Interview mit V. Wahntraum von Karg

Bevor es die heute in der Post-Black-Metal-Szene hoch geschätzten Harakiri For The Sky überhaupt gab, hatte Leadsänger V. Wahntraum bereits mit seinem Solo-Projekt KARG beeindruckende Musik geschaffen. Mit „Weltenasche“ hat der gebürtige Österreicher abermals ein höchstemotionales Album veröffentlicht. Warum er diesmal auf Österreichisch singt, welche Vor- und Nachteile diese Entscheidung birgt und warum es ihm so wichtig ist, KARG neben seiner Hauptband weiter fortzuführen, erfahrt ihr neben einigen anderen Informationen im folgenden Interview.

karg4Hallo! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview genommen hast. Wie geht es dir? Zuallererst würde ich dich bitten, dich und dein Solo-Projekt KARG ein wenig vorzustellen, für den Fall, dass dich einige der Leser noch nicht kennen.
Hey. Bei mir haut schon alles hin soweit, danke der Nachfrage. Also KARG ist sozusagen mein Solo-Projekt, welches heuer sein Zehnjähriges gefeiert hat. Mit „Weltenasche“ habe ich diesen Sommer mein fünftes Album aufgenommen, das sich, soweit ich das selber beurteilen kann, irgendwo zwischen Black Metal, Post-Rock und Hardcore bewegt, wobei der Fokus sicher im Black Metal liegt. Eine Neo-Folk-Nummer ist auch auf dem Album.

karg5Im Promo-Text wird dein erstes Album unter anderem mit Of The Wand And The Moon und Austere verglichen. Würdest du das so unterschreiben und welche Bands haben sich sonst beeinflusst?
Hm, unterschreiben würde ich das so nicht, da „Von den Winden der Sehnsucht“ mit Sicherheit nicht an die musikalische Genialität der oben genannten Bands anknüpfen kann, aber natürlich fühle ich mich geehrt, da diese zwei Bands einen sehr großen, wenn nicht den größten Einfluss auf mich hatten. Vor allem in der Zeit als das erste Album entstand. Ich glaube, ich habe damals auch extrem viel Lifelover gehört. Die zweite Forgotten Woods und viel so Zeugs wie Sargeist oder Horna. Ich habe damals aber auch schon viel Post-Rock gehört, This Will Destroy You und Explosions In The Sky gehören heute noch zu den ganz Großen für mich.

Du spielst ansonsten auch noch in Harakiri For The Sky. Obwohl es KARG schon ein paar Jahre länger gibt, scheinen Harakiri For The Sky wesentlich bekannter zu sein. Wie erklärst du dir das?
Das musst du die HFTS-Fans fragen. Ich persönlich würde darauf tippen, dass HFTS einfach zeitgemäßere und eingängigere Musik machen als ich mit KARG. HFTS haben irgendwie einen Zeitgeist getroffen, dem ich mit KARG wahrscheinlich immer irgendwie nachgehinkt bin beziehungsweise mich nicht darum gekümmert habe. Zudem kann ich im Vergleich zu meinem Bandkollegen und Kumpel Matthias nur auf ein recht bescheidenes musikalisches Potential zurückgreifen.

Beide Projekte lassen sich unter Post-Black-Metal einordnen, schlagen also auf den ersten Blick in dieselbe Kerbe. Wo siehst du die Unterschiede zwischen Harakiri For The Sky und KARG?
Wie schon gesagt, ich glaube einfach das HFTS besser und schneller ins Ohr geht als KARG. Zudem unterscheiden sich meine und Matthias‘ Art, Songs zu schreiben grundlegend. Er geht viel struktureller ans Werk, während ich einfach drauf los jamme und Songs sehr spontan schreibe. Auch haben wir uns bei HFTS von Anfang an mehr Mühe gegeben, was den Sound und die Studioarbeit betrifft. Bei KARG habe ich bisher alles alleine und ohne Vorkenntnisse zugedröhnt in meinem Wohnzimmer aufgenommen.

Wieso ist es dir wichtig, KARG weiterhin als eigenes Projekt weiterzuführen, trotz deines Engagements in Harakiri For The Sky?
Da ich bei HFTS nur für die Texte und den lyrischen Aspekt der Musik zuständig bin natürlich in erster Linie, um meine eigenen Songs zu schreiben, da ich manchmal auch gerne nicht nur Sänger, sondern auch Musiker bin.

Dein neues Album „Weltenasche“ wirkt unglaublich emotional und aufrichtig, was mitunter daran liegt, dass du erstmals in österreichischem karg1Dialekt singst. Wie kam es zu der Entscheidung für diese neue Herangehensweise?
Es macht das Ganze einfach persönlicher und, wie du schon sagst, aufrichtiger. Im Endeffekt ist Hochdeutsch nicht meine Muttersprache, auch wenn ich im Schriftlichen damit nie ein Problem hatte, ich war in Deutsch immer sehr gut. Man kann aber Sachen im Dialekt ganz anders ausdrücken, als wenn man an gewisse Satzkonstrukte gebunden ist, um eine Aussage zu treffen. Es sind in meinen Texten auch sicher einige Sätze drinnen, die im Hochdeutschen keinen Sinn machen würden. Für mich war mein Dialekt aber vor allem aufgrund seines direkten Charakters interessant. Im Dialekt kann man weit weniger gut beschönigen als im Hochdeutschen. Zudem war es mal was Neues, und natürlich hat es auch weitestgehend etwas mit Identität zu tun.

