Interview mit God Is An Astronaut

Read the English version

Mit „Epitaph“ haben die irischen Post-Rocker GOD IS AN ASTRONAUT ein vielschichtiges, forderndes Album herausgebracht, dessen tiefe Bedeutsamkeit nur mit dem Wissen um dessen tragischen Hintergrund vollends begriffen werden kann. Was genau es damit auf sich hat, inwiefern es dennoch auch Positives auf der Platte zu finden gibt und was die Leidenschaft der Band all die Jahre über am Leben gehalten hat, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Euer Debüt „The End Of The Beginning“ liegt nun schon sechzehn Jahre zurück. Was, denkst du, hat euch all die Jahre über motiviert, GOD IS AN ASTRONAUT weiterzuführen?
Wir sind immer noch sehr leidenschaftlich in Bezug auf unsere Musik, das Schreiben von Musik ist ein therapeutischer Prozess, der es uns erlaubt, uns voll auszudrücken, und es war nie wichtiger als bei „Epitaph“, das in Erinnerung an unseren siebenjährigen Cousin geschrieben wurde, der auf tragische Weise aus dem Leben gerissen wurde.

Wenn du euer erstes Album mit eurem aktuellsten, „Epitaph“, vergleichst, worin äußert sich deiner Meinung nach am deutlichsten eure Entwicklung als Musiker?
Erstens hat jedes Album seinen eigenen Standpunkt und „The End Of The Beginning“ ist sehr gut gealtert. Ich würde sagen, dass das erste Album nicht wirklich so viel Musikalität zeigte, nicht dass es einen wirklichen Unterschied machen sollte. Beim ersten Album waren es nur Niels und ich, wir hatten keine Live-Drum-Performances, es waren programmierte Loops. Die Gitarrenlinien waren direkter, die Takte waren alle 4/4, im Gegensatz zum neuen Album, das viele verschiedene Takte hat. Die Klavierlinien sind bei „Epitaph“ außerdem komplizierter, wobei ich aber betonen muss, dass ich sehr wenig Wert darauf lege, Musik auf diese Weise zu betrachten.

Eure Songs sind überwiegend instrumental. Denkst du, Gesang wäre in zu großem Maß in euren Kompositionen ein Störfaktor?
Wir verwenden sogar oft Vocals, aber eher als Textur, genau wie jedes andere Instrument. Unsere Melodien finden auf mehreren verschiedenen Ebenen statt und eine erzwungene Lead-Stimme würde die anderen Teile der Melodie einfach überdecken, weshalb wir eine Mischung bevorzugen.

Instrumentaler Post-Rock erfreut sich inzwischen großer Beliebtheit. Findest du es gut, dass es mittlerweile so viele Bands in diesem Bereich gibt oder befürchtest du, dass das Genre dadurch der Mittelmäßigkeit preisgegeben wird?
Ja, bei Musik, die in den Charts ist! Ich wusste nicht, dass es im Moment so populär ist, um ehrlich zu sein, aber ich denke, es ist wichtig, dass das Werk jedes Künstlers separat und unabhängig beurteilt wird. Es liegt am Zuhörer, zu entscheiden, welche Gruppen aufrichtig und mit Leidenschaft bei der Sache sind.

Würdest du sagen, dass diese Art der Musik und eure im Speziellen eher leicht oder schwer zugänglich ist?
Ich würde sagen, die meisten Zuhörer sind es gewohnt, Lead-Gesang zu hören, sodass es für viele sicher nicht einfach anzuhören ist.

Zum Teil sind eure Tracks durchaus ziemlich rau. Würdest du sagen, dass ihr auch einen Bezug zu Metal-Musik habt?
Wir sind mit Metal-Musik aufgewachsen, sodass sie immer ein Teil unseres Geschmacks sein wird und sich auf subtile Weise in unserem Sound manifestiert.

Gibt es eine bestimmte Grundstimmung, die ihr mit GOD IS AN ASTRONAUT vermitteln wollt oder ist es euch wichtig, verschiedene Emotionen im Hörer auszulösen?
Viele unserer vorherigen Alben nehmen den Hörer mit auf eine Reise, Eskapismus ist normalerweise das Hauptziel, aber auf diesem Album ist es nicht das Ziel, den Hörer an einen anderen Ort zu bringen, sondern ihn an die dunklen, traumatischen und düsteren Momente heranzuführen, die wir durchlebt haben.

Wie wichtig ist dir persönlich die Produktion? Denkst du, eure Songs könnten auch mit einem weniger ausgefeilten Sound dieselbe Wirkung entfalten?
Alle unsere Songs funktionieren auf einer grundlegenden Ebene, das Songwriting beginnt entweder auf einer Akustikgitarre oder einem Klavier und kann meist ohne zusätzliche Soundeffekte gespielt werden, aber ich denke, dass die hinzugefügten Sounds helfen können, Atmosphäre aufzubauen und den Inhalt weiter zu vertiefen.

