Interview mit Infernus von Gorgoroth

Nachdem GORGOROTH die letzten Jahre hauptsächlich mit der beispiellosen Schlammschlacht um die Namensrechte Aufsehen erregten, hat sich die um Bandmitbegründer Inferno reformierte Truppe mit „Quantos Possunt Ad Satanitatem Trahunt“ eindrucksvoll zurückgemeldet. Grund genug, mit dem Gitarristen und Bandleader zu sprechen… über sein Ego, seine Ziele und natürlich Satansmusik.

Danke, dass du dir Zeit für ein Interview mit Metal1.info genommen hast – ich nehme an, das Interview hier ist nicht die einzige Promoarbeit, die du die Tage zu erledigen hast…
Nein, es gibt wirklich tonnenweise zu tun. Wir haben gerade letztes Wochenende angefangen, in Schweden ein erstes Grundgerüst für das nächste Studioalbum zu erarbeiten und es gibt natürlich massenweise Promoarbeit, wie du schong esagt hast. Abgesehen davon müssen wir uns in zwei Wochen in einem Studio in Trodheim einquartieren, um uns für die zweite Live-Show dieses Jahr, unsere Release-Party, welche wir auf dem UKA-Festival am 19. Oktober spielen, vorzubereiten. Sehr viel zu tun, um es kurz zu machen – aber das ist gut. Die Dinge nehmen langsam gestalt an und alles läuft in die Richtung, in der ich es haben will. War nie zuvor glücklicher.

Der Prozess mit deinen ex-Musikern war lange Zeit ein großes Thema in der (Black) Metal-Welt – bist du froh, dass das neue Album jetzt wieder die Musik in den Mittelpunkt des Interesses stellt und du nicht mehr die immer gleichen Fragen zu dem Prozess mit deinen ex-Musikern beantworten musst?
Ja, bin ich. Es war eine aufreibende Zeit von ganzen 18 Monaten, in denen es diverse Formalitäten zu klären gab, bei denen mir nichts anderes übrig blieb, als mich sorgsam darum zu kümmern. Aber mit der Hilfe einer Zahl anderer guter Kerle aus der Szene sind wir damit irgendwie durchgekommen, ja. Jetzt bin ich natürlich erleichtert, auch darüber, dass uns diese neue Situation endlich mehr Zeit und Energie lässt uns auf das zu konzentrieren, was 100%igen Einsatz abverlangt: Die Musik.

Lassen auch wir das Thema so gut es geht aussen vor, meiner Meinung nach wurde genug über die ganze Sache geschrieben – befassen wir uns statt dessen lieber mit dem neuen Album:
Yep, machen wir das…

Lass uns mit dem Titel beginnen… wenn ich mich nicht irre, müsste dieser übersetzt ungefähr „Sie bekehren so viele als ihnen möglich zum Satanismus“ bedeuten. Könntest du uns diese Aussage erläutern und uns erzählen, ob das auf GORGOROTH bezogen ist? Ist das das erklärte Ziel der Band?
Das alles hat zu tun mit meinem Wunsch, das zu tun, was ich am besten kann: Bei GORGOROTH zu spielen und die Band als das Werkzeug für Satanistische Manipulation zu gebrauchen, zu dem sie geworden ist – und sie dabei zu einer Kraft, mit der gerechnet werden muss, weiterzuentwickeln, einer Institution des Satanischen Willens und seiner Kraft, die darauf abzielt, die heutige Jugend zum Reich des Satan zu bekehren. Es ist ganz normal, den Menschen als politisches Wesen zu sehen, als ein psychiologisches Wesen und mehr oder minder auch ein soziales Wesen und ich glaube, der Mensch muss auch als „homo religiosus“ bezeichnet werden. Meine Sicht auf die Welt und das Leben darauf ist die eines Gottesmenschen. Ich bin ein theistischer Satanist, der glaubt, dass es etwas größeres und zentraleres im Leben gibt als den Menschen selbst. Daraus resultiert völlig natürlicher Weise, wie es auch in der Welt von beispielsweise Politikern geschieht, der Wunsch, einzugreifen und teilhaben an der Entwicklung der Welt, deren Teil man selbst ist.
Ich zeige der heutigen Jugend, dass es problemlos möglich ist, auf einem zimlich hohen und bedeutungsvollen Level als ein religiös treu ergebener Satanist zu leben und agieren, mit allem, was daraus folgt. GORGOROTH ist auf der Suche nach einer ständigen neuen Definition, was als Black Metal bezeichnet wird. Satan’s Musik ohne einen bestimmten esthetischen Rahmen oder feste Vorschriften. Gleichzeitig haben wir ein Ziel, das weit jenseits des Erschaffen und Spielens nach unserem eigenen Geschmack liegt. Wir versuchen, so viele als möglich zum Reich des Satanismus zu bekehren!

