Die True-Metaller LONEWOLF gehören sicherlich zu den heißesten Heavy-Metal-Exporten Frankreichs: Seit Anfang der 90er aktiv haben die Männer aus Grenoble in den vergangenen 20 Jahren stolze zehn Alben veröffentlicht, was von einem ziemlich beachtlichen Arbeitsethos spricht. Die neuste Platte der Band um Frontmann Jens Börner hörte auf den Titel „Division Hades“ und erschien erst in diesem Jahr, wobei die Truppe die Veröffentlichung auch noch mit einer Bonus-CD ausstattete, für die sie besonders tief in die Mottenkiste ihres frühen Materials griff. Zeit, dass wir Herrn Börner zu diesem und weiteren Themen zur Rede stellen!
Hallo Jens und danke, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Alles gut bei dir?
Hallo, ja mir geht es gut, danke. Die Covid-Krise ist natürlich scheiße, und vieles im täglichen Leben ist gerade anders, aber da muss man natürlich durch. Und Musik hilft da natürlich (lacht).
Seit der Veröffentlichung von „Raised On Metal“ sind drei Jahre vergangen. Was habt ihr in dieser Zeit gemacht?
Also, normalerweise haben wir ja einen Rhythmus von einem neuem Album alle eineinhalb bis zwei Jahre. Dieses Mal hat es länger gedauert, wegen zwei Ereignissen: Erstens ist meine Mutter gestorben, und danach hatte ich einfach keine Lust mehr auf nix, und das „Feuer“ für Musik war total weg. Ich hatte einfach keine Lust mehr, ich musste alles erst mal verdauen. Das hat schon ungefähr ein Jahr gedauert. Als es anfing besser zu gehen, hatte ich einen eher schlimmen Arbeitsunfall, bei dem ich fast zwei Finger verloren hätte. Da war’s natürlich sofort wieder aus, was Gitarre spielen angeht und so. Und bis ich die Mobilität meiner Finger wieder gefunden hatte ist wieder fast ein Jahr vergangen, was zusammen schon zwei Jahre macht. Und im Jahr danach wurde dann gearbeitet und gefeilt an den Songs, die „Division Hades“ dann machen würden. Das heißt, dass die Arbeit selber eigentlich wie immer ungefähr ein Jahr gedauert hat.
Mit „Division Hades“ ist gerade euer neuestes Album erschienen. Was kannst du uns über die Platte erzählen?
Für mich persönlich ist dieses Album wie eine Revanche. Durch alles, was ich nach „Raised On Metal“ durchgemacht habe, war es natürlich nicht das Leichteste und dieses Album kommt fast wie ’ne Kur. So sehr ich alle Spielfreude verloren hatte eine Zeitlang, so sehr hatte ich Spaß beim komponieren, dran arbeiten, aufnehmen usw … Ich habe sehr schnell gesagt, bei der Vorproduktion oder so, dass das eins unser drei besten Alben wird, und damit bin ich heute immer noch total einverstanden. Ich finde sie ist so ein Querschnitt durch unsere ganze Geschichte. Ein paar Sachen hätten auf unseren ersten Alben sein können, andere auf komplexeren Sachen wie „The Heathen Dawn“. Ich glaube auch, dass das Album auf der Länge gut ist, was vielleicht nicht immer der Fall bei uns war und ich mir immer recht schnell gesagt habe „bei diesem Song hätten wir das oder das besser verarbeiten sollen.“ Ich denke, was die Qualität der Länge durch angeht, ist das unser bestes Album seit der „Army Of The Damned“, die auch eine starke Konstanz in meinen Augen hat. Soundmäßig ist sie auch sehr stark geworden, sicher unser bester Sound ever, und es freut mich, das in manchen Reviews auch zu lesen. Vom Songwriting her sind wir, wie immer, dem deutschen Stahl treu geblieben. Running Wild, Grave Digger, Stormwitch … Hört man immer sofort heraus, und da stehen wir natürlich auch dazu. Auf dem Album ist ein Song, „Manilla Shark“, der Mark Shelton von Manilla Road gewidmet ist. Auch, wenn man es nicht so heraushört, waren Manilla Road auch immer einer meiner großen Einflüsse. Nur wird eben alles auf „deutsche Weise“ verdaut. Das gleiche gilt für Black-Metal-Einflüsse. Ich liebe Bathory oder z. B. Dissection. Aber diese Einflüsse werden dann auch „auf deutsch verdaut“. Ich höre sie dann natürlich, aber für den Hörer ist das schwerer rauszuhören. Aber ich glaube, dass diese nicht sofort zu hörenden Einflüsse, kombiniert mit den „normalen Deutschen Einflüssen“, eben auch die Vielfalt des Albums ausmachen. Der Mittelteil zu „Underground Warriors“ ist z. B. eher von Bathory beeinflusst – hört sich nicht unbedingt so an, aber ist tatzätlich so (lacht)!