Zurück zu eurem neuen Album: Vergänglichkeit scheint auf „Epitaph“ ein zentrales Motiv zu sein. Warum genau hat euch diese Thematik bei der Entstehung des Albums beschäftigt?
Dieses Album wurde in Erinnerung an unseren siebenjährigen Cousin geschrieben, dessen Leben auf tragische Weise geendet hat.
Das Album ist ihm und der Erinnerung an ihn gewidmet, es ist unser Weg, uns zu verabschieden und zu versuchen, mit diesem tragischen, unfassbaren Verlust fertig zu werden. Das ist etwas, von dem wir uns als Familie nie ganz erholen werden, also geht es nicht um etwas Kurzlebiges, es gibt nichts Dauerhafteres, das kann ich dir versichern!

„Komorebi“ ist der japanische Begriff für das Licht, das zwischen den Blättern eines Baumes durchscheint. Wie kamt ihr auf die Idee, diesem Phänomen einen Song zu widmen?
Der Titel „Komorebi“ ist ein Wort aus dem Japanischen. Man denke dabei an das Zusammenspiel von Licht und Blättern, wenn das Sonnenlicht durch die Bäume scheint. Dies wurde teilweise durch den Djouce-Wald hier in Wicklow inspiriert, die Natur bringt meinem Herz Trost und dieser Ort half mir, über das Leben in seinen dunkelsten Momenten nachzudenken. Es war wichtig, sowohl die erhebende Umgebung als auch die dunkle Tragödie, die sich gerade ereignet hatte, zum Ausdruck zu bringen.

„Medea“ scheint mir der finsterste Track des Albums zu sein. Würdest du mir da zustimmen und falls ja oder nein, aus welchem Grund?
Ja, dem stimme ich zu, wir haben noch nie etwas so Dunkles geschrieben, es sind unharmonische Notationen, die die wahre Dunkelheit eines Kindsmords einfangen.

Verzeih mir, falls die Frage zu persönlich oder schmerzhaft ist, aber der Song „Oisín“ ist eurem verstorbenen Cousin gewidmet, nicht wahr? Was genau ist mit ihm passiert?
„Oisín“ wurde an jenem Tag geschrieben, an dem wir die verheerendste Nachricht erhielten. Ich saß mit so viel Emotion vor meinem Klavier, als die ersten Töne herauskamen, war es, als wäre das Lied schon einmal geschrieben worden, und ich musste versuchen, es wieder zusammenzusetzen. Wir wollten, dass das Lied seine Unschuld und Schönheit einfängt und nicht die Hässlichkeit der Tragödie, es musste etwas sein, das ihm eine angemessene Hommage sein würde, er war ein sehr glücklicher Junge und brachte so viel Freude in das Leben vieler Menschen. Was die Ereignisse um seinen Tod betrifft, kann ich nicht ins Detail gehen.

Hat es euch geholfen, damit fertig zu werden, dass ihr diesen Track geschaffen habt?
Ja, ich denke, Musik kann eine Emotion selbst dann vermitteln, wenn Worte einfach versagen. Diese Platte ist sehr persönlich für uns und unsere erweiterte Familie und hat uns allen definitiv geholfen, einen Schritt weiterzukommen, um mit dieser überwältigenden Tragödie fertig zu werden.

Würdest du sagen, dass es auf eurem neuen Album trotz der niederdrückenden Grundstimmung auch positive Momente gibt?
Obwohl einen die Musik zu einigen der dunklen, traumatischen und düsteren Momente bringt, die wir erlebt haben, war es wichtig, die glücklicheren Zeiten festzuhalten und auch etwas Hoffnung für die Zukunft auszudrücken.

Das Artwork zu „Epitaph“ wurde von Fursy Teyssier angefertigt. Seid ihr mit ihm befreundet oder hat sich die Zusammenarbeit eher auf rein professioneller Ebene ergeben?
Sebastian von Napalm Records hat ihn sehr empfohlen. Ich kannte seine Gruppe Les Discrets, die gefällt uns sehr gut. Wir gaben Fursy Teyssier ein paar Songs und er brachte etwas hervor, von dem ich wusste, dass es direkt aus seinem Herzen kam, es hallte sofort in uns wider, da es die gesamte Stimmung dieses Albums festhielt.

Ich nehme an, das Bild hat mit den Hintergründen zu dem Song „Oisín“ zu tun, oder? Habt ihr Fursy dafür einen bestimmten Rahmen vorgegeben?
Nein, es ist einfach seine Interpretation, nachdem er den Titelsong „Epitaph“ und „Mortal Coil“ gehört hat.

Was dürfen die Fans als Nächstes von euch erwarten?
Wir werden das Album durch Tourneen in Europa, Russland, Indien und den USA aktiv den Leuten nahebringen.

Dann nochmals ein herzliches Dankeschön für deine Zeit.
Danke für das Gespräch.

Publiziert am von Stephan Rajchl

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert