Im Zuge der Veröffentlichung von „Armada“ am 24.4.06, dem neuen Album von KEEP OF KALESSIN, konnten wir mit Bandleader Obsidian C. telefonieren. Der ehemalige Satyricon-Tourgitarrist erzählte uns unter anderem vom neuen Album und über die Vergewaltigungsvorwürfe…
Erstmal natürlich die Frage, wieso das Album ausgerechnet „Armada“ heisst. Hat das einen speziellen Hintergrund?
– Das hat keinen speziellen Hintergrund, wir wollten damit bloss das Gefühl von Kriegsfilmen einfangen. „Armada“ meint bloss Flotte, Kriegsflotte und soll den aggressiven Sound wiederspiegeln. Es ist episch und groß wie Krieg auf immer. Die Lyrics sind radikal gehalten ohne traurigen Mist (er lacht).
Mit welchen Erwartungen gingst du an das Album heran?
– Ich wollte, dass das Album groß und episch wird und wir hatten das Team dazu, eine Art Kriegssoundtrack zu kreiieren, aber nicht sowas wie mittelalterliche Bands machen. Also positionierten wir unsere Musik um den Albumtitel herum, sie passt sich daran an. Die Melodien und symphonischen Parts wirken auf die Gitarre ein, an der du merkst, dass es immer noch Metal ist. Die melodischen Stücke brauchst du aber für die Atmosphäre. Wir wollen, dass Keep of Kalessin eine der führenden Black Metal-Bands in der Welt ist, weil es gibt nicht viele Bands, die unseren Stil nutzen. Die meisten Black Metal Gruppen, besonders aus Norwegen, packen eher ihre Riffs zusammen und achten nicht auf die Songstruktur und das ganze Stück. Ich denke, „Armada“ steht eher in einer Reihe mit „Master of Puppets“, „Seventh Son of a seventh Son“ und „Somewhere in Time“, obwohl wir einen deutlichen Black Metal-Bezug haben. Aber wir sind musikalisch stärker als viele dieser Bands.
Thebon singt in „The Black Uncharted“ teilweise recht unkonventionell klaren. Generell ist seine rauchige Stimme reizvoll, würdest du mir zustimmen oder siehst du das anders?
– Ich denke, dass Thebon einfach fabelhaftes auf dem Album geleistet hat und erst richtig für Atmosphäre sorgt. Die cleanen Parts sind episch, sie passen zum Gesamtsound. Es gibt viele Bands, auch Black Metal-Bands, die cleanen Gesang nutzen, da sie auch wissen, dass dieser manchmal einfach gut passt. Mittelaltergruppen zielen nur darauf ab, speziell oder anders zu sein; ich denke, dass wir mit „Armada“ diesen Punkt viel besser als Mittelalterbands hinbekommen haben, da ihr Gesang vermischt ist. Unsere Musik ist variabler als bei vielen anderen Metalbands, denn wenn man einen melodischen gesang hat, ist man schon epischer als viele andere Black Metal-Bands. Cleaner Gesang erzeugt einfach eine großartige Atmosphäre und wirkt episch.
Ich würde sagen, ihr habt seit „Reclaim“ keinen Kurswechsel eingeschlagen, nur scheint ihr daran gefeilt zu haben. Wie siehst du das? Sahst du KEEP OF KALESSIN mit „Reclaim“ schon auf dem richtigen Weg oder würdest du „Armada“ doch als grundlegend verschieden von der zuvorigen EP sehen?
– Nun, ich denke, dass das schlicht eine natürliche Entwicklung ist. Ich sagte Gregory (Anm. der Red: Wer ist Gregory? Obsidian erwähnte diesen Namen, doch wer ist das?), dass „Armada“ ein wenig nach „Reclaim“ klingt und man merkt, es ist dieselbe Band, aber „Armada“ ist besser produziert und insgesamt gesehen besser. Ich denke, dass ist einfach ein natürlicher Prozess und „Armada“ ist 10mal besser als „Reclaim“. Du hörst aber, dass einige Aspekte von der EP vorhanden sind und dass die Atmosphäre dieselbe ist. Nur ist „Armada“ eben besser.
„Armada“ geizt ja nicht gerade mit Vielfalt und komplexeren Strukturen, wie gehst du an das Entwerfen von Songs heran?
