Interview mit Heavenfall

Glaubt man den Progressive-Metallern HEAVENFALL, dann ist weder die Ruhrpottszene tot, noch sind die sieben Todsünden ein ausgelutschtes Thema. Was die Herrschaften sonst noch zu erzählen haben, lest Ihr im folgenden Interview.

Hi beisammen, schön, dass wir mal wieder plauschen. Nach Eurem Auftritt im M1-Undergroundcontest vor vier Jahren, läuft das jetzt quasi auf „professioneller“ Ebene ab. Bei euch hat sich seit 2007 einiges getan. Welche konkreten Auswirkungen haben die Besetzungswechsel gebracht?
Erst einmal haben die Wechsel viel Zeit verschlungen, Konzerte wurden abgesagt und CD-Termine wurden nach hinten geschoben, da vieles umstrukturiert werden musste und wir Zeit benötigten, um HEAVENFALL und das Album 7 Sins neu zu formen. Hierbei sollte auch auf jeden Fall erwähnt werden, dass durch unseren neuen Basser Alex, mit seiner hohen Auffassungsgabe und seinem spielerischen Können, diese Arbeitszeit sehr verkürzt werden konnte.

Habt Ihr noch Kontakt zu den früheren Kollegen?
Man sieht sich leider ziemlich selten, was aber auch hauptsächlich am eben erwähnten Zeitmangel liegt. Zu der Musik gesellt sich ja auch noch der Beruf und die Familie hinzu.
Das alles unter einen Hut zu bringen ist halt nicht immer allzu einfach. Du als aktiver Musiker kannst da sicherlich auch so manches Lied selber von singen oder nicht?

Kommen wir mal zu „7 Sins“. Der Titel gibt das lyrische Konzept quasi vor…
Die sieben klassischen Todsünden eben. Uns schwebte aber eine modernere Interpretation dieses sehr klassischen Themaklassikers vor, ohne die üblichen ausgelatschten Pfade zu betreten.

Sind die sieben Todsünden als Thema nicht verhältnismäßig ausgelutscht? Warum wolltet Ihr gerade dieses Thema behandeln?
Ausgelutscht würden wir nicht sagen, da man in jeder Zeit immer neue Interpretationen zu diesem Thema finden wird, und gerade in der modernen Welt, in der wir leben, es immer wieder Situationen und Verhaltensmuster gibt, die sich genau damit auf den Punkt bringen lassen.

Auch musikalisch erfindet Ihr das Rad nicht unbedingt neu, dies ist aber keineswegs als Kritikpunkt gemeint. Beim Hören fällt aber auf, dass Ihr zu Ungunsten der Eingängigkeit in den meisten Fällen auf Langzeitwirkung setzt. Liege ich damit richtig und besteht damit nicht die Gefahr, dass der Hörer, der den schnellen Konsum gewöhnt ist, nicht lange genug dabei bleibt, um die Feinheiten in Eurer Musik zu entdecken?
Wir wollten eine CD rausbringen, welche man sich nicht so schnell satthören kann. Eine Scheibe, die auch noch nach x-maligem Hören noch neue Elemente aufweisen kann, die einem zuvor noch nicht aufgefallen sind. Alles in allem haben wir versucht eine gute Mischung aus Eingängigkeit und musikalischem Anspruch zu finden, was uns offensichtlich ganz gut gelungen ist. Die Wertung von 6/7 Punkten im aktuellen Metal Hammer ist nur eine von dutzenden positiven Reviews weltweit. Von dieser doch sehr positiven Resonanz sind wir selber mehr als überrascht, aber natürlich sind wir auch stolz darauf.

Welche musikalischen Einflüsse versucht Ihr zu verarbeiten?
Puh, schwere Frage, hier alle konkreten Einflüsse zu nennen. Sagen wir mal: Alle in der Band verfügen über sehr breit gefächerte Musikeinflüsse und dies spiegelt sich auch in unserer Musik wieder. Und alle diese Einflüsse fließen in den Sound von HEAVENFALL mit ein. Letztendlich aber ohne sich ganz von der Basis Metal zu entfernen.Genau wie bei einem guten Cocktail. Die richtige Mischung macht es eben ….

Eure Musik ist durchaus als technisch anzusehen; wie wichtig ist noch das tägliche Üben oder beschränkt sich das auf die Bandproben?
Sowohl als auch, jeder übt seinen Part und bei den Bandproben werden diese dann zu einer einheitlichen Summe verschmolzen. Auch kleinere Homestudios, die wir mittlerweile Zuhause eingerichtet haben, helfen sehr bei der doch sehr umfangreichen Arbeit. Alles auf die wöchentlichen Proben abzuwälzen, ist bei diesem Umfang einfach nicht mehr möglich.

Die Bandprobe als solches ist ein gutes Stichwort; wie läuft das Songwriting bei Euch ab? Ganz klassisch im Proberaum oder nutzt Ihr da weitgehend die Möglichkeiten des Internets und schickt Euch Files hin und her?
Auch hierbei wird gerne mit beiden Möglichkeiten gearbeitet.Es werden sowohl Ideen alleine zuhause als auch gemeinsam im Proberaum ausgearbeitet. Jeder bringt seine Ideen und Vorstellungen mit. Dann wachsen einzelne Ideen zusammen zu einem kompletten Werk. Und das klingt dann eben wie HEAVENFALL.

