Interview mit The Watcher von Fellwarden

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Mit FELLWARDEN hat The Watcher ein weiteres Musikprojekt gegründet, das sich unter der Oberfläche stark von seiner anderen Band, Fen, unterscheidet. Inspiriert von Drudkh und Summoning sowie den Werken Tolkiens und Gemmells widmet er sich auf seinem Debüt „Oathbearer“ dem Stoizismus und den Fjells Nordenglands. Was genau ihn daran fasziniert, inwiefern er seine Schwächen als Musiker auszugleichen weiß und warum man FELLWARDEN in nächster Zeit wohl nicht live sehen wird, erfahrt ihr im folgenden Interview.

Hallo und schon mal herzlichen Dank, dass du uns ein paar Fragen beantwortest. Wie fühlst du dich?
Hi! Ich nehme mal an, du meinst, wie ich mich jetzt fühle, wo das erste Album von FELLWARDEN endlich das Licht der Welt erblickt. Darauf muss ich antworten, dass es mir sehr gut geht! Es hat einige Zeit gebraucht, bis es dazu kam, aber ich war nicht wirklich in Eile – es ist einfach nur sehr zufriedenstellend für mich, die Platte jetzt endlich veröffentlicht zu haben.

FELLWARDEN ist ein neues Black-Metal-Projekt von dir, The Watcher, und Havenless, ihr beide spielt auch bei Fen. Warum war es euch wichtig, diese neue Band zu gründen?
Nun, die ganze Sache entwickelte sich einfach im Verlauf eines Jahres oder so. Für eine lange, lange Zeit hat sich bei mir das Bestreben aufgestaut, ein „Epic“-Black-Metal-Soloprojekt zu gründen – etwas zu schaffen, das nicht unbedingt den Beschränkungen der Live-Umsetzbarkeit unterlag, sodass es davon profitieren konnte, im Studio Schicht für Schicht kreiert zu werden. Ich hatte diese Idee, etwas zu schaffen, das im Melodic Black Metal verwurzelt war, aber auch Elemente von Doom, Epic Metal, klassischem Metal und Orchestration beinhaltete, also ein weites Panorama an Sound, das ein Gefühl von Majestät und antiken Geistern vermitteln sollte. Ich wollte auch etwas von der Atmosphäre integrieren, die in der düstereren Fantasy-Literatur vorherrscht, die mir gefällt, aber gleichzeitig sichergehen, dass die Wurzeln die Menschheit blieben.
Nach den üblichen Jahren der Untätigkeit, die zwangsläufig mit solchen Vorhaben einhergeht, entschied ich mich 2014 schließlich, endlich mit etwas anzufangen. Ich begann damit, ein paar Ideen auszuarbeiten und aufzunehmen – zu diesem Zeitpunkt hatte ich keine großen Ambitionen, es ging nur darum, herumzuexperimentieren und etwas Einzigartiges zu kreieren, ohne dabei darüber zu grübeln, wie es live umgesetzt werden könnte. Es sollte etwas Großes und Einhüllendes werden, ohne irgendwelche Einschränkungen.
Das Material nahm eigentlich schnell Form an und übertraf meine Erwartungen dahingehend, wie kohärent das ganze Ding klingen konnte. Derweil wurde es schnell offensichtlich, dass meine Schlagzeugkünste nicht ausreichten, um das Material so umzusetzen, wie ich das wollte. Mit diesem Gedanken im Kopf wandte ich mich an meinen Freund Havenless – zu diesem Zeitpunkt war er noch nicht in Fen (ist ja schon ein paar Jahre her), aber wir hatten schon einige Male zusammengearbeitet. Er mochte das Material sehr und hat sich deshalb gleich hinter die Kessel gesetzt. Ich kann mich noch lebhaft an den Moment erinnern, als er mir die ersten Drum-Tracks zu dem Song „In Death, Valiant“ geschickt hat – an diesem Punkt wurde mir bewusst, dass FELLWARDEN wirklich seine Zeit wert sein könnte. Daraufhin haben wir die Sache beschleunigt, mit Hinblick auf das fertige Album.
Wie du also sehen kannst, ist es nicht einfach nur ein „Fen-Nebenprojekt“, das wir schnell mal kürzlich gegründet haben – es ist ein notwendiger Ausdruck, der sich über die letzten Jahre hinweg aufgebaut hat und jetzt schließlich den Punkt erreicht hat, an dem er auf die Welt losgelassen werden kann.

Grungyn, der Bassist von Fen, ist nicht bei FELLWARDEN dabei. Aus welchem Grund?
Wie bereits erwähnt, FELLWARDEN war nie als „Fen-Nebenprojekt“ gedacht – tatsächlich sollte es anfangs ein Soloprojekt sein, aber das hat nicht funktioniert. Ja, es ist wahr, dass unsere Besetzung aus zwei Dritteln der Mitgliedern von Fen besteht, aber FELLWARDEN funktioniert ganz anders. Fen bezieht viel von seiner Inspiration aus dem Proberaum, aus der Chemie zwischen drei Typen, die zusammenarbeiten und in sehr organischer Art miteinander kommunizieren. Manchmal ist das sehr kollaborativ.
FELLWARDEN ist da ganz anders, da hier komplett in Studio-Umgebung gearbeitet wird. Auf die Gefahr hin, dass ich wie ein Kontrollfreak klinge, ich wollte sichergehen, dass ich die totale Kontrolle über die melodischen Kompositionen von FELLWARDEN behalte und das tue ich noch. Das ist nicht der einzige Grund, Grungyn ist selbst ein beschäftigter Mann und wenn er nicht gerade an Fen-Material arbeitet, verbringt er viel Zeit mit seinem Folk-Projekt Driftway, mit dem er nun sein erstes Full-Length fertig aufgenommen hat.

Worin unterscheidet sich die Musik von Fen und FELLWARDEN?
FELLWARDEN ist strukturell geradliniger – die Musik von Fen und der kompositorische Ansatz hatten viele Jahre Zeit, um zu wachsen. Das Ganze hat nun ein Eigenleben entwickelt und auf den späteren Veröffentlichungen wurde das Material kompositorisch komplexer, eine Fusion aus Extremen und eisiger Atmosphäre, ein Streben nach einem gewandteren Verweben dieser Elemente. Da ist eine sehr persönliche Dunkelheit, in dem, was wir mit Fen dieser Tage machen – das muss sich in der Musik widerspiegeln. Wir legen immer unkonventionellere Melodielinien, Texturen und Muster in unsere Klanglandschaft, während wir genau darauf achten, wie die Feinheiten live umgesetzt werden können.
Das Ziel bei FELLWARDEN war es, etwas eher Einschneidendes und Überwältigendes zu kreieren – ich versuche, dem Material durch Schichten von Synthesizern, Akustikgitarren, Chören und so weiter ein Gefühl herannahender Erhabenheit zu verleihen. Die Songstrukturen kreisen um eine sich aufbauende Wiederholung, Abschnitte, die sich immer wieder mit immer höherer Intensität der Melodien und Gegenmelodien über diesen Kreisen wiederholen. Ich schrecke nicht davor zurück, Motive und Refrains in FELLWARDEN zu verwenden, die vielleicht etwas offensichtlicher sind, zumal ich glaube, dass solche Momente gut zu dem Hochgefühl passt, das im Herzen einiger dieser Passagen in den Songs zu finden ist.
Ja, da sind Parallelen – beide Bands haben ihre Wurzeln im atmosphärischen Black Metal –, aber ich denke, unter diesen oberflächlichen Ähnlichkeiten gibt es tiefe Unterschiede zwischen diesen beiden Formen des Ausdrucks. Ich glaube, das ist sogar bei flüchtigem Hinhören fühlbar.

