Interview mit Mr. Hurley, Buckteeth Bannock und der Einäugige Morgan von Mr. Hurley und die Pulveraffen

Mit ihrem neuen Album „Tortuga“ setzen MR. HURLEY UND DIE PULVERAFFEN ihre Erfolgsgeschichte fort. Kurz vor Release nahmen sich alle drei Musiker Zeit für unsere Fragen zum aktuellen Kurs des Grog’n’Roll sowie zahlreichen anderen Themen rund um Freibeuter, Vermarktung und allgemein mehr als „Blau wie das Meer“. Ahoi!

 

Moin! Ihr steht kurz vor der Veröffentlichung von „Tortuga“. Simon, wie fühlst du dich als Sänger mit dem Material inzwischen und wie zufrieden seid ihr als Band mit der CD?
Mr. Hurley: Ahoy Sigi! Die Aufnahmen liegen ja schon eine ganze Weile zurück. Die ersten fünf Songs haben wir bereits im August 2016 aufgenommen. Und glücklicherweise kann ich für mich – und für die Band – sagen, dass wir nach wie vor mehr als zufrieden sind. Wir haben das Gefühl, wie es bei einer neuen CD ja sein sollte, dass die „Tortuga“ unsere bislang stärkste Platte geworden ist.

Für alle, die euch vielleicht noch nicht so gut kennen: Wie würdest du selbst eure Musik beschreiben?
Mr. Hurley: Piratenfolk, Grog’n’Roll, Aggro-Shanty… such Dir was aus.

Piraten gibt es besonders im Folk zuhauf. Wodurch unterscheidet ihr euch von anderen Bands aus eurem Genre?
Mr. Hurley: Dass es sooooo wahnsinnig viele Piratenbands gibt, finde ich gar nicht. Der Mittelalter-Sektor ist da immer noch viel präsenter. Und glücklicherweise hat – so ist mein Eindruck – jede Piratenband irgendwie einen ganz eigenen Stil. Ich denke, wir heben uns vor allem durch unsere kleine Besetzung und die humorvollen Texte ab. Wir nehmen das Thema und vor allem uns selbst nicht so ernst. Wir sind sozusagen eher Playmobil- oder Peter-Pan-Piraten als mordlüsternde Plünderer.
Buckteeth Bannock: Eben eher Monkey Island als Fluch der Karibik. Vielleicht macht uns noch aus, dass wir sehr viel mit verschiedenen Stilen rumexperimentieren. Neben vielen Folk-Eskapaden probieren wir auch an Bluesrock-, Klezmer- oder Musettewalzer-Arrangements herum.

Foto: Friso Gentsch

„Voodoo“ lässt sich als Konzeptalbum beschreiben, mit dem ihr auch bundesweit durchgestartet seid. Zuvor habt ihr mit „Plankrock“ einige ältere Songs neu aufgenommen und erneut unter’s Volk gebracht. Wie war euer Ansatz bei „Tortuga“?
Mr. Hurley: Genau genommen ist ja jedes unserer Alben ein Konzeptalbum mit dem Konzept „Piratengeschichten“. Unser Ansatz war eigentlich wie immer – wir wollten eine möglichst vielfältige CD aufnehmen, auf der wir unterhaltsame Seemannsgeschichten erzählen. Das ist auch gelungen, würde ich meinen. Soundtechnisch und von den Arrangements ist die Platte ein bisschen rockiger als die Vorgänger, aber noch immer sehr folkig und lebendig.
Buckteeth Bannock: Wir gehen ja eigentlich nicht so vor, dass wir uns ein Albumkonzept überlegen und dann Lieder dafür schreiben. Wir haben Ideen für Lieder, schreiben sie, und wenn wir genug davon für ein Album zusammen haben, schauen wir, ob die irgendeinen gemeinsamen Nenner haben. Danach benennen wir dann das Album.

Wie bzw. wann haben die Arbeiten an „Tortuga“ begonnen?
Mr. Hurley: Die ersten Songs haben wir – wie bereits erwähnt – im letzten Sommer eingespielt. Einige der neuen Songs spielen wir sogar seit März 2016 live. Richtig intensiv weiter geschrieben haben wir dann im Herbst und von Januar bis März 2017 waren wir nahezu jeden Tag im Tonstudio.

