Interview mit Antti von Kalmah

Sechs Alben in zehn Jahren: Die Produktivitätssträhne der finnischen Melodic Death Metal Institution KALMAH reißt nicht ab. Angesichts der Veröffentlichung des neuen Albums „12 Gauge“ baten wir Gitarristen und Hauptsongwriter Antti Kokko zum Gespräch. Was der Axtschwinger über Gastmusiker, natürliche Evolution und Musik als Medium für politische Botschaften denkt könnt ihr nun im Metal1-Interview lesen…

Hy Antti, vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Wie geht’s dir im Augenblick und wie geht’s dem Rest der Band?
Danke, gut. Dem Rest der Band geht’s ebenfalls gut. Wir ruhen uns gerade ein bißchen aus, um neue Kraft für die Sommerfestivals zu tanken.

Glückwunsch zu eurem neuen Album „12 Gauge“, ich fand es sehr genial (und hab 9 von 10 Punkten gegeben). Es wurde schon vor einiger Zeit veröffentlicht, wie fühlst du dich jetzt, wo das Album draußen ist?
Ich fühl mich natürlich gut. Ich höre mir das Album immer noch hin und wieder an, das ist wohl ein gutes Zeichen. Vielleicht mögen es auch andere.

In den letzten zehn Jahren habt ihr ziemlich regelmäßig neue Alben veröffentlicht (abgesehen von „Swampsong“, das ein Jahr zu früh heraus kam ;-)), wie fühlt es sich denn heutzutage an, wenn das neue Album fertig ist? Hast du dich schon daran gewöhnt oder ist diese alte Magie noch da, wenn du die CD endlich in den Händen hältst?
Ich denke, die Arbeit ist hektischer geworden, weil es jetzt Videos, Internet und so Zeug gibt, deswegen muss man heutzutage mehr Arbeit in ein Album stecken. Wenn es um das Einspielen geht, dann ist es immer noch dasselbe, wir machen das halt im Studio. Es ist immer ein erhebendes Gefühl das Ergebnis am Ende in der Hand zu halten, aber früher war es magischer, wie du es genannt hast.

Im direkten Vergleich mit euren anderen Albentiteln sticht „12 Gauge“ meiner Meinung nach etwas hervor. Ich habe gelesen, dass es zuerst nur ein Arbeitstitel war. Standen andere Titel zur Auswahl? Und warum habt ihr euch am Ende für „12 Gauge“ entschieden?
Naja, es gab schon ein paar. Wir haben erst versucht irgend etwas um das Wort „Rust“ herum zu konstruieren, aber da ist nie was gutes draus geworden. Nach ein paar Wochen Herumprobieren haben wir uns für „12 Gauge“ entschieden. Das ist irgendwie brutal, weil es für eine Kaliber 12 Schrotflinte steht und gleichzeitig sehr einzigartig und deswegen sticht es wohl etwas aus der Masse hervr. Und natürlich beschäftigen die Texte von „12 Gauge“ sich mit sehr persönlichen Dingen.

Ich persönlich denke, dass „12 Gauge“ das abwechslungsreichste Kalmah-Album bis jetzt sein könnte. Nicht nur was die Stimmung der Songs angeht, sondern auch stilistisch. Zum Beispiel finde ich, dass „One Of Fail“ ein wenig nach Power Metal klingt und obwohl ich „Better Not To Tell“ sicherlich keinen „Folk Song“ nennen würde, ist er doch hier und da etwas folkish geraten, genau wie die Intros zu „Rust Never Sleeps“ und „12 Gauge“. Aber es passt alles sehr gut zusammen. Ist das Kalmahs natürliche Evolution über die Jahre hinweg oder habt ihr absichtlich versucht, irgend etwas zu verändern?
Nichts ist mit Absicht passiert. Ich vertraue immer auf meine Inspiration und dieses Mal sind diese Tracks bei heraus gekommen. Natürlich müssen die anderen Bandmitglieder die Songs auch akzeptieren, ansonsten lege ich diese Ideen auf Eis, um sie später mal zu benutzen. Normalerweise fasse ich die aber nicht mehr an, wenn wir uns zusammen entscheiden, die Songs nicht zu verwenden.
Vielleicht war’s bei den akustischen Parts ein wenig Absicht. Ich wollte immer mehr akustische Parts auf unseren Alben haben und dieses Mal hat meine Inspiration mir ein paar gute Melodien verschafft, deswegen haben wir uns entschieden, die zu benutzen.

