Interview mit Morguloth von Maat

Mit „Monuments Will Enslave“ haben die deutschen Egyptian-Death-Metaller MAAT ein wirklich kraftvolles und technisch versiertes, zweites Album aus der Wiege gehoben. Inwiefern sich die Platte vom Debüt „As We Create The Hope From Above“ unterscheidet, wofür das Schlagwort „Monument“ in den Texten stehen kann und aus welchem Grund MAAT nicht viel von Vergleichen mit Nile, Vader und Behemoth halten, erfahrt ihr unter anderem im folgenden Interview mit Gitarrist Morguloth.

MAAT ist eine ägyptische Göttin, aber auch gewissermaßen eine Personifikation von Gerechtigkeit, oder? Wieso habt ihr euch so benannt, inwiefern passt das zu eurer Musik?
MAAT steht nicht nur für Gerechtigkeit, sondern auch für das Prinzip der allumfassenden Balance der Dinge. Gut und Böse, Licht und Dunkel usw. Es ist ein Prinzip. In unseren Songs nehmen wir auch nicht immer nur die eine oder andere Seite ein, sondern versuchen die Dinge von verschiedenen Standpunkten zu betrachten. Natürlich stand am Anfang das Thema „Ägypten“. Und wir wollten uns nicht klischeehaft einfach den Namen des Bösen oder den des Guten geben. Also musste etwas Darüberstehendes her. Bei den ersten Ideen war zwar schon MAAT im Namen enthalten, aber als Phrase. Aber irgendwie ist weniger oft mehr, und dann wurde aus „bla bla bla MAAT bla“ einfach nur MAAT.

Was fasziniert euch so an ägyptischer Musik und Mythologie?
Es ist ja nicht nur die Mythologie, sondern auch die Geschichte. Das alte Ägypten ist eine der ältesten Hochkulturen, die – tragischerweise – schon unter denselben Problemen litt wie unsere moderne Gesellschaft. Aber durch die zeitliche Ferne und das komplexe mythologische Universum bietet es viel Inspiration. Ebenso auch die lange und komplexe Geschichte. Man kann unendlich viel darüber erzählen, und Dinge, die man sagen möchte, in diese Welt verpacken.

Wart ihr schon mal in Ägypten? Falls ja, was haltet ihr davon, und falls nein, wollt ihr eines Tages dorthin?
Leider war keiner von uns je dort, auch wenn die eine oder andere Einladung befreundeter ägyptischer Metal-Bands bereits besteht. Natürlich würden wir gern mal in Ägypten sein und idealerweise auch ein paar Gigs spielen. Aber am Ende bleibt alles an den Finanzen kleben.

Zu euren Einflüssen zählen Nile, aber auch Behemoth und Vader, richtig? Was begeistert euch so an diesen Bands und worin unterscheidet ihr euch musikalisch von ihnen?
Nicht ganz. Nile hat noch nie sonderlich zu unserer Inspiration beigetragen, um das gleich mal richtigzustellen. Die Nile-Aufhängung stammt noch aus der Zeit, in der Scaradeus (Gitarre) mit seinem Cousin im Alleingang die ersten Schritte von MAAT tätigte. Insgesamt haben wir vielleicht eine ähnliche Inspirationsquelle, aber – zumindest unserer Auffassung nach – eine völlig andere Herangehensweise an das Thema und die musikalische Umsetzung. Auch mit Vader werden wir zwar gelegentlich verglichen, hören aber selbst Vader eher wenig. Okay, zugegeben, Behemoth mögen wir alle irgendwie. An denen mögen wir vor allem die Eigenständigkeit und die Atmosphäre. Aber wirkliche Inspiration kommt bei uns von allem möglichen, das wir so hören oder ausprobieren. Und dabei ist nicht nur Metal im Spiel. Wir versuchen nie, wie jemand anders zu klingen, sondern so, dass wir es selbst gut finden. Daraus ergibt sich hoffentlich schon, dass wir wie wir klingen. Auf einzelne Stilmittel will ich hier gar nicht eingehen, denn jede Band sollte alle Elemente verwenden, die sie für ihre Musik braucht und die für die jeweilige Atmosphäre nötig sind. Generell finden wir Vergleiche eher schwierig, da wir ungern in Schubladen denken.