Gab es Änderungen beim Songwriting oder Komponieren?
Mr. Hurley: Wir haben bei dieser Platte ein bisschen ausführlicher vorproduziert. Bereits vor Aufnahme der CD gab es Demo-Versionen von allen Songs, die wir in unseren Kinderzimmern aufgenommen und dann im Studio weiter ausgearbeitet haben. Generell gönnen wir uns den Luxus, noch im Tonstudio sehr viel zu experimentieren. Besonders das Spielen mit Klischees macht sehr viel Spaß, was man in Songs wie „Wär‘ ich Gouverneur“ oder „Ich Kanone Dich nicht leben“ gut hören kann.

Zu den insgesamt 18 Songs gesellt sich wieder ein vierteiliges Hörspiel, dieses Mal trägt es den Titel „Blakes Landgang“. Was hat euch erneut dazu bewogen, gesungene Lieder mit gesprochenen Texten zu verknüpfen?
Mr. Hurley: Never change a running system. Es macht einfach unglaublich viel Spaß, Hörspiele zu schreiben und den Fans gefällt es ja auch.
Buckteeth Bannock: Zudem entwickelt sich ja um unsere Lieder langsam ein eigener Kosmos voller Figuren wie Captain Blake, Smutje Fischkopp, Schwalzbalt und so weiter, den wir in diesen Hörspielen ein wenig weiter ausbauen.
Morgan: Hinzu kommt, dass wir uns viel stärker als Entertainer denn als reine Musiker verstehen. Daher kann man unsere Alben durch die Hörspiele vielleicht auch irgendwie als Piraten-Musicals auffassen.

„Tortuga“ ist euer Albentitel und gleichzeitig der Titeltrack, den ihr vorab veröffentlicht habt. Warum habt ihr euch ausgerechnet für diesen Song entschieden?
Buckteeth Bannock: Er bringt einfach alles auf den Punkt, was wir wollen: Spaß machen und dabei Spaß haben. „Tortuga“ ist einfach ein perfektes Sinnbild für sorglose Piratenfeierei. Und damit eben auch für unsere Musik und unsere Konzerte.
Morgan: Wir versuchen natürlich auch mit dem neuen Album, neue Fans zu bekommen. Die erste Single sollte also etwas sein, unser gesamtes Konzept möglichst einfach verpackt und auch für diejenigen verständlich macht, die uns zum ersten Mal hören. Und da ist „Tortuga“ sehr gnädig – denn was gibt es Piratigeres als die Insel der Sünde?

Den Abschluss markiert „Blau wie das Meer“ in einer 2017er-Version. Warum habt ihr euren bekanntesten Song nochmals auf „Tortuga“ gepackt?
Mr. Hurley: Das hat mehrere Gründe. Tatsächlich haben wir den Song aktuell auf keiner CD in der Fassung, wie wir ihn aktuell aufführen. Auf unserer ersten CD „Affentheater“ lässt die Aufnahmequalität noch etwas zu wünschen übrig. Auf der „Grog’n’Roll“ haben wir Malte von Versengold einen Gastsänger dabei und dann gibt es eben noch die „Plankrock“-Version mit E-Gitarre, Bass und Schlagzeug. Wir wurden nun schon recht häufig darum gebeten, eine Fassung aufzunehmen, die der entspricht, wie wir sie aktuell spielen. Also z.B. mit dem Akkordeon statt einer Flöte als Lead-Instrument. Diesem Wunsch sind wir im Nachhinein noch als kleine Entschädigung für die Fans nachgekommen, weil wir unser Album-Release um eineinhalb Monate verschieben mussten.

Wie seht hat sich eurer Meinung nach durch Spotify, YouTube und Co. die Vermarktung eines neuen Albums im Vorfeld verändert?
Mr. Hurley: Das ist schwer zu sagen. Wir sind ehrlich gesagt ziemliche Business-Versager und sind froh, dass es Plattenfirmen gibt, die uns dahingehend etwas bemuttern. YouTube ist für uns ein sehr dankbares Medium, weil alles, was mit Optik zu tun hat, uns wegen unseres guten Aussehens (na gut, und ein bisschen wegen der tollen Kostüme…) in die Karten spielt.
Morgan: Wir können aber von Glück sagen, dass wir sehr treue Fans haben, die zusätzlich zu den Liedern für’s Ohr auch gerne etwas für Augen und Hände haben, und darum immer noch großen Wert auf eine tatsächliche CD statt auf einfache MP3-Downloads legen. Die Online-Möglichkeiten sind zwar groß, aber komplett ablösen werden sie unsere Alben wohl nicht.
Buckteeth Bannock: Und wie genau das die Vermarktung verändert, weiß ich auch nicht. Aber heute haben wir unser Musikvideo bei Burger King laufen sehen. Das ist schon ein cooles Gefühl.

