Interview mit Holger von Møl

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Für eine junge Band, die schon für ihr Debütalbum umjubelt wird, ist es gewiss nicht leicht, mit dem plötzlich in die Höhe geschossenen Bekanntheitsgrad umzugehen. Eine Tour reiht sich an die andere und ständig werden von allen Seiten Interviews erbeten. Umso erfreulicher ist es, dass die aufstrebenden, dänischen Blackgazer MØL letztlich die Zeit gefunden haben, uns zu ihrem Debüt „Jord“, den Ähnlichkeiten ihres ersten Musikvideos zu Sólstafirs „Fjara“ und der Entwicklung des Black-Metal-Genres einige Fragen zu beantworten.

 

Grüß dich! Danke, dass du mit uns dieses Interview führst. Wie geht es dir?
Sehr gut, danke! Wir sind gerade von unserer ersten Show in Finnland zurückgekehrt, wo wir eine tolle Zeit hatten – Grüße an Saari Helvitti! Und jetzt bereiten wir uns auf unsere Show auf dem ArcTangent 2019 in Großbritannien nächste Woche vor, eine Show, auf die wir uns sehr freuen.

Fangen wir mit einer ganz allgemeinen Frage über eure Band an. Was ist die Bedeutung, die hinter eurem Bandnamen MØL steckt?
MØL bedeutet „Motte“ auf Dänisch. Es repräsentiert etwas Hässliches und Unerwünschtes und doch Elegantes und Schönes zugleich. Wir versuchen, beide Aspekte für uns zu finden und durch unsere Musik zu kanalisieren.

Euer Blackgaze-Stil erinnert sehr an Deafheaven. Was genau fasziniert euch an dieser speziellen Musikrichtung?
Wir lassen uns von vielen verschiedenen Künstlern inspirieren. Wir alle sind mit verschiedenen Musikrichtungen aufgewachsen und versuchen, diese Elemente in MØL zu kombinieren. Blackgaze kann all das sein, eindringlich und grimmig und gleichzeitig sehr melodisch und schön, etwas, das eine größere Menge erreichen kann, als es vielleicht strikt purer Black Metal kann.

Was haltet ihr demgegenüber von traditionellem Black Metal?
Wir hören immer noch einige traditionelle Black-Metal-Bands, aber die ältere Generation, denke ich, hat es schwer, diese neumodischeren „Blackgaze“- oder „Post-Black-Metal“-Bands, die sich aktuell hervortun, zu akzeptieren. Wie bereits erwähnt, lassen wir uns von vielen verschiedenen Bands inspirieren, sodass die traditionelle Black-Metal-Szene für viele von uns wichtig war, für andere aber auch neu ist. Wir versuchen nicht, uns selbst als Black Metal zu bezeichnen, denn das ist etwas, das mit einer ganz anderen Denkweise geschaffen wurde, also versuchen wir, unser eigenes Ding zu machen, wobei wir uns vielleicht von einigen dieser Künstler inspirieren lassen.

Wie wichtig ist es euch, als Band einen markanten, unverwechselbaren Sound zu haben?
Ich denke, wir versuchen, originell zu sein, wenn wir Musik schreiben. Wir legen nicht zu viele Regeln fest und schreiben immer Musik, die wir selbst mögen und die nicht auf eine bestimmte Gruppe von Zuhörern abzielt. Wir sind sehr dankbar, dass die Menschen uns zuhören und die Musik, die wir spielen, akzeptieren, das bedeutet uns sehr viel.

Zuletzt habt ihr euer erstes Full-Length-Album „Jord“ veröffentlicht. Die Songtitel erscheinen eher kryptisch. Worum geht es denn inhaltlich auf der Platte?
Nun, wenn man es übersetzt, ist es weniger kryptisch. Es kann mit „Erde“, „Boden“ oder sogar „Schmutz“ übersetzt werden. Der lyrische Inhalt steht im Zusammenhang mit den Bildern, die man mit diesen Worten heraufbeschwören könnte: Tod, in die Erde hinabgesenkt werden, die Idee der Vergänglichkeit, Umweltkritik und die Versöhnung mit diesen Ideen als Mensch. Es gibt auch persönlichere Geschichten, über die Kim schreibt, die mit diesen Themen in Verbindung stehen.

Auch das Artwork sieht ziemlich abstrakt aus. Was war die Idee dahinter?
Das Artwork wurde von Jon Gotlev von No Heroes erstellt. Wir erzählten ihm, was die Themen des Albums waren und dass wir eine moderne Interpretation dieser Themen wollten. Und das „Jord“-Artwork ist das, was er sich dazu ausgedacht hat. Wir denken, dass es eine interessante Interpretation der Musik ist. Es zeigt seltsame geometrische Formen, die miteinander kollidieren, und sie sehen aus, als wären sie aus Schmutz und Wasser. Wie unsere Musik.

Inwiefern, findest du, habt ihr euch seit eurer EP „II“ als Band weiterentwickelt?
Kurz gesagt, wir haben zwei neue Mitglieder, was die Band an sich schon sehr stark weiterentwickelt hat. Unser Ausdruck als Band hat sich von einem introvertierten zu einem eher ausgelassenen „In-Your-Face“-Ausdruck gewandelt, aber wir versuchen immer noch, an unseren Wurzeln festzuhalten und uns daran zu erinnern, wo alles begann.

Wie würdest du Erfahrung beschreiben, euer erstes Album aufgenommen und veröffentlicht zu haben?
Für viele von uns war es eine völlig neue Erfahrung, den ganzen Tag im Studio zu sitzen und ein paar Songs aufzunehmen, an denen man schon lange gearbeitet hat. Es ist harte Arbeit und man geht nach einem Zehn-Stunden-Tag im Studio erschöpft nach Hause, aber gleichzeitig ist es eine wunderbare Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen und der Musik wirklich auf den Grund zu gehen, während wir mit kleinen und großen Details gearbeitet haben. Wir hatten keine Ahnung, dass das Album so werden würde, wie es letztlich herauskam. Das letzte Jahr war wirklich eine Achterbahnfahrt für uns alle, aber wir sind dankbar, dass alle unsere Musik hören, und wir möchten uns bei allen bedanken, wir wären ohne euch alle nichts!

Ich finde, dass sich auf einigen Songs neben dem typischen Blackgaze auch ziemlich brachiale Metalcore-Elemente finden. Was hat es damit auf sich?
Es geht nur um das Gefühl. Wir spielen Dinge, die sich richtig anfühlen, und nicht etwas, das den Normen eines bestimmten Genres folgen sollte. Wann immer wir an einen Punkt kommen, an dem wir uns fragen, ob dieses oder jenes Riff zum Einsatz kommen soll, sagen wir immer: „Es ist okay, in MØL ist das erlaubt“.

Zu „Bruma“ habt ihr auch ein Musikvideo veröffentlicht. In den Kommentaren wurde ihm vielfach eine Ähnlichkeit zu Sólstafirs „Fjara“ nachgesagt. Was denkst du darüber?
Ich habe das Sólstafir-Video davor noch nie gesehen, aber ich erkenne definitiv die Ähnlichkeit! Einige mögen sagen, dass das Kopieren anderer eine schlechte Sache ist, aber jeder ist inspiriert von dem, was um ihn herum passiert, etwas wirklich Einzigartiges ist also selten. Ich denke immer noch, dass wir mit der Produktion und den Symbolen im Video unser eigenes Ding gemacht haben.

Nur wenige Bands leisten sich schon zur Zeit ihrer ersten Platte ein Musikvideo. Was habt ihr damit bezweckt und wie konntet ihr das auf die Beine stellen?
Wir hatten das Glück, eine lokale Filmproduktionsfirma namens Skipper Ib zu finden, die uns bei der Umsetzung unserer Ideen helfen wollte. Es war uns wichtig, dass das Video kein „normales Metal-Video“ sein sollte, also haben wir uns an Unternehmen gewandt, die noch nie zuvor mit Metal-Bands gearbeitet haben, um sozusagen mit einem leeren Blatt arbeiten zu können. Skipper Ib hat einen tollen Job gemacht und wir sind mit dem Ergebnis sehr zufrieden.

