Mit seinen beiden Bands FORTÍÐ und KATLA. veröffentlicht Einar „Eldur“ Thorberg in diesem Herbst gleich zwei Alben. Welches die größere Herausforderung war, wie sich das FORTÍÐ-Album während den Arbeiten verändert hat und was ihn als Isländer an “all dieser verdammten Dunkelheit” so stört, dass er das KATLA.-Album so genannt hat („Allt þetta Helvítis Myrkur“), erklärt Einar im FORTÍÐ- KATLA.-Doppelinterview!
Wir sprechen zu besonderen Zeiten – ich hoffe, es geht dir trotz der Corona-Situation gut!
Mir geht es ganz gut, danke. Die Zeiten sind in der Tat außergewöhnlich, aber ich möchte mich auf die positiven Auswirkungen auf unsere Umwelt konzentrieren und hoffe, dass unsere Kohlenstoffemissionen nicht mehr übermäßig ansteigen, wenn das hier vorbei ist.
Wie ist die aktuelle Corona-Situation in Island? Fühlst du dich sicher, betrifft dich die Pandemie in irgendeiner Weise?
Ich finde die Art und Weise, wie die Menschen damit umgehen, im Grunde genommen idiotisch. Ich traue den Menschen im Allgemeinen nicht. Ich schotte mich heutzutage generell noch mehr ab als früher, als ich jünger war. Für ein zynisches Arschloch wie mich hat das also keinen allzu großen Einfluss auf das Leben. Ich muss natürlich gelegentlich Lebensmittel einkaufen, also trage ich als guter Bürger meine Maske. Aber ansonsten verkehre ich ohnehin nicht allzu viel mit anderen Menschen, insofern hat sich nichts wirklich geändert. Meine Frau ist allerdings Spanierin, und ihre Familie ist in Spanien, das war für uns mit Abstand das Schwierigste an der Sache.
Du bist vor nicht allzu langer Zeit nach Island zurückgezogen. Bist du über diese Entscheidung auch im Hinblick auf die derzeitige Corona-Situation in Norwegen glücklich?
Sagen wir einfach, ich habe die richtige Entscheidung getroffen. Ich habe getan, was getan werden musste. Ich kann mir nur schwer vorstellen, wie das Leben in Norwegen während dieser Pandemie gewesen wäre, aber ich glaube, sie gehen mit dieser ganzen Sache viel besser um als Island. Das ist für mich eigentlich keine Überraschung.
Wie lebt es sich denn in Island ohne Touristen? Eher deprimierend, weil das ganze Land wirtschaftlich davon abhängig ist, oder auch erholsam, weil der Übertourismus hier ein großes Thema ist?
Für mich persönlich ist es absolut großartig, von diesem ganzen Tourismus befreit zu sein. Wir haben zum Beispiel vor kurzem an verschiedenen Orten im Land ein Musikvideo für FORTÍÐ gedreht – und nirgends waren Leute da, die gestört hätten. Die Stille draußen in der Natur, wenn niemand in der Nähe ist, ist pure Magie! Aber ich habe auch Freunde und Familienmitglieder, die auf den Tourismus angewiesen sind und damit voll gegen die Wand gelaufen sind, deshalb bin ich um ihretwillen natürlich nicht glücklich.
Von dir erscheinen in den nächsten Wochen gleich zwei neue Alben. Hast du auch an beiden gleichzeitig gearbeitet, oder ist die gleichzeitige Veröffentlichung ein Zufall?
Es ist quasi eine Kombination aus Zufall und Marketingstrategie, um ehrlich zu sein. Das FORTÍÐ-Album bekam einen kleinen Tritt in den Hintern und einige Deadlines, als wir den zweiten Teil von „World Serpent“ fertiggestellt hatten. Wir dachten, es wäre ein starker Schritt, es so nah wie möglich am KATLA.-Album zu halten. Aber ich hätte das FORTÍÐ-Album auch nicht überhastet herausgebracht, also irgendwas unfertig gelassen oder mit „Ist halt jetzt so“-Mentalität hingeschlampt. Es war einfach schon auf dem besten Weg. Ich arbeite seit Jahren an beiden Alben und ja, manchmal gleichzeitig.