Wenn du dich auf drei Stück beschränken müsstest, um Mr. Hurley und die Pulveraffen einem Ahnungslosen näherzubringen, welche wären dies und warum?
Mr. Hurley: Musikalisch am ehesten „Achtung, Fertig, Prost!“ von der neuen CD. Tanzbares, fixes, folkiges Tempo, eingängige Melodie, Mitgröl-Parts fürs Publikum. Inhaltlich reicht allein schon der Titel von einem Song unseres zweiten Albums: „Schiffe, Schätze, Schlampen, Schnaps“
Morgan: Und natürlich „Blau wie das Meer“. Denn seien wir mal ehrlich: Ohne das Lied wären wir heute nicht hier.

Wie geht ihr mit Kritik um? Allgemein: Wie wichtig sind für euch Reviews? Lest ihr eure Kritiken und wie steht ihr zu der Kritik eines Redakteurs?
Mr. Hurley: Das kommt wie immer im Leben darauf an. Wenn die Kritik gut begründet ist, können wir anderer Meinung sein, aber das schon akzeptieren, dass nicht jeder uns geil findet. Ist ja völlig okay. Wenn wir aber das Gefühl bekommen, der Redakteur hat sich überhaupt nicht die Zeit genommen, sich mal mit der Band auseinanderzusetzen und vergleicht uns z.B. mit Alestorm oder Running Wild, dann sind wir logischerweise manchmal schon etwas genervt.
Morgan: Im Großen und Ganzen sind wir aber natürlich immer schwer gespannt auf Rezensionen. Als Musiker kann man nunmal schwer einschätzen, wie gut ein Song tatsächlich funktioniert, bis ihn jemand anderes gehört hat.

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Letztes Jahr habt ihr eure erste eigene Tour gespielt. Wie waren eure Erfahrungen im Hinblick auf die Livetauglichkeit einzelner Songs und welche Rückschlüsse habt ihr daraus gezogen?
Buckteeth Bannock: Die allermeisten unserer Songs spielen wir ja schon live, bevor wir sie aufnehmen. Daher bekommen wir die Resonanz meistens schon vorher und einige Songs haben wir bald wieder aus dem Programm genommen und auch nie aufgenommen, weil sie einfach keinen Spaß machten. Aber ein paar Songs sparen wir uns natürlich schon für die Alben und die damit verbundenen Touren auf – damit haben wir nur gute Erfahrungen gemacht und sie wurden allesamt gut angenommen.
Morgan: Wie eigentlich fast immer waren wir bei manchen Stücken überrascht, wie gut sie ankommen, bei anderen wiederum hatten wir mehr Begeisterung erwartet. Daraus Rückschlüsse zu ziehen, ist aber fast unmöglich. Bei einem so breit gefächerten Publikum, wie wir es auf unseren Touren vorfinden, können wir niemals voraussagen, was gut funktioniert und was nicht.

Wie war die Resonanz auf eure Clubgigs bisher?
Morgan: Durchweg positiv. Was uns vor allem überrascht hat, war das Besucherklientel. Auf Clubshows sieht man zum Teil gänzlich andere Leute als auf Mittelaltermärkten und Festivals. Durch die Clubs hatten wir plötzlich ein viel differenzierteres Bild unserer Fans.

Wodurch unterscheiden sich Clubkonzerte für euch von Märkten, Festivalbühnen und anderen Open-Air-Locations?
Morgan: Oft haben wir bei Clubkonzerten etwas mehr Möglichkeiten, Showelemente einzubauen. Auf vielen Märkten und Festivals hat man durch begrenzte Umbauzeiten beispielsweise ein eingeschränkteres Bühnenbild, und am hellichten Tag Open-Airs zu spielen macht oft eine angepasste Lichtshow obsolet.

Ihr deckt mit eurer Musik ein relativ breites Publikum ab. Viele wollen mit euch trinken und feiern, andere wollen lieber zuhören und mitsingen. Wie könnt ihr beiden Seiten gerecht werden?
Morgan: Man sagte uns einmal, wir sprechen alle Generationen ab: Kinder sehen uns und freuen sich über Piraten. Erwachsene sehen uns und freuen sich über die Musik. Und alte Leute sehen uns und freuen sich über ein Schifferklavier.
Buckteeth Bannock: Das Gute ist ja, dass sich Party machen und zuhören bei unseren Liedern nicht ausschließen. Witzige Texte kann man ja auch auf mitreißende Musik schreiben.