Inspiriert seid ihr unter anderem von Drudkh und Summoning, aber auch von den Werken Gemmells und Tolkiens, stimmt’s? Was im Speziellen begeistert euch an diesen Künstlern und inwiefern macht sich das in eurer Musik bemerkbar?
Ich habe die Fantasy-Literatur von J.R.R. Tolkien und David Gemmell schon gelesen, als ich ein junger Teenager war und beide Autoren waren essentiell für meinen Blick auf die Welt, auf verschiedenen Ebenen. Tolkien muss man natürlich nicht vorstellen – seine Konzeptualisierung einer Welt, der Charaktere, der Landschaft, der Mythologie, der Sprache und der Legenden ist unantastbar. Der Quell an Kreativität, der diesem Autor entsprang, war wegweisend und seine Auswirkung auf Künstler in der Black-Metal-Szene ist nicht infragezustellen. Von seinen Werken waren es vor allem die weitreichende Mythologie, die Geschichte und die halb-vergessenen Helden von vor Jahrhunderten, die den größten Einfluss auf FELLWARDEN hatten – musikalisch in Form des Versuchs, die Songs mit der Resonanz von etwas Altem und und mächtig Wichtigem zu erfüllen, die Majestät der Landschaften heraufzubeschwören, die er so lebendig mit seinen Worten malt.
Gemmell berührt hingegen vielleicht eher auf persönlicher Ebene – seine Fabeln befassen sich wesentlich mehr mit dem konstanten Ringen im Inneren des Menschen, den nahezu unendlichen Schattierungen von Moral, die uns alle betreffen, was es wirklich heißt, ein „Held“ zu sein. Seine Geschichten sind voll von Selbstaufopferung, Vergeltung und dem Aufbegehren gegen übermächtige Widerstände. Es ist unmöglich, in diese starken und doch tief ergreifenden Geschichten hineingezogen zu werden, in denen sich gewöhnliche Männer und Frauen dem ultimativen Test stellen, um ihren Geist, ihre Prinzipien und ihre Menschlichkeit bis an ihre Belastungsgrenze und darüber hinaus herausgefordert zu sehen. Wenn man sich seine Höhepunkte ansieht, gab es keinen Autor vor oder nach ihm, der es hinbekommen hat, so schier ergreifende Momente zu erschaffen wie Gemmell und davon wollte ich etwas in FELLWARDEN einbauen – ich wollte ein vordergründiges Black-Metal-Muster mit diesen Themen versehen. Das bedeutet mir sehr viel und ich will das auch in zukünftigen Veröffentlichungen weiterführen.

Was genau wollt ihr mit eurer Musik ausdrücken?
Aspekte von mir selbst, letztendlich. Ich finde, dass Kommunikation in manchen Situationen herausfordernd sein kann, dass Sprache und soziale Strukturen oft bedeuten, dass wir durch Barrieren willkürlicher Abstraktion kommunizieren, die durch die Sprache geformt werden. Für mich ist Musik eine viel purere, direktere Form von Ausdruck – sie kann viel mehr transportieren als eine kurze Nachricht oder eine Serie spezifischer Ideen. Musik beschwört stattdessen etwas herauf. Sie kann überwältigen, eine alles verschlingende und totale Erfahrung kreieren, die den Intellekt überschreitet und einen fundamentaleren, spirituelleren Platz in der menschlichen Psyche anspricht.
Ja, das klingt pretentiös. Aber warum nicht? Was ist Musik, wenn nicht ein Gefäß, um das zu vermitteln, was man nicht durch andere Mittel ausdrücken kann? Wenn es so geradeheraus wäre, wären wir alle Dichter – aber für mich kommt nichts der Reinheit der persönlichen Expression gleich, die man über wahrhaft inspirierende Musik mit Ehrlichkeit und Überzeugung erzeugt.
Somit stellt die Musik, die ich mache, eine Verbindung zu den grundlegendsten Aspekten des Kerns meines Seins dar – Reue, Traurigkeit, manchmal ein kurzes Aufblitzen von Jubel, Reflektion, Aufbegehren, Wut, Verzweiflung – und fokussiert diese durch ein klangliches Prisma. Das ist für mich die einzig ehrliche Antwort, die ich auf deine Frage geben kann.

Der Bandname bezieht sich auf die kargen Felslandschaften im Norden Englands, richtig? Was fasziniert euch daran und warum habt ihr euch so benannt?
Nun, diesbezüglich bin ich eher ein Spätzünder, das gebe ich zu – ich hatte keine Ahnung, dass solch verheißungsvolle Landstriche an der Schulter Englands lauerten, bis ich sie vor fünf bis sechs Jahren besucht habe! Das hat mir die Augen geöffnet – schließlich ist dieses Land für eine bestimmte Art Wildnis bekannt, aber die Fjell-Landschaften im Norden sind etwas ganz Anderes. Es ist bergiges Terrain, aber nicht in dieser zerklüfteten, alpinen Form, wie sie oft in dieser Form von Musik thematisiert wird – selbst darin findet man eine quasi-englische Untertreibung, eine ruhige Subtilität, die dem Gebiet meiner Ansicht nach eine Art Nobilität verleiht.
Es ist für mich die ultimative Distillation des englischen Geists der Wildnis – augenscheinlich ganz anders als die Moore, in denen ich groß geworden bin, aber dann gibt es wiederum einige Parallelen dahingehend, dass da etwas Tristes unter der Oberfläche lauert, eine trostlose Erhabenheit und Millennien von Erinnerungen, die darin vergessen schlummern.
Bestimmte Orte oder Erfahrungen sprechen einfach zu einem und das war eindeutig einer dieser Momente, die als Katalysatoren für Kreativität dienen – ich MUSSTE etwas daraus machen.

