Interview mit Tobi von Fiddler’s Green

In unserem Interview zum Release von „Heyday“ spricht FIDDLER’S GREEN-Geiger Tobi ausführlich über die anstehende Veröffentlichung, neue Wege im Marketing der Band, anhaltende Missverständnisse in den Medien und das Shamrock Castle. Außerdem gibt es erste Infos zum großen Jubiläum 2020!

Hi Tobi! Vielen Dank, dass du dir erneut die Zeit für unsere Fragen nimmst. Wie geht es dir, kurz vor dem Release von „Heyday“?
Es kribbelt wieder einmal mit zunehmendem Maße ganz gewaltig! Obwohl es natürlich nicht mein erster CD-Release ist, ist es immer wieder aufs Neue spannend und ich kann es kaum erwarten. Wie kommen die neuen Songs beim geneigten Hörer und Fan an? Wie gehen sie live ab? Ist ein Hit dabei? Wir haben noch niemals zuvor so viel Gedanken und Überlegungen in Promo und Marketing gesteckt  und uns sogar einen eigens für diesen Bereich spezialisierten „Fachmann“ ins Boot geholt.   

Mit „Heyday“ seid ihr den folkrockigen Weg von „Devil’s Dozen“ konsequent weitergegangen. Würdest du dieser Aussage zustimmen und wie fielen die ersten Reaktionen außerhalb des Bandumfelds aus?
Ja. Wenn nicht sogar ausgebaut! Ich verstehe nicht, wieso uns manche Medien immer noch in eine mittelalterliche, romantisch-verspielte Folk-Ecke stecken wollen. Die sollten sich vor allem live ein Bild vom Geschehen machen. Die ersten Reaktionen waren dennoch überwiegend sehr positiv und ich denke, wir können stolz auf unsere neue CD sein.  

 „Heyday“ ist euer 14. Album, die Besetzung von FIDDLER’S GREEN seit 2006 konstant geblieben. Wie holt ihr euch nach so langer Zeit immer wieder neue bzw. andere Impulse für euren Sound?
Wir sprechen wahrlich über eine lange und konstante Zeitspanne an Konzerten und Veröffentlichungen. Manchmal wundern wir uns selber, wie all das möglich war und ist! Es gibt viele Vergleiche über Beständigkeit von Bands und ich denke, es ist immer die Summe der Individuen, die am Ende das Ergebnis bringt. Durch gegenseitigen Respekt und Anerkennung entstehen dann Impulse und kreative Momente.  

Ihr verzichtet auf „Heyday“ erneut auf Gäste, viele andere Gruppen holen sich u.a. für bestimmte Klangfarben befreundete Musiker. Habt ihr im Rahmen von „Heyday“ über derlei Kooperationen nachgedacht oder war von Anfang klar, dass ihr die Songs wieder alleine stemmt?
Es gibt einen Song, bei dem eine Gastsängerin angedacht ist. Der hat es aber nicht auf diese CD geschafft. Den haben wir zunächst wieder zurück in die Ideenschublade gelegt. Und wenn du zwei gute Sänger hast, brauchst Du eigentlich keinen Gast!    

Insgesamt sind 15 Songs entstanden, plus sieben punkige Versionen bereits veröffentlichter Stücke für „The Punk Sessions“ auf der Limited Edition. Würdest du sagen, dass euer Fokus inzwischen mehr auf rockigen Eigenkompositionen als auf aufgemotzten Traditionals liegt?
Ja. Da hat sich der Fokus schon etwas gewandelt. Natürlich wird es immer schwieriger, coole traditionelle Songs zu finden und da landet man mit einem Schuss Ehrgeiz schnell beim eigenen Material. Wir wissen aber schon, dass sich unsere Fans immer mal wieder so etwas wünschen und streuen schon hin und wieder irische Traditionals mit ein. 

Auf „The Punk Sessions“ gibt eines eurer Bandmitglieder sein Debüt als Sänger. Wie kam es dazu?
Die Nummer ist für Stefans Stimme regelrecht geschrieben worden. Sie gibt der durchaus heiter-ironisch gemeinten Songattitüde zusätzliche Ausdruckskraft. Man darf gespannt sein! Hat Spaß gemacht im Studio.  

