Es ist sicherlich nicht politisch korrekt, zu erwähnen, dass mein erster Eindruck bei der Begegnung mit KOPEK der Köpergröße galt. Ich bin mir nicht sicher, ob Angus Young von AC/DC gleich lang ist oder sogar noch ein paar Zentimeter mehr aufzubieten hat, als Sänger Daniel und Bassist Brad von KOPEK. Ich hätte es auch nicht erwähnt, wenn die im Interview demonstrierte Größe und das entsprechend ausgeprägte Sendungsbewusstsein nicht so angenehm konstrastreich zur Körpergröße aufgefallen wäre. Obwohl KOPEK schon lange auf der Piste sind und sich zunächst in den USA erfolgreich abgearbeitet haben, sind sie hierzulande eher ein unbeschriebenes Blatt. Dies zu ändern, ist ein fester Entschluss des Trios, wie sie im Interview mit Metal1 unmissverständlich klar machen.
Ihr seid auf Eurer ersten Tour in Deutschland und alles andere als bekannt. Wie reagieren denn die Fans auf Euch?
Daniel: Echt gut! Wir verkaufen eine Menge CDs und die Leute sind enthusiastisch.
Brad: Die Show in Hamburg war der Wahnsinn. Das Publikum ist total abgegangen. Folgendes passiert bei jedem Konzert: Beim ersten Song wird verhalten geklatscht, beim zweiten kommt der Gedanke: „Die Jungs sind eigentlich ganz gut.“ und beim dritten setzt sich die Überzeugung durch: „Hey, die Band ist ja der Hammer!“ Also echt: Das läuft für uns ins Deutschland prima. Und das ist geil, weil Deutschland ein riesiger Markt für Rock ist. Ich glaube es ist der zweitgrößte nach den USA. Uns war schon immer klar, dass es unser Schicksal ist und dazugehört, nach Deutschland zu kommen.
Ich habe Euer Album schon vor ein paar Monaten gehört und gedacht: „Das passt eigentlich in unsere Landschaft!“, aber jeden, den ich gefragt habe, kannte Euch noch nicht. Schön, dass Ihr nun hier seid, und die Fans so gut mitgehen.
Brad: Tatsächlich kennt uns keine Sau, deswegen sind wir hier, um uns den Arsch abzuspielen.
Daniel: Wir haben 44 Shows die nächsten Monate geplant. Also sollte es für jeden eine Chance geben, uns zu sehen. Und wir wissen schon jetzt, dass wir definitv wiederkommen und dabei auch durch ganz Europa touren werden.
Brad: Dann planen wir, unsere eigene Show zu machen und zwar in kleinen verschwitzten Clubs, wo es dann voll zur Sache geht. Jetzt geht es erst mal darum, die Leute anzufixen, damit sie heiß darauf werden, uns wiederzusehen. Das ist der Plan, oder?
Daniel: Klar, das ist der Plan. Und wenn er schiefgeht?
Brad: Weiß auch nicht. Uns bleibt immer noch die Kugel.
Was war denn bisher das größte Konzert, das Ihr gespielt habt?
Daniel: Ich glaube das war beim XFest in Dayton, Ohio, das von einem Radiosender organisiert wurde.
Brand: Man, da waren ca. 20.000. Natürlich waren die nicht nur wegen uns da. Aber wir hängen uns nach und nach an immer größere Bands ran. So haben wir schon mit HINDER gespielt, die einigermaßen groß sind. Das waren ca. 6 Monate in den USA, wo wir immer vor mehr als 1500 Leuten gespielt haben. Da haben wir eine Menge gelernt, etwa wie man eine größere Menge antreibt. Vorher ging es eher darum, mal 500 Leute im Publikum zu haben.
Woher kommt eigentlich der Name „Kopek“. Mich erinnert es an eine russische Münze…
Daniel: …In Türkisch heißt es „Hund“…
Brad: …und in einer anderen Sprache sogar „Titten“. Das haben wir auch nicht gewusst. Im Ernst: Wir wollten eigentlich ein Wort finden, das für niemanden etwas bedeutet, damit jeder irgendwann höchstens an eine Rock-Band denkt, wenn er „Kopek“ hört. Offensichtlich haben wir nicht gut genug recherchiert. Ich hoffe, eines Tages steht es für eine „kick-ass-three-piece-Rock n Roll-Band“ und nicht für Hund…
Daniel: …was als erstes erscheint, wenn man im Internet danach sucht. Wir kommen erst an vierter Stelle, aber wir arbeiten dran.
Nun der Preis dafür, sich einen solchen Namen auszusuchen ist der, solche dummen Fragen gestellt zu bekommen.
Brad: Mach Dir nichts draus. Immerhin haben wir eine gute Antwort. Und die Leute wollen wissen, wer wir sind, ist doch klar. Dazu gehört auch zu wissen, dass wir in der gleichen Straße aufgewachsen sind, wir haben gemeinsam Fußball gespielt und zusammen unsere Instrumente gelernt. Wir sind erst seit zwei bis drei Jahren eine professionelle Band. Viele sagen, die Band sei schon seit zehn Jahren aktiv. Das stimmt nur teilweise. Wir haben zwar schon früh angefangen zu spielen, aber oft ging es nur darum, irgendwo abzuhängen, Gras zu rauchen und dabei zu lernen, wie man eine Bassgitarre spielt.
Warum hat es so lange gedauert, bis Ihr Euch wirklich bemüht habt, professionell zu arbeiten?
Daniel: Wir wollten einfach spielen und ein bisschen herumreisen. Wir haben kleine Gigs gemacht und das war für uns OK. Dabei hatten wir auch das Gefühl, dass die Zeit noch nicht reif war für einen Plattenvertrag.
Brad: Außerdem ist es wirklich schwer, ein gutes Label zu finden, ein gutes Team sowie einen guten Produzenten. Es gab immer wieder Gelegenheiten, aber es zeigte sich schnell, dass die Deals kompletter Bullshit oder nicht wirklich ernst gemeint waren. Wir mussten warten, bis unsere Zeit gekommen war und nun ist es soweit. Beim manchen Bands dauert es nur fünf Wochen und bei anderen zehn Jahre.
Daniel: Als wir jünger waren haben wir auch für andere Leute Aufnahmen gemacht. Da lief schon immer was, aber wir hatten nicht die Kontrolle und das Selbstvertrauen, unsere eigenen Interessen voranzutreiben. Nun haben wir ein Album, wo alles von uns selber stammt: die Songs und die Produktion.
Brad: Das hat zwar alles zehn Jahre gedauert, aber nun sind wir bessere Musiker, bessere Produzenten und haben ein besseres Leben. Hätten wir vor fünf oder sechs Jahren ein Album aufgenommen, wäre es lang nicht so gut gewesen, weil wir heute einfach stärker sind, auch mental. Wir wissen nun, worauf es ankommt. Es hat sich also gelohnt, solange zu warten.
Habt Ihr früher schon diese Songs vom Album gespielt oder habt Ihr auch Cover-Versionen von Songs anderer Bands auf die Bühne gebracht?
Daniel: Überwiegend haben wir eigene Songs gespielt. Wir haben zwar mal ein NIRVANA-Cover dabei gehabt, wie viele andere Bands auch. Die Stücke auf dem Album sind jedoch von uns und stammen aus all unseren Schaffensperioden. Machen Song haben wir auch erst im Studio geschrieben. Insgesamt ging es darum, dass wir zeigen wollten, was wir drauf haben. Deshalb haben wir sehr unterschiedliche Songs und Sounds auf die Platte gebracht. Mit dem Ergebnis sind wir echt happy.
Das Album “White Collar Lies“ kam ja auf iTunes bzw. in den USA bereits vor zwei Jahren raus. Ich habe bisher keinen einzigen Review gefunden, der die Platte niederschreibt…
Brad: …ich habe einmal einen gefunden, aber insgesamt sind die Reaktionen der Medien wirklich sehr gut und sehr wohlwollend. Ich denke, das hat auch mit der Zeit zu tun. Es ist heutzutage nicht schlimm, ein Album rauszubringen, auf dem nur zwei oder drei Songs wirklich gut sind und der Rest ist pure Scheiße. Und wir haben beschlossen, ein Album zu machen, dass vom Anfang bis zum Ende gut ist. Vielleicht ist das auch ein Grund, warum wir solange gebraucht haben. Aber das ist ein Problem, dass wir heute im Rock haben; es ist das Herz und das Geld der Fans und man sollte als Musiker sehen, dass es der eigene Job ist, durchgängig gute Musik zu machen und nicht vom Erfolg von zwei oder drei Songs zu leben. So war es früher und sogar noch in den 90ern, aber so sollte es auch wieder sein.