Wie geht bei euch das Songwriting vonstatten?
Das ist bei uns größtenteils ein sehr kollaborativer Prozess. Aus einzelnen Riffs, die der eine oder andere von uns mitbringt, jammen und bauen wir im Proberaum einen zunächst instrumentalen Song zusammen. Das machen wir meist in mehreren Sessions, wobei angefangene Songfragmente auch manchmal mehrere Monate ruhen, bevor wir wieder Ideen dazu haben. Steht der Song instrumental, legt Thot (Gesang) die Vocals darüber. Die Texte an sich kommen zunächst von einem von uns und werden dann gemeinsam angepasst.

Euer Drummer Tempest spielt außerdem noch bei Aethernaeum. Inwiefern unterscheidet sich da die Dynamik und Zusammenarbeit innerhalb der beiden Bands?
Aetherneum ist streng genommen ein Ein-Mann-Projekt des Sängers. Tempest ist hier – ähnlich wie auch bei seinen Ausflügen zu Schammasch oder Aramaic – vorwiegend als Drummer mit Sessioncharakter tätig, und nicht als kreativer Bestandteil. Bei MAAT hingegen ist sein Spiel elementares Stilmittel, ohne das die Songs von MAAT so nicht existieren würden.

Mit „Monuments Will Enslave“ habt ihr euer zweites Album veröffentlicht, Glückwunsch dazu! Wo siehst du die Unterschiede bzw. Fortschritte gegenüber eurem Debüt „As We Create The Hope From Above“?
Danke! Auf „As We Create…“ kamen einfach fast alle Songs, die wir in den Jahren seit unserer Bandgründung geschrieben haben, und das bei wechselndem Line-Up. Das verschaffte dem Album eine gewisse musikalische Vielfalt, aber auch weniger einen roten Faden. Die Songs auf „Monuments…“ hingegen entstanden in einem recht fokussierten Prozess innerhalb eines guten halben Jahres – wobei einige Ideen schon vorher existierten – und in konstanter Besetzung. Hinzu kam, dass wir uns einem gewissen Druck ausgesetzt sahen, sowohl zeitlich als auch qualitativ, denn die erste Scheibe kam gut an. Letztlich konnten wir uns aber daraus befreien, und ich denke, all das hört man den Songs auch an, sie klingen roher und düsterer, aber haben auch viel Atmosphäre. Wir hatten während der Entstehung der Songs keine einfache Zeit, aber was am Ende rausgekommen ist, ist sehr „wir“, und auf das Ergebnis sind wir ziemlich stolz.

Welchen Track darauf findest du persönlich am besten?
Schwierig, da man ja an allem selbst mitgewirkt hat. Man muss auch dazusagen, dass ein Song bei uns erst „fertig“ ist, wenn er sich für uns alle wirklich gut anfühlt, während wir ihn spielen. Persönliche Lieblinge entwickeln sich natürlich trotzdem. Für mich sind das „Dissolved Into Dust“, weil er alles in sich vereint, was das Album zu bieten hat, sowie „Spread My Word“, weil es für mich atmosphärischer und musikalischer Höhepunkt der Platte ist.

„End This Empire“ ist lediglich als Bonustrack auf dem Album enthalten. Warum?
Der Song ist lange vor den anderen Songs geschrieben worden, und wurde bereits 2010 auf unserer EP/Demo „Born in Sand“ veröffentlicht. Es handelt sich also nur um ein Re-Record. Auch musikalisch passt er eigentlich nicht mehr so ganz zum restlichen „Monuments…“-Material. Wir hatten aber Lust darauf, ihm noch mal ein neues Sound-Gewand zu verpassen. Aber bis kurz vorm Studio wussten wir selbst nicht, ob wir ihn überhaupt mit veröffentlichen, wollten ihn aber dann doch niemandem vorenthalten.

Wie fielen die Reaktionen aus, insbesondere im Vergleich zum Debüt?
Darauf waren wir selbst sehr gespannt, zumal es ja oft Zeitgenossen gibt, die mit einem „also auf den früheren Alben war ja alles besser“ um die Ecke kommen. Bis jetzt fielen jedoch alle Reaktionen sehr positiv aus, und selbst zurückhaltendere Reviews erkannten zumindest eine Weiterentwicklung und Eigenständigkeit. Was auch gut ist, sehen wir nämlich ähnlich.

