Interview mit In Extremo

– Warum habt ihr eigentlich alle so ungewöhnliche Künstlernamen?
Künstlernamen waren bei den Spielleuten des Mittelalters wohl ähnlich beliebt wie heutzutage bei den DJ\’s. Wir haben diese Tradition aufgenommen weil wir sie gut fanden.

– Arbeitet ihr im Moment an einem Nachfolger für „Sünder ohne Zügel“? Gibts schon ein ungefähres Erscheinungsdatum?
Wir schreiben schon seit einiger Zeit neue Songs und haben schon ein paar Sachen vorproduziert, das aber mehr zu Testzwecken. Im Januar, spätestens aber im Februar geht es dann ins „richtige“ Studio. Die neue CD wird dann wahrscheinlich im September erscheinen. Jetzt zu Weihnachten gibt es aber erstmal eine DVD.

– Werden auf eurem nächsten Album wieder mehr Mittelalter- oder eher Rockelemente vorhanden sein?
Wir wollen es diesmal etwas paritätischer angehen und eher versuchen, die Mitte zu treffen. Es ist immer eine schwierige Gratwanderung, aber wir legen von vornherein keine Linie fest, die nicht überschritten werden darf. Was passiert passiert eben, meist nimmt ein Album während der Studiozeit ein oftmals bizarres Eigenleben an.

– Ihr spielt ja auch mit Schalmeien. Mich würde mal intressieren was genau das für ein Instrument ist, im Internet hab ich keine Infos drübergefunden.
Wenn Du da nichts gefunden hast dann hast Du scheinbar nicht richtig gesucht! Selbst unser ehemaliger Staatsratsvorsitzende der DDR, der „geliebte Genosse Erich Honecker“ (Ihr wisst ja, wir kommen zum Großteil aus der sowjetischen Besatzungszone) hat beim damaligen Staatsbesuch in der Bundesrepublik Helmut Kohl eine Schalmei geschenkt.

– Sorry, falls ihr die Frage schon oft gestellt bekommen habt, aber wie war das damals genau mit dem Feuerunfall von Einhorn? Hab da mal nachgelesen und ein paar unterschiedliche Ausführungen und Versionen entdeckt. Was ist damals passiert?
Ganz einfach: Wir hatten damals als Gäste ein paar tschechische Ritter mit an Bord, die wir vorher schon des öfteren bei Konzerten dabei hatten. Micha sollte während des Konzertes den spritgetränkten Umhang eines Ritters anspucken, der dann in Flammen mit einem anderen Ritter ein kurzes Duell zeigen wollte. Leider war der Mantel etwas zu stark getränkt so dass eseinen kleinen „Rückschlag“ gab. Dazu kam, dass anschließend der Ritter seinen Bühnenabgang in die falsche Richtung begann und dann mit Micha zusammenprallte der daraufhin auch in Flammen stand.

– Wie fühlt sich das an, wenn man zum ersten mal vor über 10000 Menschenspielt?
Gut, aber ich spiele lieber vor weniger Leuten. Man hat ständig das Gefühl, das der Ton Scheiße ist. Außerdem hat man bei solchen Festivals (denn das sind ja fast immer Festivals) in der Regel extrem wenig Vorbereitungszeit die nicht gerade dazu beiträgt, sich auf der Bühne wohl zu fühlen.

– Spielt ihr auch nächstes Jahr wieder auf den großen Open Airs und sind weitere Touren geplant?
Ich hoffe, dass wir wieder auf den Festivals spielen dürfen, denn gerade das ist auch für uns spannend: Wann kann man denn schon mal anderen Bands zuhören und- sowas kommt auch vor- seine persönlichen Heroes kennen lernen.

– Auf welchen Festivals und Open Airs (international und national) würdetihr in Zukunft gerne vertreten sein?
Ich würde gern noch einmal in Roskilde (mein absolutes Lieblingsfestival) auftreten. Außerdem würden wir gern im Sommer mal auf den nordeuropäischen Festivals in Schweden, Finnland oder England spielen. Ein Traum von mir wäre es, mit In Extremo eine dieser Ozzfest- oder Lollapalooza- Touren quer durch die USA zu spielen. Ganz vorn in der Wunschliste steht auch Lateinamerika.

– Spielt ihr auch heute noch auf dem ein oder anderem Mittelaltermarkt odergehört das der Vergangenheit an?
Wir sind uns nicht ganz sicher, wie wir mit diesem Thema in Zukunft umgehen werden und haben noch keine Entscheidung dazu gefällt. Mal sehen…

– Habt ihr noch Kontakt mit Thomas, der Anfang 2000 krankheitsbedingt ausgestiegen ist?
Ja natürlich! Wir sind ja nicht im Zorn auseinandergegangen!