Ich bin zusammen mit vielen anderen Rezensenten der Meinung, , dass Eure Musik „ehrlich“ rüberkommt. Was gehört Eurer Meinung nach zu „ehrlicher“ Musik?
Daniel: Du musst meinen, was Du sagst. Alle unsere Songs sind irgendwie durch Gespräche zwischen uns entstanden. So Lieder wie „White Collar Lies“ oder „Love is dead“ sind so Beispiele, bei denen wir viel diskutiert haben und schließlich uns Last von der Seele nehmen wollten, indem wir darüber ein Lied schreiben. Wir wollen eine Idee in die Welt setzen und herausfinden, ob andere auch so denken. Ich glaube, wir machen uns einfach mehr Gedanken als andere um unsere Musik und wenn wir spielen, dann haben wir sozusagen unser Herz auf der Zunge.
Brad: Wir verwenden als Inspirationsquelle unserer Musik unseren Alltag, den Alltag unserer Freunde, was wir in der Zeitung lesen oder im Fernsehen sehen. Da ist nichts Abgehobenes dabei und ich glaube deswegen mögen uns die Leute. Natürlich muss nicht jeder Song eine besondere Bedeutung haben, aber es ist schön, wenn man die Musik zu etwas in Beziehung setzten kann, was in der Realität passiert und relevant ist.
Daniel: Gute, ehrliche Musik zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine Idee transportiert. Alle großen Musiker wie John Lennon oder Bob Marley hatten eine Message, die von Herzen kann und die ihnen wichtig war.
Brad: Schau Dir doch mal das ganze Chaos da draußen an, die Kriege etwa oder die Korruption! Wie soll man das denn ignorieren und nicht darüber schreiben?! Wir sind sicherlich keine politische Band, aber definitiv wollen wir die Leute dazu bringen wenigstens einen Moment mal inne zu halten und sich zu fragen: „Was geht da denn eigentlich ab?“ Wenn wir den einen oder anderen dazu bringen, die Dinge zu hinterfragen, dann haben wir unseren Job gemacht.
Daniel: Genau das ist unser Job und sollte der von Künstlern oder Musikern generell sein. Wir sind privilegiert, weil wir keine „normale“ Arbeit machen müssen. Daher haben wir auch die Zeit, mal über den Tellerrand hinaus zu schauen und können hoffentlich auch diejenigen inspirieren oder auf andere Gedanken bringen, die nicht in dieser Situation sind.
Wenn wir in Deutschland an irische Bands denken, sehen wir vor unserem geistigen Auge immer auch Elemente des Folk-Rock. Die lassen sich in Eurer Musik jedoch wirklich nicht finden. Fühlt Ihr Euch als irische Band? Welchen Einfluss hat Euer Heimatland auf Eure Musik?
Daniel: In Irland regnet es viel. Daher hält man sich oft im Haus auf und das bietet die Möglichkeit nachzudenken und Songs zu schreiben. Aus diesem Grund kommen wohl auch viele gute Schriftsteller aus Irland. Das alles macht sicherlich einen Teil aus. Und obwohl wir keine akustischen Folkelemente in unsere Songs einbauen, so erscheint uns unsere Art des Geschichtenerzählens und des Songwritings durchaus irisch beeinflusst.
Brad: Ich glaube auch, dass wir viele irische Elemente in unserer Musik haben. Unser Sound ist jedoch eher amerikanisch in Richtung Blues Rock gehend. Unsere Einstellung und wie gesagt unser Songwriting ist hingegen irisch.
Wenn wir schon bei Eurer musikalischen Herkunft sind…Ihr habt mal gesagt, dass Ihr auch von den BEATLES oder den ROLLING STONES inspiriert seid. Sorry, aber davon sehe ich im Ergebnis nichts. Vom Eurem Sound her müsste es doch einen Einfluss aus der Ecke des Stoner Rock geben?!
Brad: Definitiv! Für uns ist QUEEN OF THE STONE AGE eigentlich DIE moderne Band für uns. Es gibt keine andere Gruppe, die gegenwärtig derart ehrlichen und echten Rock spielt wie die Jungs um Josh Homme und Dave Grohl. Natürlich möchten wir die nicht imitieren, aber da sehen wir tatsächlich auch Einflüsse, die sich im Sound niederschlagen.
Daniel: Ich glaube es gelingt uns insgesamt ganz gut, unsere Einflüsse nicht so offensichtlich zur Schau zu tragen. Wir versuchen einfach, das Beste aus einem Song rauszuholen und nicht wie andere zu klingen oder radiotauglich zu sein. Wir möchten uns nicht ablenken lassen. Dann hört sich das Ergebnis auch authentisch an und läuft besser und natürlicher durchs Ohr. Das gelingt nicht, wenn Du es mit Gewalt in eine bestimmte Richtung zwingst.
Mit Eurem ersten Album habt Ihr große Erwartungen geweckt, zumindest bei denjenigen, die es bereits gehört haben. Und tatsächlich zeigt Ihr eine große Bandbreite zwischen sehr harten, rockigen Songs und eher getragenen Stücken. Bleibt Ihr bei diesem Mix? In welche Richtung wollt Ihr künftig gehen?
Daniel: Wir haben Tonnen voller Ideen. Aber zielgerichtet an einem neuen Album werden wir gegen Jahresende arbeiten und es wird das draufkommen, was sich am besten anhört.
Brad: Was wir derzeit überwiegend spielen ist harter Rock. Jedoch möchte ich auf einem neuen Album Variation haben. Der Hörer soll auch mal in eine andere Richtung gebracht werden. Das gute an KOPEK ist, dass wir tatsächlich unterschiedliche Spielarten draufhaben und das werden wir einbringen. Entscheidend ist, dass wir ein Stück vorankommen. Das neue Album soll größer und besser sein, aber da sind wir zuversichtlich.
Daniel: Ja, das werden wir hinkriegen. So im April oder Mai werden wir das neue Album aufnehmen, bevor wir uns dann auf den Sommerfestivals in Europa blicken lassen werden. Im Herbst hoffen wir, dass dann das neue Album am Start ist.
Probiert Ihr denn neue Songs, die Euch bereits im Kopf rumgehen, auch auf der Bühne aus?
Brad: Nein, wir haben erstens die Spielzeit nicht und zweitens müssen wir unser gegenwärtiges Album an den Mann bringen, selbst wenn es für Dich und mich schon Schnee von gestern ist. Wenn wir im Februar wieder kommen, werden wir mehr Zeit auf der Bühne haben und dann sieht die Sache anders aus. Und natürlich ist es wichtig zu sehen, wie das Publikum auf neues Material reagiert.
Ihr habt ja schon umfangreiche Bühnenerfahrung. Wie wäre es denn, die Verkäufe weiter anzutreiben, indem Ihr eine DVD mit Live-Footage unters Volk bringt?
Daniel: Das überlegen wir uns ernsthaft. Aber es ist noch nichts in der Röhre. Wenn, dann planen wir das für das nächste Jahr, wo wir selbst Headliner sind.
Der Schwerpunkt der Aktivitäten im nächsten Jahr wird also Europa sein. Kehrt Ihr damit Amerika dauerhaft den Rücken?
Brad: Es gibt schon Geheule der Amerikaner, die uns wiederhaben wollen [lacht]. Aber da müssen sie durch, denn jetzt geht es darum, Europa aufzumischen. Danach werden wir uns natürlich auch wieder in Amerika sehen lassen. Wir haben unser Album in Amerika so weit gebracht wie es eben geht, haben uns eine gute Fanbasis geschaffen, die wir ab Ende nächsten Jahres wieder bedienen werden, wenn das neue Album raus ist. Und prinzipiell gilt: Wir gehen überall da hin, wo die Liebe ist, selbst wenn das in Afghanistan sein sollte.
Es gibt Orte, die nicht für ihre Liebe bekannt sind. Aber wir glauben, dass jeder Ort weltweit leidenschaftlichen und ehrlichen Rock verdient. In diesem Sinne wünschen wir KOPEK weiterhin gute Reise.