Das Schreiben, Produzieren und Veröffentlichen eines Albums ist ein anstrengender, nervenaufreibender Prozess – wird das durch zwei Alben schlimmer oder macht das keinen Unterschied mehr?
Es ist auf jeden Fall ein nervenaufreibender Prozess! Es kam sogar der Punkt, an dem ich mich entschied, das FORTÍÐ-Album zum Abmischen an das Zero Gravity Studio in Griechenland zu schicken. Ich hatte einfach nicht die Zeit oder Energie, es selbst fertigzustellen. Es stellte sich als eine großartige Entscheidung heraus. Terry Nikas ist ein extrem talentierter Mann, und wir arbeiten gut zusammen. Er hatte schon früher einige Mixes für mich gemacht. Er spielt auch bei Scar Of The Sun und kümmert sich um den Sound von Septicflesh, insofern weiß er definitiv, was er tut. Das Album wurde dann von Phsycon Nyne von Septicflesh gemastert, sodass das Ding einen starken griechischen Touch hat. Aber das Aufnehmen, Mischen und Mastern des KATLA.-Albums reichte aus, um mir einige schlaflose Nächte und viel Frust zu bereiten. Ich habe zwar jetzt das Gefühl, dass ich da Großes geleistet habe, aber ich muss meine Batterien zumindest erst wieder aufladen, bevor ich auch nur in Erwägung ziehe, so etwas noch einmal zu tun. (lacht)
Eine gemeine Frage: Auf welches Album freust du dich mehr – und bei welches Album bist du mehr erleichtert, dass die ganze Arbeit getan ist?
Ich freue mich etwas mehr auf das Album von FORTÍÐ, denn das ist der große Schritt nach oben, den ich seit vielen Jahren gebraucht habe. FORTÍÐ hat in der Vergangenheit unter allen möglichen Widrigkeiten gelitten, und jetzt, bei Album Nummer sechs, habe ich das Gefühl, dass es endlich einen gewissen Status erlangt, natürlich auch mit Hilfe von Prophecy Productions. Bei KATLA. lief es vom ersten Tag an ziemlich glatt. Aber ich bin wirklich erleichtert, dass beide Alben fertig sind. Jetzt kann ich mich auf den Bau meines ersten Hauses und eines richtigen Aufnahmestudios konzentrieren!
Welches von beiden war anspruchsvoller, anstrengender – und warum?
Das ist eine sehr schwierige Frage. Der erste Teil dieses zweigeteilten Albums von FORTÍÐ war ein schwieriger und langsamer Prozess, da ich bereits nach Island zurückgezogen war und der Rest der Band in Norwegen war. Als wir diesen ersten Teil endlich beendet hatten, hatte die Band keinen Esprit mehr. Er war sowieso schon seit Jahren verflogen, aber das ist eine andere Geschichte. Der zweite Teil war dann ein schneller, einfacher und sehr unterhaltsamer Prozess. Das KATLA.-Album war jedoch viel mehr Arbeit für mich, da ich die Arbeiten an diesem Album von Anfang und bis Ende ohne jede Hilfe von außen durchgezogen habe.
Lass uns zunächst über FORTÍÐ sprechen. Du hast die Band in ihrer alten Besetzung aufgelöst, als du nach Island gezogen bist. Viele Bands agieren heute – auch vor Corona schon – über Grenzen und Kontinente hinweg, über digitale Kommunikation. Warum war das für keine Option?
Das ist ein weit verbreiteter Irrtum: Wir haben online gearbeitet, weil ich schon nach Island gezogen war, bevor wir mit dem Album angefangen haben. Aber die anderen Mitglieder waren weder engagiert noch wirklich daran interessiert, dies durchzuziehen. Sie waren mit anderen Dingen beschäftigt, und das stand ganz unten auf ihrer Prioritätenliste. Als ich es schließlich aufgegeben hatte, sie hinter mir herzuziehen, und die Auflösung der Gruppe zur Sprache brachte, haben sie mich vollkommen verstanden. Einige waren sogar erleichtert. Wir sind immer noch gute Freunde, also gibt es kein böses Blut und keine Probleme. Man sollte auch nicht vergessen, dass ich noch in Norwegen lebte, als es mit KATLA. losging. Ich habe die Gitarren und den Bass für unser Debütalbum in Norwegen aufgenommen. Ich arbeite auch jetzt noch online mit den beiden Schlagzeugern von KATLA. und FORTÍÐ zusammen. Beide Bands haben derzeit keinen Proberaum. Daher ist dies eigentlich sogar meine bevorzugte Arbeitsweise geworden.
Dennoch wurde die erste Hälfte des Albums mit der alten Besetzung aufgenommen. Ist das den Umständen geschuldet, hast du nur eine Hälfte fertig und den Rest später alleine hinzugefügt, oder ist das ein so geplanter Teil des Albumkonzepts?
Im Grunde fing es als eine Kurzsichtigkeit unsererseits an. Ich fuhr für zwei Wochen nach Norwegen, um mit der Band an der Aufnahme von vier Liedern zu arbeiten. Später schrieb ich dann ein Intro und eigentlich auch ein Outro, das ich dann allerdings verworfen habe. Aber die insgesamt sechs Songs waren nur 30 Minuten lang, und das ist heutzutage für ein Album einfach zu wenig. Und Labels mit wirtschaftlichem Verstand sind nicht unbedingt daran interessiert, heute noch EPs zu veröffentlichen. Deswegen war das Album im Grunde genommen für ein Jahr auf Eis gelegt. Ich habe mir eine Menge Zeit genommen, um die ideale Lösung zu finden, und nach langem Nachdenken habe ich die beste Entscheidung getroffen, die ich hätte treffen können. Ich bin sehr zufrieden damit, wie sich das entwickelt hat. Ich habe den zweiten Teil hinzugefügt und damit die „World Serpent Duology“. Er dient auch als Brücke zwischen den verschiedenen Phasen der Geschichte von FORTÍÐ, weswegen das für mich ein ganz besonderer Release ist.
Stilistisch reicht das Album von Thrash bis Black Metal – wobei die zweite Hälfte des Albums eher Black Metal-orientiert ist. Liegt das an dieser Umstrukturierung, zeigt es auf, wohin die Reise in Zukunft musikalisch gehen wird, oder liegt das allein am Albumkonzept?
Das Thrash Metal-Element hat FORTÍÐ seit dem ersten Album immer begleitet. Was wir hier im Grunde genommen getan haben, war, dieses Element ins Rampenlicht zu rücken. Das ist ein Abstecher in diese Richtung, und obwohl ich mit dem Ergebnis zufrieden bin, ist das nicht der Weg, den ich weiter beschreiten werde. Der zweite Teil tendiert mehr in Richtung des zukünftigen Sounds von FORTÍÐ, aber wenn ich das jetzt auch alles so sage, sind das nur meine derzeitigen Gefühle. Wenn ich das in Zukunft doch anders sehe, werde ich es eben anders machen. Mir ist sehr wichtig, dass ich FORTÍÐ nicht in irgendeine Schublade sperre: Es geht nur um die Freiheit, das zu tun, was wir tun wollen.
Thematisch hast du dich bewusst nicht auf Wikingerthemen und historische Literatur beschränkt. Was hältst du persönlich von Wikinger-Metal-Bands wie Amon Amarth, die sich sehr plakativ auf Wikinger beziehen, aber auch von Bands wie Wardruna?