Ihr habt zum zweiten Mal mit Jörg Umbreit zusammengearbeitet. Was hat sich in der Zusammenarbeit im Vergleich zu „Devil’s Dozen“ geändert, womit seid ihr zufrieden gewesen und was konntet ihr bei „Heyday“ noch weiter optimieren?
Vieles Positive aus der letzten Produktion haben wir genau so übernommen und im vertrauten Umfeld kultiviert. Wir sind mittlerweile ein eingespieltes Team geworden und die Stimmung am Set ist mit Jörg immer bombig. Wir schätzen und mögen uns! Dadurch entsteht viel Schönes. Ein Highlight der Zusammenarbeit ist dabei immer das gemeinsame Einsingen der Chorstimmen am Ende der Produktion. 

Viele Stücke wie „Born To Be A Rover“, „Limerick Style“ oder auch „Better You Say No“ wirken ungemein kompatibel zu eurem Live-Sound. Habt ihr die Songs bewusst dahingehend optimiert?
Nicht bewusst! Ich denke, man kann das in unserer DNA finden. Knapp 2000 Konzerte der aktuellen Bandhistorie können nicht spurlos an uns vorbei gegangen sein. Deshalb spielen wir die Dinger im Studio auch so ein, als ob wir auf einer Bühne stehen. 

Mit „The Congress Reel“ habt ihr wieder ein Instrumentalstück auf die CD gepackt, dazu mit „Together As One“ eine von Albis Balladen als Abschluss. Die übrigen Lieder bewegen sich von hymnisch bis rockig. Unter dem Strich sind der Aufbau von „Heyday“ und „Devil’s Dozen“ ähnlich. Würdet ihr sagen, dass ihr eure Zutaten für den FIDDLER’S-Sound gefunden habt?
Ich denke schon! Wir kennen unsere Stärken. Und wissen, was die Fans von uns hören wollen. Somit kann sich jeder sicher sein, dass wo FIDDLER’S GREEN draufsteht, auch FIDDLER’S GREEN drinsteckt. Wem das nicht schmeckt, der soll Progressive Rock hören. Beim „Congress Reel“ darf ich mich wieder schön abreagieren. Tut gut! Und die Ballade beschwört unseren Teamgeist.  

Eure Instrumental-Stücke inszeniert ihr live inzwischen auch visuell, beispielsweise mit Wasser auf Franks Fellen oder Lichtern auf Deinem Geigenbogen und entsprechender Licht-Show. Wer von euch ist dafür im Ursprung verantwortlich?
Eigentlich alle die, die dann da auch auf der Bühne stehen. Also, Frank, Stefan und ich. Diese Live-Momente werden vom Rest der Band liebevoll Geigen-Trommel-Solo genannt und gerne zum Luftholen und Verschnaufen hinter der Bühne genutzt. Und wir Drei möchten in dieser Zeit natürlich nicht nur musikalisch, sondern auch visuell glänzen!

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Dürfen sich eure Fans auf der kommenden Tour auf neue Ideen freuen? Wenn ja, kannst du dazu bereits etwas sagen?
Ich werde mich beim Geigenspiel in ungeahnte visuelle Höhen begeben. Es wird einen geilen Bühnenvorhang und eine ausgetüftelte Lichtshow geben. Wir versuchen wie immer ein stimmiges Programm aus alten und neuen Songs zu machen, z.B. „John Kanaka“ als Stadionversion und vieles mehr.

Nachdem ihr beim letzten Mal „Boat On The River“ von Styx gecovert habt, ist es dieses Mal eben dieses „John Kanaka“. Live habt ihr dazu schon länger eine kleine Choreo im Programm, sowohl in euren Rock- wie auch in euren Akustik-Shows. Wer hatte die Idee dazu und wie hat es der Song im FIDDLER’S-Gewand schließlich auf „Heyday“ geschafft?
Stefan hatte die Idee und mit uns so lange gebechert, bis wir es konnten. Es ist ein Traditional und unsere Fans haben diese Nummer live dermaßen abgefeiert, dass wir nicht drumrum konnten. Allerdings ist es nicht in der reinen akustischen Version auf dem Album, sondern aufgemotzt mit Schlagzeug, E-Gitarre und Co.    

