Interview mit Matthias Voigt von Heaven Shall Burn

Die Erfolgsstory HEAVEN SHALL BURNs scheint sich auch mit „VETO“ weiter fortzusetzen, einmal mehr überschlagen sich die Kritiker mit Lob. Zu den thematischen Hintergründen des Albums und den zwei verschiedenen Abmischungen, die der Scheibe verpasst wurden, äußert sich Schlagzeuger Matthias Voigt ebenso wie zu Euro-Rettungspaketen und der Verantwortung einer Band, sich politisch zu engagieren.

Hallo Matze, danke für das Interview dir! Wie geht’s?
Wir haben zu danken! Mir geht es gut und langsam rückt das Releasedatum näher. Wir sind alle auf jeden Fall sehr gespannt.

Ihr habt kürzlich zwei Gigs in Russland gespielt. Wie hast du Land, Leute und natürlich nicht zuletzt die Shows wahrgenommen? Lässt sich in der Halle ein Unterschied ausmachen zu eurem „gewohnten“ europäischen Publikum?
Bei den Shows war ich leider nicht mit dabei, da ich momentan noch nicht wieder live spiele. Die Jungs waren aber begeistert. Dieses Mal hat man auch die Distanz zwischen St. Petersburg und Moskau mit dem Zug zurückgelegt und das ist schon ein besonderes Erlebnis.
Von früheren Konzerten kann ich sagen, dass die Leute dort sehr enthusiastisch sind und auch viel Spaß auf den Konzerten haben. Es ist aber generell so, dass es überall dort gut abgeht, wo sonst nicht jeden Tag irgendwelche Bands spielen. Das ist ja auch total verständlich. Diese Unterschiede hast du aber auch innerhalb Deutschlands. Ich denke nicht, dass das viel mit einer anderen Kultur zu tun hat, obwohl das viele Leute sicherlich denken.

Schon etwas länger her sind die Shows in Australien, Indonesien und Malaysia. Was habt ihr von diesen Shows mitgenommen, was vielleicht von den Erfahrungen auf einer Persistence- oder Progression-Tour abweicht?
In Asien ist es natürlich so, dass die meisten Konzerte sehr viel kleiner sind und die Veranstalter haben dort auch nicht annähernd die Möglichkeiten, wie wir sie hier haben. Ich kann mich noch daran erinnern, dass mir ein Veranstalter eines Konzertes in Singapur auf unserer 2010er Asien-Tour erzählt hat, dass auch von offizieller Seite oft alle möglichen Steine in den Weg gelegt werden und dass es sehr schwierig ist, Räumlichkeiten für Shows anzumieten. Es gibt also keine vergleichbare Club-Szene oder Jugendzentren wir hier in Deutschland oder auch in anderen europäischen Ländern.
In Australien dagegen waren wir einmal mit Trivium unterwegs und dann 2012 im Rahmen der Soundwave-Festival-Tour. Bei den riesigen Entfernungen fliegt man eben von Show zu Show und es grenzt schon alles an eine logistische Meisterleistung, gerade wenn so viele Bands gleichzeitig und zusammen unterwegs sind. Das ist alles auf einem sehr professionellen Level.
Bei den Touren hier bewegt man sich schon mehr in seiner gewohnten Umgebung und ist mit dem Bus unterwegs. Man schläft sicherlich mehr als auf solchen Touren, die einen weiter weg führen.