Euer Debüt nennt sich „Oathbearer“. Was hat es mit diesem Titel auf sich und worum konkret geht es in den Texten?
Für mich repräsentiert er ein Konzept des Stoizismus, der Hingabe zu einem Zweck oder einer Lebensphilosophie und dass man sich daran hält. Es geht grundsätzlich um Prinzipien – sich eine Moral oder einen Handlungsrahmen für das eigene Leben zu setzen und sich danach auszurichten, egal, welche Herausforderungen oder Versuchungen einem im Weg stehen. Letztlich geht es um persönliche Entschlossenheit und innere Stärke, bestimmt durch Erfahrungen.
Lyrisch setzt sich dieses Album mit verschiedenen Interpretationen dieses Grundthemas auseinander – sich selbst treu zu bleiben, Selbstaufopferung im Angesicht von überwältigenden Hindernissen und verflochtene Zustände brutalen Jubels und reflektiven Schwermuts, der damit einhergeht. Wie bereits erwähnt sind das starke Themen in David Gemmells Arbeiten, die ich in FELLWARDEN transportieren möchte. Der Song „In Death, Valiant“ befasst sich direkt damit, aber auch „Guardian Unbound“ und „Wayfarer Eternal“ sprechen von Abwandlungen dieses Konzepts – von jenen, die ihre Leben dem Dienst und dem Schutz anderer verschreiben oder deren Sinn es ist, zu wandern und zu erkunden, die Risiken in Kauf zu nehmen und die Pfade zu definieren, die später andere beschreiten werden. Diese Themen sprechen uns alle an – den Erziehenden, den Gelehrten, den Lehrenden, den Forschenden, den Denker – jeder, der sich die Zeit nimmt, von den grauen, materialistischen Ablenkungen einer durchschnittlichen kulturellen Existenz im 21. Jahrhundert aufzusehen, wird sehen, dass viele dieser Konzepte zeitlos sind.

Ich habe das Gefühl, dass ihr in euren Kompositionen nicht wirklich auf einzelne, auffällige Melodien setzt, sondern vielmehr auf eine durchgehend dichte Atmosphäre. Würdest du mir da zustimmen und falls ja, was ist der Grund dafür?
Ich denke eigentlich schon, dass es ein paar große Hooks auf der Platte gibt, die mögen natürlich in der Atmosphäre verhüllt sein. Es sind keine „schnellen“ Melodien, falls das Sinn macht – ich habe nicht viel Zeit für verspielte Melodielinien, wenn ich versuche, Musik zu kreieren, die eine bestimmte Art von Stimmung beschwören soll. Ich versuche, wogende Grundthemen zu entwickeln, die Zeit brauchen, um sich unter der Oberfläche zu entwickeln.
Natürlich ist der Schlüssel eine tiefe und fesselnde Atmosphäre, die die Platte wie ein Morgennebel umgibt, aber darin ist es genauso wichtig, die Melodien hervortreten zu lassen. Ich will nicht, dass es zu offensichtlich oder kurzfristig geht, die Themen der Songs sollen erkundet werden, damit sie sich langsam ihren Weg in die Gedanken des Hörers graben.

