Mit „Uinuos Syömein Sota“ haben HAVUKRUUNU sicherlich nicht das perfekteste, wohl aber eines der energiegeladensten Pagan-Black-Metal-Alben des Jahres herausgebracht. Anlässlich der Veröffentlichung der Platte haben wir Frontmann Stefan ein paar Fragen gestellt. Ein Gespräch über handgemachte Artworks, Lampenfieber, absichtlich schlechte Produktionen, alberne Party-Musik und ganz normale Alltagsprobleme.
Guten Tag! Es freut mich, dass du die Zeit für dieses Interview gefunden hast. Wie geht es dir im Moment?
Hallo, kein Problem. Mir geht es gut, denke ich. Ich bin seit drei Wochen nicht zu Hause gewesen, weil ich in meiner Mietwohnung renoviert habe, also gibt es kein Bad dort. Auf Tour, sozusagen.
In eurer Musik vermischt ihr Black Metal mit thrashigen Parts, klassischen Heavy-Metal-Leads und Soli sowie Pagan Folk. Würde es dich langweilen, ausschließlich Stilmittel eines einzigen Genres zu nutzen?
Das Mischen von Stilen ist so etwas wie die Grundlage dafür, Musik zu machen, die nicht langweilig ist. Man lebt sein Leben, macht Erfahrungen und hört verschiedene Musikgenres und Atmosphären, die einem gefallen. Dann hat man so etwas wie einen Schmelztiegel aus zahlreichen Musikstilen und das, was dabei herauskommt, ist im Grunde genommen man selbst. Und ich könnte sagen, dass es nicht einmal diese drei sind, es wäre super langweilig, einfach nur „Pagan“-Scheiß mit Heavy-Metal-Soli durchzuprügeln.
Ich meine, die Basis sind natürlich Bathory, Darkthrone, frühe Manowar und Judas Priest, aber obendrein sind es zahlreiche verschiedene Musikstile, die mich inspiriert haben.
Nur Verlierer halten sich damit auf, nur dieses oder jenes zu spielen.
Manchen Black-Metal-Fans mag euer Stil vielleicht sogar zu quirlig sein. Denkst du, dass die Leute in diesem Genre immer noch zu engstirnig sind?
Ja, ich selbst finde auch, dass die Alben ein bisschen zu viel gewesen sind, aber vielleicht ist es genau das, was in mir steckt.
Um ehrlich zu sein, würde ich es lieber herunterfahren und es beim nächsten Mal verdammt noch mal richtig machen. Es wird verdammt hässlich und ekelhaft sein. Viel D-Beat.
Ja, ich glaube, Black-Metal-Leute sind engstirnig, und abgesehen davon bin ich auch ein großer Elitist, was Black Metal angeht. Für mich ist nichts genug.
Vielleicht liegt es einfach daran, dass ich zu nahe an meinem eigenen Zeug bin, dass ich es nicht als den Weichei-Scheiß sehen kann, der es ist.
Gerade im Pagan Metal gibt es jedoch leider tatsächlich auch viele alberne Bands. Warum, denkst du, gibt es gerade in diesem Genre so viele Gruppen, die lieber Partymusik als ernstzunehmende Kunst machen?
Warum leider? Du musst es dir ja nicht anhören. Ich weiß, dass ich es nicht tue, und es ist mir egal.
Vielleicht amüsiere ich mich ein bisschen über die Albernheit, aber ich werde nicht ins Schwitzen kommen, wenn ich darüber nachdenke, oder trauern, weil jemand Scheißmusik machen und Bier trinken will.
Eure Musik ist ausgesprochen energiegeladen. Man hört euch deutlich an, dass ihr euch sowohl gesanglich als auch instrumental sehr ins Zeug legt, was sicherlich anstrengend ist. Was ist für dich als Musiker die größte Herausforderung?
Es ist harte Arbeit, in Form zu bleiben und sein Spielniveau zu halten. Wir sind keineswegs besonders gute Musiker, aber die Stunden, die wir hineinstecken und mit einem Metronom verbringen, sind manchmal geradezu lächerlich. Und motiviert zu bleiben und Techniken und die Theorie herauszuarbeiten, erfordert eine Menge Anstrengung.
Vielen Black-Metal-Bands ist eine feurige Performance wichtiger als spieltechnische Raffinesse. Wie genau achtest du selbst darauf, die richtigen Töne zu treffen?
Es scheint, dass ich nicht die richtigen Töne treffe, selbst wenn ich mich hinsetze. Ich werde so nervös, dass meine Hände zittern und so stark schwitzen, dass es wirklich frustrierend ist, weil ich weiß, dass ich so viel besser spielen würde, wenn ich entspannter und ruhiger wäre. Aber ich leide unter schlimmen Ängsten und Lampenfieber, so ist es eben. Einige Shows laufen besser als andere. Vielleicht sollte ich es mit Drogen oder Saufen probieren.
Ihr habt kürzlich mit „Uinuos Syömein Sota“ euer drittes Album veröffentlicht. Das allgemeine Feedback scheint sehr überschwänglich gewesen zu sein. Hat dich das überrascht?
Es ist immer überraschend und lässt einen demütig werden.
Aktuell haben viele Bands mit den Einschränkungen unter der Coronapandemie zu kämpfen. Wie sehr hat sich die Situation auf HAVUKRUUNU und auf den Release eures neuen Albums ausgewirkt?
Als die Konzerte abgesagt wurden, gab mir das irgendwie die Zeit, das Album fertigzustellen und mich auf die Post-Produktion zu konzentrieren, wenn man also etwas Positives daran finden will, dann ist es das. Einige finanzielle Verluste, weil ich keine Merchandise-Artikel bei Konzerten verkaufen konnte, aber nicht viel. Wir sind davon relativ unbehelligt, aber die Situation ist für viele Bands wirklich beschissen.
