Interview mit Anubis von Maahes

Mit „Reincarnation“ erscheint dieser Tage das beeindruckend authentisch „schwedisch“ klingende Debüt der „ägyptischen Black Metaller“ MAAHES. Wie sie als Niederbayern zu ihrem orientalischen Konzept gefunden haben, welche Bands sie am meisten geprägt haben und wie MAAHES als mumifizierte Gestalten bei ihren kommenden Shows trotz strenger Corona-Vorschriften begeistern wollen, berichtet Schlagzeuger Anubis im Interview.

Ihr tretet als Konzeptband zum Thema Ägypten in Erscheinung. Ich habe gelesen, dass ihr euch mit diversen Mythologien beschäftigt habt und letzten Endes bei der ägyptischen hängengeblieben seid?
Bis wir überhaupt die ägyptische Mythologie für uns entdeckt hatten, war es ein sehr weiter Weg. Um das hier zu erklären muss ich ein bisschen weiter ausholen. Bei der Gründung der Band war für uns eins klar: Wir wollen uns konzeptmäßig von anderen Black-Metal-Bands abheben. Dies ist auch der Grund, warum weder eine Religion noch die nordische Mythologie für uns als Konzept in Frage kamen. Anfangs haben wir uns auf die griechische Mythologie fokussiert. Im Laufe der Zeit wurde uns aber bewusst, dass wir dieses Konzept nicht auf Dauer umsetzen wollten, da wir damit in Relation viel weniger Spielraum für die gesamte Umsetzung unserer Werke gehabt hätten. Wir hätten uns selbst zu sehr damit eingeschränkt. Nach der endgültigen Auswahl des Konzepts der Band wurde auch der Bandname MAAHES festgelegt, das dürfte im Juni/Juli 2015 gewesen sein.

Was fasziniert euch an der ägyptischen Mythologie besonders?
Ich würde nicht behaupten, dass uns das ägyptische Konzept nur aufgrund der Mythologie heute mehr entspricht als das Griechische – es liegt viel mehr am ganzen antiken Ägypten. Das Geheimnisvolle, das Rätselhafte, das unglaubliche Wissen … man denke nur mal an den Bau der Pyramiden, den Totenkult und so weiter. Dieses Konzept bietet uns erstaunlich viele Möglichkeiten und sehr viel Interpretationsspielraum bei den Texten. Das sind die Dinge, die uns heute sehr daran begeistern und die auch bestätigen, dass wir damit eine gute Wahl getroffen haben.

Ihr habt das auch in Bandname, Pseudonymen und Coverartwork aufgegriffen – musikalisch findet man aber vom Intro abgesehen sehr wenig typisch orientalisches auf dem Album. Ist das nicht etwas irreführend?
Ja, du hast Recht, es ist irreführend. Das lässt sich wie folgt erklären: Viele Leute haben natürlich, wie bei so vielen anderen Dingen, eine gewisse Vorstellung davon, wie etwas sein sollte. Wir sind Künstler und bauen ein außergewöhnliches Konzept auf. Dabei ist es nicht sinnvoll, den Menschen irgendwelche klischeehaften, „pseudo-ägyptischen“ Melodien zu präsentieren. Wir setzen unsere eigenen Vorstellungen, unsere eigene Interpretation des alten Ägypten in geschickt gewählten Tonarten und in einem einzigartigen optischen Erscheinungsbild um.

Aber in euren Texten kommen auch auch Satan und die Hölle vor – wie passt das zusammen?
Diese Frage wird uns oft gestellt. In unseren Texten ist keinesfalls die Personifizierung von Satan  oder die räumliche Vorstellung der Hölle im biblischen Kontext gemeint. Wir verwenden die Begrifflichkeiten lediglich, um mehr oder weniger einen Zustand zu beschreiben. Eine Textpassage aus „Decisive Strike“ lautet etwa „welcome us to hell“. Mit „Willkommen in der Hölle“ ist hier der Beginn einer Schlacht gemeint. Im ägyptischen Jenseits gibt es ja ebenfalls den Himmel und die Unterwelt. Eine weitere Textzeile aus „Decisive Strike“ lautet „the war, it get’s completed, satan is near“. In diesem Zusammenhang bedeutet Satan keinesfalls „Teufel“, sondern eher „der Widersacher“, der ja der Protagonist selbst ist.

Das Wohl und Wehe von Konzepten, die bis zum Bandnamen und den Pseudonymen reichen, ist ja, dass man sich auf eines festlegen muss – limitiert man sich damit nicht selbst? Wird MAAHES also auch auf dem vierten Album noch – wie Nile oder im Wikinger-Kosmos Amon Amarth – dem alten Ägypten huldigen (müssen)?
Grundsätzlich kann ein fixes Konzept die Freiheit der Künstler stark eingrenzen. Mit unserem Konzept hingegen fühlen wir uns in keiner Weise eingeschränkt. In diesem Thema stecken so viele Möglichkeiten, die wir alle noch ausschöpfen wollen … für Artworks, für die Texte, einfach für alles. Ich gehe deshalb davon aus, dass MAAHES auf dem vierten Album immer noch auf ihre eigene Art und Weise Ägypten verkörpern werden.

Neben dem Hype um Rituale/Spirituelles ist der Orient als Inspirationsquelle im extremen Metal gerade sehr angesagt – ich denke an Bands wie Haxandraok, aber auch Gilgamesh/Eridu aus dem Münchner Raum. Taugt ein orientalisches Konzept überhaupt noch, um sich abzuheben?
Ich wusste gar nicht, dass orientalische Konzepte so angesagt sind. Ich kann mir das aber sehr gut vorstellen, weil der Markt von Themen wie „Vernichtung des Christentums“, „Wikinger & Heiden“ und „Satanische Rituale“ übersättigt ist. Was uns angeht: Wir werden oft mit Sätzen wie „MAAHES … seid ihr nicht die ägyptischen Black Metaler?“ angesprochen. Anhand dieser Tatsache kann ich nur sagen, dass sich MAAHES durchaus abhebt und einen hohen Wiedererkennungswert hat.

Musikalisch finde ich das Album eher vom schwedischen Melodic Black Metal geprägt, ich denke an Bands wie Setherial, gepaart mit Elementen des Symphonic Black Metal – frühe Dimmu und Cradle. Findest du MAAHES in dieser Beschreibung wieder?
Vollkommen. Mit frühen Dimmu beschreiben wir uns selbst gerne bei Leuten, die uns nicht kennen. MAAHES darf man nicht einfach in eine Schublade namens „Black Metal“ schieben. Dieses Genre beschreibt uns zwar ganz allgemein am besten, jedoch wollen wir uns auf nichts fixieren und nutzen auch gerne Elemente aus sämtlichen anderen Metalrichtungen. Deshalb haben wir wahrscheinlich auch schon mal die Kritik bekommen „zu abwechslungsreich“ zu sein.

Wie würdest du euren Stil umschreiben, welche Vergleichsbands würdest du noch nennen?
Kurz und bündig würde ich sagen, unser Klangbild ist sehr düster und melodisch, es bildet eine finstere Atmosphäre, aber trotzdem wirkt es sehr energetisch und kräftig. Anhand bekannter Bands wage ich zu behaupten, dass es wie eine Kombination aus früheren Dimmu Borgir und Dissection klingt.

Ihr hattet das Album bereits 2017 fertig – aber dann nicht veröffentlicht. Was war passiert?
Die erste Version des Albums war 2017 bereits gemixt und gemastert, das stimmt. Diese Version des Albums war eine „Überproduktion“ und genau das war das Problem, denn dadurch ist die ganze Atmosphäre unserer Songs beziehungsweise unserer Musik nicht rüber gekommen. So eine Überproduktion hätte man vielleicht in anderen Genres machen können, aber wir haben gemerkt, dass das einfach nicht zu MAAHES gepasst hat. Das Ganze war ein kostenintensiver Fehler, aus dem wir gelernt haben.

Wie viel Arbeit habt ihr dann nochmal in die Aufnahmen gesteckt, was habt ihr alles neu gemacht?
Wir haben nochmal viel Arbeit reingesteckt … eigentlich haben wir alles neu aufgenommen, sowie ein neues Intro für das Album erstellt. Das aufwendigste war wohl das Drumrecording, da wir zuvor programmierte Drums verwendet hatten. Das Drumrecording wurde im Nightside Audio unter der Leitung eines befreundeten Musikers, Florian Dammasch (u.a. Eis), gemacht. Die restlichen Instrumente sowie die Vocals konnten wir in unserem eigenen kleinen Studio aufnehmen. Neu gemixt und gemastert wurde das Album ebenfalls von Florian und wir sind mit dem Endergebnis wirklich mehr als zufrieden. Florian hat das super gemacht.

Wieso hattet ihr initial überhaupt mit programmiertem Schlagzeug geplant?
Wir wollten anfangs Budget sparen, denn die Hälfte der Band befand sich damals in Ausbildung/Weiterbildung und hat damals nicht viel Geld verdient. Im Nachhinein haben wir dann dummerweise doppelt für die Produktion der Platte bezahlt, aber dafür ist sie tatsächlich so geworden, wie wir uns das vorgestellt haben.

Und wie seid ihr dann an Florian gekommen?
Ein weiterer befreundeter Musiker von uns, Lokhi von Wolfchant, meinte, dass wir mit Florian gut zusammenarbeiten und mit ihm unser Album perfektionieren könnten. Daraufhin wurden wir einander auf dem Ragnarök 2018 vorgestellt, konnten uns austauschen und später glücklicherweise auch das Album gemeinsam nochmals aufnehmen und verbessern. An dieser Stelle möchten wir Florian und Lokhi auch nochmals für ihre nicht selbstverständliche Unterstützung danken, denn ohne die beiden wäre das nicht in dieser Art und Weise möglich gewesen.

Corona hat die Live-Branche komplett auf Eis gelegt, trotzdem könnt ihr in Kürze im Backstage München eine Abstandsshow spielen. Was erwartet ihr euch von der Show mit Sicherheitskonzept?
2020 ist bisher leider wirklich unglücklich verlaufen, von daher hoffen wir, dass wir aus den Konzerten, die wir im September (bis jetzt noch) spielen dürfen, zumindest einiges rausholen können. Wir glauben, die Leute haben Bock. Jeder ist ein halbes Jahr mehr oder weniger zu Hause gesessen und auf keiner oder nur auf wenigen Veranstaltungen gewesen. Von daher sollten eigentlich alle etwas Euphorie mitbringen. Wir sehen das mit den Sitzplätzen jetzt nicht so eng, da unser Publikum ohnehin weniger headbangt sondern sich mehr von unserer Show und der Atmosphäre fesseln und begeistern lässt. Das einzige, was wir uns erhoffen, ist, dass wir dem Publikum in diesen Zeiten eine Show bieten können, die sie all die derzeitigen Vorschriften und den mit Corona zusammenhängenden Trubel zumindest für ein paar Minuten vergessen und zur Abwechslung wieder mal frei fühlen lässt.

Wie macht man auf der Bühne Stimmung, wenn der Saal fast leer ist und alle sitzen?
Mumifizierte und maskierte Gestalten, ein finsteres Ambiente, okkulte Klänge, rituelle Kerzenlichter, inmitten einer antiken Grabkammer. Stimmung wird in jedem Fall aufkommen, egal ob die Zuhörer stehen oder sitzen.

Ich freue mich auf den Auftritt! Vielen Dank für das Interview. Zum Abschluss unser traditionelles Brainstorming – was kommt dir zu folgenden Begriffen als erstes in den Sinn?
Mund-Nasen-Schutz: Ich versuche, das nächste Mal beim Tanken daran zu denken, das Teil aus dem Auto mitzunehmen, bevor ich zum Bezahlen in den Shop gehe. Wenn Blicke töten könnten …
Nile: Die haben den längsten Songnamen den ich je gehört habe, irgendwas mit Papyrus war da am Anfang. [„Papyrus Containing the Spell to Preserve Its Possessor Against Attacks from He Who Is in the Water“ von „Ithyphallic“ (2007), A. d. Red.]
Olaf Scholz: Ich gebe kein Statement zur deutschen Politik ab.
CDs: Black Sabbath – „We Sold Our Soul For Rock ’n’ Roll; das ist die ungeschlagene Nr. 1. Diese Doppel-CD habe ich, seit ich 13 Jahre alt bin und das wird für mich immer „mein persönlicher Einstieg“ in die härtere Musik bleiben.
Dein Lieblingsgetränk: Am liebsten trinke ich heimisches Leitungswasser. Wenn es was zum Feiern gibt, tendiere ich zu Hacklberg Urhell.
MAAHES in zehn Jahren: Ich bin mir sicher, dass wir mit MAAHES in zehn Jahren immer noch Songs schreiben, Konzerte geben, als Kumpels abhängen und feiern werden, da wir auch privat sehr gute Freunde sind. Bis dahin mal eine Europatournee gespielt zu haben wäre auch ganz nett.

Danke nochmals für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte gehören dir:
Ich danke dir ebenfalls im Namen der Band für das Interview – wir freuen uns auf ein gemeinsames Bierchen im Backstage. Ich hoffe, wir können dich und alle anderen Zuschauer bei unseren Shows auf die Reise ins alte Ägypten mitnehmen! Wer noch Fragen hat oder mit uns Kontakt aufnehmen möchte, kann das gerne unter maahes.official@gmail.com tun. Wir freuen uns über jede Nachricht!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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