Interview mit Jacob Buczarski von Mare Cognitum

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Jacob Buczarski kreiert mit seinem Soloprojekt MARE COGNITUM im wahrsten Sinne des Wortes Atmospheric Black Metal: Auf seinem aktuellen Album „Luminiferous Aether“ beschäftigt er sich mit kosmischen und philosophischen Themen und unterlegt seine Texte mit epischer, stimmungsvoller Musik. Warum Jacob lieber im Alleingang arbeitet und damit produktiver als so manche Band ist und was für ihn das musikalische Äquivalent zu Käse auf Fisch ist, erfahrt ihr unter anderem in folgendem Interview.

Hallo! Vielen Dank, dass du mit uns dieses Interview führst! Wie geht es dir?
Mir geht es sehr gut, danke. Jetzt, wo die Feiertage wieder vorbei sind, kann ich wieder darüber nachdenken, wie es in diesem Jahr mit MARE COGNITUM weitergehen wird. Das ist ziemlich aufregend. Danke, dass ihr mich davon erzählen lasst.

MARE COGNITUM ist ein kleines Mondmeer, ein durchaus zu deiner Musik passender Name. Warum aber hast du dein Soloprojekt gerade nach dieser exakten Tiefebene des Mondes benannt?
Der Name dieser Tiefebene war für mich besonders interessant. Übersetzt heißt er so viel wie „das bekannte Meer“, für mich repräsentiert er das Entdecken von etwas Mysteriösem, das tief an einem unbekannten Ort vergraben ist, perfekt. Es war eine Möglichkeit, die rätselhafte Natur des Universums zu begreifen, was wiederum ein Kernkonzept dessen ist, was ich musikalisch illustriere.

Wie bereits erwähnt, ist MARE COGNITUM dein Soloprojekt. Du spielst also sämtliche Instrumente selbst ein, richtig? Warum spielst du lieber allein als in einer Band?
Ja, das ist korrekt, ich mache alles selbst. Nach Jahren des Formierens und Wiederauflösens verschiedener Bands war das für mich eine natürliche Entwicklung. Ich hatte schon viel verschiedene Musik gespielt, hatte Erfahrung mit jedem der Instrumente und nachdem sich eine Band aufgelöst hatte, fing ich einfach an, alleine zu arbeiten, da ich niemanden kannte, mit dem ich eine neue Band gründen konnte und ich aber Musik kreieren wollte. Zu dieser Zeit hatte ich bereits viele Demos aufgenommen und anderes Amateur-Band-Zeugs gemacht, also hatte ich schon eine ganz gute Vorstellung davon, was ich tun musste, und tat es einfach. Ich ziehe es vor, auf diese Weise zu arbeiten, da ich so nicht das Gefühl bekomme, dass meine Arbeit umsonst ist (was bei vielen der Bands der Fall war, die ich gegründet hatte und die sich später aus irgendwelchen Gründen auflösten). Die Reaktionen auf meine Arbeit sind sehr gut, also mache ich einfach so weiter.

MARE COGNITUM lässt sich relativ einfach als Atmospheric Black Metal einordnen, nicht wahr? Von welchen Bands ist dein Sound denn beeinflusst?
Klar, das passt. Ich bin viel von Melodic Black Metal und anderen melodischen Musikstilen beeinflusst, also passt das schon. Ich denke, als ich am Sound von MARE COGNITUM gebastelt habe, hatte ich vor allem Zeug wie Agalloch, Dissection, Wolves In The Throne Room, Emperor usw. im Kopf. Das waren die Einflüsse, die auf meinem ersten Album stark hörbar waren und die ich später zu etwas weniger Offensichtlichem gerinnen lassen konnte.

Gerade im Atmospheric Black Metal ist Klargesang keine Seltenheit. Du beschränkst dich allerdings auf Screaming. Ziehst du in Betracht, in Zukunft auch Cleans einzusetzen oder bleibst du bewusst beim gutturalen Gesang?
Ne, ich mag Klargesang in extremen Metal-Stilen nicht so gern, bis auf ein paar wenige Ausnahmen. Die greifen meiner Meinung nach nicht so gut mit den Screams ineinander. Ich mag andere Musik mit klarem Gesang, aber bei dieser Art von Metal klingt das in meinen Ohren so schrill. Das ist, wie wenn man versuchen würde, Käse auf ein Stück Fisch zu legen, ist beides für sich großartig, aber zusammen funktioniert das einfach nicht (sorry, falls du ein Käse-Fisch-Liebhaber bist…). Ich bin jedenfalls sicher, dass man das so auf keinem Album von MARE COGNITUM jemals hören wird.

Obwohl MARE COGNITUM ein Soloprojekt ist, bist du damit sehr produktiv. Es existiert erst seit 2011 und doch ist dein neues Album „Luminiferous Aether“ schon dein viertes Studioalbum. Wie schaffst du es, so viel Musik zu produzieren?
Ich versuche, es nicht zu erzwingen – Ich arbeite nur an Musik, wenn ich dazu gewillt bin, und wenn es anfängt, sich wie „Arbeit“ anzufühlen, mache ich eine Weile Pause. Ich denke, deshalb veröffentliche ich auch genau die qualitative Musik, die ich veröffentlichen möchte, da ich mich nicht an Deadlines halte und auch nicht an einen Vertrag gebunden bin, aufgrund dessen ich das tun müsste. Ich liebe es einfach, Musik zu kreieren, und das Tempo, mit dem ich Alben herausbringe, ist für mich völlig natürlich. Ich glaube, dass dieses Tempo so schnell wirkt, liegt einfach daran, dass ich für mich einen guten Workflow entwickelt habe und dass ich von Zuhause aus allein an meinen Alben arbeiten kann, wann immer ich es möchte.

„Luminiferous Aether“ ist unglaublich stimmungsvoll, aber keineswegs monoton. Der Opener „Heliacal Rising“ ist zum Beispiel sehr atmosphärisch, „Occultated Temporal Dimensions“ hat hingegen einen ungewohnt rohen Black-Metal-Sound. Hat das einen bestimmten Grund?
Ich bin mir nicht ganz sicher, denn ich versuche, einfach natürlich zu schreiben und nicht darüber nachzudenken, ob ich diesen Song auf diese Art und jenen Song auf eine andere Art schreibe. Normalerweise mag ich es, meine Alben abwechslungsreich zu halten, aber letztlich kümmere ich mich nicht darum. Ich ziele nicht darauf ab, etwas auf eine bestimmte Weise zu machen, sondern ich schreibe immer so, wie es mir zu dem Zeitpunkt in den Sinn kommt. Die Alben entstehen über einen langen Zeitraum hinweg, also hat das vielleicht etwas damit zu tun, was ich zu der Zeit gerade höre und wie es mein Songwriting beeinflusst. Vielleicht aber auch damit, wie ich den Fluss des Albums wahrnehme und was es noch braucht, um spannend zu bleiben. Ich mag es, wenn die Energie auf einer Platte dynamisch aufsteigt und wieder fällt. Das frischt das Ganze etwas auf.

Welcher Track deines aktuellen Albums ist dir der wichtigste und warum?
Bei „Occultated Temporal Dimensions“ war der Schreibprozess der für mich denkwürdigste, weil es definitiv der komplexeste Track auf dem Album ist, bei dem hat auch das Komponieren bei weitem die meiste Zeit beansprucht. Er entwickelte sich einfach jedes Mal weiter, wenn ich an ihm arbeitete, und wurde immer besser, anfangs war der noch ganz anders. Dieser Song hat die Grenzen dessen, was ich bisher gemacht hatte, ausgeweitet und ich bin wirklich stolz darauf, was daraus geworden ist. Ich finde, er unterscheidet sich stark von allem, was ich bisher gemacht habe und für mich ist er so etwas wie ein Meilenstein. Diesen Stil werde ich in Zukunft bestimmt noch eingehender verfolgen.

Würdest du sagen, dass sich „Luminiferous Aether“ von deinen ersten drei Alben unterscheidet oder führst du darauf deinen bisherigen Stil weiter?
Bis zu einem gewissen Grad weitet es den Stil aus, den ich bisher verfolgt habe, aber es sind genug andere Aspekte darauf zu finden, die es von den bisherigen Alben abheben. Für mich ist es eine verfeinerte Version dessen, was ich auf „Phobos Monolith“ gemacht habe, was die Produktion und die Musik angeht. Ich versuchte, die Art von Strukturen dieses Albums zu entwickeln und auf „Luminiferous Aether“ ein einhüllenderes Erlebnis zu kreieren. „Phobos Monolith“ war gewissermaßen eine Ansammlung meiner Erfahrung und „Luminiferous Aether“ baut in raffinierter, aufpolierter Art auf dieser Erfahrung auf. Dementsprechend muss das nächste MARE-COGNITUM-Album wohl ein wenig anders sein, wenn ich etwas wirklich Neues schaffen will.

