Interview mit Dennis von Ghost Bath

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Spätestens seit „Moonlover“ sind GHOST BATH eine feste Größe im Post-Black Metal – wenn auch eine umstrittene. Ihr neuer Longplayer „Starmourner“ ist die Fortsetzung der mit „Moonlover“ begonnenen Trilogie. Wie sich die beiden Platten musikalisch und konzeptionell voneinander unterscheiden, warum GHOST BATH auf ihrem neuen Album vermehrt emotionale Leadmelodien einsetzen und aus welchem Grund „Starmourner“ fast doppelt so lang wie sein Vorgänger ist, erfahrt ihr neben anderen Dingen im Interview mit Bandleader Dennis.

Ihr spielt modernen Post-Black-Metal, wobei ihr schon recht weit vom traditionellen Black Metal entfernt seid. Was fasziniert dich jeweils an Black Metal und Post-Rock am meisten?
Ich denke, der Hauptaspekt, der mich zum Black Metal hinzieht, ist der Fokus auf Stimmung und Atmosphäre sowie auf Manipulation, ähnlich wie bei klassischer Musik. Ich finde, die Post-Rock-Elemente führen das Ganze mit emotionalen Steigerungen und Talfahrten noch einen Schritt weiter.

Ich habe den Eindruck, dass ihr in der Post-Black-Metal-Szene inzwischen sehr bekannt seid, während viele andere Bands in diesem Bereich nie aus dem Underground herauskommen. Wie erklärst du dir das?
Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung. Das einzige, was mir da in den Sinn kommt, ist, dass wir mehr polarisieren als viele andere Bands – das könnte damit zu tun haben.

Euer Genre im Allgemeinen steht nicht selten in der Kritik, aber auch ihr selbst habt aufgrund eures Gesangs und der Tatsache, dass ihr euch sehr von den übrigen Bands auf Nuclear Blast unterscheidet, sicherlich schon einiges einstecken müssen. Wie gehst du damit um?
Ich glaube, wenn man Künstler ist, welcher Art auch immer, muss man sich eine dicke Haut zulegen. Du präsentierst dich der Welt, die dich dann bewertet und kritisiert. Für mich ist jede Reaktion eine feine Sache – sei es nun Lachen, Weinen, Wut, Hass oder Liebe.

Einige Leute sehen sehr viele Parallelen zwischen euch und Deafheaven. Was hältst du davon?
Das seh’ ich eigentlich nicht so. Ich denke, wenn man es oberflächlich betrachtet, gibt es da einige Gemeinsamkeiten. Aber wenn du wirklich treffende Vergleiche möchtest, solltest du die eher bei Austere, Germ, Silencer, Woods Of Desolation etc. suchen. Meine Hauptinspiration sind Agalloch, aber ich glaube, wie die klingen wir auch nicht.

„Starmourner“ ist euer neues Album. Es soll der zweite Teil einer Trilogie sein, der Vorgänger „Moonlover“ war der Anfang. War damals schon klar, dass es zwei dazugehörige Alben geben soll oder hast du das erst jetzt bei den Arbeiten an „Starmourner“ entschieden?
Ich hatte die ganze Trilogie schon geplant, bevor ich „Moonlover“ aufnahm. Da hatte ich auch schon alle Albumtitel erdacht und mir die allgemeine Richtung überlegt, in die ich auf den Alben gehen wollte.

„Moonlover“ stand sinnbildlich für Trauer, Erde und Fegefeuer, euer neues Album hingegen für Freude, Kosmos und Paradies. Was genau ist dein Bezug zu diesen Themen?
Es sind, denke ich, eher Katalysatoren, um damit die menschlichen Emotionen zu ergründen, die ich vermitteln möchte. Ich bin ein großer Befürworter von Kontrasten, deshalb nutze ich sie, um diese Dinge zu erforschen.

Weißt du schon, um welche Themen es im letzten Teil der Trilogie gehen soll?
Ja, das tue ich. Ich habe das schon in ein paar Interviews offenbart. Es wird um die grundlegende menschliche Emotion der Verdammnis gehen. Und um den letzten Teil der göttlichen Komödie: das Inferno.

Rein thematisch ist euer neues Album etwas positiver ausgerichtet als das letzte, das spiegelt sich auch in den Melodien wieder. Dennoch klingen deine Vocals weiterhin sehr verzweifelt. Warum?
Ich sehe die Musik und die Melodien eher so, dass sie den Hörer und mich umgeben, aber nicht Teil von uns sind. Das repräsentiert unerreichbare Hoffnung und Freude und die Schreie kommen von einer verzweifelten Person, die isoliert und der Freude entrissen ist.