Welcher Track auf „Oathbearer“ bedeutet dir besonders viel und warum?
Sie alle sind mir wichtig, das kann ich nicht leugnen. Wenn ich allerdings dazu gezwungen bin, einen auszusuchen, dann würde ich wohl sagen, dass „Sorrowborn“ für mich über den anderen steht – es ist der Abschlusstrack des Albums und wurde mit dieser Intention geschrieben. Ich wollte eine Stimmung der Reue erzeugen, des verzweifelten Zurückdenkens und der Resignation, die jemanden begrüßt, der – in den letzten Momenten seines Lebens – auf seine Existenz zurückblickt und eine trostlose, deprimierende Bilanz zieht. Es geht um den Ursprung – im Grunde genommen wird man aus Kummer geboren und darin enden wir auch wieder – und darum, ob wir das Fundament unserer Zeugung verdunkeln können.
Ich denke, musikalisch kommt das der Atmosphäre am Nächsten, die ich mit dem Song erschaffen wollte – ich halte die letzten paar Minuten immer noch für das atmosphärischste Stück Musik, das ich bisher in meiner Musikkarriere auf Band gebracht habe. Es ist eine wahre Einleitung zur Akzeptanz von Reue und Vergessenheit.

Was, denkst du, sind deine Stärken und Schwächen als Musiker?
Das ist eine schwer zu beantwortende Frage! Ich bin schon so lange in diesem Business, da ist das etwas, das ich selten bedenke. Ich erinnere mich daran, dass das Konzept vom „besser“ Gitarre spielen für mich als Teenager eine Sache war – ich habe aber schon vor langem aufgehört, mir darüber Gedanken zu machen. Versteh’ mich nicht falsch, ich bewundere hochqualitatives Musizieren genau so wie jeder andere und es ist erstaunlich, wenn man jemanden mit hohen technischen Fähigkeiten sieht, wie er richtig loslegt. Aber mir war das nie besonders wichtig – ich persönlich war immer mehr am Prozess des Komponierens und des Songaufbaus interessiert. Solange meine Fähigkeiten für das ausreichen, was ich mit meiner Musik ausdrücken möchte, reicht es mir!
Also in puncto Schwäche könnte ich wirklich meine technischen Fähigkeiten verbessern – ich spiele schon seit mehr als 20 Jahren, aber meine Technik ist immer noch ziemlich furchtbar. Insbesondere bezüglich Leadgitarren, da bin ich ziemlich schlecht – mein Wissen in Bezug auf Tonleitern ist sehr begrenzt, die Position meiner Greifhand ist ziemlich peinlich, ich könnte noch mehr nennen. Ich habe schon Kinder zwischen 12 und 13 Jahren gesehen, die mich spielerisch übertreffen. Wir haben schon mit großartigen Künstlern die Bühne geteilt und manchmal fühle ich mich etwas wie ein Schwindler – manche dieser Typen können echt gut spielen und das spornt mich dann manchmal dazu an, ordentlicher zu üben und ein paar meiner Probleme anzugehen.
Um das wieder auszugleichen, würde ich sagen, dass ich mein eigenes Zeug ziemlich gut spielen kann! In Fen schreiben wir ziemlich eigentümlich – viele große, ungewöhnliche Akkorde und kleine Noten, die sich darin hier und da verstecken – und ich möchte gerne glauben, dass ich in diesem Kontext meinen eigenen Stil entwickelt habe. Ich denke auch, dass ich eher schnörkellos arbeite – so sehr ich meine eigenen Amps, meine Ausrüstung liebe (und ich habe Jahre damit verbracht, die eigens zusammenzustellen), sehe ich doch, dass das nicht immer praktisch ist und ich habe schon großartige Shows mit furchtbarer Ausrüstung gespielt. Ich denke, ich habe über die Jahre eine pragmatische Professionalität entwickelt, die ich als Stärke sehe.

Das von Adam Alain gestaltete Artwork sieht sehr malerisch und stimmungsvoll aus. Wie kam es dazu, dass ihr ihn damit beauftragt habt und habt ihr ihm dabei irgendwelche Vorgaben gegeben?
Nun, Adam macht alle Artworks für Fen, also war es eine natürliche Entscheidung, mit ihm über jenes für diesen Release zu reden, da wir generell sehr offen miteinander kommunizieren. Ich hatte eine sehr genaue Vorstellung davon, wie die Kompositionen auf dem Cover aufscheinen sollten, damit arbeitete er. Diese Erwartungen hat er sogar übertroffen und hat etwas wirklich Herausragendes kreiert – es fängt wirklich die Essenz der Platte ein.
Besondere Erwähnung sollte aber auch an das House Of Incantation gehen, für ihre großartige Arbeit am Design und Layout der Ästhetik dieses Albums – ihre Arbeit war ebenfalls unbezahlbar.