Als ihr mit „Ja Viimein On Yö“ einen ersten Track vorab präsentiert habt, habt ihr „Uinuos Syömein Sota“ als „handcrafted, pain in the ass album“ bezeichnet. Warum war die Platte denn so mühsam zu kreieren?
Nun, es fing ziemlich gut an, vielleicht zwei Monate nach „Kelle Surut Soi“ fingen wir an, neue Songs mit Kostajainen zu proben, aber dann ging es mit den Live-Shows los und die Dinge verlangsamten sich.
Die meisten von uns zogen in diesen drei Jahren mehr als einmal um und es gab persönliche Probleme und beschissene Jobs und Stress, also gingen die Aufnahmen sehr LAAANGSAAAM voran.
Vermutlich werden viele Hörer nicht die nötigen sprachlichen Kenntnisse haben, um die Songtexte auf „Uinuos Syömein Sota“ zu verstehen. Könntest du kurz schildern, worum es in den Stücken ungefähr geht?
Ungutes Zeug. Keine heidnischen Mythen oder Legenden oder Philosophien oder Aberglauben. Sorgen und Gedanken aus dem wirklichen Leben, wenn auch eingehüllt in eher poetische Kleider. Das war auch bei früheren Alben der Fall. Die Leute scheinen zu wollen, dass wir diese schwertschwingenden mythischen Barbaren sind, und es tut mir leid, euch zu sagen, dass wir wie alle anderen ziemlich normal sind und normale Probleme haben.
Interessanterweise endet das Album in „Tähti-Yö Ja Hevoiset“ mit einem atmosphärischen Dungeon-Synth-Part. Was hat es damit auf sich?
Kein Dungeon Synth, aber es ist eher so, als würde man mitten in der Nacht erschöpft nach Hause gehen. Ich liebe Tangerine Dream und Anna Själv Tredje, also habe ich versucht, etwas in dieser Richtung zu machen.
Es soll einen nach den unerbittlichen 40 Minuten oder so beruhigen.
Generell gibt es auf „Uinuos Syömein Sota“ viel zu entdecken – zum Beispiel die erhabenen Chöre im Opener oder das Akustik-Interlude „Jumalten Hämär“. Hast du einen persönlichen Lieblingsteil auf der Platte und wenn ja, welchen und warum?
Das Schlagzeug, denn es wurde in einem Take aufgenommen. Die Drums in den langen Songs wurden in zwei Teilen aufgenommen.
Ich mag das letzte Stück und das Riff, das klingt, als wäre es aus dem Soundtrack von „Conan, der Barbar“. Das direkt nach dem Galopp-Zeug.
Das Artwork hat wie bei all euren bisherigen Alben Heidi Kosenius kreiert. Warum sind gerade ihre Bilder deiner Meinung nach die perfekte Visualisierung eurer Songs?
Weil sie intuitiv weiß, was ich meine, wir teilen durch unser Blut eine innere Landschaft.
Im Vergleich zu den aufwändigen, aufpolierten Coverbildern vieler moderner Metal-Alben sehen eure Artworks sehr handgemacht, aber auch etwas rudimentär aus. Was würdest du jemandem, der Heidis Bilder für nicht ausgefeilt genug hält, entgegnen?
Ich würde sagen „SUCH DIR EINEN JOB“. Es gibt nichts, was ich mehr mag als „rudimentäre“ handgemachte Sachen. Es spricht Bände über die Hingabe an die Musik und die Kunst. Scheiß auf deine modernen Metal-Albencover, die sehen gleich aus und haben keinen Charakter.
Auch der Sound eurer Alben ist meist eher rau. Kann Black Metal mit Hochglanzproduktion aus deiner Sicht überhaupt funktionieren?
Nein, das kann er nicht. Und er funktioniert auch nicht mit „schlechter“ Produktion, die „auf Nummer sicher“ gemacht wird.
All diese Bands klingen gemütlich, spielen in ihren komfortablen Studios, trinken verdammtes Vitaminwasser und spielen und feilen immer wieder an ihrem Zeug. Und dann lassen sie es absichtlich „schlecht“ klingen. Sicher nicht.
Ich denke, er muss KREATIV und MUTIG sein. Black Metal-Produktion ist experimentell und meistens beschränkt man sich auf eine Art und Weise, um kreative Wege zur Überwindung technischer Beschränkungen zu finden.
Abgesehen davon glaube ich, dass ich beim Mixing etwas zu gut gearbeitet habe. Ich bin stolz darauf, es war schwer zu erreichen, aber ich bin mir nicht sicher, ob es noch passt. Ich werde das in Zukunft ändern. (lacht)
Vielleicht mit ein paar verdammten 4-Spur-Kassettenrekordern und dergleichen, ich habe eigentlich schon lange einen benutzt, ich glaube, ich habe ihn 2006 oder so gekauft, und er ist vor ein paar Jahren kaputt gegangen.
Was hast du als Nächstes für HAVUKRUUNU geplant?
Uhh. Nicht viel.
Nun würde ich mit dir gerne noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming durchgehen. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Streaming-Konzerte: Enslaved, wie sie kein „Frost“-Zeug spielen.
DIY: ODER STIRB
Neuheidentum: Ausflucht
Perfektionismus: Schmerz
Klassische Musik: Übung. Die Handgelenksprobleme unseres Bassisten.
Derzeitiges Lieblingsalbum: „Mother Earth’s Plantasia“ von Mort Garson
An dieser Stelle vielen Dank für deine Zeit. Die letzten Worte würde ich gern dir überlassen:
Danke für das Gespräch, bleibt gesund.
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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