Vier Jahre lang war es still um IRON SAVIOR, mit „The Landing“ aber kehren die Power Metaller eindrucksvoll zurück. Bandkopf Piet Sielck erzählt uns im ausführlichen Interview unter anderm, wie diese lange Pause zustande kam, warum es mit ihm bei Savage Circus nicht weitergeht und mehr zum neuen Album.
Servus Piet! Wie geht es dir dieser Tage, seid ihr kurz nach dem Release noch sehr beschäftigt mit Promoarbeit?
Ja, promomäßig ist dieses mal ’ne ganze Menge zu tun… und das ist ja auch sehr gut so, haha! Mir geht’s recht gut, mal abgesehen davon, dass Weihnachten vor der Tür steht und ich noch nicht alles am Start habe…
Wie zufrieden bist du damit, wie „The Landing“ von der Presse und den Fans aufgenommen wurde?
Ich bin extrem zufrieden! „The Landing“ hat bisher von Fans und Presse wirklich durchweg sehr sehr positive Kritiken erhalten. Im aktuellen RockIt! Magazin sind wir sogar auf Platz 1 im Soundcheck, im Hammer auf 6 und so weiter. Auch beim „googeln“ stößt man zu Häuf auf Bewertungen im obersten Bereich. Unser kleines YouTube Studio Video hat inzwischen fast 43.000 Klicks und hunderte von tollen Kommentaren. All das lässt vorsichtig vermuten, dass wir mit „The Landing“ das eine oder andere richtig gemacht haben und es den Leuten gefällt.
Und wie zufrieden seid Ihr selber mit dem Release? Gibt es rückblickend noch Dinge, die Ihr gerne anders oder besser gemacht hättet?
Nein. Ich muss sagen, dass hier alles perfekt gelaufen ist.
Vier Jahre sind ins Land gezogen zwischen „Megatropolis“ und „The Landing“, so viele wie nie zuvor bisher in eurer Bandgeschichte zwischen zwei Alben. Warum diesmal diese lange Pause?
Zum einen wegen meinen Aktivitäten für Savage Circus (komplettes Songwriting und komplette Produktion!) und zum anderen wegen meines ehemaligen Labels Dockyard 1. Leider wurde ich hier von meinen Partnern 2009 auf höchst unerfreuliche Weise mit einem Schuldenhaufen von über 100.000 € sitzen gelassen. Es hat etwa zwei Jahre gedauert, diesen Müllhaufen halbwegs zu beseitigen. Das hat mich neben einer Menge Geld auch unheimlich viel Zeit und Energie gekostet und mich natürlich auch vollkommen frustriert. Musik machen ging über weite Zeiträume gar nicht. Nahm ich meine Gitarre in die Hand, musste ich diese nach wenigen Minuten wieder völlig uninspiriert zurückstellen. Mein Studio verkam zur Rumpelkammer, angefüllt mit Dockyard-Plunder und anderen Dingen aus dem Haushalt. Nachdem ich im Oktober 2010 den Katalog an AFM/Soulfood verkaufen konnte und mit den Einnahmen die letzten verbleibenden Gläubiger auszahlen konnte, ging es mir besser. Kurz darauf packte mich im Studio ein heiliger Zorn und in einer Tabularasa-Aktion warf ich den gesamten Plunder und das Gerümpel ins Auto und entsorgte es auf dem Recyclinghof. Nach diesem Befreiungsschlag ging’s mir besser und die Lust auf Musik kam zurück.
Das hört man gerne! Das Coverartwork muss ich mal hervorheben, ich finde es wirklich hervorragend! Wie ist die Idee dazu entstanden und wie steht es zum Inhalt des Albums?
Die Grundidee kommt von mir. Ich hatte eine Vision, das Savior-Raumschiff auf einer Planetenoberfläche zu sehen. Dazu musste es ja landen, haha, also war „The Landing“ dann als Titel recht schnell in den Top 3. Als ich diese Idee Felipe (Machado Franko) schrieb, bekam ich innerhalb weniger Stunden den ersten Entwurf zurück, der von Anfang an voll ins Schwarze traf, so dass in den folgenden Wochen lediglich Details verändert werden mussten. Ich finde ebenfalls, dass Felipe sich hier selbst so unglaublich geil übertroffen hat und für IRON SAVIOR das mit Abstand beste Artwork aller Zeiten abgeliefert hat. Ich find’s immer noch einfach nur geil!
Erzähle gerne auch etwas zur Story, wenn es wieder ein Konzept gibt bzw. über die Texte im Allgemeinen!
Nein, ein Konzept gibt es diesmal wieder nicht. Lediglich das Intro und die beiden ersten Songs „The Savior“ und „Starlight“ setzen die „Savior-Story“ fort. Ansonsten sind die Texte bunt gemischt. Mal pathetisch, mal sehr persönlich, mal mit einem Zwinkern im Auge, mal philosophisch. Im Allgemeinen kann man sagen, dass in jedem Text auch immer etwas Persönliches von mir zu finden ist. Das mag sich dem Hörer nicht immer sofort erschließen. Als Beispiel möchte ich das kontrovers gesehene Textwerk von „Heavy Metal Never Dies“ anführen.
Ein wenig störe auch ich selbst mich an „Heavy Metal Never Dies“. Klar, die Aussage kann auch ich nur unterstützen, das Thema aber wirkt inzwischen halt sehr abgenudelt und platt und wurde schon oft umgesetzt. Wieso habt auch ihr nun einen „Hail to Heavy Metal!!!“-Song aufgenommen?
Sieht auf den ersten und vielleicht auch zweiten Blick wie ein plattes „Heavy-Metal-Ist-ja-so-toll-und-wir-sind-alle-Brüder“-Klischee aus (wobei ich tatsächlich auch gegen diese platte Aussage nichts einzuwenden hätte). Tatsächlich bezieht sich der Text aber ganz konkret auf meine düstere Dockyard-Zeit und meinen Weg aus dieser Krise heraus. Die Musik und die Community der Fans waren dabei extrem wichtig für mich. Das habe ich versucht, in meinem Text auszudrücken. Das dieser klischeebelastete Titel natürlich Kontroversen auslösen würde, war klar. War mir aber egal, weil ich den Song aufgrund seiner persönlichen Bedeutung für mich genau so haben wollte. Ich bin froh, dass ich da „standhaft“ war, haha!
Im Allgemeinen klingt euer Album wieder sehr Old School. War das von vornherein so beabsichtigt oder eine natürliche Entwicklung während der Entstehung?
Sowohl als auch. IRON SAVIOR ist nicht die Band, die das Heavy Metal-Rad neu erfindet… und wir wollen das auch gar nicht. Ich bin mit der Art von Musik, wie wir sie mit IRON SAVIOR machen, vollauf zufrieden. Es erfüllt mich und macht mich glücklich, wenn ich mir die Songs der neuen Scheibe anhöre. Warum also sollte ich über „Weiterentwicklung“ nachdenken? Wenn das Bedürfnis dafür kommt, wir es sicherlich im IRON SAVIOR-Spektrum Raum dafür geben, aber momentan bin ich glücklich, dass alles so ist, wie es ist. Darüber hinaus hat sich das Scheibe auch einfach „so ergeben“. Im Gegensatz zum Vorgänger, den ich bewusst eher rockig gehalten habe, um eine Abgrenzung zu Savage Circus zu schaffen, ist bei diesem Album von Anfang an alles erlaubt gewesen, was gefällt. Ich habe daher einfach Metal gemacht, wie ich ihn fühle und lebe.
Wenn du es schon erwähnst, behaupte ich mal: In eurer Musik gibt es von Album zu Album wenig Weiterentwicklung bzw. Veränderungen im Sound. Wie siehst du das von Bandsicht aus?
Die Weiterentwicklung findet bei uns tatsächlich eher im Detail statt. Ich finde zum Beispiel, dass das Arrangement der Songs immer besser geworden ist. Auch die einzelnen Sounds der Instrumente sind kontinuierlich besser geworden. Aber klar, das sind Details, die im Einzelnen nicht so deutlich sichtbar (beziehungsweise hörbar) sind, aber im Gesamtbild schon zum Tragen kommen. Ich finde auch, dass unser Sound noch nie so „rund“ wie bisher war.
Savage Circus hast du schon genannt und ich finde, die Musik auf „The Landing“ klingt auch stark danach. Was glaubst du, wie sehr hat dich dein dortiges Engagement beeinflusst, was IRON SAVIOR betrifft?
Ich würde doch eher sagen, dass Savage Circus nach IRON SAVIOR klingt. Denn meine Art Songs zu schreiben und Studioproduktionen zu machen, kommt ja nicht von Savage Circus sondern von IRON SAVIOR. IRON SAVIOR existiert seit über 15 Jahren, Savage Circus seit sechs… und sämtliche Songs für beide Bands sowie die gesamte Studioarbeit stammen von mir. Nun frage ich Dich, welche Band hat hier wohl welcher den Sound geliehen…?