Mit Fen habt ihr zuletzt auf Code666 Records veröffentlicht, das Debüt von FELLWARDEN erscheint hingegen auf Eisenwald Tonschmiede. Warum und wie kam es dazu?
Um ehrlich zu sein, das hat sich über die Jahre einfach natürlich ergeben. Ich bin seit fünf Jahren in engem Kontakt mit Eisenwald, seit ich Nico, den Chef des Labels, bei einer Show in Arnheim traf (dazu muss gesagt werden, dass wir danach die restliche Nacht extrem viel zusammen getrunken haben). Eisenwald hat das erste Fen-Album auf Vinyl veröffentlicht und dabei sehr gute Arbeit abgeliefert, also hatte ich schon lange den Gedanken, in Zukunft zusammenzuarbeiten. Nico und ich waren und sind (natürlich) noch regelmäßig in Kontakt, als also die ersten FELLWARDEN-Demos entstanden, schrieb ich ihm, um zu fragen, was er davon hielt. Er reagierte sehr positiv und so entwickelte sich das halt. Ich denke, die Ästhetik hinter Eisenwald passt zu 100 % zu FELLWARDEN, also war das wirklich ganz natürlich.

Werdet ihr als FELLWARDEN auch live auftreten?
Momentan haben wir diesbezüglich keine Pläne. Ich würde es im Hinblick auf die Zukunft nicht ganz ausschließen, aber das ginge nur, wenn wir ein gutes Angebot bekommen würden – schließlich müssten wir mindestens drei andere Individuen rekrutieren, damit wir das Material live umzusetzen, und wir bräuchten viel Zeit, um die Songs zu üben und sicherzugehen, dass wir sie richtig präsentieren können. Es bräuchte Zeit, Geld und Mühe, um das durchzuziehen, also wäre das nicht einfach nur ein Gig für Freunde in einem lokalen Pub oder sowas. Es müsste etwas Besonderes sein, vielleicht auf einem Festival und die richtige Atmosphäre wäre sehr wichtig – da, wo wir jetzt stehen, mit gerade mal einem Album und einer eher kleinen Gefolgschaft, ist es wohl unwahrscheinlich, dass wir ein derartiges Angebot in nächster Zeit bekommen werden. Aber man weiß ja nicht, was die Zukunft bringt!

Habt ihr vor, FELLWARDEN in Zukunft auch so kontinuierlich fortzuführen wie Fen oder wird es eher nur bei einem Nebenprojekt bleiben?
Da es ein recht neues Projekt ist, ist das schwer zu sagen – momentan brennt die kreative Energie in FELLWARDEN sehr hell, also werden wir für absehbare Zeit weitermachen. Das zweite Album ist sogar schon geschrieben und die Aufnahmen haben schon begonnen! Allerdings haben wir viel weniger Druck als in Fen – wir haben keine Verpflichtungen in Bezug auf Live-Shows, also können schreiben und aufnehmen, wann uns der Sinn danach steht. Ich habe das Glück, dass ich schon einige Zeit lang auf einer Welle der Inspiration und Motivation reite – lang möge sie andauern!

Gehen wir zum Abschluss noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming durch:
Stadt – Land: Beides moderat. Kontraste sind wichtig.
Spiritualität: Frieden und Verständnis.
Volkssage: Interessant und mysteriös.
Atmosphäre: Grundlegend für Musik.
Brexit: Überwältigend dämlich, aber schmerzlich vorhersehbar.
FELLWARDEN in fünf Jahren: Headliner auf dem Hellfest mit einem 70 Personen starken Orchester und Chor.

So, dann nochmals vielen Dank, dass du mit uns dieses Interview geführt hast. Die letzten Worte gehören dir:
Danke, Leute, für ein interessantes Interview! Ich würde eure Leser dazu drängen, so bald wie möglich eine physische Version von „Oathbearer“ zu erstehen – begleitet uns auf einer Wanderung durch die Klippen der Fjelle, während der Wind über unsere Haut peitscht und Geschichten lang vergessener Helden in den dunkelsten Winkeln der Landschaft widerhallen…

Publiziert am von Stephan Rajchl

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