Gibt es noch weitere Klassiker, die ihr vielleicht gerne zusammen bei Proben spielt, aber noch auf keiner Bühne präsentiert habt und eventuell in euer Programm aufnehmen könntet?
Oh! Da ist so einiges im Busch. Da kommt nächstes Jahr etwas Großes auf euch zu, Thema „Jubiläum“! Darf ich natürlich noch nix zu verraten, sonst wär’s ja keine Überraschung mehr.

Mit Pat und Albi habt ihr zwei Sänger, deren Qualitäten inzwischen sinnbildlich für FIDDLER’S GREEN stehen. Gibt es ein gewisses System, wer welchen Song bei euch singt oder wie erfolgt die Zuteilung der Stimmen?
Meistens ist es sehr schnell klar, wer welche Songs singt. Beide haben eine unverwechselbare und markante Stimme, die jedem Song Leben einhauchen kann. Dem einen steht das, dem anderen das. Sind ja auch unterschiedliche Persönlichkeiten, die sich am Ende immer einig werden.

Mit „No Anthem“ und „One Fine Day“ habt ihr zwei rockige Vorboten im Vorfeld veröffentlicht. Waren diese Nummern als erstes fertig oder warum sind gerade diese Songs zu euren Videos geworden?
Weil es zwei starke Nummern sind, die unsere aktuelle Bandbreite ziemlich gut darstellen. Sowohl musikalisch als auch inhaltlich. 

„No Anthem“ ist gleichzeitig auch ein politisch motivierter Song, mit dem ihr klare Kante gegen Rechts zeigt und den Bogen zwischen Protest und irischer Kultur spannt. Eure Fans sind erfahrungsgemäß nicht das passende Zielpublikum. Predigt ihr demnach nicht vor den falschen, die gar nicht bekehrt bzw. überzeugt werden müssen?
Ich würde unseren Fans den Willen zur richtigen gesellschaftlichen Positionierung nicht absprechen! Und das Gleiche gilt auch für uns. Der Song wurde eher für andere geschrieben! 

Im Titeltrack „Heyday“ singt ihr davon, dass das Beste noch bevorsteht. Die letzten Jahre liefen für euch bereits sehr gut. Wo seht ihr noch Potential, weiter zu wachsen oder noch bekannter zu werden?
Es gibt noch so viele Festivals, auf denen wir trotz zahlreicher Konzerte noch nicht gespielt haben. Gerne würden wir dazu den Sprung auf ein breitenwirksameres Level schaffen. Aber keine Angst, Schlager machen wir deshalb noch lange nicht. Die Musiklandschaft wird sich da eher nach uns richten müssen. Natürlich geht’s uns bereits gut. Und wir sind stolz und glücklich darüber, nicht in jedes Format zu passen!      

Das Shamrock Castle ist inzwischen szeneweit zu einem festen Termin im Festivalkalender geworden. Oft holt ihr Bands, die in Deutschland kaum oder gar noch nie zu sehen gewesen sind. Wer ist für das Billing verantwortlich und wie findet ihr immer wieder neue Combos aus dem Ausland?
Da steckt jeder schon mal seinen Kopf ins Netz und fischt die ein oder andere Band heraus. Manchmal lernen wir die Mitglieder auch auf unseren immer häufiger stattfindenden Auslandstouren persönlich kennen. Die Welt ist so groß! Und das wollen wir auf unserem Festival zeigen. 

Wie begegnet ihr dem u.a. betriebswirtschaftlichen Risiko, auf vergleichsweise unbekannte Bands zu setzen, die vielleicht weniger Besucher ziehen als hierzulande bekanntere Alternativen?
Da sind wir bis jetzt noch kein einziges Mal baden gegangen. Im Gegenteil, die Leute vertrauen unserem Gespür für gute Musik. Und wir sind ja bis jetzt noch nicht enttäuscht worden. Das irische Fanherz schlägt sehr tolerant.   

