Die schwäbischen HACKNEYED haben mit „Carnival Cadavre“ gerade ein amtliches drittes Album auf den Musikmarkt geworfen. Am Tag nach dem Gig zum Album-Release auf dem Summer Breeze hat metal1.info Sänger Philipp und Gitarrist Devin getroffen, und viel über das neue Album in Erfahrung gebracht.
Hi Jungs. Alles klar bei Euch?
Philipp: Ja, passt alles. Ich bin noch ein bisschen müde von gestern und habe tierische Genickschmerzen.
Devin: Ja, wir sind echt müde. Wir waren gestern um 3 Uhr etwa daheim, und mussten heute in der Früh wieder um acht hier sein. Wir hatten also recht wenig Schlaf, wie schon die Nächte davor.
Es ist jetzt das dritte Mal, dass ihr hier seid. Ist das für Euch etwas Besonderes, da es ja eine Art Heimspiel ist?
Phil: Ja, wir waren ja schon 2008 das erste Mal hier, haben 2009 mit „Burn After Reaping“ hier unsere CD released, und jetzt mit „Carnival Cadavre“ eben gleich nochmal.
Gratulation erstmal zu Eurem neuen Album „Carnival Cadavre“. Was für ein Gefühl hattet ihr, nachdem die Platte fertig gestellt war?
Phil: Ein Gutes. Normalerweise ist es immer so, dass man, direkt nachdem man aus dem Studio raus ist, die ersten Ideen und Wünsche für Veränderungen hat. Dieses Mal aber gar nicht, weil wir eine Vorproduktion gemacht haben, und schon viel mit den Songs vorher gearbeitet hatten. Sie waren also schon recht reif, wir sind dann einfach nochmal ins Studio und haben sie aufgenommen.
Der Produzent hat dann nochmal ein bisschen drüber gearbeitet. Die letzten Male sind wir stellenweise mit bloßen Ideen ins Studio gegangen, und haben sie dort erst ausgearbeitet. Da hat man eben nicht so die Zeit, sich so mit den Songs auseinanderzusetzen wie jetzt mit der Vorproduktion.
Habt ihr persönliche Favoriten auf der CD?
Phil: Also ich für meinen Teil eigentlich nicht. Es ist immer so, dass jedes Lied seine Höhepunkte und seine eigene Atmosphäre hat. Wir haben einfach versucht, bei jedem Song 100% zu geben, und an den Songs zu feilen. Da hat jeder so seine Eigenheiten, die ihn letztendlich auch speziell machen – kein persönlicher Anspieltipp von meiner Seite. Wir sind echt zufrieden mit dem Album – es sind keine Lückenfüller dabei. Wir hatten auch mehr Songs zur Auswahl, als letztendlich aufgenommen worden sind – nur die besten Tracks haben es geschafft.
Devin: Ja, jeder Song ist einfach geil. (lacht)
Wie läuft bei Euch das Songwriting?
Devin: Tim und ich sind ja Brüder, von daher geht das relativ gut, weil jeder weiß, wie der andere tickt. Wir verstehen uns sofort, jeder weiß, was der andere meint. Philipp, obwohl er kein Instrument spielt, macht immer das I-Tüpfelchen drauf. Er hat oft Ideen, die echt super sind – so entstehen die Songs.
Philipp: Wir jammen auch sehr viel im Proberaum. Wir proben sehr oft, es ist bei uns auch ziemlich wichtig, das wir 3x die Woche zusammen spielen. Wenn wir uns dann mal live verspielen, weiß man dann, dass die anderen sich nicht auch gleich verspielen, weil man einfach ein eingespieltes Team ist.
Wie auch das letzte Album habt ihr „Carnival Cadavre“ mit Conni Bartels aufgenommen. Wie seid ihr ursprünglich auf ihn gestoßen, wie ist der Aufnahmeprozess gelaufen?
Philipp: Das erste Album haben wir bei einem Produzenten bei uns in der Nähe aufgenommen, in Schwäbisch Hall. Das war ein Bekannter von Achim Ostertag, der uns damals auch entdeckt hat. Er hat uns gleich zu Achim ins Studio gesteckt, um dort die erste Platte aufzunehmen, mit der wir uns ja dann auch auf Labelsuche gemacht haben.
Das nächste Album haben wir bei Corni Bartels aufgenommen, weil Achim da mit End Of Green, seinem Steckenpferd bei Silverdust, schon immer aufgenommen hat. Corni macht viel mit Pop/Rock-Produktionen, zum Beispiel mit den Killerpilzen – aber eben auch vorrangig mit jungen Musikern. Er war es dann auch, der gesagt hat, er hätte Bock auf uns, also auch auf was Härteres, da es für ihn was Neues ist. Bei „Burn After Reaping“ hat das so gut geklappt, dass wir gleich gesagt haben „Da fühlen wir uns heimisch“, da nehmen wir mit ihm auch „Carnival Cadavre“ auf.