Zunächst möchte ich sagen, dass FORTÍÐ nie Texte über Wikinger hatte. Ich bin mir auch nicht so sicher, ob Wardruna jemals Lieder über Wikinger hatten, aber vielleicht irre ich mich. Ich bin noch nicht mit ihrer gesamten Diskographie vertraut … allerdings ohne jeden guten Grund, denn ich mag sie! Ich habe ihr allererstes Konzert im Osloer Wikingermuseum gesehen; das war eine der besten Live-Erfahrungen, die ich je gemacht habe. Ein kleines und intimes Konzert. Ich war jedoch nie ein Fan von Amon Amarth. Ich habe sie auch schon live gesehen. Sie sind keine schlechten Musiker. Es ist nur, dass ihre Musik nichts für mich tut. Ich sehe nichts Falsches daran, sich auf Wikinger auszurichten, aber es ist nie wirklich unser Ding geworden. Aber lass uns für diejenigen, die sich damit nicht auskennen, ein bisschen über Wikinger sprechen! Es gibt schriftliche Sagas, die aus den Jahren 793-1066 n. Chr. – zumindest gemäß der Wikipedia, die wir alle kennen und der wir vertrauen. (lacht) Sie überfielen und plünderten und vergewaltigten. Die nordische Mythologie handelt nicht von Wikingern, sondern von den Welten der Götter und Menschen und anderen Kreaturen wie Riesen, Zwergen und Elfen. Als FORTÍÐ beispielsweise die Völuspá-Gedichte vertonte, was später auch Wardruna gemacht haben, geht es dabei nicht um Wikinger. In Ragnarök kämpfen die Menschen bis zum Tod gegeneinander, und mit Sicherheit haben alle im Kopf, dass die Wikinger die Sieger waren. Aber ein Wikinger zu sein bedeutete, „wikingern“ zu gehen, was im Grunde genommen bedeutet, auf einen Raubzug zu gehen. Heute gibt es keine Wikinger. Uns Menschen aus dem Norden als Wikinger zu bezeichnen, ist nicht wirklich richtig. Wir haben nur Fantasie-Cosplays und Reinszenierungen der Vergangenheit. Und das ist leider eher eine Sache für den touristischen Souvenirläden als irgendetwas anderes.
Dafür enthält das Album ein Lied mit dem Titel „Pandemic“ … bezieht sich der Titel auf die Corona-Pandemie oder ist es zumindest während der Pandemie entstanden, oder war es wirklich ein Zufall?
Ich war im Januar/Februar mitten im Prozess des Texteschreibens, als ich von dem Ausbruch in China hörte. Das inspirierte mich und ich schrieb diesen Text über Plagen im Allgemeinen, wie den Schwarzen Tod oder die Spanische Grippe. Mikroben, die die menschliche Existenz bedrohen. Ich wusste damals aber natürlich nicht, dass dieses spezielle Corona-Virus zu einer so großen Sache werden würde, wie es jetzt der Fall ist.
FORTÍÐ haben Anfang des Jahres einen Vertrag bei Prophecy Productions unterzeichnet, genau wie KATLA. Hast du mit FORTÍÐ hier von dem Vertrag mit Prophecy profitiert, den ihr mit KATLA abgeschlossen hast?
Ohne auf irgendwelche vertraulichen Vertragsdetails einzugehen, ist dies mit Sicherheit die lukrativste Konstellation meiner Musiker-Karriere, die sich jetzt über 25 Jahre erstreckt. Beide Bands beim gleichen Label zu haben ist eine gute Sache. Es braucht Zeit, sich beruflich mit neuen Leuten zu synchronisieren, aber Prophecy wird langsam mir langsam vertraut und ich weiß, wie sie arbeiten. Sie beginnen wahrscheinlich auch, mich ein wenig kennen zu lernen. Und na ja, ich bin nicht einfach, das kann ich dir sagen! (lacht)
Du bist auch bei deinem anderen Projekt, KATLA., für Musik und Texte verantwortlich. Wie teilst du hier auf, welche Idee bei welcher Band landet? Sortierst du das stilistisch, oder arbeitest du gezielt für die eine oder andere Band und verwendest das entstandene Material entsprechend?
