LEAGUE OF DISTORTION ist die neue Band von Anna Brunner (Exit Eden) und Jim Müller (Kissin‘ Dynamite). Mit ihrem selbstbetitelten Debütalbum bieten sie einen spannenden Modern-Metal-Mix mit Metalcore-, Post-Hardcore- und Pop-Einflüssen. Mit Sängerin Brunner und Schlagzeuger Tino Calmbach sprechen wir über die Entstehung der Band und des Albums, die kritischen Botschaften und „die Liga“.
Hallo Anna („Ace“) und „Tino („Aeon“), vielen Dank, dass ihr euch die Zeit für dieses Interview nehmt. Wie ergeht es euch dieser Tage?
Ace: Hi! Mir geht es super, danke! Wir freuen uns so auf den Release unseres Debütalbums „Leage Of Distortion“ und sind alle sehr gespannt auf die Reaktionen. Wir haben so lange im Verborgenen daran gearbeitet und freuen uns extrem, dass es jetzt endlich das Licht der Welt erblickt.
Wie kam die Zusammenarbeit zwischen dir und Jim Müller von Kissin‘ Dynamite zustande?
Ace: Seit den ersten Zusammentreffen mit Kissin’ Dynamite war ja schon der Kontakt da. Die Wege von Jim und mir haben sich dann immer wieder gekreuzt. Zuletzt war ich 2019 mit Kissin‘ Dynamite auf Tour und wenn man über längere Zeit auf kleinstem Raum verbringt, merkt man schnell, mit wem man gut kann. Jim und ich hatten schon 2019 an ersten Songideen gearbeitet – völlig ohne den Gedanken an eine gemeinsamen Band – sondern einfach just for fun zusammen kreativ sein und Songs schreiben. Die richtige Initialzündung für LEAGUE OF DISTORTION kam dann erst 2020. Als ich Jim dann dafür fragte, ob er bei einer neuen „härteren“ Band dabei sein will, war ich nicht sicher, was er antworten würde, aber er war gleich am Start.
Wusstet ihr bei der Gründung der Band schon ganz genau, in welche Richtung ihr gehen wollt, oder hat sich das während den Arbeiten nochmal etwas geändert?
Ace: Die Idee, eine Band zu formen, die ein starkes Statement hat, mit Freunden, die eine Vision teilen, habe ich tatsächlich schon sehr lange. Wo es aber musikalisch ganz genau hingehen sollte, wussten wir am Anfang noch nicht. Das kam im Laufe der Zeit des kreativen Prozesses. Wir haben viel gemeinsam überlegt, wie wir unsere Grundidee umsetzen und stärken können. Auch die Zusammenarbeit mit unseren drei Produzenten hat uns musikalisch geprägt. Und jeder hat seine Stärken mit einfließen lassen, das macht dieses Album auch aus, finde ich. Schön war es hierbei, keine Limits zu haben, wir konnten die Songs ohne Vorgaben von außen einfach so kreieren, wie wir es wollten und es war erstmal alles erlaubt. Das habe ich sehr genossen.
Wie liefen das Songwriting und die Aufnahmen ab?
Ace: Es begann eigentlich mit ersten Ideen und Layouts von mir. Durch den „Stillstand“, den Corona für viele und auch für mich ausgelöst hat, sind plötzlich Säulen weggebrochen, die mir vorher Halt gegeben hatten. Diese Gefühle und auch Themen, die längere Zeit in den Hintergrund gerückt waren, habe ich dann erstmals „auf Papier“ gebracht und erste Songideen entwickelt. Schon in dieser Anfangsphase haben wir uns mit Hannes Braun – dem Sänger und Produzenten von Kissin’Dynamite – zusammen getan und mit ihm die Songs weiter entwickelt. Wir haben uns dann Julian Breucker und Christoph Wieczorek ins Boot geholt, die nicht nur als Produzenten, sondern auch als Songwriter Teil des Teams geworden sind. Die Aufnahmen liefen peu á peu ab. Da das Thema Lockdown in der Zeit sehr präsent war, haben wir viel „von zu Hause“ an den Songs gearbeitet – zum Glück lässt dies die Technik heutzutage zu. Die Vocal-Sessions waren auch „aufgesplittet“, also es gab nicht nur einen Termin, sondern ich konnte mehrfach ins Studio gehen, und meine Parts aufnehmen. Das fand ich sehr angenehm, weil ich mich dann jeweils auf die Stimmung des einzelnen Songs konzentrieren und in der jeweiligen Session alles geben konnte.
Euer Debütalbum ist ganz selbstbewusst selbstbetitelt. Heißt das, euer Sound ist bereits so ausdefiniert, dass er die Musik der Band vollständig repräsentiert?
