Interview mit Julien Prat von Ixion

Ende 2015 erschien das zweite Album „Enfant De La Nuit“ der französischen Death/Doom-Metaller IXION, das wie  eine verträumte Reise durch das Weltall klang. Was für eine Geschichte die Platte erzählt, von welchen Bands IXION beeinflusst sind und wie wichtig die Keyboards für ihren Sound tatsächlich sind, erfahrt ihr in folgendem Interview mit Mastermind Julien Prat.

ixion1Euer Bandname IXION bezieht sich auf eine Figur der griechischen Mythologie, stimmt’s? Was hat es damit auf sich und warum habt ihr euch dafür entschieden?
Tja, da bist du in unsere Falle getappt (lacht). In Wirklichkeit entstammt der Name einem Science-Fiction-Roman von Dan Simmons namens „Hyperion“. IXION ist darin der Name eines Planeten. Es ist übrigens auch der Name eines real existierenden Himmelskörpers. Wir haben uns wegen des Bezugs zum Weltraum und zu Science-Fiction dafür entschieden, außerdem gefiel uns der Klang.

Wie würdet ihr eure Musik jemandem beschreiben, der euch noch nicht kennt?
Ich würde sagen, es ist eine Mischung aus atmosphärischem und melodischem Death/Doom unterstützt durch bzw. im Wechselspiel mit Ambient/Electronic-Musik. Die Keyboards sind demnach genauso wichtig wie Gitarre, Bass und Drums, und die Vocals sind vielfältig. Manche unserer Mid-Tempo-Tracks sind auch dem Gothic Metal ziemlich nahe. Das daraus resultierende Musik-Universum ist sowohl kohärent als auch abwechslungsreich.

Welche Bands oder Interpreten haben euch am meisten beeinflusst?ixion2
Da ich atmosphärische und schwermütige Musik genauso mag wie Metal, bin ich ein großer Fan von Doom-Metal-Bands wie Swallow The Sun, Shape Of Despair, Colosseum, Draconian, My Dying Bride, außerdem noch Paradise Lost, Moonspell, Dark Tranquility und Katatonia, die auch einige elektronische Elemente in ihrer Musik untergebracht haben. Die Musik von IXION gehört also zu dieser „Familie“ der Metalszene, allerdings sind wir in puncto Atmosphäre weitergegangen und setzen mehr Synthesizer ein. Ich bin auch stark durch Nicht-Metal-Künstler wie Archive, Sigur Ros, M83, JM Jarre und Cliff Martinez beeinflusst, die auch sehr Ambient-mäßige, hypnotische und oft melancholische Musik machen.
Thomas (Saudray – Gesang, ergänzende Keyboards), der bei einigen Tracks an der Komposition beteiligt war, ist hingegen mehr von klassischer Musik und Symphonic Black Metal beeinflusst, zumindest bezüglich seines Mitwirkens bei IXION.

Euer aktuelles Album „Enfant De La Nuit“ ist wirklich interessant geworden, sehr atmosphärisch und träumerisch. Gibt es da eine Art Konzept und wenn ja, welches?
Ja, in der Tat, die Tracks erzählen eine Geschichte. Es geht um die Crew eines Raumschiffs, die für Generationen im All verloren ist und nach einem neuen Zuhause sucht. Als sie einen Planeten entdecken, der wie Schädel geformt ist, bricht ihre Welt zusammen. Für sie bedeutet es einen Neubeginn, der gleichfalls von Furcht und Hoffnung erfüllt ist. Letztendlich sind sie auf ein Kind angewiesen, das nicht länger wie die anderen ist… Wir wollten, dass die Geschichte zur räumlich greifbaren Atmosphäre und zu den transportierten Emotionen passt.