Ist Savage Circus für dich mehr ein Nebenprojekt oder nimmt es bei dir inzwischen schon einen ähnlich großen Stellenwert ein wie Iron Savior?
In der Euphorie des Anfangs hat Savage Circus im ersten Jahr (2006) tatsächlich einen hohen Stellenwert eingenommen, der dem von IRON SAVIOR gleichzusetzen war. Nach den unerfreulichen Entwicklungen innerhalb der Band und den schlimmen Jahren mit Dockyard verlor ich allerdings mehr und mehr den Bezug und auch meine Energie für dieses Thema. Ich habe da fast 95% der gesamten Arbeit erledigt, während andere das Geld und den Ruhm kassiert haben. Das hat sich nicht so förderlich auf meine Motivation ausgewirkt. Inzwischen habe ich einfach die Lust verloren, mich für andere krumm zu machen. Das habe ich bei der „Dreamland Manor“ und der „Of Doom And Death“ getan und kann mir einfach nicht vorstellen, das noch mal für ein drittes Album zu tun. Das hat mich in der Vergangenheit zu viel Energie gekostet, die ich an derer Stelle dringend gebraucht hätte. Das Schicksal der Band liegt also nun in den Händen von Emil und Jens, die auch darüber befinden müssen, ob sie die frei erfundenen Gründungslegenden der Band berichtigen wollen oder auch nicht.
Ich bin aus den eben erläuterten Gründen gestern auch offiziell ausgestiegen. Mein Statement findest Du auf savage-circus.com und auf facebook.com/ironsavior.official
Dann mal wieder zurück zu IRON SAVIOR. Oft liest und hört man noch, ihr würdet im Schatten von Blind Guardian, Helloween oder Gamma Ray stehen. Was sagst du dazu, wie siehst du euren Status in der deutschen Metal-Landschaft?
Das ist natürlich ein Dauerbrenner, haha. Ja klar, ich finde, das Iron Savior zu den Top 10 der am meisten unterbewertetsten Bands in Deutschland zählt. Ich weiß auch gar nicht so genau, woran das liegt… Die Historie mit Kai mag sicherlich ein Aspekt sein, aber das ist doch nun auch schon zehn Jahre her… Aber mal abwarten, was 2012 so passiert. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass der jetzige Release eine andere Qualität besitzt. Viele waren sehr überrascht, von der Band etwas zu hören und dachten, wir hätten aufgegeben. Durch die lange Pause und die relativ überraschende Rückkehr hat der eine oder andere vielleicht bemerkt, dass er die Band tatsächlich vermisst hat. Ich denke, die Pause hat uns auf jeden Fall gut getan.
Meine Favoriten auf dem Album sind die schnelleren Songs wie „Starlight“ und „Moment In Time“ und das mächtige „Hall Of The Heroes“. Habt ihr auch selbst bestimmte Lieblingslieder?
Nicht so wirklich, weil ich ganz ganz ehrlich immer noch alle Songs voll geil finde… Aber vielleicht hat auch bei mir „Hall Of The Heroes“ ein ganz ganz kleines mini bisschen die Nase vorn…
Auch dieses Jahr gab es wieder viele tolle Power Metal-Alben, unter anderem von Brainstorm, Powerwolf und Iced Earth. Warum aber sollte man deiner Meinung nach aber euch hören und kaufen, was macht ihr besser als Andere?
Naja, das ist für mich persönlich leicht zu beantworten: Ich stehe zu 100% auf IRON SAVIOR und finde „The Landing“ voll geil! Würde ich jetzt tatsächlich die vorgenannten Alben besser finden, hätte ich in Bezug auf meine eigene Band doch wohl was falsch gemacht, oder? Ansonsten ist Musik ja reine Geschmacksache und jeder muss für sich selbst entscheiden, was er gut findet und was ihn bewegt.
Arbeitet ihr beim Songwriting auch direkt darauf hin, dass die Songs live geil rüberkommen werden, dass die Leute mitsingen und bangen können?
Das ist in den vergangenen Jahren tatsächlich immer mehr zu einem Aspekt geworden, dem ich aber nur bedingt folge. Es gibt für mich schon einen Unterschied zwischen Studio- und Live-Arrangement. Natürlich hat man den Anspruch, dass live alles „wie auf Scheibe“ sein sollte. Allerdings sind abweichende Live-Arrangements doch aber letztendlich auch interessant und auch gewollt. Sonst kann man sich ja gleich die CD anmachen und nur ’ne Applaus-Schleife dazu laufen lassen. Also, ich habe das zwar im Kopf, schreibe die Songs aber so, dass sie fürs Studio perfekt rüber kommen und hinter muss man sich dann um die Liveumsetzung kümmern.
