Interview mit Ercüment, Dave, Ben von Moor

MOOR sind eine junge, neue Band und klingen doch, als ob schon Jahrzehnte an Schmerz und Leid auf ihren Schultern lastet. Wir sprachen mit Ercüment, Dave und Ben über Ihr Debüt „Heavy Heart“, dessen Entstehung und die Band als Ganzes.


Zunächst einmal vielen Dank, dass du ihr euch Zeit nehmt unsere Fragen zu beantworten. Wie geht es euch?

Wie kam es zur Gründung von Moor und was war eure Vision für die Band?
Ercüment: Gut, Danke der Nachfrage… Hoffe dir auch! Christian und ich hatten einfach wieder Lust Musik zu machen, nach ein zwei Jam-Sessions zu zweit brachte Christian dann die anderen Mitglieder in die Band. Es sollte von Anfang an schon schwerer, zäherender Doom werden. Was es letztendlich auch geworden ist.
Dave: Das ich zur Band gestoßen bin und wir am Ende drei Gitarristen geworden sind war ja eher ungeplant. Als Ben für seine erste Krebsbehandlung im Krankenhaus war, hatte ich Christian bei einer Ausstellung der Hamburger Künstlerin AIN in Hamburg getroffen. Angedacht eher als Gitarren „Aushilfe“ bis Ben wieder am Start ist haben die ersten Songideen die schon standen und die darauf folgten schnell gezeigt, dass 3 Gitarren in diesem Konstrukt sehr gut funktionieren und neue Facetten möglich machen.

Wie würdet ihr den Sound und die Stilrichtung von „Heavy Heart“ beschreiben?
Ercüment: Eine schwere, dunkle Walze voller Emotionen die zum (dennoch positiven) Licht rollt.
Dave: Wir kommen alle aus unterschiedlichen musikalischen Hintergründen. Diese Summe unserer einzelnen Teile die alle nicht mit Doom musikalisch sozialisiert wurden und in vergangenen Bands gespielt haben, hat MOOR und Heavy Heart zu dem gemacht was es schlussendlich geworden ist.
Björn Springorum, der unsere Band Bio geschrieben hat, hat den Nagel hier durchaus auf den Kopf getroffen indem er uns als „Post-Doom“ betitelt hat.


Was war die größte Herausforderung bei der Produktion des Albums?
Ercüment: Die Erkrankung von Christian und Ben, und der Wunsch aller den Prozessse so geschmeidig wie möglich zu halten damit keine unnötige Belastung für die beiden entsteht in der Zeit im Kampf gegen den Krebs. Ich hoffe und glaube, dass auch sehr gut geklappt hat.
Dave: Zusätzlich dazu war es natürlich schleppend Songstrukturen aufzubauen und innerhalb der Regeln der Pandemie gemeinsame treffen möglich zu machen damit Ercü und ich Demo Aufnahmen machen konnten.
Ben: Wir haben vor dem Studio die Platte auch noch nie zusammen gespielt. Das lag an den Coronabeschränkungen und langen Krankheiten. Erst im Studio haben wir alle Bausteine zusammengesetzt oder sogar erst bestimmte Parts geschrieben. Das haben wir alle vorher sicherlich noch nie so gemacht.
Dave: …und das hat dem Album glaube ich am Ende auch sehr gut getan, da wir keine Zeit hatten irgendetwas zu zerdenken. Sondern einfach im Schaffensmoment waren, der mit der Hilfe von Role und seiner Tonmeisterei immer zum richtigen Zeitpunkt eingefangen werden konnte.

Welche Songs auf dem Album haben euch persönlich am meisten bedeutet und warum?
Ercüment: Ich kann das nicht in einzelne Songs unterteilen weil für mich das Album eine ganze Geschichte erzählt und als Ganzes wiegt.
Dave: Ja, das ist wirklich schwer zu sagen. Es klingt abgedroschen aber der Prozess im Studio mit genau dieser Konstellation an Menschen wird mir noch sehr lange in Erinnerung bleiben. Wenn es ein musikalischer Teil für mich persönlich sein muss, sticht VOID als Interlude noch einmal etwas heraus. Ich hatte in dem Moment als ich die Klaviermelodie dafür gespielt habe einfach nur diesen inneren Wunsch etwas mit einem möglichst spooky Vibe zu spielen, haha. Diese Momente wenn dann etwas einfach so entsteht ohne lange darüber nachzudenken, sind sehr selten und besonders.


Wie habt ihr den Songwriting-Prozess für „Heavy Heart“ gestaltet und was waren eure wichtigsten Inspirationsquellen?
Dave: Ercüment und ich haben uns wie schon erwähnt bei mir getroffen, um an Songstrukturen zu arbeiten und sie mit meinem kleinen Home Set Up einzufangen. Da ich mit Prog, Death, und eher technischerem schnelleren Metal sozialisiert wurde war es ein leichtes etwas mehr „out of the doom box“ zu denken, wenn man es so nennen will. Ich habe die Riffideen von Ercü immer gespiegelt und hinterfragt inwieweit sie sich mit drei Gitarren aus und aufbauen lassen um größer und facettenreicher zu werden. Wir schreiben Songs die sehr straight forward sind und unsere Stärke ist es, dass wir in einen „Stumpf“ wirkenden Song viele Lagen verpacken können und man bei jedem Durchlauf etwas neues entdecken kann wenn man möchte. Die größte ungewollte „Inspiration“ war sicherlich einen Kanal für die ganze Geschichte der Band bis heute zu finden. Ich kenne die Band nur mit der Herausforderung des „Arschloch Krebs“ innerhalb der Band. Das lässt einen, auch wenn man die Krankheit „nur“ in seinem Umfeld hat, oft gelähmt, fragend und hilflos zurück. Die Songs haben zumindest mir geholfen mich mit diesem lähmenden Zustand auseinander zu setzen und ihn zu akzeptieren.

Das Album hat eine sehr dunkle und introspektive Stimmung. Was war der Antrieb hinter diesen emotionalen Themen und wie habt ihr versucht, diese in eure Musik zu integrieren?
Ben: Moor ist keine „Konzeptband“. Die Songs klingen wie sie klingen weil es einfach so passiert (ist) – ohne irgendeinen Plan dahinter. Ich habe z.B. einen bestimmten Stil. Dabei geht es nicht um musikalische Techniken, sondern um ein bestimmtes Gefühl. Am Ende ist das Genere egal, meine Gitarrenparts werden von der Stimmung und den Melodien her immer sehr ähnlich klingen.

Das Album enthält viele einprägsame Melodien und Riffs. Wie habt ihr euch auf das Songwriting konzentriert, um diese Hook-Linien zu entwickeln?
Ben: Ercü hat das Talent, sehr einfache und unkomplizierte Riffs zu schreiben die total auf den Punkt sind. Das ist eine ganz tolle Basis. Die Melodien, die ich dann z.B. beisteuere, kommen eigentlich immer intuitiv. Diese Melodien sind einfach mein Stil. Viele der „Hooks“ habe ich erst im Studio geschrieben. Dabei hatte ich keinen Plan, sondern ich habe mich sehr spontan von meinen Gefühlen leiten lassen.
Dave: Das war sehr spannend im Studio zu sehen, wie manchen Dinge wie Bens Gitarren-Hooks erst im Moment entstanden sind. Das ist glaube ich auch das große Geheimnis hinter diesen einprägsamen Momenten. Dadurch, dass wir keine Zeit hatten irgendwelche Dinge zu zerdenken, sondern einfach zu machen und dem Song zu dienen, bekamen wir das klare Ergebnis.


Welche Einflüsse und Vorbilder habt ihr bei der Gestaltung des Sounds von „Heavy Heart“ berücksichtigt?
Ercüment: Ich habe ehrlich gesagt in der Zeit 2 Jahre lang komplett auf neue Musik und Einflüsse, die dadurch entstehen verzichtet. Mein Ziel war es mit allen etwas zu kreieren, was nicht unbedingt dem Genre Typischen folgt aber natürlich kann ich mich nicht meinen musikalischen Einflüssen, Bands die ich gerne Höre entziehen. Dazu gehören Bands wie Neurosis und co die ich schon immer höre aber auch nicht kopieren möchte.

Eure Texte sind sehr persönlich und emotional. Wie wichtig war es euch, eure eigenen Erfahrungen in die Songs einfließen zu lassen, und wie hofft ihr, dass die Hörer sie aufgreifen werden?
Ercüment: Das stimmt allerdings… das war keine Frage der “Wichtigkeit“, die sich gestellt hat, sondern die Konfrontation mit Leben und Tod die wir Band Intern erlebt haben. In dieser Zeit gab es so viele dieser Themen, dass das umwandeln in Texte fast von alleine passiert ist. Die Texte die das erlebte wiederspiegeln und nicht mit frei erfundenen fiktiven Geschichten arbeiten haben mir sehr geholfen. Die Trauer, Hass, Bewältigung all dessen auf Papier und in Musik fließen zu lassen ist eine Art und weiße seinen Emotionen zu verarbeiten und freien Lauf zu lassen, die vielleicht auch viele unserer Hörer teilen.

Was sind eure Ziele und Ambitionen für die Zukunft von Moor?
Ercüment: Gemeinsam Alt werden und noch einige Alben veröffentlichen die wir dann auch Live präsentieren können.

Wie sieht eure Tourplanung für „Heavy Heart“ aus?
Dave: Das Summer Breeze Festival steht vor der Tür, auf das wir uns schon extrem freuen. Wir sind außerdem dabei Shows davor und danach zu planen. Um auf dem Laufenden zu bleiben folgt man uns am besten auf unseren Socials die alle recht einfach mit @moormetal zu finden sind.

Welche Ratschläge würdet ihr jungen Musikern geben, die versuchen, in der heutigen Musikindustrie Fuß zu fassen?
Ercüment: Einfach machen, es gibt immer jemanden der dich feiert weil er/sie die gleichen Emotionen teilt.
Dave: Habt keine Angst vor dem Internet und verteufelt die Digitalisierung und Streaming nicht. Es ist ein Baukasten voller Werkzeug, den ihr Nutzen könnt ohne euch mit Tanzvideos oder Frühstücksfotos anzubiedern. Nutzt das Werkzeug um eure Geschichte zu erzählen und ihr werdet immer Menschen finden die euch zuhören möchten.

Nochmals vielen Dank für eure Zeit!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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