„VETO“ erscheint Mitte des Monats in verschiedenen Formaten, als Bonus liegt hier u.a. der sogenannte „Blizzard Over England“-Mix von Colin Richardson bei. Was unterscheidet den Mix so sehr von dem Tue Madsens? Und wie kam es dazu, gleich das komplette Album noch einmal mischen zu lassen?
Es bot sich an, dass auch Colin Richardson die Platte mixen könnte und weil wir bereits eine sehr gute Version von Tue Madsen quasi in der Tasche hatten, wollten wir einfach mal sehen, wie es mit Colin klingen würde. Wir sind damit kein Risiko eingegangen, weil wir mit Tues Mix schon absolut zufrieden waren. Außerdem hat Richardson ja wirklich schon einige Klassiker veredelt und dass er sich angeboten hat, hat uns mächtig stolz gemacht. Da sagt man nicht einfach so „nein“.
In der Woche, in der der Mix durchgeführt werden sollte, ist dann aber der Winter über England hereingebrochen und alle Flüge wurden gecancelt. Das hieß konkret, dass Maik und Alexander beim Mix nicht vor Ort sein konnten und die Kommunikation nur über Telefon oder Mail ablaufen konnte.
Trotz aller Widrigkeiten fanden wir den Mix von Richardson aber so gut, dass wir ihn auch veröffentlichen wollten. Es ist ein andere Herangehensweise an den Sound und klingt eben etwas anders als unser typische HSB-Sound. Das war für uns interessant und sicherlich interessiert es auch ein paar Leute. Die LP kommt mit Richardson-Sound und es liegt auch eine CD der regulären Version bei. Die Leute können sich also ihren Favoriten raussuchen.

Insgesamt erscheint das Album in verschiedenen Kombinationen von LP über limitierte CD bis hin zu verschiedenen Digitalversionen in sieben verschiedenen Formaten. Die digitalen Formate ausgeklammert bleiben immerhin noch drei. Ist das etwas, was ihr persönlich initiiert oder ist es eine Label-Vorgabe, dass eine bestimmte Anzahl an Bonus-Inhalten auf verschiedenen Versionen des Albums vertreten sein muss?
Ich glaube, dass es das Label schon gerne sieht, dass es zumindest noch eine Limited Edition gibt oder vielleicht mal einen Bonus-Song für ein bestimmtes Land. Dass es dermaßen viele unterschiedliche Versionen gibt, wollen wir aber so. Da drängt uns niemand. Wir sind ja auch selbst Fans und freuen uns auch, wenn es Versionen gibt, die etwas besonderes darstellen und nicht nur eine ganz normale CD mit 4-seitigem Booklet. Das ist uns selbst wichtig.
Wir hauen auch alles auf den Tisch, was wir jetzt haben. Es wird also später keine neue Bonusedition geben, die man nachkaufen muss, um alle Songs zu haben.
Mit Century Media und auch Impericon diskutieren wir ständig, was da überhaupt machbar ist und was nicht. Uns ist es selbst wichtig, dass den Leuten etwas geboten wird, wenn sie schon eine CD oder eine LP kaufen. Irgendeinen Anreiz muss es ja geben.
Das ist eben die gute Seite an der Problematik mit den Downloads: Man muss sich etwas überlegen und kann den Leuten keine billig gemachte CD für viel Geld unterjubeln.

Maik meinte, dass es von Fans und Presse geäußerte Kritikpunkte an der Produktion von „Invictus“ gegeben habe, die ihr versucht habt, auf „VETO“ auszumerzen. Was war denn konkret das Problem, und warum merkt auch eine routinierte Band manchmal erst, wenn man es ihr sagt, dass etwas nicht optimal gelaufen ist?
Das hat nichts mit Routine zu tun. Wir wollten früher eben immer alles am Limit haben, gerade was den Sound angeht. Wenn man sich beim Mix dann jeden Song einzeln vornimmt und alle Songs am Limit sind, ist es fast unmöglich, die Platte am Stück zu hören. Es fehlt da die Dynamik, aber wenn man daran arbeitet, sieht man das nicht so.
Tue Madsen hat uns damals schon drauf hingewiesen, aber wir waren da wirklich sehr starrköpfig. Wir wollten „Invictus“ damals genau so, wie es am Ende auch war. Vielleicht ist das auch stimmungsabhängig, wie offen die eigenen Ohren sind. Wir hatten ja aber dann genügend Zeit, um „Invictus“ auf uns wirken zu lassen und man muss einfach sagen, dass es von allem etwas zu viel war. Bei „Deaf To Our Prayers“ hatten wir auch schon das Problem, dass die Scheibe von hinten bis vorne durchhämmert, „Iconoclast“ war dann auch offener und dynamischer gestaltet und „Invictus“ eben dann endgültig zu viel. Bei VETO haben wir jetzt die Balance ganz gut gefunden, ohne unsere Trademarks zu vergessen.

