Nach ihrem Ausflug in die Welt des Black Metal(-inspirierten Industrial) mit „Black Forest Metal“ haben sich HANZEL UND GRETYL mit „Satanik Germanik“ wieder etwas weiterentwickelt. Diesmal stehen orchestrale Elemente im Mittelpunkt des Industrial der beiden Amerikaner. Vas und Kaizer Von Loopy erklären, wie es dazu kam und was das Album sonst noch aus ihrer Sicht so stark macht.
Euer letztes Album trug den Titel „Black Forest Metal“ und war eine Art Black-Metal-Satire. Was war die Idee hinter dieser Veröffentlichung?
Vas: „Black Forest Metal“ ist keine Satire. Da wir das Grimm-Märchen von Hänsel und Gretel verkörpern, ist es unsere größte Pflicht, „Schwarzwald-Metal“ zu schaffen.
Kaizer Von Loopy: Ich weiß nicht, ob ich da zustimmen kann! Es enthält viel Satire! Die Black-Metal-Szene und Ästhetik ist genauso komisch wie dunkel und böse! Mit „Black Forest Metal“ wollten wir diese Dinge darstellen! Wenn es nach mir gegangen wäre, hätte das Album den Namen „Schwarzwälder Schinken“ gehabt und es wären viele Schweineköpfe auf Stöcken zu sehen gewesen!
Das Album wurde über Crowdfunding finanziert – warum? Und welche Erfahrungen habt ihr in diesem Zusammenhang mit dem Crowdfunding-Prinzip gemacht?
Vas: Der Grund, warum wir für „Black Forest Metal“ ein Crowdfunding angeboten haben, ist, dass wir unseren Hardcore-Fans einfach die Möglichkeit geben wollten, einzigartige und besondere Artikel direkt bei uns bestellen zu können und diese Artikel vor der eigentlichen Veröffentlichung zu erhalten. „Black Forest Metal“ wurde von Pledge Music finanziert. Ein weiterer Grund, warum wir das gemacht haben, war, dass sie sich mit uns in Verbindung gesetzt und gemeint haben, dass es eine gute Idee für uns und das Label sei.
Kaizer Von Loopy: Die Leute haben viele verschiedene Meinungen über Crowdfunding von Bands. Ich persönlich habe kein Problem damit. Wenn die Ziele absurd groß oder unvernünftig sind, kann es vielleicht ausbeuterisch erscheinen. Aber ich bin immer wieder erstaunt, wie einige Independent-Bands damit Hunderttausende von Dollar aufbringen können! Das ermutigt mich! Alles, was den Künstler und Fan in eine interaktivere Umgebung bringt, finde ich gut!
Vor einiger Zeit habt ihr nun ein neues Album herausgebracht, „Satanik Germanik“. Habt ihr auch das über Crowdfunding finanziert?
Vas: Ja, diesmal haben wir selbst eine kleine Crowdfundingkampagne ohne Beteiligung eines großen Unternehmens durchgeführt. Wir haben die ganze Arbeit gemacht und ich muss sagen, es war erfreulich, denn unsere erstaunlich großartigen Uber-Fans waren so respektvoll und geduldig, obwohl sie mehrere Monate warten mussten, bis sie die CD und die Sonderposten erhielten.
Kaizer Von Loopy: Ja! Wir haben uns entschieden, es zu wagen und das eigenständig machen! Das hat natürlich Vor- und Nachteile: Es ist eine größere Arbeitsbelastung, was die Vorbereitung von Websites und den Versand und so weiter angeht … und man ist damit in den sozialen Medien nicht so sichtbar. Die Vorteile sind, dass man das Ganze selbst in der Hand hat, die Frist bei Bedarf anzupassen oder auch nochmal anzupassen kann – und natürlich gibt es keine Gebühren oder gestaffelte Zahlungspläne. Allerdings würde ich trotzdem immer noch etablierte Crowdfunding-Dienste nutzen! Es hängt aber auch vom Zeitplan und den Zielen der Band ab. Mit dem Crowdfunding zu „Satanik Germanik“ wollten wir herausfinden, welche Option die beste ist. Es war auf die eine oder andere Weise nicht eindeutig, beide Wege haben wie eben beschrieben verschiedene Vor- und Nachteile.
Musikalisch ist es wieder ein eher „traditionelles“ HANZEL-UND-GRETYL-Album – was hat euch dazu gebracht, anstelle der Black-Metal-beeinflussten Experimente von „Black Forest Metal“ wieder zum alten Sound zurückzukehren?
Vas: Ich muss dem widersprechen. „Satanik Germanik“ hat viel von echtem Black-Metal-Sound. Aber was ist dann Black Metal? Was ist Industrial? Was ist denn irgendetwas? Musik ist eine einfache Kreation, aus dem Augenblick heraus, ohne andere Ziele.