Ich denke auch, dass „12 Gauge“ sicherlich epischer ist als das vorige Album, mit Songs wie „Sacramentum“ oder ein paar von den Soli (schon wieder kommt mir „One Of Fail“ in den Sinn). Können wir in Zukunft mehr davon erwarten? Und was denkst du persönlich über epische Einflüsse in extremerer Musik?
Epik ist gut wenn es die Musik etwas aufpeppt, aber wenn es sich durch das ganze Album zieht, bin ich nicht so der Fan von epischem Zeug. Ich versuche immer unsere Musik mehr in Richtung von gutem altem Speed/Thrash Metal zu treiben. Aber wie gesagt, ich weiß nie genau, was am Ende heraus kommt, weil ich mich immer auf meine Inspiration verlasse und da quasi alles bei rauskommen kann. Tatsächlich bin ich im Augenblick in sehr inspiriert und habe auch schon ein paar neue Riffs und Melodien geschrieben. Aber ich werde hier noch nicht verraten, in welche Richtung die gehen… :)

Die japanische Version des Albums enthält ein Cover von Thin Lizzys „Cold Sweat“. Eine eher ungewöhnlich Wahl für eine Band eures Genres. Warum habt ihr euch dazu entschieden, genau diesen Song zu covern?
Der Song hat eine ganz spezielle Bedeutung für mich und auch ganz besonders für Pekka, weil Thin Lizzy eine der Bands war, die uns zur Rock/Heavy Music geführt hat. Es hat wirklich viel Spaß gemacht das Cover aufzunehmen und das Ergebnis ist unserer Meinung nach auch sehr gut. Es war erfrischend, mal einen Rock Song zu covern.

Ihr habt auf fast jedem Album Bonustracks für Japan aufgenommen. Hier in Europa ist es leider ziemlich schwer, an diese Tracks heran zu kommen. Besteht die Möglichkeit, dass ihr irgendwann eine CD mit diesem Tracks hier in Europa veröffentlicht? Vielleicht auf einer Best-Of oder so?
Vielleicht. Wir hatten jetzt schon unseren zehnten Geburtstag, also wird es vielleicht in weiteren zehn Jahren ein Best-Of geben… :) Tatsächlich gab es das letzte mal bei „For The Revolution“ den Bonustrack auch in Großbritannien.

Auf „12 Gauge“ geht es mal wieder auch um soziale und politische Themen. Was denkst du persönlich, ist Musik das richtige Medium, um so eine Botschaft zu verbreiten? Denkst du, dass Musik Dinge bewegen kann?
Meiner Meinung nach passen diese Themen sehr gut. Ich beschäftige mich sehr oft mit so düsterem Kram. Meistens sind Texte, die einen Sinn haben, viel besser als irgend welches imaginäres Zeug. Natürlich müssen Bands, die ihre ganze Ideologie oder so auf Drachen und so Zeug begründet haben, keinen tieferen Sinn in ihren Texten haben.
Musik kann Dinge verändern, aber ich schreibe keine Musik, um Dinge zu verändern. Ich mache einfach nur, was mir gefällt, und gleichzeitig ist es immer eine Art Bonus, dass ich die Chance habe so etwas zu tun und es anderen auch gefällt.