Zwei Skurrilitäten gab es ja im Zusammenhang mit „VETO“ zu vermelden. Zum einen hätten wir da euren eher alternativen Studioreport. Ist das Video mehr als eine Persiflage? Für einen einfachen Witz habt ihr das Ganze ja ganz schön aufwendig gestaltet.
Mit den Elsterglanz-Leuten wollten wir einfach mal etwas machen. Die Idee entstand beim letztjährigen With Full Force und dann ging es eben ganz schnell.
Im Normalfall erzählt man ja in solchen Reports, dass die neue Platte wieder die allergeilste ist, aber wir kommen uns bei dem normalen Promo-Gerassel immer selbst etwas bescheuert vor. Es ist ja überall der gleiche Käse, der einem erzählt wird. Deswegen machen wir lieber solche Geschichten. Bei „Invictus“ gab es ja auch einen alternativen Trailer und wer unsere DVD kennt, der weiß sicherlich schon, dass wir uns selbst nicht so ernst nehmen, auch wenn wir oft sehr ernste Themen behandeln.
Menschen haben immer unterschiedliche Facetten und wir leben unsere alberne Seite eben auf diese Art aus.
Mit den Jungs von Elsterglanz war das auch absolut locker und entspannt. Das war weniger Aufwand, sondern eher ein riesiger Spaß.


Daneben dürfte auch das Blind-Guardian-Cover „Valhalla“ Aufmerksamkeit erregen. Nicht nur, weil das wohl nicht DER Song sein dürfte, den sich der durchschnittliche HSB-Hörer als naheliegende Nummer zum Aufpeppen vorstellt, sondern auch, weil Hansi Kürsch auch noch einige Gesangslinien extra neu eingesungen hat. Warum fiel die Wahl gerade auf „Valhalla“, was verbindet euch persönlich mit Blind Guardian und steckt in Hansi Kürsch am Ende ein missverstandener Metalcore-Fronter?
Wir selbst sind ja auch mit Blind Guardian aufgewachsen und „Valhalla“ war für uns schon immer ein absoluter Übersong. Dass wir den irgendwann mal covern würden, war eigentlich schon immer klar. Nun ist es eben passiert…haha
Man sollte es nicht denken, aber ich glaube, dass wir auf all unseren Platten immer mal wieder das eine oder andere von Blind Guardian beeinflusste Riff haben. Wenn man einmal in der Metalcore-Schublade steckt, vermutet das niemand, aber es ist wirklich so.
Der Song passt sich auch echt gut zwischen den anderen Songs ein und lockert die ganze Platte ziemlich auf. Es passt einfach gut.
Hansi Kürsch kann für Metalcore viel zu gut singen.

Lassen sich neben den Unterschieden im Sound im Vergleich zu „Invictus“ deiner Meinung nach auch musikalische Unterschiede feststellen? Hat der Abschluss der „Iconoclast“-Trilogie einen Einfluss aufs Songwriting gehabt?
Der Abschluss hat am ehesten wohl einen Einfluss auf die Texte gehabt, weil man jetzt ja nicht mehr an ein bestimmtes Konzept gebunden war. Das macht natürlich vieles einfacher.Musikalisch ist es eher die Zeit, die da Veränderung bringt. In 3 Jahren hört man eine Menge neue Musik und alles findet irgendwie einen Weg ins Songwriting. Das ist ja normal.