Denkst du, dass „Bruma“ eure Musik am Besten widerspiegelt oder findest du persönlich, dass sich dafür ein anderer Track des Albums eher anbieten würde?
Wir denken, dass „Bruma“ ein guter Allround-Track ist, um unsere Musik zu repräsentieren, aber wenn man wirklich das volle Bild will, sollten man sich das ganze Album anhören. Das vermittelt einem eine Vorstellung davon, wie MØL klingt.

Mit „Lambda“ habt ihr auch einen verträumten Instrumental-Track auf der Platte. Was war euer Gedanke hinter dem Titel und dem Stück im Allgemeinen?
„Lambda“ ist tatsächlich der einzige Song auf dem Album, den wir gemeinsam im Proberaum geschrieben haben. Die Idee, hier keinen Gesang einzusetzen und den Track so auf dem Album zu haben, war etwas, worüber wir uns alle einig waren, da wir der Meinung waren, dass es ein wenig Raum zum Atmen geben könnte, wenn man die Platte hört. Wir haben es einige Male live gespielt und es ist vielleicht der am meisten von Shoegaze inspirierte Song, den wir je gemacht haben. Das kommt für einige Leute immer ziemlich unerwartet.

Bist du mit eurem Debüt voll und ganz zufrieden oder gibt es etwas, du gern anders gemacht hättest oder das du als kritikwürdig siehst?
Der allgemeine Konsens der Band ist, denke ich, dass wir sehr stolz auf „Jord“ sind. Es ist ein Album, das wir für uns selbst geschrieben haben, und es ist Musik, die wir sowohl gerne hören als auch live spielen. Aber wie bei allem ist man sich nicht immer über alles einig, also gibt es vielleicht etwas, das jemand von uns anders gemacht hätte, aber es würde auch keinen Spaß machen, wenn man sich immer auf alles einigen würde.

Veröffentlicht wurde „Jord“ über Holy Roar Records. Gab es einen bestimmten Grund, aus dem ihr euch für dieses Label entschieden habt?
Als wir mit der Aufnahme von „Jord“ fertig waren, dachten wir wirklich nicht, dass wir ein Label dazu kriegen würden, es zu veröffentlichen. Wir haben die Dinge immer selbst in die Hand genommen und die beiden ersten EPs wurden von uns selbst veröffentlicht. Einige von uns hatten Holy Roar verfolgt und dachten, es könnte gut passen, also schickten wir die Platte an Alex und er antwortete, dass sie mehr als glücklich sein würden, die Platte zu veröffentlichen – wir waren ziemlich aufgeregt, daran erinnere ich mich, und sind es immer noch, weil sie großartige Arbeit für uns leisten, wir könnten nicht glücklicher sein!

Was habt ihr sonst noch als Nächstes mit MØL vor?
Im Moment bereiten wir uns langsam auf die Nachfolgerplatte vor. Es ist ein langer Prozess und wir spielen immer noch viele Shows, also ist es etwas schwierig, die Zeit zu finden. Im letzten Jahr haben wir Erfahrungen gemacht, die sich keiner von uns hätte vorstellen können. Wir haben auf großen Metallfestivals gespielt, so viele schöne Länder besucht und so viele nette Menschen getroffen, dass es schwer ist, etwas Bestimmtes hervorzuheben, das uns noch fehlt, aber es wäre auf jeden Fall schön, alle anderen Länder zu besuchen, die wir noch nicht gesehen haben, wie die Vereinigten Staaten, Australien und vielleicht Asien.

Zum Abschluss jetzt noch eine kleine Tradition: das Metal1.info-Brainstorming. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Roskilde Festival: Größtes Festival Dänemarks – steht immer noch auf unserer To-Do-Liste!
Skandinavien: Black Metal
DIY: Harte Arbeit
Deafheaven-Alben – best to worst: Sunbather, New Bermuda, Ordinary Corrupt Human Love
Bühne – Studio: Arbeitsplatz
MØL in fünf Jahren: Herrscher des Universums

Nochmals vielen Dank für das Gespräch. Wenn du unseren Lesern noch etwas mitteilen willst, kannst du das jetzt gerne tun:
Vielen Dank für die tollen Fragen! Wir touren im September/Oktober mit Rivers Of Nihil – trefft uns doch live in einer Stadt in eurer Nähe!

Publiziert am von Stephan Rajchl

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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