Das Album klingt eigentlich, sogesehen, nicht wie ein „neues Album“: Im Review schrieb ich “ Hier ist […] nichts „im Stile des Truve Norwegian Black Metal der 90er-Jahre“ – vielmehr wirkt es, als wäre Infernus nach einem langen, kreativen Dornröschenschlaf erwacht, hätte sich an seine Gitarre gesetzt und dort weitergemacht, wo er mitte der 90er Jahre aufgehört hatte“War genau das dein Anliegen, dort weiterzumachen, wo du als kreativer Kopf von Gorgoroth aufgehört hattest?
Nicht vorsätzlich, würde ich sagen. Ich habe nur immer darauf geachtet, dass ich mich selbst mit einer gewissen Würde behandelt habe. Ich meine damit: Als Songwriter hat man die Pflicht, zu wissen, wann genug genug ist. Ich habe nie so ein großes Ego gehabt, dass ich, koste es, was es wolle, das gesamte Material für das Album meiner Band schreiben musste. Wenn andere sich einbringen können, würde das das Resultat nur umso interessanter machen. Die Hauptsache ist, dass das Resultat am Ende gut wird, und nicht irgendein halbgarer Mist, wie man heutzutage mehr als genug zu hören bekommt. An manchen Tagen bin ich inspiriert, sozusagen. An anderen bin ich es nicht. Und nichteinmal Ich kann kann bewusst entscheiden, dass das nächste Jahr in dieser Hinsicht ein überwiegend gutes wird. Ich muss ehrlich zu mir selbst bleiben und die schlechten Ideen verwerfen, wenn mir solche kommen. Das sollte eines Songwriters oberste Maxime sein und er sollte jeden Tag, den er noch in der Musik-Szene aktiv ist, dementsprechend verleben. Nicht mehr, nicht weniger.

Du hast mit dem neuen Album die Entwicklung der letzten sagen wir einmal drei Alben nahezu komplett rückgängig gemacht. Waren das nicht GORGOROTH, wie du sie hören möchtest, oder war es jetzt einfach Zeit für etwas neues (altes)?
Ich habe 2006 angefangen, Material für das Album zu schreiben. Ich hatte nie irgendeinen Plan wie diesen im Bezug auf Musik, ob es nun nach einer bestimmten Zeit klingen sollte oder nicht. Eher das Gegenteil, würde ich sagen: Meine Intention war, es so weit als möglich einzuschränken, die meisten Ideen zu verwerfen, es zu arrangieren und neu zu arrangieren oder auch Teile neu zu schreiben, bis ich an dem Punkt angekommen bin, an dem ich glauben konnte, dass ich es jetzt in die Richtung gebracht hätte, auf die ich abgezielt hatte: Musik zu erschaffen, die die Prüfung durch die Zeit bestehen kann. Etwas zu präsentieren, dass das Potnetial hat, im Rahmen Satanischer Metal Musik, als eine Art Klassiker seinen Weg in die Geschichte zu finden. Das ist was wirklich zählt für mich und bis zu einem gewissen Grad habe ich das bewusst durchdacht, was ich da tue, das, muss ich sagen, war schon der Fall. Der Rest, ob das Album jetzt beispielsweise wie „Ad Majorem Satanas Gloriam“ klingt oder nicht, ist nur Spekulation und Gerede. Der abschließende Satz dazu: Ich habe dieses Album geschrieben. Ich habe das andere nicht geschrieben.

Wollt ihr mit dem Album auch in Europa auf Tour gehen, oder wollt ihr nur Einzelshows spielen wie zum Beispiel das Hole In The Sky 2009 in Bergen?
Es wird eine Tour geben. Wir mussten aus augenscheinlichen Gründen die alte Booking-Agentur loswerden. Ich kann nicht hinnehmen, die Zusammenarbeit mit Verrätern und hinterhältigen Kerlen fortzuführen. Wir sind statt dessen zur gleichen Agentur gewechselt, welche Obituary einige Jahre lang in Europa genutzt haben und eine Europa-Tour wird so bald als möglich bekanntgegeben. In der Zwischenzeit können die Leute uns auf unserer Releaseparty in Trondheim, Norwegen, am 19.10. anschauen, wenn sie Lust haben.

Ihr habt auf dem eben bereits erwähnten Konzert in Bergen bereits neue Songs gespielt – wie sind sie von den Fans aufgenommen worden?
Es war eine gute Erfahrung. Wir durften das Festival headlinen und und die Veranstalter-Crue hat sich wirklich gut um uns gekümmert. Wir haben uns einfach für ein paar Proben getroffen, etwas zusätzliche Sicherheit aufgebaut und dann haben wir die Show gespielt. Es war wirklich eine große Freude wieder live zu spielen, zum ersten Mal in nun fast zwei Jahren. Das Festival war komplett ausverkauft und die Reaktion der Zuhörer war großartig. Das bezieht sich sowohl auf die Reaktionen auf das Neue, sowie auf wirklich altes Material, Songs, die zum Teil mehr als 12 Jahre nicht mehr live gespielt worden waren.

Werden sich noch Songs der Gaahl/King-Zeit im Liveset finden oder wird diese Periode ausgeklammert? Wie sieht es eigentlich rechtlich aus… hast du mit dem Bandnamen auch die Rechte an den Songs, oder müsstest du die Songs deiner eigenen ex-Musiker covern?
Eheeeheheh, wir könnten ein Set aus Bananarama-Songs live spielen, wenn wir wollten. Nichtsdestotrotz, wir haben einen Backkatalog von mittlerweile acht Studioalben, und ich glaube, da gibt es eine Menge geeignetes Material, zwischen dem wir Wählen können, wenn es darum geht, zu entscheiden, was live gespielt wird. Anders ausgedrückt: Es ist mehr eine Frage der eigenen Präferenzen und der Prioritäten. Prioritäten, die ich und meine Band festlegen, nicht die.

Du hast mit Pest und Tormentor zwei alte Bandmitglieder wieder für die Band gewinnen können – musstest du sie überreden oder waren sie sofort Feuer und Flamme?
Das war garnicht schwierig…Eigentlich musste ich nur den Telephonhörer abnehmen und ein paar Telephonate führen. Ich habe das Gefühl, sie hatten die Anfrage genauso erwartet.

Mit an Bord ist auch Obituary-Gitarrist Bøddel – wie bist du auf ihn gekommen und stellt das kein Hindernis dar bezüglich touren, wenn einer der Musiker aus den USA kommt?
Jeder zweite Typ hier kann Bass spielen. Aber ich wollte nicht einfach irgendwen in die Band holen. Ich habe ihn ausgesucht, da er ein Freund von mir ist, eine solide Vergangenheit aufzuweisen hat und eine Menge Qualitäten, die ich zu schätzen weiß. Es beeinträchtigt die Band auch nicht negativ. Und sollte ich mich mit dieser Annahme täuschen: Es könnte mich nicht weniger interessieren. Es läuft jetzt nach meinem Willen, entweder so oder garnicht. Ich habe all das nie gemacht, um mit allen Vorlieben eines jeden konform zu sein. Die Geschichte spricht da für sich selbst…