Dass ein Song wie „Fallen“ gerade jetzt erscheint, lässt eine direkte Verbindung zum arabischen Frühling vermuten, „Hunters Will Be Hunted“ handelt von eurer Unterstützung für Sea Shepherd. Ökologische wie soziale und ökonomische Katastrophen gab es in den letzten Jahren aber auch woanders zuhauf, warum fiel die Wahl gerade auf diese beiden aktuellen Themen? Welche aktuellen Bezüge verbergen sich in den anderen Songs?
Waffenhandel und die Verstrickungen unserer Politiker sind ja immer ein aktuelles Thema, gerade jetzt, wo auch wieder diskutiert wird, ob man denn Waffen nach Syrien exportiert oder nicht. „Like Gods Among Mortals“ behandelt die Arroganz der Politiker bei diesem Problem.
Bei „You Will Be Godless“ geht es um die Menschenverachtung der Katholischen Kirche. Nun kam ja hier die Papstwahl dazwischen und es zeigt uns nur wieder, wie aktuell dieses Thema immer ist.Nun denken einige Menschen vielleicht, dass es nun bald etwas gemäßigter und demütiger zugeht, weil der neue Papst vielleicht etwas bescheiden tut, aber es wird alles so bleiben. Der Papst ist dafür da, die Grundsätze zu erhalten und er wird dies auch tun. Die Maschinerie arbeitet genau weiter wie vorher.
„Fallen“ handelt davon, wie Machthaber skrupellos und brutal gegen Menschen vorgehen, wenn diese versuchen, die Umstände in ihrem Land zu ändern bzw. zu verbessern. Das passiert tagtäglich und wenn Politiker ihre Felle davon schwimmen sehen, kümmert sie das ganze Gerede von Freiheit und Demokratie plötzlich nicht mehr. Das trifft auf verschiedene Konflikte zu, die gerade im Gange sind.
Sea Shepherd ist eine Organisation, deren Arbeit wir schon sehr lange verfolgen, achten und bewundern. Wenn man sich genauer mit der Thematik befasst, wird man schnell realisieren, dass sich die Welt sehr stark verändern wird, wenn die Menschheit nicht von einigen Ritualen oder Bräuchen ablässt. Sea Shepherd setzt sich aktiv dafür ein, dass der Raubbau an den Weltmeeren aufhört. Die Zeit drängt und die Organisation lässt Taten sprechen. In der letzten Saison konnte die japanische Walfangflotte nur 10% ihrer angestrebten Fangquote erreichen. Das ist ein Verdienst von Sea Shepherd, unter Einsatz ihres Lebens.

Im Anschluss daran: Was sind deine Gedanken zu den aktuellen Euro-Rettungspaketen? Wo führt das alles hin?
Oh Gott, ich glaube das Thema ist etwas zu umfangreich…haha.
Mal ganz kurz: Jeder Schuldner hat Gläubiger, die einen Forderungsausfall erleiden, wenn nicht gezahlt wird. Deswegen werden Darlehen oder Kredite nur an Schuldner vergeben, von denen man auch die Rückzahlung erwarten kann – im Normalfall zumindest.
Die Gläubiger von Ländern wie Griechenland sind vor allem deutsche Banken. Hätten sie die Kreditwürdigkeit sorgfältig überprüft, hätten sie bemerken müssen, dass man Kredite nicht in dem Rahmen vergeben sollte. Sie haben es aber trotzdem getan, entweder weil sie es nicht sorgfältig geprüft haben oder weil sie das Risiko einfach eingegangen sind. Beides ist ziemlich verantwortungslos.
Nun kann der Schuldner nicht mehr zahlen und die Steuerzahler springen in die Bresche. Das Geld aus dem Rettungspaket landet wieder direkt in Deutschland, bei den Banken, die vorher ihren Job nicht richtig erledigt haben.
Trotzdem werden in den betroffenen Ländern die Sozialleistungen gekürzt, die medizinische Versorgung wird eingeschränkt und die Krise verschärft sich, weil die Menschen kein Geld haben.Die Rettungspakte helfen also nicht den Menschen in Griechenland oder Zypern, sondern unter anderem deutschen Banken.
Viel mehr muss man dazu eigentlich nicht sagen, oder?
Während das alles läuft, schüren Politiker, Medien und Presse hier die Wut auf die „Pleite-Griechen“ und erzählen den Leuten, dass die Griechen das Geld bekommen, weil man dort schon mit 50 in Rente geht und die Menschen dort einfach keine Steuern bezahlen.So sät man Hass.
Meiner Meinung nach sind die Rettungspakte falsch! Ein Schuldenschnitt wäre notwendig gewesen, aber dann hätten auch die deutschen Banken riesige Forderungsausfälle zu verzeichnen gehabt.Die Situation ist jetzt in ganz Europa sehr schwierig und es wird nicht einfacher, wenn man Menschen aus verschiedenen Ländern gegeneinander aufhetzt, nur um seine eigene Unfähigkeit zu verbergen.