Wir wissen schon, wie er tickt, wie man an die Songs rangeht und so weiter. Deswegen war er die erste Wahl, und es hat sich bewährt. Wir haben diesmal viel reingeredet mit dem Sound, da es uns echt wichtig war, gerade bei Einzelheiten, beim Schlagzeug. Ich denke, das haben wir dieses Mal auch ganz gut hingekriegt.
Wie seid ihr auf die Zirkus-Thematik des Albums gekommen?
Devin: Also wir waren im Proberaum – wie immer. Wir wohnen da quasi. Dann haben wir so einen Part gespielt, der sich für uns alle nach Zirkus angehört hat, und dann kam die Idee. Wir hatten zu dem zeitpunkt noch keine Idee, und fanden es abrupt ziemlich cool – so ist das ganze dann entstanden. Gerade weil es so ein obskures Thema ist, hatten wir viele textliche Ideen. Es gab das Thema auch noch nicht so oft, sodass wir eben gesagt haben „Lass uns mal etwas neues ausprobieren“. Wir wollten etwas frischen Wind in die Musikszene bringen.
Worauf spielt der Song „Circus Coccus Spirilly“? Beim Googeln habe ich herausgefunden, dass es ein Synonym für Mycobacterium leprae, also den Lepra-Erreger ist.
Phil: Richtig, der Song hatte schon von vornherein diese Lepra-Thematik. Im Circus hat es schon richtig obskure Sachen gegeben, verkrüppelte Leute, die von Zirkussen mitgenommen und zur Schau gestellt wurden. Da haben wir gesagt, mit „Carnival Cadavre“ haben wir ein Album, in dem man das Thema mit dem Lepra-Erreger richtig ausarbeiten kann.
Der „Circus Coccus Spirilly“, also der Zirkus von Erregern, die im Körper der Menschen verrückt spielen, war einfach eine Idee, die wir gleich wieder aufs Album gepackt haben. Es bewirkt hoffentlich auch, dass man mal drüber nachdenkt, es vielleicht mal googelt oder ähnlich. Ist ja bei den meisten Tracks so, dass es über irgendwelche abgefuckten Sachen geht. So kann man als Band auch mal eine Message rüberbringen, und den Hörer dazu anregen, zwischen den Zeilen zu lesen.
Bei „Infinite Family“ ist es ähnlich. Das ist ja eine Organisation für afrikanische Waisenkinder…
Phil: Den Bezug hat es aber nicht. Als wir unserem Produzenten von der Thematik des Albums erzählt haben, hat er uns gleich von einem Erlebnis seinerseits erzählt: Er war mit seiner Familie im Zirkus und hat dort eine Familie getroffen, wo Mann und Frau mit Kindern und Enkelkindern dabei waren – alle haben sofort gesagt, die sähen ja alle gleich aus und das wäre sicher Inzest gewesen. Da geht es sozusagen darum, dass die Talente in der Familie bleiben müssen – ob es wirklich so Fälle gibt, weiß ich nicht, aber die Idee musste einfach rein, schon wegen der Zirkus-Thematik.
Stichwort Labelwechsel. Warum habt ihr „Carnival Cadavre“ über Lifeforce rausgebracht? Euer ursprünglicher Deal mit Nuclear Blast lief ja über sieben Alben…
Phil: Ja. Wir haben die Alben stets fertig aufgenommen, und haben dann immer beim Label angefragt: „Wollt ihr das rausbringen?“ Und schon nach dem zweiten Album haben wir gemerkt, dass die Kommunikation mit dem Label immer schlechter wurde. Sie haben sich auch nicht mehr viel gemeldet. sicher hatten sie eine Menge Stress und Probleme wegen der Wirtschaftskrise. Als dann größere Bands als wir vom Label gedropped wurden, haben wir uns schonmal umgehört – und als wir dann beim Nuclear Blast angefragt haben, ob sie unser drittes Album rausbringen möchten, haben sie „Nein“ gesagt. Wir hatten dann das Glück, schon Vorarbeit geleistet und zu Stefan von Lifeforce Kontakt aufgenommen zu haben.
Er hat dann gleich gesagt, dass sie uns unbedingt unter Vertrag nehmen wollen. Zu Lifehouse zu kommen ist wie nach Hause zu kommen – es ist ein viel familiärerer Bezug. Bei Nuclear Blast gibt es eben 100 Bands, und wir waren nur einer von den kleineren Acts, wenngleich sie uns trotzdem immer super behandelt haben. Wir sind aber jetzt 100% zufrieden, dass es so gelaufen ist, wie es gelaufen ist: Stefan macht superviel für uns, verteilt Flyer, macht Promotion für das neue Album, hat auch unsere Verkaufsaktion organisiert – hätte also nicht besser laufen können.
Letztes Jahr hat es bei euch am Bass einen Besetzungswechsel gegeben: Euer Bassist Alexander ist ausgestiegen, und Tini ist eingestiegen. Was waren die Gründe dafür?