Aeon: Meines Erachtens ist der eigene „Sound“ immer ein Produkt der aktuellen Umstände, wie zum Beispiel Bands und Platten, die wir gerade verstärkt hören und die uns beeinflussen, die aktuelle politische Lage, aktuell relevante Themen des Weltgeschehens und auch die derzeitige Gefühlslage der einzelnen Bandmitglieder. Auf der anderen Seite bringt auch jeder von uns seinen ganz individuellen musikalischen Background und Stempel als Musiker mit in die Band, was schon mal die grobe Marschrichtung definiert. Unterm Strich also ein sehr breitgefächertes Gefüge. Dennoch sind wir als Band eine feste und geschlossene Einheit, wir teilen dieselbe Vision, wohin wir mit dieser Band wollen und wie wir uns selbst verstehen. Daher ist der Sound dieses Albums genau der Sound, der uns am besten entspricht und den wir zum jetzigen Standpunkt fühlen und haben möchten.
Eure Musik Wie würdet ihr euren Stil und euren Sound selbst beschreiben, was macht euch besonders aus?
Aeon: Der von mir erwähnte musikalische Background der einzelnen Bandmitglieder findet sich natürlich auch in unserem Stil wieder. Hier trifft man die großen, melodisch-epischen Elemente des Symphonic Metal, die tiefgestimmten Gitarren des Metalcore und doch auch schon poppig anmutende Refrains und Melodien, die direkt ins Ohr wollen. Selbst der Approach der Drums ist in den Strophen teilweise sehr funky, um alles zusammen doch sehr tanzbar zu machen. Zumindest will man sich dazu bewegen. (lacht) Garniert wird alles am Ende mit den elektronischen Elementen, was unseren Sound modern und kraftvoll macht.
Ace: Ich glaube, was uns auch ausmacht ist, dass wir erstmal im Verborgenen an unseren Ideen gearbeitet haben, ohne es irgendjemandem Recht machen zu wollen. Und so sind unsere Songs knallhart, echt und ohne Filter. Wir hatten Zeit, unsere Idee reifen zu lassen, getrieben vom starken Willen, etwas zu erschaffen, das bleibt. Wir geben 100 % und sind nicht mit weniger zufrieden. Und wir haben das Privileg, von Anfang an mit tollen und kompetenten Menschen arbeiten zu können.
Das gesamte Album wirkt durchgehend sehr modern. Was würdest du sagen ist der klassischste Aspekt in eurer Musik?
Aeon: Lässt man für einen Moment alle ergänzenden Bausteine weg, sind wir eine vierköpfige Band, die Wert darauf legt, mit gutem, eingängigem und ehrlichem Songwriting und echten Fertigkeiten an unseren Instrumenten und Gesang Musik im Bereich Rock/Metal zu machen. Das ist doch schon recht klassisch in meinen Augen. (lacht)
Ihr habt vom Coverartwork bis zu den Videos einen coolen Look mit Sci-Fi- und Dark-Fantasy-Elementen kreiert. Wie habt ihr die optische Präsentation erarbeitet, was gefällt euch besonders an dem Stil und welche Einflüsse haben euch hier inspiriert?
Aeon: Der Großteil des gedanklichen Schaffensprozesses begann bereits in der Coronazeit, wo die Welt noch in diversen Lockdowns vor sich hinschlummerte, wir jedoch regelmäßig per Videokonferenzen unsere Ideen und Visionen austauschten und so langsam ein Bild von allem erarbeiteten, was final zu dem führte, was ihr heute sehen könnt. Dabei faszinierten uns verschiedene Elemente aus den Bereichen Steampunk, Gothic Rock, Videospiele, Fantasy, Science Fiction und viele andere. Unser Ziel war es, jeweils nur einzelne Aspekte zu etwas Neuem zu verschmelzen. Der Grundgedanke einer Liga, bestehend aus vielen Mitgliedern, die jeden willkommen heißt, der unsere Werte wie Toleranz, Offenheit, Gleichheit und ein respektvolles Miteinander teilt, war hier natürlich eine große Inspirationsquelle. Die Liga nimmt auch gerade erst ihren Anfang und wird in Zukunft noch viele Überraschungen bereithalten.
„Wir verarbeiten die grausame Realität mit geradeheraus provokativen und sehr persönlichen Themen“ habt ihr im ersten Statement zum Album gesagt. Welche Aspekte der Realität verarbeitet ihr, inwieweit fließen eure persönlichen Erlebnisse in die Texte ein und was wollt ihr provozieren? Es scheint recht viel um Rebellion und Aufstand gegen überholte/unsinnige gesellschaftliche Normen zu gehen.
Aeon: Ich finde, dass es heutzutage schwer ist, wirklich zu „rebellieren“, da im Zeitalter von Internet und Social Media jeder rausposaunen kann, was ihm gerade durch den Kopf geht und daher auch schon alles mehrfach gesagt wurde, was man sagen kann. Dennoch bleibt es unheimlich wichtig, auf Missstände direkt aufmerksam zu machen, Ungerechtigkeit direkt anzusprechen und auf unangenehme Themen direkt draufzuzeigen. Auf dem Album finden sich Themen wie Ausgrenzung aufgrund von „Andersartigkeit“, Isolation und die damit verbundene psychische Verfassung, ungleiche Behandlung von Männern und Frauen und sexueller Missbrauch. Musik kann ein wichtiges und mächtiges Sprachrohr sein und da wir eine gewisse Reichweite mit unserer Musik erzeugen, wollen wir diese auch nutzen, um immer wieder den Finger auf diese unangenehmen Themen zu legen. Unsere Videos sind dabei eine zusätzliche Dimension oder Sprache, unsere Botschaft zu formulieren. Wenn wir also etwas provozieren wollen, dann nicht wegzusehen.