Ihr seid auch auf Facebook sehr aktiv dabei, eure Meinung zu Ungerechtigkeiten und Missständen kundzutun, zuletzt beispielsweise zum Fall Lothar König. Hat eine Band mit entsprechender medialer Reichweite die Verantwortung, Aufmerksamkeit auf solche Themen zu lenken, oder ist es auch legitim, im Musik-/Metal-Kontext vollkommen auf jegliche politische Statements zu verzichten?
Natürlich kann man auch darauf verzichten. Das hängt doch immer davon ab, was einen selbst bewegt. Wenn mich etwas nicht juckt, dann gebe ich dazu auch keine Meinung ab, weil ich keine habe.
Wenn es bei meiner Musik nicht um gesellschaftliche Probleme oder um Politik geht, sondern um ganz andere Dinge, dann muss ich zum tagespolitischen Geschehen auch nichts sagen. Wir sind halt eine Band, die auch Texte hat, welche sich mit unserer Gesellschaft oder auch historischen Ereignissen befassen. Das ist es eben, was uns bewegt, aber das muss nicht jeder so sehen. Man kann auch Musik machen, um einfach nur zu unterhalten oder um sich selbst zu verwirklichen.


Auch live lasst ihr ja gerne Videos mit entsprechenden Inhalten ablaufen – schafft ein Metalcore-/Melodic-Death-Konzert einen Rahmen, in dem man zum Nachdenken anregen kann?
Es gibt sicherlich auch andere Rahmen, in denen man zu etwas anregen kann, aber wir stehen nunmal auf der Bühne und das ist unsere Plattform. Wir bekommen da auch viel positives Feedback oder es entwickeln sich interessante Diskussionen nach einem Konzert.
Wir sind mehr oder weniger in einer Szene gewachsen, in der auch Infomaterial auf Konzerten auslag und wo es immer auch um mehr ging, als nur um Musik. Das hat uns natürlich geprägt.Wer das anders machen möchte, kann das auch tun. Wir machen es eben so.

Eine HSB-Show ist inzwischen häufig tatsächlich nicht mehr „nur“ ein paar Musiker auf der Bühne, ihr zieht ja bezüglich Lightshow und Kulisse inzwischen – fast – alle Register. Wie wichtig ist euch der optische Aspekt einer Show geworden? Ist das noch eine nette Zugabe oder bereits integraler Bestandteil?
Das kommt immer darauf an, welche Möglichkeiten wir haben. Natürlich wollen wir den Leuten immer etwas bieten, aber es geht nicht und passt auch nicht immer. Die richtig großen Sachen machen wir auch nur auf ausgewählten Shows oder Festivals. Außerdem nutzen sich gewisse Effekte ja auch ab, wenn man es ständig macht.
Wir werden also immer auch ganz normale Shows spielen, ohne großen Aufwand. Das gehört auch dazu. Wenn man allerdings ein großes Festival headlined, muss man sich schon ein paar Gedanken machen und kann nicht einfach so auf die Bühne stapfen und loslegen.