– Was sind euere großen musikalischen Vorbilder und Inspirationen?
Die Vorbilder sind so verschieden wie die Musiker selbst. Mich inspiriert oftmals eine persönliche Haltung/ Lebenseinstellung eines Menschen/Künstlers mehr als sein eigentliches Schaffen. Da muss beides stimmen, dann ist es auch Ansporn für einen selbst.

– Was für Musik hört ihr privat?
Das geht halt auch querbeet, wir sind da sehr unterschiedlich, aber eben prinzipiell offen für alles. Das reicht von rein puristischer Mittelaltermusik bis eben zu Metal oder Punk.

– An welchen Moment eurer Karriere erinnert ihr euch immer wieder gerne, und welchen wollt ihr am liebsten einfach vergessen?
Großartige Konzerte gab es zuhauf, am meisten erinnert man sich jedoch immer an „das erste Mal“: das erste Konzert beim „Dynamo“ in Eindhoven vor 10000 Leuten, die ersten USA/ Mexiko- Konzerte, Roskilde…, ich glaube, ich sollte mal ein Buch darüber schreiben. Ein paar schlechte Konzerte gab es natürlich auch, doch wie Du schon richtig schreibst, die haben wir“vergessen“. Vergessen möchte ich auch den besagten Brandunfall in Mannheim (doch auch daraus lernt man) sowie meine Krebserkankung im letzten Jahr, kurz vor dem Start der Herbsttour. Was für mich für immer unvergessen bleiben wird war die Unterstützung durch die Band und die vielen Nachrichten von unseren Fans. Ich glaube, diese Erfahrung hat mich wirklich nachhaltig geprägt!

– Was denkst du über kleine Webzine-Redakteure, die immer und immer wieder die gleichen Fragen stellen?
Machst Du doch gar nicht, oder? Du weißt ja nicht, was andere Redakteure so fragen…

– Hat jemand von In Extremo vor, ein Soloprojekt zu starten oder haltet ihr das eher für Schwachsinn?
Momentan hat keiner Zeit für solche Dinge, ich würde es aber nicht prinzipiell verurteilen. Nebenbei machen wir aber noch so Sachen nebenbei, Pymonte hat ein Hörspiel für Kinder aufgenommen, Morgenstern und ich treten ab und zu (eher selten) mit unserer alten Band „Tausend Tonnen Obst“ auf, ich schreibe ein Buch… eher so etwas in der Richtung!

Was denkst du wenn du die folgenden Begriffe liest:

– Intolernz: Das Schlimmste was es für mich gibt. Die Intoleranz ist der Grund für Kriege, für Hass…
– USA: Ich hüte mich vor Pauschalurteilen (siehe Intoleranz). Politisch bin ich sehr skeptisch falls Du darauf hinaus willst. Musikalisch allerdings hat Amerika den Rock\’n\’Roll erfunden und wir sollten auf Ewigkeit dankbar sein- obwohl ich eigentlich mehr auf englische Musik stehe. Wo es Licht gibt dort gibt es eben auch Schatten.
– Religion: Das muss jeder für sich selbst entscheiden. „Religion ist Opium für das Volk“ sagte wohl Lenin mal, aber das ist Blödsinn. Ich kenne viele Leute denen Religion Halt gibt (welche auch immer), ebenso habe ich viele Leute kennengelernt, die auf Grund ihrer Religion intolerant sind. Da sind wir wieder beim Thema.
– Alkohol: Ein Leben ohne Alkohol kann ich mir nicht vorstellen. Das hat wohl auch etwas mit unserer Kultur zu tun.
– Liebe: Ich glaube, das ist das Wichtigste im Leben, oder?
– New Metal: Eine amerikanische Scheißerfindung für pubertierende Jugendliche.
– Kommerz: In der Musik? Zu Weihnachten?
– MP3: Ich habe keinen MP3- Player und lade mir auch nichts aus dem Netz. Aber ich lehne das auch nicht ab.
– Online-Mags: Ehrlich gesagt lese ich keine Online- Mags, ich benutze das Netz mehr so als „Hure“ oder Kommunikationsmaschine. Wenn Du meine gaaaanz persönliche Meinung hören willst: Ich glaube nicht, dass online- Zeitungen eine große Zukunft haben!

Vielleicht noch ein Satz an die Leser von Metal1.info:
Bleibt offen für all die neuen Dinge! Und schaut mal auf unserer Seite vorbei unter www.InExtremo.de Viele liebe Grüße von Lutter/ In Extremo.

Geschrieben am von Metal1.info

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