Der Gesang klingt jedoch etwas anders als auf „Moonlover“, die Screams sind zwar weiterhin kreischend und verzweifelt, zum Teil aber auch etwas garstiger und näher am typischen Black Metal. Was ist der Grund dafür?
Ich denke, ich habe einfach mit der Zeit eine bestimmte Art von Screaming entwickelt. Außerdem drücke ich mich je nach Kontext zu dem Konzept und den Ideen hinter den Songs unterschiedlich aus.

Ich habe außerdem den Eindruck, dass ihr nun noch viel mehr emotionale Leadmelodien wie jene des „Moonlover“-Tracks „Golden Number“ einsetzt. War das eine bewusste Entscheidung und falls ja, warum?
Ja, das war es. Ich fand, die Vorstellung von Freude, Ekstase, Paradies und Kosmos verlangte nach himmelhoch jauchzenden Leads und Melodien.

Gibt es einen bestimmten Track auf eurer neuen Platte, der dir besonders am Herzen liegt? Und falls ja, warum?
Ich glaube, „Elysian“ ist mir der wichtigste Track. Den habe ich zu einer besonderen Zeit in meinem Leben geschrieben, an die ich immer denken muss, wenn ich ihn höre.

Im Gegensatz zum Vorgängeralbum sind die Songs auf „Starmourner“ jeweils mit nur einem Wort betitelt, so wie auf eurem Debüt. Warum?
Die Titel stehen im Kontext zu den Kurzgeschichten, beziehungsweise zu den Parabeln, die ich zu jedem Track geschrieben habe. Die Geschichten waren mit einem Wort betitelt, also auch die Songs. Ich finde, die Idee, einen ganzen Song in einem Wort zu erfassen, hat etwas Elegantes an sich.

„Starmourner“ ist mit seiner Länge von über 70 Minuten außerdem fast eine halbe Stunde länger als „Moonlover“. Was ist der Grund dafür?
Der Gedanke an das Paradies, den Himmel und die Expansion des Kosmos hat mich dazu gebracht, ein längeres Album zu schreiben, um deren unermessliche Weite zu erfassen. Mir gefällt außerdem die Idee eines religiösen Epos.

Anstatt wie auf euren ersten beiden Alben ein bereits existentes Kunstwerk für das Artwork zu verwenden, wurde diesmal ein eigenes kreiert. Warum? Und was kannst du uns über das Cover erzählen?
Ich fand einfach nichts, das zum Klang und zu den Ideen hinter dem Album passte. Also arbeitete ich mit Luciana Nedelea Artworks zusammen und sie kreierte viele schöne Stücke für das Album. Ein Artwork muss für mich das perfekte Gefühl in Bezug auf die Musik vermitteln.

In den USA erscheint euer aktuelles Album über Nuclear Blast, in Europa hingegen über Northern Silence. Warum habt ihr euch für diese Lösung entschieden?
Northern Silence ist unser ursprüngliches Label und wir bleiben da für eine bestimmte Anzahl von Alben. Nuclear Blast ist dann später auf uns zugekommen, um für uns „Moonlover“ nochmal zu veröffentlichen, in Nordamerika und digital. Das neue Album wird auf Ward Records sogar in Japan veröffentlicht.

Habt ihr in nächster Zeit Live-Shows geplant, vielleicht auch in Europa?
Ja, wir wollen so viel live spielen wie möglich. Wir touren vom 14. bis zum 26. April mit Astronoid durch Kanada und die USA. Danach geht’s nach Europa, angefangen in Großbritannien am 7. Mai mit Katatonia. Danach spielen wir in ganz Europa mit Heretoir, King Apathy, Trap Them und Crippled Black Phoenix bis zum 26. Juni.

Zum Abschluss jetzt noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming:
Also wie eine Assoziation?
Klargesang: Astronoid
Bestes Black-Metal- und Post-Rock-Album: Agalloch – „Marrow Of The Spirit“
Stern: Ursprung des Lebens
Die Bibel: Surrealismus. Vielschichtige Bedeutung.
Glück: Harte Arbeit. Hartnäckigkeit.
GHOST BATH in zehn Jahren: Vaporwave

Nochmals herzlichen Dank, dass wir dieses Interview mit dir führen durften. Die letzten Worte gehören dir:
Danke für das Interview. Schaut auf ghostbath.com, wenn ihr all die schönen Kunstwerke des Albums sehen und seltsame Parabeln lesen wollt. Danke!

Publiziert am von Stephan Rajchl

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