Eure Texte glänzen mit Wortwitz und Charme, viele kennen euch allerdings primär wegen „Blau wie das Meer“ und verbinden euch nur mit Partymusik. Wird diese Meinung eurem eigenen Anspruch an eure Musik und deren Verbreitung überhaupt gerecht?
Mr. Hurley: Ich finde, Partymusik zu machen, ist auch schon ein Anspruch für sich. Und letztlich geht es doch darum, dass die Zuhörer und das Publikum sich freuen und Spaß haben. Dann ist das Ziel erreicht. Aber ich verstehe, worauf du hinaus willst, bedanke mich für das Kompliment und stimme Dir zu, dass ich mich auch sehr freue, wenn das Publikum die kleinen Wortspielereien erkennt. Man kann uns auch nüchtern ganz gut ertragen. Ehrlich!

Im Sommer seid ihr nun wieder kräftig auf Märkten unterwegs, im Herbst spielt ihr eure zweite Hallentour und seid Teil der Eisheiligen Nächte 2017. Ein straffer Zeitplan. Wie soll es dann für Mr. Hurley und die Pulveraffen weitergehen? Vielleicht eine Support-Tour für eine etwas größere Band?
Mr. Hurley: Mit den Eisheiligen Nächten ist das ja schon so etwas ähnliches wie eine Support-Tour. Wir dürfen da mit Subway to Sally, Feuerschwanz und Mono Inc. durch die Gegend reisen. Für das Frühjahr 2018 ist wieder eine eigene Club-Tour geplant. Vielleicht sind wir diesmal sogar mutiger und weiten das mit noch ein paar mehr Terminen aus.

Im Zuge des Erfolgs haben sich einige Gruppen wie z.B. Versengold vermehrt von ihren LARP-Wurzeln getrennt. So tritt Sänger Malte nun nicht mehr als Snorre in Erscheinung, sondern unter seinem bürgerlichen Namen. Wäre dieser Schritt für euch auch denkbar und wie bewertet ihr diese Entwicklung?
Mr. Hurley: Bei Versengold ergibt das absolut Sinn und ist angesichts der musikalischen Entwicklung auch völlig vernünftig. Bei uns steht das eher nicht zur Debatte. Unsere Show ist ja zu großen Teilen auch so etwas wie eine Theater-Performance und die Songs sind thematisch eng auf das Piratenthema gestrickt. Daher wäre es jetzt absurd, wenn wir plötzlich unsere bürgerlichen Namen nutzen und auf der Bühne Privatklamotten tragen würden.
Buckteeth Bannock: Wobei natürlich immer noch unser Metalprojekt „Mr. Hölle & Die Kettensägen“ in der Schublade liegt…

Foto: Friso Gentsch

Zusammen mit Schandmaul und Versengold seid ihr in sozialen Medien neue Wege gegangen und habt ein kleine Live-Cover-Session gespielt, im Rahmen derer alle Bands zwei Songs der jeweils anderen beiden Gruppen gecovert haben. Wer hatte die Idee dazu und wie entstand eure Songauswahl?
Mr. Hurley: Die erste Idee kam tatsächlich von unserer Plattenfirma. Dann haben wir das gemeinsam weiter ausgebaut und wirklich Spaß daran gefunden. Wir haben uns gegenseitig entweder mehrere Songs vorgeschlagen, die wir uns gut von den jeweils anderen Bands vorstellen könnten und bei anderen Song hatten die Bands von sich aus schon Ideen.

Könnt ihr an dieser Stelle verraten, ob euch derzeit noch ähnlich kreative Ideen bewegen und wenn ja, welche das sind?
Mr. Hurley: Kreative Ideen gibt es und an der Umsetzung wird auch schon gearbeitet. Mehr wird aber noch nicht verraten.

Gut, dann kommen wir langsam zu einem Ende. Zum Abschluss möchte ich dich noch bitten, bei unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming mitzumachen. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein:
Tobee – Musikpirat
LARP – Wenn wir doch nur die Zeit hätten
Mein lustigstes Markterlebnis – „Mr. Hurley hat so ein schönes Gesicht!“
Welches Traditional ich nicht mehr hören kann – Drunken Sailor
Saltatio Mortis – Wir sind die Clowns
Sing meinen Song – Mach du doch!
Spotify – Fast Food
Metal1.info – Unser Lieblingssender! <3

Vielen Dank für eure Zeit!

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