Interview mit Morten Bryld von Heidra

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HEIDRA beenden mit ihrem dritten Album „To Hell Or Kingdom Come“ ihre Fantasy-Trilogie um einen König, der aus seinem Königreich vertrieben wird und es sich natürlich zurückholen will. Musikalisch präsentieren die Dänen einen spannenden Mix aus Melodic Death Metal und symphonischen Power Metal mit mehr Stringenz und klarerer Linie als bisher. Über das Konzept, die musikalische Weiterentwicklung und die Entstehung der Scheibe sprechen wir mit Sänger und Songwriter Morten Bryld.

Heidra Logo

HEIDRA wurde 2006 gegründet, aber das erste Album kam erst 2014 – warum habt ihr dafür acht Jahre gebraucht?
Nun, wir waren damals sehr jung. Ich glaube, ich war 17 oder 18 und alles hat sich ziemlich langsam entwickelt. Wir hatten kein komplettes Line-up und wir haben mehr Zeit damit verbracht, Bier zu trinken und Coversongs zu spielen als mit allem anderen. Wir haben in einem lokalen Club in Kopenhagen als Vorband für Turisas gespielt und hatten nicht mal genug Lieder, um ein ganzes Set vollzubekommen, also haben wir „Sankarihauta“ von Moonsorrow gespielt, um die Spielzeit auszufüllen. Danach haben wir zwei Demos aufgenommen und unser zweites Demo „Nothern Tales“ war irgendwie auch als erstes Album gedacht. Es hatte zwar die Länge eines Albums, aber nicht die Qualität, also haben wir uns dazu entschieden, es nur als Demo zu veröffentlichen. Unsere erste vernünftige Aufnahme war 2012 die EP „Sworn To Vengeance“. Die ersten Jahre gingen also ziemlich schnell vorüber und lange passierte derweil auch gar nichts, weil wir lange Zeit weder einen Schlagzeuger noch einen zweiten Gitarristen hatten.

Was bedeutet euer Bandname? HEIDRA klingt nach dem deutschen Wort „Heide“. Wie seid ihr auf den Namen gekommen und inwiefern repräsentiert er die Band?
Ich bin kein Experte auf dem Gebiet der Etymologie, aber ich nehme an, dass es vom selben Wort abgeleitet sein könnte. Die Band wurde nach dem Windir-Song „Heidra“ benannt. Soweit ich das herausfinden konnte, ist es ein altes norwegisches Wort für „Ehre“ – ganz ähnlich dem altnordischen „heiðra“, was das gleiche bedeutet.

Heidra To Hell And Kingdom Come Coverartwork„To Hell Or Kingdom Come“ beschließt eure “The Dawn”-Trilogie – kannst du die bisherige Story zusammenfassen und erzählen, wie sie sich auf dem aktuellen Album entwickelt?
Grundsätzlich dreht sich die Trilogie um einen König, der von seinem bösen Halbbruder aus seinem Königreich vertrieben wurde. Das erste Album spielt am Vorabend der vermeintlich großen Schlacht um den Thron. Es ist die Geschichte, wie er Verbündete um sich schart und welche Prüfungen sie gemeinsam bestehen müssen, bevor sie sich ihren Feinden in einem finalen Kampf auf dem Schlachtfeld stellen.

Das zweite Album beginnt mit der Schlacht, auf die sich das erste Album konzentriert hat. Doch gerade als sich die Schlacht zu Gunsten unseres Helden zu wenden beginnt, taucht ein feindlicher Hexenmeister auf und verbannt unseren Helden und alle seine Männer in die Hölle. Der Rest des Albums erzählt die Geschichte, wie er den Weg zurück in das Land der Lebenden findet.

„To Hell Or Kingdom Come“ erzählt in den ersten beiden Liedern ein wenig den Hintergrund der Geschichte der Trilogie und schildert dann, wie unser Held schließlich gegen seinen Halbbruder antritt.

Auf dem Coverartwork erkenne ich den Protagonisten der beiden vorherigen Alben, den du gerade als vertriebenen König vorgestellt hast. Was kannst du mir über ihn erzählen, wie entwickelt er sich persönlich und welchem Feind steht er auf dem Artwork gegenüber?
Wir haben ihm bewusst keinen Namen und kein Gesicht gegeben, um ihn mysteriös zu halten. Wenn du so willst, ist er eine Art generischer Fantasy-Charakter. Er muss viele Prüfungen bestehen und besiegt schlussendlich das Böse.

Um deine Frage zum Artwork zu beantworten, müssen wir uns die Lyrics zu „Ancient Gates“ anschauen:

“As we approached the ancient gates
The very ground did squirm and shake
Stone was rent, and cracks did form
As things that weren’t of woman born

Came writhing from the earth
The gates of hell gave birth
A horde bound by his will
To rip and rend and kill

Things that slither, things most foul
Things that hiss and things that howl
They came in answer to his call
To form a ghastly spectral wall”

Im Grunde ist das also ein großer Klumpen voller Geister von bösen Monstern und Dämonen. (lacht) Dragan Paunovic hat mit dem Artwork einen großartigen Job gemacht.

Heidra Bandfoto
HEIDRA; © Jannie Ravn Madsen

Meiner Meinung nach hat sich euer Stil mit dem dritten Album noch mehr in Richtung Melodic Death Metal mit Power-Metal-Elementen und weniger Pagan-Momenten entwickelt, im Vergleich dazu wirkt euer Debüt recht chaotisch und überladen. Seid ihr noch auf der Suche nach dem richtigen Stil für euch oder ist das eine natürliche Entwicklung?
Da stimme ich absolut zu. Es war eine ganz bewusste Entscheidung, die wir sehr früh beim Songwriting für diese Platte getroffen haben, dass wir ein Album mit einem klarer definierten Stil machen wollten. Und obwohl wir immer noch viel von dem einbauen, was wir früher gemacht haben, ist die Diskrepanz zwischen den Stilen von Song zu Song viel kleiner geworden. Wir springen auf diesem Album nicht von Song zu Song von Folk Metal zu Power Metal zu Black Metal. Wir wollten ein klareres Album machen, auf dem alle Songs als Ganzes einen Sinn ergeben.

In meiner Review habe ich versucht, das Album als eine Mischung aus Melodic Death Metal der Marke Dark Tranquillity oder Insomnium mit heroischem Folk/Power Metal und melodischer Schwere von etwa Iced Earth zu beschreiben. Wie würdest du selbst euren Stil und eure Einflüsse beschreiben?
Ich glaube, du hast den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir alle lieben Zeug wie Dark Tranquillity oder Amorphis und das sind auf jeden Fall Einflüsse für uns. Ich persönlich stehe total auf Power Metal und das beeinflusst mein Songwriting und meinen Gesangsstil. Als wir uns zusammengesetzt haben, um das Album zu schreiben, war das grundlegende Konzept, ein symphonisches Melodic-Death-Metal-Album mit klarem Gesang zu schreiben.

Bei einer Genremischung wie bei euch ist es sicher eine große Aufgabe, beim Songwriting die richtige Balance der Stile zu wahren. Wie geht ihr diesbezüglich ans Songwriting ran, habt ihr genaue Pläne für die perfekte Balance?
Nicht wirklich, es kommt einfach darauf an, wohin der Song uns trägt. Wenn ich ein Lied schreibe, denke ich nicht wirklich über Genres nach. Ich weiß einfach, dass ich einen HEIDRA-Song schreibe. Gleichzeitig aber kann ich auch definitiv sagen, wenn ich zu weit von dem abweiche, was ich ursprünglich schreiben wollte. Das ist auch ein Grund dafür, warum wir für dieses Album viele Songs wieder gestrichen haben, weil sie nicht zu dem gepasst hätten, was wir uns vorgestellt haben. Wir waren sehr kritisch bei der Auswahl des Materials für dieses Album.

Heidra Bandfoto
HEIDRA; © Jannie Ravn Madsen

Das Album klingt viel symphonischer und epischer als seine Vorgänger. Wie ist das zu erklären und welche anderen Bands, Soundtracks oder Komponisten haben dich beim Songwriting diesbezüglich beeinflusst?
Ist das so? Ich finde, das Symphonische und die „Epicness“ war auch auf „The Blackening Tide“ schon deutlich vorhanden. Auch auf „Awaiting Dawn“, wenn auch auf andere Weise mit Keyboards anstatt orchestralen Parts. Ich denke, dein Eindruck entsteht vor allem aufgrund der Produktion. Dieses Album hat auf jeden Fall den „breitesten“ Sound, den wir je hatten. Dafür müssen wir Marco Mastrobuono danken – er hat sich bei der Produktion für das Album wirklich selbst übertroffen, wenn du mich fragst.