Wie sieht es mit euren Liveaktivitäten aus, wann wird man euch wieder auf den Bühnen dieser Metalwelt sehen können?
Wir sind momentan dabei, für 2012 zu buchen. Wir wollen auf jeden Fall so viel wie möglich spielen, da wir alle der Ansicht sind, dass die Songs förmlich danach schreien, live gespielt zu werden.
Nach all deiner Erfahrung als Produzent und Musiker: Gibt es auch heute noch Veröffentlichungen, die dich so richtig begeistern und mitreißen können?
Doch doch, das kommt schon noch mal vor. Allerdings fällt mir aktuell keine ein…
Und wie ist es mit Inspirationsquellen, auch abgesehen von anderer Musik: Kommt da auch immer noch Neues dazu?
Das kann man ja gar nicht aktiv vermeiden. Natürlich nehme ich Dinge auf, die sich dann irgendwie in mir befinden und dann irgendwann auch wieder ihren Weg nach draußen finden. Ich bin musikalisch recht aufgeschlossen, höre zwar viel Rock aber auch andere Sachen. Und Inspirationen braucht man als Künstler ja immer!
Ich habe mal in einem Interview gelesen, dass du im Science-Fiction-Bereich eher auf Utopien stehst. Magst du da ein paar Beispiele nennen? Vor allem im filmischen Bereich dürfte das Feld da ja recht dünn sein.
Hmm. Nun musste ich doch mal eben Utopie googeln… Utopie „ist der Entwurf einer fiktiven Gesellschaftsordnung, die nicht an die zeitgenössischen historisch-kulturellen Rahmenbedingungen gebunden ist“.So hatte ich Utopie auch verstanden. Ich glaube, in dem Interview damals meinte ich, dass ich Sci-Fi-Stories bevorzuge, die genügend zeitlichen Abstand zur Gegenwart haben. Ich sach ma so über’n dicken Daumen: mindestens 150 Jahre, haha. Also bei Star Trek ist damit alles im grünen Bereich und bei Star Wars und Dune sowieso, da es hier ja fast keinen Bezug zu unserer gegenwärtigen Kultur gibt. Nach meinem Verständnis für Utopie und auch in Hinblick auf das Google-Ergebnis lassen sich fast alle Sci-Fi-Themen darunter subsumieren.
Könnte es sein, dass ihr euch für das Intro beim Thema einer beliebten Horrorfilmreihe bedient habt? ;) Magst du auch sonst Filme aus diesem Genre?
Ich stehe überhaupt nicht auf Horror… und mag das auch nicht gucken.
Habt ihr schon Vorstellungen oder Pläne, was das nächste Album angeht? Kann es wieder vier Jahre dauern, oder soll es diesmal wieder schneller gehen?
Haha, nein! Vier Jahre werden mit Sicherheit NICHT wieder ins Land gehen. Konkret werden wir jetzt erst mal die Liveaktivitäten für „The Landing“ erarbeiten und umsetzen. Aber ich denke, so im Herbst 2012 wird das Songwriting bestimmt wieder losgehen…
Dann kommen wir auch schon zum Schluss mit dem traditionellen Metal1.brainstorming, themenbezogen diesmal mit Sci-Fi-Begriffen. Was fällt dir spontan ein zu…
Zurück in die Zukunft: Fand ich damals voll cool, heute eher aus nostalgischen Gründen.
Demolition Man: Ging damals so, aber der beste Film war’s sicherlich nicht…
Der dunkle Turm: Oberhammer!
Battlestar Galactica: Voll cool. Mit der Serie muss ich aber noch warm werden… Verliere da immer wieder den Anschluss…
Mass Effect: Haha, mit drei Kindern bleibt keine Zeit zum gamen…
12 Monkeys: Cooler Film, aber nicht in meiner Hall Of Fame.
Watchmen: Ich mochte die Atmosphäre sehr.
Metal1.info: Für eine bestimmte Zielgruppe unbedingt zu empfehlen, haha!
Piet, vielen Dank, dass du dir die Zeit für das Interview genommen hast! Die letzte Worte gehören dir, wenn du möchtest.
Ich möchte mich bei allen Fans und Freunden bedanken, die mir in meiner schweren Zeit geholfen haben. Ohne Euch würde es dieses Album so nicht geben. Danke.