In euren Texten befasst ihr euch natürlich mit ägyptischer Mythologie. Gibt es abgesehen davon noch ein zusammenhängendes Konzept auf „Monuments Will Enslave“ oder stehen die Songs thematisch für sich?
Die Songs an sich erzählen keine zusammenhängende Geschichte, beleuchten aber den Albumtitel von verschiedenen Seiten. Auf „Monuments Will Enslave“ geht es um Monumente im wörtlichen und übertragenen Sinne, vor allem, wer sie „erbauen“ lässt, für wen sie gebaut werden und wer sie letztlich baut. Es geht um Versklavung, auf verschiedenste Weise: politisch, religiös, wirtschaftlich, an sich selbst oder einem Irrtum. Und es geht um Willen; den man anderen aufzwingt, den man braucht, um Dinge zu bewegen oder sich aus Sklaverei jeglicher Form zu befreien. Wir verpacken dabei auch aktuelle Fragen und Probleme in das Gewand altägyptischer Mythologie und Geschichte.

Inwiefern passt das Albumcover zu den Texten und was gibt es sonst darüber zu wissen?
Die unfertige Statue – ein Monument – steht mit ihren Details für vieles. Zum einen handelt es sich um Anubis, den Gott der Totenriten und der Mumifizierung. Das spielt auf den sinnlosen Wunsch nach Unsterblichkeit an. Denn – egal was für Grabkammern wir uns bauen – am Ende bleibt von jedem von uns ein Häufchen Staub. Trotzdem hält es die Mächtigen nicht davon ab, sich von Sklaven Monumente errichten zu lassen. Zum anderen hält die Anubis-Statue eine Schale mit einer Weltkarte ehrfürchtig einem Höheren hin. Das alles steht für die verschiedenen Sichtweisen auf das Thema. Das Artwork kommt von dem polnischen Künstler Xaay, der auch für Behemoth und Nile (tadaa!) arbeitet. Wir waren schon von seiner Arbeit für die „As We Create…“ sehr begeistert.

Wo holt ihr euch die Inspiration für eure Texte? Filme, Bücher, Dokumentationen, Internet?
Wir schreiben Texte, um ein Problem oder einen Gedanken aus einer bestimmten Perspektive heraus zu beleuchten. Das steht zunächst unabhängig vom alten Ägypten im Raum. Davon wiederum lassen wir uns dann inspirieren, das Thema lyrisch aufzubereiten. Dabei achten wir auf sachliche Richtigkeit (z.B. Zeitalter, welcher Gott wann, wie, wo usw.), wobei vor allem das Internet sehr hilfreich ist. Einzelne historische Personen (z.B. Imhotep) oder Gegebenheiten (Ramses‘ Eroberung Kanaans) sowie mythologische Ereignisse (Nachtfahrt der Sonne, Vernichtung der Menschheit) können uns zusätzlich inspirieren. Dazu haben wir auch das eine oder andere Buch.

Was sind eure nächsten Pläne für MAAT?
Erst mal sind einige Gigs in Planung und nebenbei arbeiten wir an neuem Material, aber ohne konkreten Zeitplan, was weitere Veröffentlichungen angeht.

Gut, dann kommen wir langsam zum Ende unseres Interviews. Machen wir zum Abschluss noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming:
Bestes Behemoth-Album: „The Satanist“
Grabräuberei: Schade um das Kulturgut, aber leider nicht zu vermeiden.
Klargesang: Wo es passt, gern. Im Idealfall sind die Grenzen zum gutturalen fließend.
Hieroglyphen: Alphabet
Death Metal – Black Metal: Sinnlose Schubladen.
MAAT in zehn Jahren: Immer noch eigenständig.

Alles klar, danke nochmals, dass du uns deine Zeit zur Verfügung gestellt hast. Möchtest du unseren Lesern noch etwas mitteilen?
Bitteschön, gerne wieder! Bleibt aufgeschlossen, willensstark, und versklavt euch nicht den Monumenten anderer! Wir sehen uns auf dem nächsten Gig!

Publiziert am von Stephan Rajchl

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