Wie liefen das Songwriting und die Aufnahmen zu „Division Hades“ ab?
Sehr cool und viel Spaß. Ich glaube, nach zwei scheiß Jahren für mich und jetzt in der Covid-Krise brauchte ich einfach so was: Kreativ sein, an Songs arbeiten und feilen. Ich glaube, Damiens (Capolongo, Gitarre, Anm. d. Red.) Rückkehr hat auch sehr gut getan, er kennt LONEWOLF natürlich sehr gut und wir sind, auch nach seinem Ausstieg damals, immer wie zwei Brüder geblieben. Also z. B. Stress wegen dieser komischen Zeit oder so gab es nicht. Im Gegenteil, es half, ein bisschen Luft raus zulassen, Stress zu vergessen usw. Und Covid hat sich da nicht rein gemischt. Komponieren konnten wir cool zuhause bei Damien, und was dann Studio-Termine anging, hat uns die Pandemie nur eine Woche verspätet (Eine Woche, in der wir in Quarantäne daheim bleiben mussten), was natürlich eher leicht zu überwinden war. Ich weiß von anderen Bands, dass sie da weniger Glück hatten. Unsere verspätete Woche konnten wir ohne Probleme sofort nachholen, da nach uns eben niemand mehr kam, wegen der Pandemie. Wir durften dann damals nach der Quarantäne in Frankreich (ich glaube das war so März) bis 100 Kilometer entfernt von Zuhause fahren, das Studio liegt so 70 km entfernt, das war natürlich wieder Glück. Die Bands, die nach uns hätten aufnehmen sollen, waren alle weiter entfernt. Also ist alles in allem sehr gut verlaufen. Und das I-Tüpfelchen hat dann der Charles mit Mix und Mastering gebracht!
Euer neues Album kommt mit einer Bonus-CD, für die ihr eine ganz Reihe eurer frühesten Songs neu eingespielt habt. Wie habt ihr entschieden, welche Nummern für diese „Frischezellenkur“ in Frage kommen?
Also, es war sofort klar, dass 50 Prozent der CD uralte Demosongs sein würden, das ist ja auch wohl das Interessanteste für die Fans. Da habe ich mich einfach entschieden für die Songs, die damals am besten live ankamen oder wovon ich glaube (das ist ja soooo lang her), dass man mit mir damals am meisten darüber geredet hat (lacht). Was den Rest der Songs angeht, also Songs von unseren zwei ersten Alben, haben wir einfach Fan-Faves genommen. Was natürlich auch immer sehr subjektiv ist, man hat uns schon gesagt „warum habt ihr nicht diesen oder jenen Song genommen?“. Es ist natürlich schwer, eine Liste zu machen, die jeden befriedigt. Aber ich bin froh über die Auswahl und ich glaube, den Fans zuhörend, dass diese Bonus-CD sehr gut ankommt, was mich natürlich riesig freut, denn es ist ja für sie gedacht.
Hatte diese Reise in die eigene Vergangenheit Auswirkungen auf die musikalische Ausrichtung der neuen Songs von „Division Hades“?
Jein … Also, nicht direkt, aber die Rückkehr von Damien (unser Leadgitarrist aus frühen Tagen), der natürlich in dieser Vergangenheit „gebadet“ hat (wie man bei uns in Frankreich sagt), hat dann schon Auswirkungen gehabt. Ich denke deswegen, wie oben gesagt, könnten einige Songs auf viel älteren Alben sein. „Manilla Shark“ hätte gut auf „Unholy Paradise“ sein können, „Lackeys Of Fear“ auf der „Made In Hell“ … Er hat diesen „alten“ Stil wieder hergebracht, als seien die zehn Jahre, in denen er fort war, nur eine kleine Woche gewesen und das sich nichts geändert hätte. Ich denke, damit hat es auch zu tun, dass mir die Arbeit so viel Spaß gemacht hat. Ohne es zu wissen hat mich dieser „alte“ Stil vielleicht an euphorische Anfangszeiten erinnert – eine Zeit, an die ich heute noch sehr gerne denke. So jung halt, und alles was damit zusammenhängt.
„Division Hades“ ist Euer mittlerweile 10. Studioalbum. Könntet ihr euch vorstellen, mal ein Live-Album zu machen?
