Interview mit Anton Belov von Kauan

Drei Alben in nicht einmal drei Jahren sind sicher ein guter Grund, einfach mal nachzufragen im fernen Osten. Warum in Chelyabinsk riesige Pilze Vodka schlürfen und wie der Fragensteller von KAUAN-Mastermind Anton Belov kräftig überrumpelt wurde, lest ihr im folgenden Interview.

Hy Anton, vielen Dank, dass Du Dir etwas Zeit nimmst, um meine Fragen zu beantworten. „Aava Tuulen Maa“ erscheint dieser Tage, bist Du aufgeregt?
Hei! Sicher bin ich das. Es war ja eine Menge Arbeit. Ein neuer Zeichner, ein neues Studio, eine neue Art der Musik, all das hat ungefähr ein Jahr in Anspruch genommen. Klar bin ich da aufgeregt, was das Ergebnis angeht.

Diese CD ist mein erster Kontakt mit KAUAN. Dem Info folgend, hat sich die Musik in den letzten zwei Jahren erheblich geändert. Wie ist das möglich gewesen?
Ja, KAUAN haben ihre ersten beiden CDs in lediglich eineinhalb Jahren veröffentlicht. Viele Fans glauben schon, dass wir außer Alben produzieren nichts anderes machen, aber so schreibe ich nun mal Musik. Ich kann die Melodie ja schlecht anhalten, die plötzlich in mir zu spielen beginnt.

„Kauan“ heißt auch ein phantastisches Album der Finnen „Tenhi“. Ich bin mir ziemlich sicher, dass Du ihre Musik sehr magst, aber magst Du gerne mit ihnen verglichen werden (besonders im Fall von „Aava Tuulen Maa“)?
Nun, eigentlich nicht. Jedes Interview startet mit einer Frage zu dem Tenhi-Album (puh, ein glück habe ich erst zwei andere gestellt, Anm. d. Verf.). Bevor wir begannen, auf finnisch zu singen, hießen wir „Dolgo“, was auf russisch das gleiche bedeutet. Als wir uns entschieden haben, auf finnisch zu singen, haben wir den Namen nur einfach übersetzt.

Russland ist für uns in Deutschland nach wie vor ein fremder Ort, außerdem ist es voller Geheimnisse. Kannst Du Deine Heimat in ein paar Worten beschreiben und etwas zu dem Einfluss auf die Musik sagen (zum Beispiel die Berge des Ural)?
Chelyabinsk ist ein Stück vom Ural entfernt, wir haben hier eine sehr ähnliche Landschaft wie in Finnland, viele Seen und Wälder. An sich mag ich aber Felder und Steppen mehr. Dies ist auch das Thema des neuen Albums, das Album ist ihnen sozusagen gewidmet.

Du hast die Frage sicher schon unzählige Male beantwortet, aber ich wüsste schon gerne, warum eine russische Band auf finnisch singt (vor allem, da es eine sehr schwierige Sprache ist)?
Natürlich ist es eine schwierige Sprache, aber ich liebe sie nun einmal und das ist der gewichtigste Grund. Tatsächlich schreibe ich aber auf russisch, aber Juha Kuusela, unser Webmaster und ein guter Freund, übersetzt das alles ganz phantastisch.

Die meisten unserer Leser sprechen kein Wort russisch oder finnisch, was kannst Du uns zu den Texten sagen?
Tja, an sich bin ich ja kein großer Dichter, für mich ist die Stimme nichts anderes als ein Instrument, also mache ich da keine große Sache draus. Es sind einfach kleine Geschichten, unser Zeichner hat aber zu jedem Song ein Bild gemalt.

„Aava Tuulen Maa“ enthält lediglich fünf Songs, davon gehen vier Lieder über zehn Minuten. Was macht einen langen Song besser als zwei oder drei kurze?
Warum fragst Du das in nur einer Frage, anstatt in zwei oder drei? Weil ich eine Träumerei an einem Stück erleben möchte. Das gleiche gilt für die Musik, es ist eine Geschichte, warum sollte ich sie aufteilen… (Touchè, Anm. d. Verf.)