Abgesehen von euren Texten, seid ihr anderweitig politisch aktiv?
Nein. Außer du meinst das betrunkene Debatieren in der örtlichen Bar… :D

Wenn ich mir die Liste von Kalmah-Veröffentlichungen anschaue, dann fällt auf, dass ihr noch nicht bei diesem Trend, EPs, Singles und so Zeug zu veröffentlichen, mitmacht. Warum nicht?
In Finnland könnte eine Single mit dieser Art von Musik funktionieren, aber wegen unserem Label haben wir bislang noch keine veröffenlicht. Das ist teuer und würde in Finnland auch nicht so viel Geld einspielen. Vielleicht werden wir in Zukunft mal eine Single herausbringen. Es könnte funktionieren. Diesmal hatten wir die Chance, auch eine LP zu veröffentlichen, was wir auch direkt getan haben, weil ich persönlich LPs sehr gerne mag und das Artwork von „12 Gauge“ verdammt gut auf eine LP passt.

Eine andere sehr populäre Sache in der heutigen Metal Szene sind Kontributionen von Gastmusikern. So weit ihc das sagen kann, habt ihr bislang noch nicht mit Gastmusikern gearbeitet. Würde diese Idee euch mal reizen, oder denkst du, dass das nicht zu Kalmah passen würde?
Wir haben uns schon mal über Gäste unterhalten, aber nie ernsthaft. Manchmal habe ich das Gefühl, dass ein paar Bands das nur machen, um ihr Ego aufzublasen oder versuchen, noch mehr Selling Points für ihr Album zusammenzutragen. Schön für die. Wir brauchen das nicht.

Ihr habt euch entschieden, dieses Jahr nach Deutschland zurück zu kehren und eure dritte Show hier auf dem Rocktower-Festival in Lübeck zu spielen. Wird das eine Einzelerscheinung bleiben oder plant ihr, in Zukunft öfter hier her zu kommen?
Ich hofffe, dass der Erfolg beim Rocktower uns mehr Chancen einbringen wird, wieder zurück zu kehren. Wir wären schon viel öfter nach Deutschland gekommen, aber uns wurde nicht gerade viel angeboten. Ich hoffe, dass wir in Zukunft öfter da sein werden. Uns gefällt’s in Deutschland sehr gut.

Ihr werdet auch auf dem Metalcamp in Slovenien spielen, das man ja als ein großes, globales Metal Happening bezeichnen könnte. Was bedeutet euch diese Gelegenheit? Oder ist das einfach nur eine Show wie jede andere?
Eigentlich nur eine Show unter vielen, aber andererseits sind große Festivals immer eine gute Gelegenheit, um die Kalmah-Message zu verbreiten. Ich habe bislang nur positive Dinge über das Metalcamp gehört, deswegen ist es toll, ein Teil davon zu sein.

Was gibt’s sonst noch über die Zukunft von Kalmah zu sagen? Die Chronologie legt nahe, dass euer nächstes Album 2012 heraus kommen sollte… ;-)
Ich schätze mal, dass es so ungefähr sein wird. Wir werden weiter machen, das ist sicher, solange nichts unerwartetes passiert. Wir werden alt, weißt du… :D

Okay, wir sind so gut wie durch mit dem Interview. Lass uns die Sache mit dem traditionellen Metal1-Brainstorming beenden. Antworte einfach das erste, was dir in den Sinn kommt, wenn du die folgenden Wörter oder Ausdrücke hörst:

Umstellung auf Sommerzeit? – Nein
Schrotflinten? – Jagd
Wintersun? – Habe seit Jahren nichts gehört
Griechisce Mythologie? – Tsatsiki Sauce
Metal1.info? – Gutes Review und Interview

Antti, dank dir vielmals, dass du dir die Zeit für dieses Interview nehmen konntest. Ich wünsche euch viel Erfolg mit „12 Gauge“, für die kommenden Shows und dir persönlich natürlich auch alles Gute. Die letzten Worte gehören dir. Gibt es noch etwas, das du unseren Leser mitteilen möchtest?
Danke. Schafft uns nach Wacken!

Geschrieben am von Metal1.info

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