Philipp: Wir hatten immer schon Wechselprobleme….nein, im Ernst: Wir kommen alle aus der gleichen Ecke, und dann sucht man sich eben die Musiker von dort. Das Problem ist, dass so eine Band unglaublich viel Zeit frisst. Und es gibt Leute, die noch andere Hobbys haben oder die Zeit in was Anderes investieren wollen. So war es auch bei Alex. Der musste in dem Fall zur Bundeswehr. Wir hatten aber noch zig offene Shows, und haben auch klargemacht, dass es weiter gehen muss – wir konnten ja nicht einfach Halt machen.
Wir hatten dann Tini zuerst als Ersatz, dann aber ein paar klasse Konzerte zusammen. Wir haben Alex auch nochmal hinterher gefragt, ob er wieder einsteigen will. Er hat dann gesagt, dass es so für ihn okay ist, auch weil Tini tierisch Lust auf den Job hatte, und wir mit ihr auch bereits zig tolle Shows hatten.Es ist einfach ein immenser Zeitaufwand, und wenn man da nicht 100% dahinter steht und mit Herzblut dabei ist, ist es anstrengend, jedes Wochenende unterwegs zu sein. Tim, Devin und ich sind aber ein eingespieltes Team, wir gehen teilweise noch mitten in der Nacht in den Proberaum und schreiben neue Songs.
Hat Tini schon etwas Neues zum Album beitragen können?
Phil: Als Tini eingestiegen ist, waren wir schon mitten im Songwriting-Prozess, deswegen war es schwer für sie, noch etwas beizutragen. Es war bei uns aber auch schon immer so, dass die Bassisten wenig bis nichts beim Songwriting beigesteuert haben.
Wo und wann entsteht der Großteil eurer Songs?
Philipp: Ganz unterschiedlich. Wir haben Zeiten, in denen läuft es richtig gut, in denen entstehen andauernd neue Songs und Songparts – und dann gibt es Zeiten, in denen man überhaupt nicht weiterkommt, und man wochenlang an ein und demselben Part feilt. Dann stellt man die Instrumente eben beiseite, und macht was anderes, weil es sonst nichts bringt.
Als wir unsere Tour mit Undertow hatten, haben wir uns beim Soundcheck inspirieren lassen und ein wenig gejammt, wenn wir früher bei den Venues waren – so sind einige Ideen entstanden. Der große Teil entsteht aber im Proberaum, zu Hause haben wir die Instrumente meist nicht, da es eigentlich sowieso kaum Tage gibt, an denen wir nicht im Proberaum sind.
Wie kriegt ihr Schule, Studium und die Band unter einen Hut?
Phil: Unter einen Hut, das ist gar nicht so schwierig. Tini und Kevin haben beide gearbeitet, Kevin konnte auch nicht immer kommen, weil er im Theater arbeitet und da auch nachts Vorstellungen sind. Devin geht noch zur Schule und macht Abitur, ich habe vor einem Jahr mit Studieren angefangen, und Tim arbeitet sowieso hier beim Summer Breeze. Meistens treffen wir uns abends so um 6,7 im Proberaum – das klappt so gut wie immer. Auftritte sind dann meistens am Wochenende, oder in den Schulferien, und wenn nicht, muss man sich eben mal freinehmen – die Lehrer kennen uns da inzwischen auch schon.
Gibt es ein Festival in Deutschland, wo ihr noch nicht wart, und wo ihr auf jeden Fall mal hinwollt?
Philipp: Rock am Ring…das wäre cool. Wir hören unterschiedliche Musik, aber für mich wäre Party San zum Beispiel klasse, da ich bei uns am ehesten der Old School Fan. Aber wir sind momentan wunschlos glücklich und freuen uns über jeden weiteren Gig. Man macht auch interessante Erfahrungen und lernt Festivals kennen, die man vorher noch gar nicht kannte, und die sich im Nachhinein als sehr interessant herausstellen.
Gut, damit wären wir fast durch mit dem Interview. Zum Abschluss bleibt nur noch das traditionelle Metal1-Brainstorming: Ich nenne Euch ein paar Begriffe, und ihr sagt mir, was Euch dazu einfällt:
Blaskapelle Illenschwang oder Freiwillige Feuerwehr in Wacken:
Phil: Ich habe beide nicht gesehen. (lacht) Aber Blasmusik ist eigentlich meistens geil. Mit Pommes und Cola dazu kann man sich das sehr gut anhören.
US-, Amerikanischer oder schwedischer Metal:
Phil: Eine gute Mischung aus allem.
Devin: Hauptsache, es klingt gut.
Bier oder Schnaps:
Devin: Bier!
Phil: Bier…oder Cola.
Schweinshaxe oder Rollmops:
Beide gleichzeitig: SCHWEINSHAXE!
Metal1.info:
Phil: Metal1.info? Ich hab mal ne Seite gesehen, die hieß irgendwie so ähnlich…aber ein geiles Interview.
Devin: Ja, cooles Interview.
Okay, das wars dann von meiner Seite. Wenn ihr noch etwas loswerden oder den Fans etwas mitteilen wollt, dann könnt ihr das jetzt tun.
Phil: Danke für das Interview. Holt euch unsere neue Platte „Carnival Cadavre“, lest das Interview und bis demnächst.