– Es hängt davon ab, wieviel Freude einem das Jammen im Proberaum macht. Wir haben mit ein paar Riffs angefangen und die dann miteinander verflochten, wobei mich einfaches Zeugs wie Filmsoundtracks inspiriert haben. Danach konstruiere ich um das Grundtheme vieles herum und füge alles zusammen. Wir haben da besonders auf die Songstruktur geachtet. Das macht Keep of Kalessin aus, weil viele Bands diese vernachlässigen, obwohl sie so wichtig ist. Du brauchst einen natürlichen Fortschritt für ein Lied. Du kannst nicht bloss mit einem Riff starten und die Lyrics und der Rest kommen einfach so hinzu, du musst sie zusammenfügen. Wenn du dir mal den Titelsong von „Armada“ anhörst, wirst du sehen, dass alle Riffs ihren natürlichen Platz haben, das macht ihn interessant. Die Struktur eines Songs ist sehr, sehr wichtig. Ich nehme das meiste zuhause auf und stelle es den Jungs im Proberaum vor. Sie arbeiten dann beispielsweise die Drumparts aus; ich bin jedoch der, der die Riffs kreiiert und sie den anderen zeigt.
Kannst du Beispiele für solche Soundtracks nennen?
– Ich hab da keinen Lieblingsfilm aber am meisten haben mich Gladiator, Troja, Alexander und Chronicles of Riddick beeinflusst. Zudem inspirierten mich viele Computerspiele wie Unreal, Alien vs. Predator, Morrowind und Oblivion. Diese haben eine ähnliche Atmosphäre wie „Armada“.
Die Texte hast du zusammen mit Torstein Parelius entworfen, der schon für „Reclaim“ Lyrics schrieb. Wie läuft die Zusammenarbeit mit ihm?
– Ich sagte ihm, welche Atmosphäre ich erzeugen will, wie die Musik klingen wird und dass er Texte für Kriegsfilme schreiben soll, die mächtig, episch wirken. Dann suchte ich mir welche aus und passte sie den Stücken an. Ich sagte ihm also nur, welche Atmosphäre sie haben sollen und wie sie klingen sollen, worauf er mir dann einige Phrasen und Sätze schrieb, die ich dann weiterverarbeiten konnte. So läuft die Arbeit mit ihm ab, da ich ihm nur die Ideen zu geben brauche und er fasst diese in Worte, da sein Englisch besser ist als das meinige. Er hat mir viel geholfen und er ist ein guter Texter. Ich habe zwar die Grundideen aber er setzt sie besser in Szene.
Du bist ja Hauptverantwortlicher bei KEEP OF KALESSIN, kümmerst dich also um so gut wie alles. Wieviel Mitspracherecht haben da die anderen Mitglieder?
– Die anderen Mitglieder haben dasselbe Recht wie ich, aber sie sind meiner Meinung, wenn es um Musik geht. Sie wissen, dass ich die meiste Erfahrung habe aber wir besprechen alle Songs und Riffs im Proberaum. Es passierte halt so, dass ich alle Stücke geschrieben habe. Wir nahmen letztes Jahr zwölf Lieder auf, von denen wir acht für „Armada“ auswählten. Wir waren alle derselben Meinung, dass es diese acht Tracks sein sollen, doch die anderen schrieben später noch weitere Songs zu den übrigen vier dazu. Es ist nicht so, dass einer alles macht nur auf diesem Album habe ich halt die Musik gestaltet. Die anderen haben den Liedern jedoch noch etwas eigenes hinzugefügt. Also werden vielleicht auf dem nächsten Album mehr Stücke von allen zusammen sein.
Ihr habt ja einige Line-Up-Wechsel durchgemacht seit „Reclaim“. Wie bist du an die einzelnen Leute herangekommen?
– Mit Vyl spiele ich schon seit 15 Jahren zusammen, es war also eine ganz normale Entscheidung, zumal er auf den ersten beiden Alben schon an den Drums saß. Leider war das bei „Reclaim“ nicht mehr so, aber als ich ihn fragte, ob er wieder zurückkehren will, war er dabei. Ich erläuterte ihm mein Konzept mit Thebon als Sänger, die beiden spielten zusammen in einer Band namens Subliritum. Thebon war also ein Kumpel und ich wusste immer, dass er Potential hat. Ich arbeitete dann mit ihm länger zusammen und testete ihn und ich denke, er hat eine großartige Leistung vollbracht. Wizziac spielte in einer anderen Band, die ich ein paar Mal hörte. Nun ist er bei Keep of Kalessin und ist die beste Lösung. Wir alle wissen, dass es auf alle ankommt uns dass wir mehr als ein bloßes Projekt sind.