Beim „Fuck you I can fuck who I want to“-Part von „I’m A Bitch“ würde ich behaupten, einen leichten Rage-Against-The-Machine-Einfluss herauszuhören. (lacht) Ist das eine der Bands, die euch bei eurer Musik beeinflusst und welche anderen musikalischen Inspirationen würdest du für LEAGUE OF DISTORTION benennen?
Ace: Ja, auf jeden Fall, ich bin eine großer Rage-Against-The-Machine-Fan! Dieser Part ist nicht nur musikalisch, sondern auch textlich eine Anlehnung an „Killing In The Name Of“ – wobei es bei uns nicht um ein politisches, sondern soziales Thema geht. Rage Against The Machine haben mich für diesen Song unterbewusst und bewusst stark beeinflusst. Ich bin ja auch ein absoluter Fan der Nu-Metal-Ära mit zum Beispiel Limp Bizkit und Linkin Park, aber auch den Korn-Einfluss hört man bei uns raus und sogar auch den ein oder anderen Manson-Vibe sowie natürlich leichte Pop-Einflüsse. Aber alles mit einem moderneren Metalcore-Approch und Sound.
Aeon: Rage Against The Machine finden sich definitiv auf der privaten Playlist einiger Bandmitglieder und dieser Teil des Songs ist auf jeden Fall als Homage gedacht. Ace packt in ihre Texte so viele Gedanken und Emotionen, dass diese sich einen ganz natürlichen Weg nach draußen suchen und diesen auch finden. Musik ist immer ein Produkt verschiedener vorangegangener Einflüsse.
Wie kam die Zusammenarbeit mit Christoph Wieczorek von Annisokay bei „It Hurts So Good“ zustande? Inwiefern hat er an der Entstehung des Tracks mitgewirkt und wie war es, mit ihm zu arbeiten?
Ace: Christoph war ja schon sehr früh als einer der Produzenten und Songwriter mit im Boot. Er hat den Song mit Julian Breucker auch maßgeblich mitgeschrieben. Ihn als Featuring Guest dabei zu haben war nicht von Anfang an geplant. Diese Idee kam erst später. Christoph ist super! Die Arbeit mit ihm war locker und hat Spaß gemacht, auch dass wir uns nicht nur zu den Recording Sessions, sondern nochmal zum Videodreh getroffen haben, war schön, das war einfach ein cooler Abschluss der ganzen kreativen Arbeit.
Kurz nach Release geht ihr schon mit Annisokay und Caliban auf Tour. Was habt ihr euch für die Tour vorgenommen, was erwartet ihr?
Aeon: Hinter uns liegt ein langer, aufregender, aber auch anstrengender Weg, die Liga endlich zum Leben zu erwecken und euch LEAGUE OF DISTORTION zu präsentieren. Diese auch sehr emotionale Phase wollen wir nun in Form all unserer Energie live den Leuten präsentieren und alles geben, um gleich zu Beginn ein klares Statement zu setzen.
Ace: Ja, genau! Und wir freuen uns einfach, nach dieser langen Zeit der Gig-Pause, endlich gemeinsam auf Tour zu gehen. Unsere Songs mit den Leuten zu teilen, abzurocken und diese unbeschreibliche Energie der Live-Konzerte zu spüren.
Kommen wir zum Abschluss zu unserem traditionellen Brainstorming. Was fällt dir zu folgenden Begriffen zuerst ein…
Aktuelles Lieblingsalbum: Ace: „Not The End Of The Road“ von Kissin‘ Dynamite. (lacht)
Bestes Buch-/Film-/Serien-Universum: Aeon: Ganz klar das ganze Marvel-Universum.
Klimaaktivismus: Aeon: Ja! Lebenswichtig, leider etwas spät, macht mir etwas Bauchschmerzen.
Cancel Culture: Aeon: Aktuell in der Musikbranche an der Tagesordnung, existenzvernichtend.
Etwas, das einen schlechten Tag besser macht: Ace: Sonne!
Der beste Weg zu entspannen: Ace: Urlaub.
LEAGUE OF DISTORTION in 10 Jahren: Ace: Rammstein – als Vorband, von uns. (lacht)
Nochmals vielen Dank für eure Zeit! Die letzten Worte gehören euch.
Ace: Danke dir! Die Zeit jetzt „nach Corona“ ist mit die schwerste für uns Musiker und Musikerinnen. Unterstützt eure Bands, indem ihr frühzeitig Tickets bestellt und auf so viele Konzerte wir möglich geht.
Aeon: Kommt und seht uns auf Tour, erlebt unsere Vision live, kauft unser Album, lasst euch auf dieses andersartige, neue und moderne Metal-Album ein und folgt LEAGUE OF DISTORTION auf Instagram oder Facebook, um ab jetzt mit dabei zu sein, schaut unsere Musikvideos und wem das noch nicht genug Aufforderungen waren: Join the league!
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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