Wie ist das Feedback bei Fans und Kritikern ausgefallen?
Ziemlich gut, allerdings scheinen die Leute „Phobos Monolith“ etwas mehr gemocht zu haben. Ich verstehe, warum es den Leuten so geht, aber ich habe eh gutes Feedback bekommen. Schließlich bin ich nicht in der Position, zu entscheiden, dass das neue Album besser ist, oder? Das müssen die Fans. Ich bin stolz darauf und denke, dass es ein tolles Album ist (das tun ja auch die, denen „Phobos Monolith“ besser gefallen hat), aber wenn ich früher mehr Magie geschaffen habe, soll es mir recht sein. Ich versuche immer, mich gegenüber dem vorherigen Album zu verbessern und ich denke, das ist mir in vielerlei Hinsicht gelungen. Die Reaktionen auf das Album waren jedenfalls fantastisch und ich habe das Gefühl, es war ein großer Erfolg.

In deinen Texten befasst du dich mit Philosophie und dem Kosmos. Doch womit im Speziellen und gibt es ein zusammenhängendes Konzept auf „Luminiferous Aether“?
Auf „Luminiferous Aether“ ist meine Herangehensweise ein wenig menschlicher und persönlicher in Bezug auf das allgemeine Thema, denn diesmal konzentriere ich mich mehr auf die Introspektion im Kontext der menschlichen Erfahrungen und der Erweiterung von Wissen und Bewusstsein. Das übergeordnete Thema ist der Tod des Selbst und des Egos und die Wiedergeburt in Frieden, der nur aus einem schmerzvollen und schreckenerregenden Prozess der inneren Selbstzerstörung und des Wiederaufbaus erreicht werden kann. Allerdings mag ich es nicht, den Leuten den Sinn der Texte zu diktieren, denn es ist mir lieber, wenn sie das Album ganz aus ihrer eigenen Sicht erleben, ohne dass ich sie entgegen ihres Gefühls irgendwo hinführe.

Welchen persönlichen Bezug hast du zu den Themen, die du besingst?
Ich fühle mich mit all meinen Texten in direkter und indirekter Weise verbunden, manchmal sind sie wörtlich zu verstehen und manchmal symbolisch. Viele Tracks repräsentieren meine Erfahrungen oder Meinungen, aber wie gesagt, mir ist es lieber, wenn die Leute selbst herausfinden, was die Musik ihnen persönlich bedeutet, weshalb ich vieles eher vage lasse.

Das spacige Artwork ist sehr schön anzusehen. Wer hat es gestaltet und gab es dabei eine bestimmte Vorgabe?
Ja, das ist es wirklich! Das Artwork stammt von Moonroot Art. Ich habe mir das Konzept überlegt und ihm genau beschrieben, er hat es dann interpretiert und genau auf die richtige Weise ausgebaut. Es ist ein sehr symbolisches Artwork und zeigt viele der bereits erwähnten Themen – Verzweiflung und Wiedergeburt durch diese Verzweiflung.

Planst du, eines Tages auch mit Gastmusikern live aufzutreten?
Es gab schon viele großzügige Angebote für Auftritte von MARE COGNITUM auf einigen Festivals und viele Musiker haben Interesse daran gezeigt, dieses Vorhaben zu unterstützen, aber für den Moment habe ich entschieden, dass der Zeitpunkt aus persönlichen Gründen nicht der richtige ist. Außerdem müsste ich wegen des dafür notwendigen Aufwandes die Kreation neuer Musik opfern. Vielleicht werde ich mich in Zukunft irgendwann mit diesem Arrangement wohlfühlen, aber jetzt noch nicht.

Wie wird es als nächstes mit MARE COGNITUM weitergehen?
Ich habe einige aufregende Dinge für dieses Jahr geplant, hoffentlich ein neues Album und ein paar andere wirklich spannende Sachen, vielleicht auch Neuveröffentlichungen der älteren Alben. Und noch ein paar geheime Projekte! Also die Augen offen halten.

Zum Abschluss dieses Interviews möchte ich dich noch bitten, an unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming teilzunehmen. Bitte sag uns, was dir zu den folgenden Begriffen einfällt:
Schwarzes Loch: Lösung
Post-Metal: Verwirrung
Astrologie: Einbildung
MARE COGNITUM in fünf Jahren: Einsamkeit
Lieblingsalbum: Auslassung
Außerirdische: Invasion

Nochmals vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, unsere Fragen zu beantworten. Die letzten Worte gehören dir:
Ein Hoch dem Weltraum und umarmt die ungewisse Leere.

Publiziert am von Stephan Rajchl

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