Frost und Attila sind ja recht bekannte Personen der Black Metal-Szene, wie hast du diesen Abgang empfunden? Auf dem Promo-Beiblatt steht zwar, dass nun alles besser ist aber ein Verlust dieser beiden Größen dürfte doch schmerzhaft sein…
– Ich denke, dass wir nach dem Abgang von Frost und Attila besser geworden sind, weil die Band bis dahin keine Priorität hatte. Klar haben beide einen legendären Status in der Metal-Szene, aber Keep of Kalessin beweisen, dass keine Stars gebraucht werden in der Band. Ich denke, wir können auch so bestehen bleiben, wenn wir Alben wie „Armada“ abliefern. Auf „Reclaim“ musste ich Frost und Attila sagen, was sie zu tun haben; solange ich also meine Ideen einfliessen lasse, ist es egal, wer in der Band spielt. Ich bin derjenige, der die Ideen hat und die Musik erarbeitet.
Wieso seid ihr bei Tabu Recordings gelandet, was hat den Ausschlag gegeben?
– Tabu kam mit dem besten Angebot, sie gaben uns viele Möglichkeiten und sie haben ihren Sitz in Norwegen, was ich bevorzuge, weil ich so zu ihnen kann und mit ihnen Sachen besprechen kann. Es war eine natürliche Entscheidung, die ich da traf. Ich bin sehr zufrieden mit unserer Zusammenarbeit.
Eure Plattenfirma preist euch als „Epic Extreme Metal“ an. Denkst du, die Beschreibung passt oder wo würdest du KEEP OF KALESSIN einordnen?
– Ja, das trifft unsere Musik gut, weil, wenn die Leute Black Metal sagen, dann denke ich an Gorgoroth, Carpathian Forest, 1349 und solche necro und undergroundigen Bands. Keep of Kalessin ist da mächtiger, wir sind definitiv „Epic Extreme Metal“, da wir mehr als Black Metal bieten. Mächtig, episch, extrem und auf jeden Fall Metal.
Wieso gerade zu „Into the Fire“ ein Videoclip?
– Wir hatten die Wahl zwischen zwei Stücken, weil du bei \’nem Videodreh nicht mehr als 4:20 Minuten zur Verfügung hast. Also mussten wir aussuchen zwischen „Winged Watcher“ und eben „Into the Fire“. Ersteres wäre aber keine gute Wahl gewesen, da es das einzige langsame Lied auf dem Album ist. „Into the Fire“ hingegen vereint alle Elemente von „Armada“ in sich. Also nahmen wir den brutalsten Song anstatt das langsamste Stück auszuwählen.
Ihr tourt ja nun bald durch Europa, werdet ihr auch Deutschland ausgiebig bereisen?
– Ich denke, wir haben fünf Gigs in Deutschland.
Ihr seid beim Inferno-Festival in Oslo dabei, wie sieht es mit weiteren Festival-Aktivitäten aus? Sind auch welche in Deutschland dabei?
– Wir haben noch keine Festivalgigs in Deutschland aber wir hoffen noch, dass wir in Wacken spielen können. Wir wollen, dass das deutsche Publikum eine Mail an Wacken schickt und sagt, dass wir in Wacken auftreten sollen (er lacht). Ansonsten spielen wir das Hole in the Sky-Festival und das Rockefeller in Norwegen. Ausser diesen drei Festivals spielen wir noch nirgends, aber wir wollen so viel spielen wie möglich. Für uns kleine Bands ist es aber recht teuer, zu weiten Festivals zu reisen und für mehr oder weniger lau zu spielen. Aber wir wollen auf Festivals spielen.
Was bedeutet euer Bandname eigentlich? Was ist Kalessin?
– Kalessin ist ein Drachen aus dem Buch „Earthsea“ von Ursula K. Le Guien, Keep of Kalessin hat also eine epische Bedeutung.
Gut, nun etwas prekäre Fragen: Du bist ja angeklagt wegen Vergewaltigung und sagst du bist unschuldig. Wie erfuhrst du von dem Vorwurf und was folgte dann?
– Ich darf solche Fragen nicht beantworten aber alles, was ich sagen kann, ist, dass das eine Lüge war und der Vorwurf zurückgewiesen wurde. Wir sind also absolut unschuldig und der Fall ist längst ad acta gelegt.
Wie nahm Satyr das Ganze auf, immerhin wurde die Satyricon Nordamerika-Tour deswegen abgebrochen…
– Nun, wir hatten wegen dieser Sache viel Ärger und mehr gibt es nicht zu sagen. Der Vorwurf ist niedergeschmettert und wir sind absolut unschuldig.
Das war es bereits, ich danke dir!
– Danke dir, auf Wiedersehen!