Der Text zu „Rebirth“ handelt, soweit ohne vorliegende Lyrics zu erkennen, von der Wiedergeburt der Band. Wovon handelt der Text konkret?
Der Song spricht für sich selbst. Ein Freund von mir hat diesen Text geschrieben. Ein Freund, der in keiner Weise als Musiker betrachtet werden kann, aber dennoch ein Kerl mit einem guten Überblick über die Situation, in der ich und die Band uns gerade befinden, auch bezogen auf unsere Ziele und Absichten und wo wir hinwollen. Er ist ein guter Mann und ein treu ergebener Satanist.

Wovon handeln denn die anderen Texte auf dem Album? Satanismus, könnte man wohl mutmaßen…?
Satanismus representiert für mich das Streben in Richtung absoluter Wahrheit und Tugend. Das ist natürlich so, auch ohne dazuzusagen, dass GORGOROTH einige bestimmte Aufgaben im Bezug darauf zu erfüllen hat.

Um auch das Cover der CD anzusprechen: Ich finde das Artwork verhältnismäßig modern – wie bist du auf dieses meiner Meinung nach sehr gelungene Kunstwerk gekommen und wieso hast du ausgerechnet dieses ausgewählt?
Ob es nun relativ modern ist oder nicht, will ich jetzt nicht weiter kommentieren. Ich habe ein paar Freunde hier in Gerben, die zur Verfügung standen, um uns diesbezüglich zu helfen und ich bin mit dem Ergebnis wirklich sehr zufrieden. Das ist alles, was ich dazu sagen möchte.

Man hat dir damals zur Last gelegt, du hättest dich nicht mehr am kreativen Prozess von GORGOROTH beteiligt – dafür ging es mit dem neuen Album nach dem Split überraschend schnell…
Hattest du das Material (zum Teil) schon in der Hinterhand, oder hast du dich nach dem Split besonders reingehängt, um es der Welt zu beweisen?

Ja, ich hatte ungefähr die Hälfte des Materials bereits ein Jahr vor dem Split geschrieben. Die beiden hatten auch einiges von dem Material bereits gehört, das ist also bloß ein weiteres Beispiel einer Lüge, für die sie die Schande auf sich nehmen müssen. Auch an dieser Stelle fühle ich keine Notwendigkeit, mich gegenüber ihren Anschuldigungen zu rechtfertigen.

Seit der Wiedergeburt von GORGOROTH wirkst du in Interviews etc. wie neu entflammt, voller Enthusiasmus für die Band – war die Trennung von deinen langjährigen Musikern für dich ein Befreihungsschlag, auch wenn er nicht von dir ausging, so wie man das in den Medien mitbekommen hat?
Pfff, ich habe immer Entusiasmus gezeigt. Jeder, der fähig ist, die Zeichen richtig zu lesen, sollte in der Lage sein, das zu sehen. Es steht alles da, ganz offensichtlich. Ich würde mich nicht wirklich als in irgendeiner Weise „wiedergeboren“ bezeichnen, aber dise beiden Kerle, die hauptverantwortlich sind für all die Missverständnisse, die es in den letzten beiden Jahren um die Band gab, sie beide sind jetzt raus aus der Band, da, wo sie hingehören. Für immer. Das fühlt sich natürlich in gewisser Weise erfrischend an, das muss ich schon zugeben.

Danke, das wars dann schon an Fragen von meiner Seite. Möchtest du den Fans noch etwas mitteilen?
Nah, ich möchte nur die Gelegenheit nutzen, all jene unter euch zu grüßen und mich bei ihnen zu bedanken, die sich selbst zu unserer loyalen Hörerschar zählen können, ihr, die nicht alles bis ins kleinste Detail erklärt haben musstet und die in schwierigen Zeiten die Möglichkeit hatten, kühlen Kopf zu bewahren und durch den Dreck zu schlagen. Ich verdanke euch eine Menge. Vielen Dank, man sieht sich so schnell als möglich live!

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert