssig und stimmig.
Ich freue mich, dass du da zustimmst, sie sind alle ein Teil des Bildes, das wir gemalt haben und sie sind ein lebendiger Beitrag des übergeordneten Konzepts.

My Dying Bride - Interview 2015 IManche Songs sind echte Ohrwürmer. Ist das ein Lob oder genau das Gegenteil für eine Band, die alles ist, nur nicht kommerziell?
Ich musste den Begriff „Ohrwurm“ erst einmal googlen und jetzt denke ich, er passt nicht so gut in Verbindung mit unseren Songs, unsere Beerdigungs-Attitüde würde wohl eher mit Erdwürmern assoziieren. Nun, ich denke, es ist ein Kompliment, solange man den Song, den man spielt, nicht selber scheiße findet. So wie „The Birdy Song“, den man nicht mehr aus dem Kopf bekommt…ahh, scheiße…nein, was habe ich getan…stirb, Ohrwurm, stirb!!

Wie wichtig ist ein guter Sound für eine Veröffentlichung von euch? Ich mag den Sound diesmal sehr, weil er großartige Songs auch großartig klingen lässt.
Wir schauen schon immer, den bestmöglichen Sound hinzubekommen. Wir haben das Glück, einmal im Academy Studio als auch im Future Works arbeiten zu können. Das war es auch wert, so haben wir einen starken Sound, der perfekt zu den Songs passt.

Gibt es Veränderungen bei den Texten oder sind es wieder die guten, alten Themen?
Ich denke, Sex, Tod und Religion sind die Schwerpunkte, Sex und Tod vielleicht etwas vordergründiger, mit einem Topping Religion.

Hast du selber ein oder zwei Favoriten auf der Platte?
Hhhhmmm, „A Cold New Curse“, hauptsächlich deshalb, weil ich ihn beim Mischen zuletzt gehört habe, daher klingt er für mich noch wie ein neuer Song. Und vielleicht noch den Titeltrack, weil er nicht nur musikalisch, sondern auch vom Text her sehr viel Potential hat, da bin ich immer noch stolz drauf.

2015 ist das 25. Bandjubiläum, gibt es außer dem neuen Album weitere PLäne, um das zu feiern?
Nein, zur Zeit haben wir genug mit Interviews und Proben zu tun, um die Songs bald auf die Bühne zu bringen. Keine Pause also für die geilen Jungs.

25 Jahre und ihr seid immer noch nicht müde oder zufrieden. Wie lange gehts noch weiter mit der Musik?
Ha ha, gerade jetzt bin ich schon ziemlich fertig, aber aufhören will ich trotzdem noch nicht. Wie lange noch? Keine Ahnung. Ich schreibe gerne Musik und zum Glück bin ich nicht darauf angewiesen, meinen Alltag damit bestreiten zu müssen. Also kann ich einfach weitermachen, selbst wenn niemand die Musik kauft.

My Dying Bride - Interview 2015 II

Und wo bekommst du immer noch Inspirationen für Musik und Texte her?
Was die Musik angeht, da schreibe ich einfach Sachen, die mir gefallen, ich mag den Klang einer Friedhofsglocke, den Wind und den Regen, die gegen ein wackeliges Haus donnern, all diese Bilder in meinem Kopf werden zu der Musik, die wir nun hören, gut oder böse, das was die Szene „Doom“ nennt, da bin ich einfach glücklich mit. Desweiteren ziehe ich Inspiration aus dem simplen Sein, ich versuche, diese Gefühle in etwas Greifbareres zu verwandeln.

Gibt es schon Pläne für die nähere Zukunft? Eine Tour oder sogar neues Material?
Eine Tour, ja, neue Musik vielleicht, aber noch nicht so bald, ich meine, es ist in etwa so, wie wenn du fragst, ob wir noch ein Kind wollen, nachdem wir gerade die Geburtswehen überstanden haben. Lass uns einen Moment durchatmen, dann gehts weiter.

Ok, mit meinen Fragen bin ich durch, lass uns das Interview mit einem kurzen Wortspiel beenden, deine ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen (sie passen alle perfekt zu MY DYING BRIDE):
Liebe: Alles
Hass: Nichts
Schmerz: Der beste Lehrer
Sehnsucht: Beständigkeit
Verzweiflung: Ein Licht, das ich noch nicht gesehen habe.

Nun, das ist jetzt wirklich alles, vielen Dank noch mal für das Interview, die letzten Worte gehören dir.
Vielen Dank für die Möglichkeit, das Interview hat mir viel Freude bereitet und das kommt nicht oft vor, wenn man schon so einige hinter sich hat. Um bezüglich MY DYING BRIDE auf dem Laufenden zu bleiben, schaut doch mal bei uns im Internet vorbei:

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Publiziert am von Jan Müller

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