Kaizer Von Loopy: Ich stimme dir zu, dass das davor, „Black Forest Metal“, eher aggro oder nach Black Metal klingend war. Auf „Black Forest Metal“ hatte ich viele der Riffs und Drumprogrammierungen und so weiter geschrieben, bevor ich irgendwelche Texte gelesen habe, während Vas für „Satanik Germanik“ schon eine gewisse Menge geschrieben hatte, so dass die Songs einfach schon diesen geradlinigeren Vibe hatten. Als ich das Material gehört habe, habe ich mich ganz instinktiv eher für einen Industrial-Metal-Ansatz für die gesamte Produktion und den Sound entschieden, anstatt zu versuchen, Teile umzuschreiben und Black-Metal-mäßig zu gestalten!
Trotzdem ist „Trinken mit der Kaizer“ einer von nur wenigen geraden, harten Industrial-Songs, während ihr oft Chor und auch Streicher verwendet. Was hat dich zu dieser neuen Richtung inspiriert?
Vas: die Atmosphäre der Lieder und der Texte von „Satanic Germanik“ haben uns in Richtung dieser orchestralen Stimmung getrieben. Wie gesagt: In unserer der Musik gibt es keine durchdachte Formel. Wir erschaffen einfach und machen, was der Song von uns verlangt. Das ist normalerweise eine spirituelle Erfahrung. Ich spreche da aber nur für mich.
Kaizer Von Loopy: „Trinken mit der Kaizer“ war der einzige Song auf der CD, den ich von A bis Z alleine geschrieben habe. Also fand ich es eine gute Idee, ihn als eine Art Trinkpause herausstechen zu lassen, bevor man in den endlosen, saugenden Wirbel der Verzweiflung zurückkeht, der Vas Kallas‘ Psyche nun mal ist! (lacht)
Infolgedessen ist das Album vielfältiger, aber auch nicht so hart und brutal wie einige eurer früheren Alben. Was denkt ihr dazu, aber auch: Was denken eure Fans darüber? Habt ihr zu speziell diesem Punkt Feedback bekommen?
Vas: Ja, diese Aussage ist wahr. Die Mehrzahl der Songs wurde vor einigen Jahren im Winter als Demo aufgenommen. Sie waren alle in dem Moment zu der Zeit ehrlich. Ich tendiere dazu, langsamere, melodischere Songs zu schreiben. Als ich Loopy die Songs gab, fügte er seine Ideen hinzu – so wird das, was wir kreieren, vielfältig, was ich für eine gute Sache halte. Wir wollen nicht immer gleich klingen, das wäre langweilig und uninteressant. Wir haben alle Arten von Fans, da wir in den letzten 25 Jahren Musik alle möglichen Stilrichtungen kreiert haben. Sie denken entweder, dass dies der beste Scheiß aller Zeiten ist, oder sie wollen nur, dass wir wieder die gleiche Musik wie früher schreiben. Es sieht jeder anders. Ich persönlich bin sehr stolz auf „Satanik Germanik“!
Kaizer Von Loopy: Ich bin sehr zufrieden mit der CD! Ein Kritiker beschrieb es als Black-Metal-Yoga! Wenn ich darauf gekommen wäre, hätte ich das Album so genannt! Aber vielleicht als T-Shirt-Spruch? Oder für eine Sportswear-Linie!
Sehr typisch für HANZEL UND GRETYL sind die Texte, die teilweise auf Deutsch verfasst sind. Sprecht ihr ein wenig Deutsch, oder wie entstehen die Texte?
Vas: Ja, ich spreche einfaches Deutsch. Ich habe früher in Deutschland gelebt und finde daher die deutsche Sprache perfekt für unseren Musikstil. Ich schreibe die Texte auf Deutsch und stelle sicher, dass sie korrekt sind, bevor ich sie tatsächlich aufnehme. Aber natürlich wird es immer die Leute geben, die sagen, dass die Texte falsch sind. Ich will nicht, dass sie perfekt sind. Es ist Kunst, kein Grammatiktest.
Kaizer Von Loopy: „Ein Bier bitte!“ – das ist alles, was ich wissen muss, wenn wir in Deutschland sind!
Ich habe das Gefühl, dass die Texte früher provokanter, aber auch etwas humorvoller waren. Seht ihr das auch so, und wenn ja, wie kommt das?
Vas: Wir haben so viele Songs in so vielen Stilen geschrieben, dass das schwer zu verallgemeinern ist. Ich erschaffe nach Gefühl und danach, was der Kosmos vorschlägt. Texte sind nur Farben eines Pinsels, der die Leinwand eines Songs gestalten.
Kaizer Von Loopy: Meine Antwort darauf ist einfach, ich habe diesmal nicht so zu viele Texte geschrieben! Textlich ist es mein Ziel, die Menschen dazu zu bringen, sofort zu schreien, zu trinken oder auszuschalten!
Vielen Dank für eure Zeit. Die letzten Worte gehören euch:
Vas: Wir freuen uns darauf, euch alle wiederzusehen!
Kaizer Von Loopy: „Danke und prost!“
Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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