Anfangs fand das Shamrock Castle nicht jährlich stand, dann regelmäßig als Ein-Tages-Event und nun seit einigen Jahren immer am Freitag und Samstag. Seht ihr in der Veranstaltung noch mehr Möglichkeiten der Erweiterung oder wollt ihr das Festival nun so belassen?
So wie es jetzt ist, ist es perfekt. Nicht zu viel, nicht zu wenig. Nicht zu klein, nicht zu groß. Familienfreundlich, aber doch cool und rockig! Inklusive unserem Fanclub-Treffen eine runde Sache für Alt und Jung, Folker und Rocker.

Ihr seid in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewesen. Das gilt nicht für alle Bands aus dem Folk-Rock, Saltatio Mortis und gerade Versengold haben zur Spitze aufgeschlossen und einige Veteranen gefühlt überflügelt. Wie seht ihr die Entwicklungen im Folk, sowohl im irischen wie auch im mittelalterlichen Bereich, in dem ihr immer wieder unterwegs seid?
Saltatio Mortis und Versengold haben hierzulande den Sprachbonus. Wir hingegen touren auch in Japan. Ich persönlich sehe immer wieder die gefährliche Gratwanderung zwischen Tradition und Mainstream, blicke auch ab und an hinter die Kulissen der Musikindustrie und frage mich dann: Will ich da hin? Erfolg ist gut und wichtig. Für mich aber nicht um jeden Preis!

Subway to Sally veröffentlichen am 08. März 2019 parallel zu euch ihr neues Album „Hey!“. Einerseits vom Datum und andererseits auch vom Titel vielleicht etwas unglücklich. Seht ihr darin ein Problem bzw. hättet ihr euch lieber abgestimmt, um nicht parallel mit derart ähnlichen Titeln zu veröffentlichen, selbst wenn die Musik eine andere ist?
Da machen wir uns keine großen Sorgen! Das wird schon. 

Besteht deiner Meinung nach die Gefahr, dass ihr euch – besonders in der ersten Woche mit Chartimplikationen – gegenseitig Käufer wegnehmt, die sich für ein Album entscheiden müssen?
Die sollen sich einfach beide CDs kaufen. Bestimmt beide gut!

Mit FIDDLER’S GREEN steht nun wieder eine Tour zum neuen Album an, danach einige Festivals. Du kennst diesen Ablauf inzwischen aus dem Effeff. Gewohnte oder geliebte Routine?
Sowohl als auch! Hat beides schöne Seiten: erst in den Konzerthallen mit langem Programm und dann auf die Festivals mit eher kürzeren Auftritten. Dazu sind wir entweder mit kleinem Neun-Sitzer oder mit großem Nightliner unterwegs. Ach, wie ich dieses Tourleben liebe!

Was kannst du abschließend bereits jetzt zu euren Winterplänen verraten?
Jubiläumsplatte aufnehmen und dann erst mal Urlaub machen. Damit wir gestärkt unser 30-jähriges Bandbestehen 2020 mit unseren Fans feiern können.

Was fällt dir als erstes zu folgenden Begriffen ein?
MPS – Gisi
Urlaub – Gomera
Familie – wichtig
Deutsche Bahn – auch wichtig
Heidelberg – 2. Heimat

Damit wären wir am Ende des Interviews angelangt. Ich möchte mich nochmals für deine Zeit bedanken und wünsche viel Spaß auf der Tour. Die letzten Zeilen gehören dir.
Ich sag danke! Wir sehen uns auf der „Heyday“-Tour. Und schön die CD kaufen, damit ihr die Songs auch gut bei den Konzerten mit uns abfeiern könnt!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

2 Kommentare zu “Fiddler’s Green

  1. Anmerkung am Rande: Boat on the river wurde nie von Simon&Garfunkel gespielt, die Band dahinter heißt Styx.
    Das Lied passt auch nicht wirklich in den Sound von S&G. (Ja, zuerst war ich nur irritiert, dann hab ich es gegoogelt)

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