Vollkommen, die Frage stellt sich seit ein paar Alben schon. Als wir anfingen, an der „Division Hades“ zu arbeiten, suchten wir auch eine Idee, damit das Album speziell wird, als Dankeschön an die Fans dafür, dass wir heute noch da sind. Letztendlich beschlossen wir, eine zweite (Bonus-)CD aufzunehmen, mit uralten Songs, was die Sache für die Fans sicher interessant macht. Aber diese Frage, eine Live-(Bonus-)CD raus zu bringen, kam auch auf. Wir haben uns letztendlich für die neuen Aufnahmen alter Songs entschieden und das war die richtige Entscheidung, den mit der Covid-Pandemie wären wir sehr blöd dagestanden um einen Gig live aufzunehmen! Aber ja, vor dem bitteren Ende sollte noch eine Live-CD rauskommen – das denke ich schon!
Die Covid-19-Pandemie wirkt sich auf alle Bereiche des Lebens aus, allerdings scheinen Live-Clubs und tourende Bands besonders hart getroffen. Wie geht es euch damit?
Ja, ich glaube, da sind wir alle im gleichen Eimer. Alles natürlich abgesagt – fest geplant waren Spanien, Tchechien, Frankreich und Deutschland, wo wir Festivals oder Club-Gigs hätten spielen sollen. Das beginnt jetzt wirklich schwer zu werden. Als Musiker natürlich, aber auch einfach als Fan, nicht zu Festivals oder in die Clubs gehen zu können … Das fehlt einfach wahnsinnig.
Habt ihr für den Neustart der Live-Branche schon Tourpläne geschmiedet?
Also, richtige „neue“ Pläne eigentlich nicht. Viele der geplanten Gigs sind auf 2021 verschoben worden, da hoffe ich natürlich, dass die schon mal stattfinden werden. Wobei die zwei Tchechien-Gigs schon zweimal verschoben worden sind, da habe ich leider keine große Hoffnung mehr. Ich hoffe, dass dann langsam neue Tourdaten kommen, wenn die Lage langsam wieder besser wird – und das hoffe ich bald! Wenn ich eine ganz kleine persönliche positive Note in diesem ganzen Scheiß sehen möchte, dann sage ich mir, dass wir letztes Jahr für die meisten Gigs „Division Hades“ noch nicht veröffetlicht hatten – wenigstens haben wir bei den verschobenen Gigs ein neues Album zu verteidigen. Aber das alles macht schon Angst … Die Event-Veranstalter, die Promoter usw … Die Lage ist schon so dämlich schlecht für sie, was wird es, wenn die Krise nicht bald aufhört? Da geht eine ganze Branche kaputt. Einer meiner besten Freunde im Business ist der Yves, von Nightmare. Und der macht ja auch Events und Promotion usw … Wenn der mir die Lage zur Zeit erklärt, ist das zum heulen. Weil da ist ja dazu noch viel Geld im Spiel. Natürlich haben wir Bands dieses Jahr Geld verloren. Aber das ist nichts gegenüber Bookingagenturen, Konzertvetanstaltern usw..
Vielen Dank für das Interview. Zum Abschluss unser traditionelles Brainstorming – was kommt dir zu folgenden Begriffen als erstes in den Sinn?
Running Wild: „Gates to Purgatory“ – bestes Album aller Zeiten, meine Lieblingsband seit 1987.
Pay To Play: Nie gemacht. Einmal hätten wir es beinahe, weil der Vorschlag nicht soooo schlecht war und wir wenigstens 100 % unseres Merchandise-Einkommen behalten durften (was anscheinend nicht immer der Fall ist), gemacht. Das war zur Zeit von „Dark Crusade“ glaube ich, mit einer tollen Band durch Europa. Aber letztendlich sind wir unserem Motto „nie pay to play!“ treu geblieben.
Wolfsnächte: Ganz tolle Zeit und Tour. Und vorallem haben sich damals tolle Freundschaften gebildet, die heute noch gelten (z. B. Charles von Powerwolf, der seit der Tour alle unsere Alben mixed und mastert).
Der Kaiser: Beckenbauer. Ich bin überhaupt ein großer Fußball/Mannschafts-Fan.
LONEWOLF in 10 Jahren: Puh … Hättest du mir „in 5 Jahren“ gesagt, hätte ich dir geantwortet „sicher wohl noch zwei drei Alben, ohne Kompromisse und wie eh und je dem True Metal treu“ (lacht). Aber zehn Jahre … Also, wenn die Gesundheit so bleibt, vielleicht sehe ich mich dann so in zehn Jahren aufhören, ja. Aber langsam wird man älter, so leicht ist das alles nicht mehr (lacht) – aber die Leidenschaft und der Spaß bleiben. Und das sollte uns schon noch ein paar Jährchen vortreiben.
Danke nochmals für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte gehören dir:
Vielen dank dir für das Interview! Ich hoffe wir können „Division Hades“ nächstes Jahr live verteidigen, und mit einem oder anderen eurer Leser ein Bierchen trinken! Hellbent for Metal!
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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