Der Albumtitel ist französisch, während die Songtitel und -texte englisch sind. Was hat es damit auf sich?
Normalerweise schreiben wir auf Englisch, da wir denken, dass es bei einem so spezifischen Genre wie „Atmospheric Doom“ besser ist, im internationalen Rahmen präsent zu sein. Außerdem ist Englisch fließender und damit besser geeignet für so langsame und sphärische Musik. Wir fanden allerdings, dass der französische Titel „Enfant De La Nuit“ schön klingt, es verleiht dem Ganzen einen poetischen Touch.

ixion3Zwischen eurem Debüt „To The Void“ und „Enfant De La Nuit“ sind vier Jahre vergangen. Weshalb die lange Wartezeit?
Erstens haben wir 20 Tracks komponiert und vorproduziert, bevor wir überhaupt mit der Produktion von „Enfant De La Nuit“ begonnen hatten, also waren es vier geschäftige Jahre. Da jedoch die Tracks bereits komponiert sind, wird das nächste Album schneller veröffentlicht werden. Zweitens produzieren wir unsere Musik ja selbst (abgesehen vom Mastering), das bedeutet einen regelmäßigen Arbeitsrhythmus, aber auch mehr Arbeit.

Inwiefern unterscheiden sich die beiden Alben voneinander?
Unserer Meinung nach ist „Enfant De La Nuit“ variierter, was zu einem aktiveren Zuhören führt, dabei bewahrt es aber unser Universum. Dies ist durch ein paar neue Nuancen bedingt, die unsere Death/Doom-Basis unterstreichen: Manche Tracks sind „schneller“, also im Mid-Tempo, und haben eine Gothic-Stimmung, demgegen über ist beispielsweise „Doom“ sehr düster mit Industrial-Sounds. Außerdem ist die Produktion besser, der Sound ist klarer und kraftvoller. Die Growls, die Gitarren und die Drums sind „größer“, aber die Musik ist weiterhin ätherisch und stimmungsvoll.

Wie bereits erwähnt ist „Enfant De La Nuit“ sehr verträumt, was vor allem an den Keyboards liegt. Sie nehmen genauso viel, wenn nicht sogar mehr Platz ein als die Gitarren. Wenn ihr euch aber für nur eines der beiden Instrumente entscheiden müsstet, welches würdet ihr wählen und warum?
Was für ein Glück, dass ich diese Wahl nicht treffen muss! Diese Instrumente sind beide Säulen unserer Musik. Aber, um deine Frage zu beantworten – und es mag dich vielleicht überraschen – ich denke, ich könnte auch ohne die Keyboards auskommen. Wenn man Delay und Reverb bei Gitarren, Vocals und Drums einsetzt, kann man auch einen großartigen, atmosphärischen Sound schaffen (wie zum Beispiel Esoteric und Sigur Ros). Ich muss aber auch sagen, dass ich die analogen Synthesizer-Sounds auch liebe, es wäre echt schwer, auf ein paar Spuren davon zu verzichten!

Wie läuft bei euch das Songwriting? Werden zuerst die Keyboards komponiert?
Das hängt vom jeweiligen Track oder von der Passage ab: Der erste Streich kann zum Beispiel eine Lead-Gitarren-Melodie, eine Synthesizer-Akkordfolge, ein typisches Metal-Riff oder eine elektronische Tonfolge sein. Die übrigen Spuren werden jedenfalls unmittelbar danach komponiert. Ich kann das Komponieren und die Vorproduktion nicht wirklich auseinanderhalten. Manchmal baue ich auch ein paar von Thomas geschriebene Stellen ein, allerdings auf eher orchestrale Weise – das ist auf dem neuen Album ebenso wie auf dem Vorgänger bei zwei Tracks der Fall.ixion4

Wie kamt ihr zu dem Entschluss, gleich drei Leadsänger in die Band einzubauen?
Unser Ziel war es, für jede Stelle die Art von Gesang zu finden, die zur Musik und ihren Emotionen passt. Da wir wussten, dass wir auf verschiedene Arten von Vocals spezialisiert waren, wechseln wir uns ab. Yannick (Dilly, Clean-Vocals) und Thomas (Growls) sind die Leadsänger, während ich eher im Hintergrund agiere, also mit Backing-Growls, Spoken-Word und ein paar Clean-Vocals.

Und warum habt ihr euch gerade für Finisterian Dead End Records entschieden, um darüber das Album zu veröffentlichen?
Wir wollten für „Enfant De La Nuit“ bei einem neuen Label unterzeichnen und sind schnell mit Finisterian Dead End in Berührung gekommen. Laurent, der Label-Manager, lebt auch in der Bretagne – so wie wir – und bringt eine Dynamik in das Label, das außerdem ein starkes Verteilungs-Network hat. Als wir mit ihm gesprochen haben, haben wir das als eine Partnerschaft basierend auf Reaktionsfreudigkeit, Wohlwollen und musikalischen Einverständnisses verstanden. Also haben wir unterschrieben und es bis jetzt noch nicht bereut!

Es wurde bereits vorab ein zweites Album auf diesem Label angekündigt. Gibt es darüber schon irgendwelche Infos und besteht eine Verbindung zum aktuellen Album?
Es wird die meisten anderen Tracks enthalten, die 2012-2013 entstanden sind. Einfach gesagt, es wurden für „Enfant De La Nuit“ die eher kosmischen und düsteren Songs herausgepickt, also wird das nächste Album etwas anders, auch wenn es jetzt noch nicht seine finale Gestalt angenommen hat. Abgesehen von der Zeit der Komposition und unserer musikalischen Identität haben die zwei Alben allerdings nichts miteinander zu tun.

Wie sieht es mit Live-Auftritten aus, sind welche geplant? Und wenn ja, was könnte man sich davon erwarten?
Leider planen wir nicht, live aufzutreten, auch wenn man ja niemals nie sagen soll. Wir würden gerne Konzerte spielen, aber es wäre für uns logistisch gesehen sehr schwer, zu proben. Ich will dir aber trotzdem die Frage nach den Erwartungen beantworten: Wir wollen unser Universum kohärent halten, von der Musik bis hin zum Visuellen. Also würden unsere Auftritte eine Art atmosphärische Szenographie beinhalten. Für eine Doom-Band wäre es nicht gerade leicht, an die notwendigen Mittel dafür zu kommen.ixion5

Nochmals vielen Dank für deine Zeit. Abschließend würde ich noch gerne das traditionelle Metal1.info-Brainstorming mit dir spielen. Was fällt dir zu folgenden Begriffen ein?
Science Fiction: Momente des Vergnügens und der Flucht! Egal ob Buch, Comic oder Film! (Ich bin vor allem ein Fan von nachdenklicher Sci-Fi und „Hard-Sci-Fi“)
Clean vs. Screamed Vocals: Aber warum denn „vs.“?! Diese zwei Gesangsstile tragen so unterschiedliche Gefühle in sich, sie ergänzen einander!
Träume: In diesem Moment jetzt lässt mich das an meinen vierjährigen Sohn denken, der gerade friedlich schläft. Was er wohl träumen mag…?
Top 3 Alben aus 2015: Moonspell – Exctinct, Shape of Despair – Monotony Fields, Steven WilsonHand. Cannot. Erase. / JM Jarre – Electronica
Flüchtlingskrise: Das ist wirklich ein kompliziertes Problem. Wie so viele Menschen wünsche ich mir so viel Wohlsein wie möglich für so viele Menschen wie möglich. Und was auf beiden Seiten dieser Krise geschieht, schmerzt mich. Aber welche Lösung ist die beste für alle Involvierten? Ich finde, es ist wirklich schwer, eine informierten und fundierten Rat zu geben…

Die letzten Worte gehören dir. Gibt es etwas, das du unseren Lesern sagen möchtest?
Danke für euer Interesse! Wenn ihr schon unser neues Album gehört habt, hoffen wir, dass ihr die Reise genossen habt! Und falls ihr es noch nicht gehört habt, zögert nicht, an Bord des Raumschiffs zu kommen! Und behaltet unsere Seiten im Auge, damit ihr News über das nächste Album nicht verpasst!

Publiziert am von Stephan Rajchl

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