Hörst du auch selbst österreichische Musik?
Wenig. Ich höre einige österreichische Bands, aber eigentlich keine, die im Dialekt singen.

In Harakiri For The Sky singst du auf Englisch, mit KARG bisher auf Hochdeutsch und jetzt auf Österreichisch. Wo siehst du die Vor- und Nachteile der jeweiligen Sprachen bzw. Dialekte?
Der Nachteil ist sicherlich, dass die Gruppe der Leute, die mit den Texten was anfangen beziehungsweiße sie verstehen können, kleiner und kleiner wird. Wenn man noch dazu wie ich im Dialekt singt, ist man quasi im kleinsten aller Mikrokosmen angekommen. Bei HFTS wollten wir uns von Anfang an nicht durch die Sprache limitieren lassen, deshalb gab es nie eine Diskussion, ob ich in Englisch oder Deutsch singen soll. Zudem gefällt es mir, mich in beiden Sprachen auszudrücken. Das hat was. Aber wie gesagt, im Englischen kann man ein weitaus größeres Publikum erreichen als mit Salzburger Bergdialekt, dafür ist es aber eben weniger authentisch.

Welcher Track ist dir persönlich der wichtigste?
Das kann man als Künstler über sein eigenes Werk schwer sagen. Aber wenn ich mich entscheiden müsste, wahrscheinlich „Spuren im Schnee“, Le Couloir Des Ombres“ und „…und blicke doch mit Wut zurück“, textlich wie musikalisch.

Du verwendest auf dem Album dreimal Sprach-Samples, die in Verbindung mit der Musik wirklich viel ausdrücken – insbesondere der Dialog zu Beginn von „Le Couloir Des Ombres“. Sind die Samples aus Filmen entnommen und falls ja, aus welchen und warum hast du genau diese für die jeweiligen Tracks ausgewählt?
Die Samples sind überwiegend aus dem Film „The Hours“ und ich habe sie deshalb ausgewählt, weil sie sich gut mit den Texten und der Musik ergänzen.

karg2Das Cover-Artwork macht einen sehr resignierenden Eindruck. Ist das im Hinblick auf die Texte auch so beabsichtigt?
Natürlich. Zudem waren bisher alle KARG-Werke in Grau oder mehrfarbig gehalten. Deshalb musste „Weltenasche“ schwarz sein.

Seit einiger Zeit führst du KARG als reines Studio-Projekt. Ziehst du in Betracht, eines Tages doch wieder mit KARG auf der Bühne zu stehen oder ist dein Beschluss unumstößlich?
Nahezu. Ich denke nicht, dass da live nochmal was passieren wird.

Wie wird es nun mit KARG weitergehen?
Das wird sich zeigen, ich habe ehrlich gesagt keine Ahnung, was jetzt noch kommen soll.

So, dann kommen wir langsam mal zu einem Ende. Zum Abschluss würde ich dich noch bitten, an unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming teilzunehmen. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein:
Top 3 Post-Black-Metal-Bands: Das ist so eine Sache, da ich nicht einfach sagen kann: So, das sind meine drei liebsten PBM-Bands. Aber ich kann dir sagen, welche ich zuletzt am Häufigsten gehört habe: Castevet, Cepheide und Show Me A Dinosaur. Lässt sich halt jetzt schwer sagen, inwiefern die dieses Genre schneiden.
Austro-Pop: Da kann dir mein Vater wahrscheinlich mehr dazu sagen. Aber Danzer oder Ambros, teils auch Hubert von Goisern finde ich zumindest lyrisch zeitweiße recht ansprechend.
Stadt – Land: Ich lebe in Wien. Aber es vergeht fast keine Woche, in der es mich nicht nach Hause in die Berge zieht. Vor allem jetzt im Herbst.
Musikalisches Highlight aus 2016: Da gibt es so viele. Mehr als in jedem Jahr zuvor. Zur Zeit führt aber, denke ich, die neue Oathbreaker.
Sachertorte: Kuchen?
Bundespräsidentschaftswahl 2016: Wie man sieht, ist ein Land wie Österreich innenpolitisch derart langweilig, dass es locker auch mal ein Jahr ohne Bundespräsidenten auskommen kann. Ich will dazu nicht viel sagen, da beide Kandidaten für mich nicht unbedingt ideal sind. Wie in Amerika wählt man 2016 aber einfach das geringere Übel und lässt es gut sein, so traurig das auch sein mag. 2016 war für Politik ein recht frustrierendes Jahr, hätte ich gesagt.

Publiziert am von Stephan Rajchl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert