Interview mit Simon "Bloodhammer" Schilling von Marduk

Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt haben MARDUK 2019 Schlagzeuger gewechselt. Simon Schilling, neue Mann am Drumkit, ist längst kein Unbekannter mehr – schließlich trommelte er bereits für Belphegor und Nervecell. Im Interview verrät der Deutsche, wie seine Rekrutierung für die Panzerdivision gelaufen ist, wie sich MARDUK aus Schlagzeugersicht von Belphegor unterscheidet und wie es um neues Material all seiner Bands bestellt ist.

Marduk Simon Schilling 2021

Seit 2019 trommelst du nun bei MARDUK – ist das für dich ein „Jugendtraum“? Bist du auch „privat“ eingefleischter MARDUK-Fan?
Das ist es definitiv! Es ist jedes Mal ein überwältigendes Gefühl, Songs auf der Bühne zu performen, die mich durch meine Teenagerzeit begleitet und beeinflusst haben. Ich höre heute noch genau dieselben alten Platten wie vor 20 Jahren. Die alten Bands sind einfach die Besten … und das gilt auch für MARDUK!

Davor warst du drei Jahre bei Belphegor aktiv – warum bist du dort raus?
In der Zeit mit Belphegor hatte ich die Möglichkeit, vier Kontinente zu bereisen, auf sämtlichen großen Metal-Festivals zu spielen und vieles zu lernen, was mich zu einem besseren Musiker gemacht hat. Dafür bin ich sehr dankbar. Es gab auch zu keiner Zeit böses Blut, ich hatte nur für mich entschieden, einen anderen Weg einzuschlagen.

Marduk Simon Schilling 2021
Simon Schilling / MARDUK; © unbekannt

Wie kam es dann dazu, dass du dich dann bei MARDUK beworben hast?
Ich habe mich tatsächlich nicht beworben. Im November 2018 kam eine E-Mail von Morgan, in der er mich gefragt hat, ob ich aktuell verfügbar bin. Da musste ich natürlich nicht lange überlegen! Im Nachhinein habe ich erfahren, dass Fredrik Widigs, ihr damaliger Schlagzeuger, mich als seinen Nachfolger empfohlen hat – wofür ich ihm sehr dankbar bin. Mit Frederik bin ich seit einer gemeinsamen Tour von Belphegor und MARDUK im Jahr 2015 befreundet.

Was war das für ein Gefühl, bei MARDUK vorzuspielen beziehungsweise das erste Mal mit ihnen zu proben? Warst du nervös?
Es gab keinerlei Vorspielen oder erste Probe – wir haben uns direkt in Russland getroffen und unsere erste Show gespielt. Einfach Rock ’n’ Roll! (lacht) Aber nervös war ich dennoch, es ging ja immerhin um eine MARDUK-Show!

Es wurde in den letzten Jahren immer wieder versucht, MARDUK Nähe zu rechtem Gedankengut zu unterstellen – zuletzt wegen der geplanten Tour mit Infernal War. Spricht man über so etwas, ehe man einer Band beitritt?
Jeder, der Morgan oder die Band kennt, weiß, dass alle Mitglieder ein riesiges Interesse an Geschichte, speziell den großen Kriegen der Geschichte haben. Dieses geschichtliche Interesse jedoch mit rechtem Gedankengut gleichzutun ist sehr unpassend und zeugt von Unwissenheit und Dummheit. Da ich das wusste, war es mir kein Anliegen, das Thema anzusprechen.

Marduk Simon Schilling 2021
Simon Schilling / MARDUK; © unbekannt

Du lebst nach wie vor in Deutschland – wie löst ihr das Problem der geografischen Distanz im Bandalltag heute – was Proben, Tourvorbereitungen und so weiter angeht?
Jeder bereitet sich daheim vor: Setlist und so weiter gehen wir online durch und danach trifft man sich direkt am Ort des Geschehens. Natürlich haben wir das vor den ersten Shows nach Corona ein wenig anders gehandhabt. Hierfür haben wir uns zwei Tage in Schweden getroffen und das Material durchgespielt. Einfach zum Auffrischen und um wieder reinzukommen.

Du scheinst dieses Vorgehen ja gewohnt zu sein, nachdem du auch bei Nervecell aus den Vereinigten Arabischen Emiraten ja auch als Live-Drummer aktiv bist. Aber wie fühlt sich das an, überall auf der Welt Bands zu haben? Ist das nicht ein komisches Gefühl, dazuzugehören, aber die Leute nur alle paar Monate oder Jahre bei Shows zu treffen?
Nein, das war nie wirklich ein Problem, man steht ja durch das Handy öfter in Kontakt und kommuniziert. Außerdem macht man mit den richtigen Leuten immer wieder da weiter, wo man das letzte Mal aufgehört hat. Quasi so, als hätte man sich erst gestern gesehen.

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Wie akribisch hältst du dich an die Drumspuren deiner Vorgänger? Als Schlagzeuger hat man da ja immer deutlich mehr Interpretationsspielraum als an anderen Instrumenten…
Ich bin ein großer Fan davon, meinen eigenen Stil mit einzubauen – aber natürlich nur bis zu einem gewissen Grad. Die Songstruktur muss natürlich beibehalten werden. Aber gerade, was Fills und dergleichen angeht, finde ich es wichtig, dass man seine eigene Handschrift einfließen lässt. Das nenne ich künstlerische Freiheit und diese bekomme ich bei MARDUK auch zu genüge!

Welcher MARDUK-Song ist für dich spielerisch die größte Herausforderung – oder ist das Material der Schweden für dich alles „Komfortzonendrumming“?
Wenn ich sagen würde, dass das ,,Komfortzonendrumming’’ ist, wäre es gelogen! (lacht) Jeder Song hat seine ganz eigenen Herausforderungen. Egal, ob extremes Tempo oder eher stampfendes Old-School-Midtempo – die Performance muss tight sein, das ist das Wichtigste.

Marduk Simon Schilling 2021
Simon Schilling / MARDUK; © unbekannt

Was sind für dich als Drummer, aus schlagzeugtechnischer Sicht, die größten Unterschiede, wenn du Auftritte oder Aufnahmen von Belphegor und MARDUK vergleichst?
Bei Belphegor war alles sehr strukturiert und druchgetaktet. Alle Songs wurden mit Klicktrack performt, das heißt, die Songs wurden immer in derselben Geschwindigkeit gespielt. Bei MARDUK geht alles nach Feeling, es gibt keinerlei Klicktracks oder Backingtracks. Es kommt auch schonmal vor, dass die Songs schneller gespielt werden … ganz nach Tagesform.

Bist du hauptberuflich Schlagzeuger, und wenn ja: Wie sehr hat dich die Pandemie mit dem wegbruch aller Shows getroffen?
Ich mache das hauptberuflich, ja. Durch die Pandemie sind mir fast alle Einnahmen weggebrochen. Als Musiker verdient man heute nichts mehr an Plattenverkäufen. Die Haupteinnahmequelle sind Liveshows und Merch-Verkäufe bei den Shows. Durch die vielen Lockdowns, Schließungen der Clubs und der daraus resultierenden fehlenden Shows gab es auch keine Einnahmen.

Marduk 2021; © unbekannt

Ihr habt jetzt endlich die ersten drei Shows 2021 gespielt – was für ein Gefühl war das? Ist man da als Band „besser vorbereitet denn je“ oder doch ein wenig „eingerostet“ – und reagieren die Fans anders?
Das Gefühl war großartig und die Fans haben jede Minute genossen. Selbst bei Regen und zu später Stunde sind sie bis zur letzten Reihe tapfer bis zum Ende der Show geblieben. In der heutigen Zeit weiß man ja nicht, wann der nächste Lockdown kommt. Ich für meinen Teil habe die Zeit sinnvoll genutzt und mir weitere Techniken und Fertigkeiten am Schlagzeug beigebracht – somit war ich auch gut gewappnet.

Haben MARDUK die Zwischenzeit auch kreativ genutzt, ist ein neues Album in der Mache?
Definitiv! Wir sind tauschen uns permanent aus und sammeln Ideen.

Und wie steht es um deine andere Band, PANZERCHRIST? Dein erstes und zugleich bislang letztes Album mit der Band aus Dänemark ist aus dem Jahr 2013. Kommt da noch was?
Das ist eine gute Frage … und schwer zu beantworten. Wir schreiben ab und an über gewisse Dinge und haben auch schon das ein oder andere Mal ein neues Album thematisiert. Aber konkret gibt es dazu nichts zu sagen.

Zu guter Letzt bist du 2020 auch noch bei EUCHARIST eingestiegen – allerdings wird (zumindest auf Metal-Archives) Daniel Erlandsson gleichzeitig als Drummer geführt, auch für das kommende Album. Inwieweit bist du hier involviert – und was reizt dich an dieser Band besonders?
Ich bekam Anfang des Jahres eine E-Mail von Morgan, ob ich Zeit und Lust auf ein Session-Recording hätte. Im Laufe des Gesprächs kam dann auch der Name EUCHARIST ins Spiel. Daraufhin wurde ich von Markus Johnsson kontaktiert und ich bekam die ersten Demos zugeschickt. Ich war sofort begeistert. Im Laufe des Gesprächs wurde dann klar, dass Daniel Erlandsson die Band verlassen hatte und Markus das Okay gegeben hat, alleine weiterzumachen, das Material aufzunehmen und zu veröffentlichen. Die Songs wurden schon vor sechs Jahren geschrieben und Daniel hatte die Drumparts dazu programmiert. An diese habe ich mich auch zu etwa 70 % gehalten. Aktuell schreiben wir an neuen Songs.

Vielen Dank für deine Zeit und die Antworten – zum Abschluss noch fix unser traditionelles Brainstorming:
Das letzte Album, das du dir angehört hast: Iron Maiden – Senjutsu
Armin Laschet: kein Kommentar.
Nargaroth: War eine coole Zeit mit coolen Leuten.
Charly Watts: Rest in peace, legend!
Dein Schlagzeuger-Idol: Jeff Porcaro
Live oder Studio – was ist eher dein Metier? Live!
Wo siehst du dich musikalisch in 10 Jahren? Hoffentlich noch vital am Schlagzeug bei MARDUK!

Danke nochmal – die letzten Worte gehören dir:
Danke für dein Interesse an meiner Person. Ich hoffe, wir können den Fans bald wieder die typischen Liveerfahrungen bieten! Bis dahin!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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