Die hochgelobte Metalszene im Ruhrpott ist in den letzten Jahren nicht mehr so aktiv, wie vor vielleicht zehn oder fünfzehn Jahren. Bekommt Ihr das am eigenen Leibe zu spüren und worin seht Ihr die Ursachen?
Wir selber verspüren davon direkt eigentlich nichts. Alleine die Buchung der Proberäume hier im Umkreis spricht eigentlich eine andere Sprache. Aber einige Probleme sehen wir schon: Auftrittsmöglichkeiten sind mittlerweile sehr rar geworden. Konzerte die auch zu unserer regionalen Kulturszene gehören werden immer spärlicher. Die Fans teilen sich in immer mehr Musiksparten auf und somit ist es für Veranstalter leider schwer geworden, ein Event abseits des Mainstreams gewinnbringend zu veranstalten.
Die Szene ist nach wie vor da und lebt, leider hat sie es aber sehr schwer wahrgenommen zu werden. Naja dieses Thema könnten wir durchaus auch abendfüllend am Tresen bei einigen Bierchen weiterbequatschen, aber lassen wir hier an dieser Stelle gut sein.

Könnte es sein, dass die Szene allgemein etwas übersättigt ist? Ist es somit schwieriger, mit einer melodischen Power-Metal-Band Fuß zu fassen?
Das Problem hatten wir schon in der Frage zuvor erwähnt. Sobald man sich vom Mainstream entfernt, wird es schon schwer alleine schon in der Masse von Musikstilen und deren Substilen durchzublicken. In dieser Masse dann noch als Künstler hervorzustechen ist wirklich schwer.

Sehr positiv hebt Ihr Euch in meinen Augen in der Gestaltung des Booklets ab; eine coole Idee, keine Fotos, sondern gemalte Bilder von den Musikern zu verwenden. Wer kam auf die Idee und wer war für die Umsetzung zuständig?
Es wurde zunächst von uns erdacht, ein möglichst klischeefreies Artwork zu gestalten. Frei vom typischen Metalschwarz und Totenköpfen. Zugleich sollte dem Betrachter aber genügend Spielraum bleiben um selbst seine ganz eigene, persönliche Interpretation des Gesehenen zu ermöglichen. Für die Ausführung dieser gestalterischen Arbeiten haben wir schließlich Luiz Felipe de Lima Amorim beauftragt. Luiz ist ein Freund unseres Bassers. Er lebt und arbeitet als Art-Designer in Brasilien. Schon die ersten Entwürfe aus Brasilien haben uns sehr begeistert und schon nach einigen kleinen Korrekturen war für uns das Ergebnis mehr als zufrieden stellend.

Wie weit plant Ihr in die Zukunft? Steht schon neue Musik, ist gar schon ein weiteres Album in Planung?
Ein neues Album steht direkt noch nicht in den Startlöchern. Wir haben in letzter Zeit sehr viel am künftigen Liveprogramm gearbeitet, aber natürlich wird auch parallel schon an neuen Ideen gebastelt, die irgendwann sicherlich zu einem neuen Album führen werden.

So, meine Fragen habe ich gestellt, jetzt noch rasch das beliebte Metal1-Wortspiel, wir ändern es diesmal leicht ab:
Musik zum…
Autofahren: Alex: Attitude (Misfits), Chris: Arch Enemy, Doomsday Machine, Ralf: Serenety, Wolverine, Daniel: kein WDR4, Mitja: Progmetal
Putzen: Alex: Lean Into It (Mister Big), Chris: Bob Marley, Ralf: While Heaven Wept, Jolly, Daniel: kein WDR4, Mitja: Deathmetal
Relaxen: Alex: Estranged (Guns n\’Roses), Chris: Kane, Fearless, Ralf: Porcupine Tree, Flowerkings, Daniel: kein WDR4, Mitja: Jazzmetal
Aufwachen: Alex: Easy (Faith No More), Chris: Beatles, Revolver, Ralf: Kamelot, Evergrey, Daniel: kein WDR4, Mitja: The Big Red
Einschlafen: Alex: Norah Jones, Chris: Frank Zappa, Ralf: Unitopia, Blackfield, Daniel: kein WDR4, Mitja: The Big Red
Sport: Alex: The Loneliness of the Long Distance Runner (Iron Maiden), Chris: Dream Theater, Ralf: Sport? Was ist das?, Daniel: kein WDR4, Mitja: HEAVENFALL
Arbeiten: Alex: Hellbilly Deluxe (Rob Zombie), Chris: Evergrey, Ralf: Epica, Pagans Mind, Daniel: zwangsweise das, was Ralf gerade hört aber zum Glück kein WDR4, Mitja: HEAVENFALL / The Big Red
Metal1.info lesen: Alex: HEAVENFALL, Chris: Oingo Boingo, Ralf: Darkwater, Daniel: ihr wisst Bescheid, Mitja: Fickstöhnen

So, das war es jetzt aber wirklich; vielen Dank und die letzten Worte gehören selbstverständlich Euch.
Wir danken Dir und Danke natürlich an unsere treuen Hörer, Fans und Freunde, kauft unsere CDs, rockt unsere Shows und wir freuen uns sehr darauf, bald wieder mit euch Abende vor und auf der Bühne zu verbringen und auf ein, zwei Bierchen anzustoßen!

Publiziert am von Jan Müller

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