Heaven Shall Burn liest sich in Line-Ups, in welchen ihr typischerweise unterwegs seid, nach wie vor wie der antichristlichste Bandname überhaupt. Um den ursprünglichen Hintergrund zur Namenswahl zu erfahren, muss man nur auf Wikipedia vorbeischauen. Inwiefern habt ihr seit damals eine persönliche Wandlung durchgemacht und steht Heaven Shall Burn für euch immer noch zu 100% für das, was ihr euch einst auf die Fahnen geschrieben habt?
Man verändert sich schon im Laufe der Jahre, aber im Grunde genommen sind wir ja noch die gleichen Typen. Da wir den Namen ja nicht aus Hass auf’s Christentum gewählt haben, kann ich natürlich sagen, dass wir noch immer so dahinter stehen, wie damals. Vielleicht hat sich das eine oder andere bei uns persönlich verändert und man sieht die Dinge etwas entspannter, aber inhaltlich hat sich ja auch nicht so viel getan.

Nach relativ konstantem Zwei-Jahres-Rhythmus hat es nun knappe drei Jahre gedauert, ein Nachfolge-Album zu schreiben und zu veröffentlichen, womit man sich ja auch bei weitem nicht verstecken muss, wenn man bedenkt, dass ihr ja auch oft auf Tour seid. Zehrt das nicht manchmal an Nerven, spielt ihr mit dem Gedanken, mal eine Auszeit zu nehmen?
Nun ja, ich nehme ja nun leider momentan eine Auszeit, weil der Rücken irgendwann mal Probleme gemacht hat und ich mir nun doch viel mehr Zeit nehmen muss, als ich es mir eigentlich gewünscht hätte. Von daher bin ich gerade nicht ausgebrannt, sondern brenne viel mehr darauf, dass ich endlich wieder auf die Bühne kann. Man muss eben nur vernünftig sein.
Also bei mir gibt es keine Ermüdungserscheinungen und wenn es bei den anderen so wäre, dann würde jetzt auch keine neue Platte kommen.So wahnsinnig viel sind wir auch nicht unterwegs. Es hält sich echt in Grenzen.

Überhaupt: Nachdem die Jubliäumsshows noch nicht allzu lang her sind: Was ist die Bilanz von über 500 Shows in über 15 Jahren Bandgeschichte? Was habt ihr erreicht, wo wollt ihr noch hin? Wie realistisch ist Ende der 2020er eine Show zum 30jährigen Bandbestehen?
Aufhören wollen wir nie, selbst wenn wir irgendwann dann nur noch Jubiläumsshows einmal im Jahr spielen…haha.
Wir haben schon viel, viel mehr erreicht, als wir uns jemals vorstellen konnten. Das lustige ist, dass ich das schon vor 10 Jahren antworten konnte. Wir sind wirklich schon sehr lange auf der Bonusrunde unterwegs.

Mit den Fragen wären wir dann soweit durch, was noch fehlt, ist unser traditionelles Brainstorming. Was sind deine Gedanken zu folgenden Slogans?

Geiz ist geil:
Das ist irgendwie ein Slogan, der einen ganze Generation zu prägen scheint. Geiz ist aber nicht immer geil. Ich würde dem entgegen setzten: Wer billig kauft, kauft zweimal.

Arbeit muss sich wieder lohnen:
Es ist schon ein Unding, dass manche Menschen nicht mit nur einem Job über die Runden kommen. Es läuft vieles falsch.
Ich kenne noch „Leistung muss sich lohnen“, welcher inflationär von Westerwelle genutzt wurde.

Es gibt immer was zu tun:
Das wird wohl so sein. Irgendwo immer.

We love to entertain you:
Was anderes können die auch nicht. Wer Sendungen wie Galileo als Wissensmagazin verkauft, kann schlecht von seriösen Dingen reden.

Matze, vielen Dank für das Interview noch einmal, machs gut! Optional hier deine letzten Worte:
Ich habe zu danken! Am besten alle hören sich mal VETO an und halten die Augen und Ohren offen. Im November kommt eine Tour, die momentan geplant wird.
Wir sehen uns.
Matthias

Publiziert am von Marius Mutz

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