Musikalisch gesehen weiß ich, wenn ich eine neue Songidee habe, einfach, wo sie hingehört. Ich kenne den stilistischen Unterschied zwischen meinen Bands. Wenn ich Texte schreibe, was für mich nicht die gleiche Art von Flow ist – ich schreibe etwa einen Text alle zehn Lieder -, schreibe ich den zur Musik. Ein paar Mal habe ich Musik zu Texten geschrieben, aber das ist nicht meine bevorzugte Arbeitsweise. Das finde ich viel schwieriger. Im Prinzip fange ich mit der Arbeit an den Texten an, wenn ich die Musik geschrieben und ein Demo davon aufgenommen habe.
Einige der zentralen Kompositionen dieses Albums reichen mehr als ein Jahrzehnt zurück und sind aus spontanen Probenraum-Sessions entstanden, die erst jetzt ihre endgültige Form erhalten haben. Waren das damals Jams mit Gummi und was hat dich jetzt dazu bewogen, diese alten Demos wieder auszugraben, anstatt neues Material zu schreiben?
Vor 14 Jahren hatte ich die Idee, Musik zu einem bereits vorhandenen Schlagzeug zu schreiben. Ich rief Guðmundur an und bat ihn, ins Studio zu kommen und für eine Stunde oder so Schlagzeugbeats ohne Musik aufzunehmen. Das tat er, und ich nahm die Aufnahmen sofort mit nach Hause und begann, die restlichen Instrumente zu komponieren. Das Ergebnis war ein Demo mit sechs Songs. Und jetzt kommt eine lustige Geschichte, die ich noch nie jemandem erzählt habe: Ich habe dieses Demo damals tatsächlich an Prophecy Productions geschickt, aber keine Antwort erhalten! Guðmundur war mit der Musik zufrieden, aber er war nicht wirklich glücklich mit seiner Schlagzeug-Performance. Natürlich war ihm diese Idee fremd, und er erwartete wahrscheinlich, dass daraus etwas anderes werden würde. Das war auch ungefähr zu der Zeit, als Sólstafir anfing, sich einen großen Namen zu machen, sodass er nicht wirklich die Zeit hatte, über dieses kleine Neben-Experiment nachzudenken. Wir haben uns diese Lieder vor diesem Album noch einmal angehört und beschlossen, vier von ihnen zu neuem Leben zu erwecken. Zwei davon sind auf dem Album, einer davon ist tatsächlich der Titeltrack. Die anderen zwei sind auf der Bonus-Special-Edition-Delux-Blabla-EP.
Das neue Album „Allt Þetta Helvítis Myrkur“ klingt viel düsterer und härter als das Debüt „Móðurástin“ – würdest du das unterschreiben, und ist das eine Folge dieser alten Ideen?
Ich stimme zu, und es ist eine bewusste Entscheidung. Die alten Lieder als solche haben damit wirklich nichts zu tun. Hast du mal was von meiner anderen Band, Potentiam, gehört? Wir machen solche Musik seit Ende der 1990er-Jahre. Es nimmt nur jetzt erst eine viel fokussiertere Form an. Und was das Debüt betrifft, so lag die Produktion dieses Albums nicht in unseren Händen. Deshalb entspricht der Sound nicht ganz dem, was wir sind … aber wir können immer noch dahinter stehen.
Diesmal warst du persönlich für alle Aufnahmen, den Mix, das Master und auch noch die Cello-Samples verantwortlich. Das gibt einem einerseits die Möglichkeit, alles selbst zu beeinflussen, andererseits entfällt eine „Kontrollinstanz“: Früher haben sich Bands einem Produzenten anvertraut. Wie siehst du das, hat es nicht auch Nachteile, auf diese Expertise und externe Meinung zu verzichten?
Ja, es kann wirklich in beide Richtungen gehen, wenn man alles selbst macht. Ich finde, das hat gut funktioniert, aber es ist kaum zu empfehlen. Ich habe schon mit professionellen Mischern gearbeitet, die gesagt haben, dass sie kein Mastering anfassen würden. Sie meinten, dafür brauche man spezielle Ohren. Andere wiederum sagen, dass der Mastering-Prozess sei durch die moderne Technologie entmystifiziert worden. Ich habe tatsächlich einen kurzen Online-Kurs zum Thema Mastering absolviert, bevor ich mich an dieses Album herangewagt habe. Es war nicht viel, aber es hat sich sehr gelohnt. Es ist natürlich immer von Vorteil, wenn mehrere Ohren beteiligt sind. Aber andererseits ist das, was du jetzt hörst, so persönlich wie es nur geht. Es ist eine einzige Vision dieses ganzen Projektes. Ich bin mir nicht sicher, ob ein Außenstehender diese Vision unbedingt verstanden hätte, und denke, der Gesamtsound ist gerade deshalb einzigartig. Aber zweifellos sind Sound-Produktionen am Ende immer eine Frage des persönlichen Geschmacks.
Das Album trägt den Titel „Allt þetta Helvítis Myrkur“ („All diese verdammte Dunkelheit“) – worauf bezieht ihr euch damit?
Die unglaublich langen und dunklen isländischen Winter.
Müsstest du als Isländer nicht ganz gut mit der Dunkelheit zurechtkommen? Immerhin ist es bei euch im Moment fast durchgehend dunkel, oder?
Die Tage werden nun erheblich kürzer. In wenigen Wochen werden wir für drei bis vier Stunden am Tag etwas Licht haben, und das wird etwa drei Monate lang so bleiben. Einige kommen damit besser zurecht als andere. Meine spanische Frau zum Beispiel tut sich damit wirklich schwer. Viele Isländer übrigens auch.
Die Pandemie und dazu die Dunkelheit des isländischen Winters … auch wenn man die Dunkelheit mag, ist es sicher eine Herausforderung. Was ist deine Methode, dein Tipp, um mental gesund durch diesen Winter zu kommen?
Der extreme Mangel an Sonnenlicht führt zu einem Mangel an Vitamin D, das in den meisten Nahrungsmitteln nicht enthalten ist. Dafür nehmen wir es aber in Pillenform ein und essen auch Lachs und Thunfisch. Aktiv und produktiv zu bleiben ist ein weiterer entscheidender Teil. Wenn du faul bist, wirst du in dieser ganzen verdammten Dunkelheit schnell anfangen zu verrotten.
Vielen Dank für das Interview! Zum Abschluss noch ein kurzes Brainstorming:
Dein Hobby abseits der Musik: Schach, Videospiele, Filme
Donald Trump: Ein großer orangefarbener Spaßballen. Schauen dir mein beklopptes Video an!
Wikinger: Eine Sache der Vergangenheit, die neuerdings zu einer verzerrten Popkultur geworden ist.
Dein aktuelles Lieblingsalbum: Insomnium – „Winter’s Gate“. Das ist zwar schon 2016 rausgekommen, aber ich bin so langsam.
Nordlichter: Wunderschön und jedes Mal inspirierend!
FORTÍÐ und KATLA. in zehn Jahren: Alles wie jetzt, nur in einem anderen Jahr … hoffentlich!
Nochmals vielen Dank für deine Zeit und Antworten. Die letzten Worte gehören dir!
Wenn du tatsächlich bis hierher gelesen hast, dann bedanke ich mich für dein Interesse. Schaut mal auf den Facebookpages von KATLA. und FORTIÐ auf Facebook vorbei, wo wir wirklich aktiv sind. Und danke, Moritz, für das Interview!
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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