Ein großer Unterschied auf „To Hell Or Kingdom Come“ ist, dass ich alle Keyboards und Orchestrierungen diesmal selbst eingespielt habe. Ich hatte Hilfe von Francesco Ferrini – einem Jedi-Meister auf dem Gebiet der Orchestrierungen – um das alles selbst machen zu können. Auf diesem Album sind die Orchestrierungen und Keyboards dazu da, die Gitarren zu unterstützen und einige Melodien zu liefern. Mit der Zeit lerne ich das vielleicht noch besser und kann diese Elemente noch mehr in unsere Musik einbinden.

Was inspiriert dich beim Songwriting abgesehen von Bands und Musik?
Zum Thema Songwriting fällt mir nichts nicht-musik-bezogenes ein. Wenn es aber um Lyrics geht, mit denen ich auf diesem Album ehrlich gesagt wenig zu tun hatte, dann sind die Hauptinspirationsquellen alte Volkssagen und Fantasygeschichten. Ich habe alle Texte für das Debütalbum geschrieben, aber als James zur Band kam, hat er abgesehen von ein paar Songs auf „The Blackening Tide” praktisch das komplette Schreiben der Texte übernommen, da er ein wesentlich begabterer Texter ist als ich. Wir haben uns natürlich über die Story unterhalten, die ich begonnen habe, aber er hat alles geschrieben.

Francesco Paoli von Fleshgod Apocalypse hat die Drums auf dem Album eingespielt. Wie ist der Kontakt und die Zusammenarbeit zustande gekommen und wie war es, mit ihm zu arbeiten?
Wir kennen Francesco, seit wir 2016 mit Ensiferum und Fleshgod Apocalypse auf Tour waren. Unser Produzent Marco arbeitet aber auch mit Fleshgod Apocalypse an deren Alben, es war also ganz simpel für sie, in Kontakt zu treten und das Schlagzeug zusammen in Italien einzuspielen. Wegen Covid haben wir uns dazu entschieden, dass es besser ist, Marco nach Dänemark kommen zu lassen anstatt die ganze Band nach Rom zu fliegen, um nicht zu riskieren, dass sich einer von uns mit Covid ansteckt und wir irgendwas versauen.

Also habe ich via Skype mit Francesco über die Drums gesprochen und ihm grundlegende Drum-Track-Ideen geschickt. Danach hat er die gesamten Drum-Tracks mit seinen eigenen Ideen und Ansätzen programmiert und nachdem wir zugestimmt und alles abgesegnet hatten, hat er es mit Marco genau so eingespielt, wie er es programmiert hat. Marco ist anschließend mit den eingespielten Drum-Spuren nach Dänemark geflogen und wir haben alles bei unserem Gitarristen Carlos zuhause eingespielt.

Es lief also alles ganz problemlos und es ist großartig, Francesco auf unserem Album dabei zu haben. Ich denke, dass ist eines der guten Dinge, die durch Covid passieren konnten. Andererseits hätte er wohl keine Zeit für uns gehabt. (lacht)

Heidra Bandfoto
HEIDRA; © Jannie Ravn Madsen

Welche Tracks sind deine persönlichen Favoriten auf „To Hell Or Kingdom Come“?
Ich denke, das wären „Retribution’s Dawn“ und der Titeltrack.

Kommen wir zum Schluss zu unserem traditionellen Brainstorming. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen zuerst ein?
Aktuelles Lieblingsalbum:
Arjen Lucassen’s Star One – Revel in Time.
Religion:
Bullshit.
Sommer:
Festivals und kaltes Bier!
Bestes Film-/Serien-/Buch-Universum: MCU?
Videospiele: “The Legend of Zelda”.
Sammeln: Metal-Alben.
Etwas, das jeden Tag besser macht: Ein schönes, selbst gekochtes Essen.
HEIDRA in zehn Jahren: Hauptbühne in Wacken!

Danke dir nochmal für deine Zeit, Morten! Die letzten Worte gehören dir.
Vielen Dank für einige aufschlussreiche Fragen. An alle, die das hier lesen: Hört euch unser neues Album an und haltet Ausschau nach einer HEIDRA-Show in eurer Nähe!

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