In meiner Review schrieb ich, dass die Musik zwar sehr melancholisch ist, aber nicht sehr depressiv daher kommt. Ist es schwierig, traurige Musik zu schreiben, die den Hörer nicht herunterzieht?
Ich weiß ja nicht, welche Stimmung die Musik auf die Hörer hat. Ich schreibe in unterschiedlichen Stimmungslagen, vielleicht ist dies der Hauptgrund. Ich hoffe, dass aus den Tönen, die KAUAN schreiben, eine Atmosphäre entsteht, und jeder, der dem lauscht, kann sich seine eigene Welt daraus erschaffen.

Gibt es schon Pläne für die nähere Zukunft? Wird es vielleicht schon im kommenden Jahr ein neues Album geben?
Ich mache nie Pläne über Musik, die ich noch nicht in mir trage. Zur Zeit habe ich keine Musik für KAUAN, aber eine Menge Stoff für meine anderen Projekte „Strecosa“ und „Helengard“. Erst mal nehme ich also Alben für diese beiden Bands auf und dann schauen wir mal.

Ok, machen wir ein paar „Off-Topic“-Fragen. Interessierst Du Dich für Sport? Ich weiß, dass es bei Euch ein berühmtes Eishockeyteam gibt (Traktor Chelyabinsk) und natürlich einige sehr bekannte Spieler.
Ich habe viele Freunde, die Eishockey spielen, einer sogar bei Traktor. Ich bin kein Fan, es interessiert mich nicht einmal. Ich respektiere das natürlich, aber sonst kann ich da nichts zu sagen, sorry.

Sollte es nicht offensichtlich sein, dass Lubov (Mushnikova) eine Frau ist? Das Info meint nämlich, dass der Violinist Lubov Mushnikova seit 2006 bei KAUAN dabei ist.
Wie bitte? Lubov war schon immer eine Frau :D

Letzte Woche war der 20. Jahrestag des Falls der Berliner Mauer. Das war ein sehr wichtiger Moment für uns in Deutschland. Was ist Deine Meinung dazu und zu Michail Gorbatschov, der das u.a. möglich machte?
Unsere Eltern lehren uns, höflich mit diesen Themen umzugehen. Ich möchte politische Fragen eigentlich nicht in einem Musikinterview beantworten ;-)

Recht nahe bei Chelyabinsk liegt die Kernanlage Majak. 1957 gab es dort einen verheerenden Zwischenfall, genannt „Kytschym-Unfall“. Gibt es noch irgendwelche Nachwirkungen bei Euch zu spüren?
Klar, Mutanten töten harmlose Bürger, riesige Pilze trinken Vodka und Bären spielen auf der Balalaika :D Nein, irgendwelche Nachwirkungen spüren wir nicht, aber die ökologische Situation bei uns ist wirklich schlimm. Überall riesige Fabriken, von meinem Balkon sehe ich eigentlich nichts als Schornsteine (wohnt er wohl bei uns im Ruhrgebiet, Anm. d. Verf.)

Ok, es ist gute Tradition, jedes Metal1.info-Interview mit einem kleinen Wortspiel enden zu lassen. Deine ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen:

Bandshirts: hmm, als Teenager Nirvana und The Prodigy
Rollenspiele: da kenne ich kein einziges, hat mich auch nie interessiert
Digitalkameras: meine Freundin fotografiert viel, ich schreibe Musik
Tour de France: hei, als ich neun Jahre alt war, habe ich davon geträumt, ein Rennradler zu werden
Metal1.info: vor einigen Monaten haben sie mir eine Freundschaftsanfrage bei MySpace geschickt

Nun, alle Fragen wurden gestellt und beantwortet, vielen Dank noch mal. Die letzten Worten gehören Dir.
Vielen Dank für die ungewöhnlichen Fragen. Dir und Deinem Magazin viel Glück.

Publiziert am von Jan Müller

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