Interview mit 10.XIXt von Farsot

Fast vier Jahre ist es her, dass sie mit ihrem Album „IIII“ Aufsehen erregten – nun sind FARSOT mit einem neuen Album zurück, und dürften damit mehr denn je polarisieren: „Insects“ heißt das gute Stück, das die einen als „hypnotisch“ feiern, die anderen als „glattgebügelt“ verachten werden. Band-Leader 10.XIXt zeigte sich im 666. Metal1-Interview trotz der ein oder anderen kritischen Frage auskunftsfreudig und ehrlich – doch lest selbst…

Viel Stress mit Promotion-Arbeit? Teilt ihr euch die Interviews auf, oder ist das alles deine Aufgabe?
Nein eigentlich nicht. Interviews zu geben bedeutet ja nicht zwangsläufig Stress. Ja, wir teilen die Interviews meistens untereinander auf, beantworten aber auch viele gemeinsam. Zum Einen aus Zeitgründen, zum Anderen sind wir eine Band. Jeder hat seine eigene Meinung über bestimmte Fragen oder ist fähig diese am passendsten zu beantworten. So kann z.B. der Sänger wohl am besten zu Fragen über Lyrics etc. Rede und Antwort stehen.

Euer Album „Insects“ ist jetzt, nach langer Zeit und diversen Verzögerungen erschienen – ist euch ein Stein vom Herzen gefallen? Im Endeffekt waren es jetzt ganze vier Jahre, die ihr die Leute habt „warten lassen“ – habt ihr für die Komposition und Aufnahme so lange gebraucht, oder was hat euch aufgehalten?
Viele haben bereits angemerkt, dass der Zyklus zwischen den beiden Veröffentlichungen doch recht lang war. Nun, wir haben in der Zeit zwei Touren und jede Menge Einzelgigs gespielt. Das hat stets einiges an Zeit für Vor- und Nachbereitung gekostet. Zudem geht jeder von uns einer Arbeit / einem Studium nach und hat evtl. Familie. Wenn man die Zeit, die für all diese Faktoren abgezogen werden muss, in den Entstehungsprozess von “Insects” einfließen lässt, dann bleiben effektiv noch 1,5 Jahre, die wir konstant an diesem Album gearbeitet haben. Die Verzögerungen, die sich zwangsläufig ergeben, bis ein Album dann schlussendlich im Laden steht, sind völlig normal und waren absolut auszuhalten, uns ist dennoch ein großer Stein vom Herzen gefallen, als wir das Endresultat dann endlich in den eigenen Händen halten durften.

Darf man also mit einer kürzeren Zeitspanne bis zum nächsten Album rechnen? Habt ihr schon etwas Material dafür?
Ein Album braucht so lange, wie es nun mal braucht. Wir nehmen es erst auf, wenn wir 100%ig damit zufrieden sind. Viele Bands setzen sich durch einen recht dichten Veröffentlichungszyklus zu schnell musikalische Grenzen. Es kommt ganz darauf an, wie der Songwritingprozess für das folgende Album verläuft. Das kann man schlecht pauschalisieren. Material, welches explizit für ein kommendes Album verwendet werden soll, gibt es noch nicht. An dieser Stelle möchten wir noch keine weiteren Einblicke gewähren.

Ok, bleiben wir im hier und jetzt – bei eurem aktuellen Album „Insects“. Fangen wir „aussen“ an, beim Layout. Bei den Kommentaren unter dem Artwork auf eurer Facebook-Seite habe ich gesehen, dass das Bild bereits von einer anderen, unbekannten Band verwendet wurde. Wusstet ihr das?
Ja, das haben wir durch Zufall gesehen. Es gibt ja immer ganz Eifrige, denen einfach überhaupt nichts entgeht. Wer weiß, vielleicht gibt es weiterhin gleiche Songtitel oder gar ganze Liedpassagen, welche Anderen extrem ähnlich sind. Wir erfahren es dann über Facebook. Uns persönlich stört es zumindest überhaupt nicht, da wir mit unserem Artwork vollkommen zufrieden sind.

Zumindest „beweist“ das ja, dass das Bild nicht für „Insects“ entstanden ist, was ich immer insofern schade finde, als dass es meines Erachtens nach immer einen etwas faden Beigeschmack hat, einfach ein fertiges Bild zu nehmen und zum Artwork zu machen. Warum denkt ihr, passt ausgerechnet dieses Bild perfekt zu eurem Werk
Gut, das ist eine Meinung. Die lassen wir voll und ganz gelten. Nur haben wir nicht einfach irgend ein Bild genommen und auf unser Cover projiziert, ohne uns vorher darüber Gedanken zu machen. Zum Einen strahlt das Bild eine enorme Ästhetik aus und transportiert durch seinen erdigen, ruhigen, fast hypnotischen Charakter optimal die Grundstimmung des Albums. Zum Anderen passt es perfekt zum Albumkonzept, welches einen abgründigen Vergleich zwischen unserer Spezies und den Insekten darstellt (später mehr dazu).

Ich persönlich finde es ja etwas bieder und Standard… von dem meiner Meinung nach relativ platten „Maden-Link“ zum Albumtitel abgesehen, könnte das Bild meines Erachtens nach genauso gut auf Alben jedweder Musikrichtung oder Band zu finden sein… Habt ihr nicht das Gefühl, einen Aspekt eurer Kunst zu vernachlässigen, wenn ihr kein „eigenes“ Artwork kreiert? Ich meine, das Cover einer CD ist ja schon immer nochmal ein recht mächtiges Register, das man als Band ziehen kann…
Das ist alles recht subjektiv zu betrachten. Wir haben uns Gedanken gemacht, welches Cover das Album wohl am besten widerspiegeln würde. Dann kam uns die Idee mit den anatomischen Zeichnungen, welche wir alle als absolut passend empfanden. Wir manipulierten die Zeichnungen durch Einbindung der Insektenthematik. Speziell für dieses Album sind diese Grafiken für uns nicht mehr wegzudenken.
Wir denken auch nicht, dass es unserer Kreativität einen Abbruch getan hat, nur weil wir für dieses Album-Artwork auf bereits vorhandene Vorlagen zurückgegriffen haben. Diese Zeichnungen eigneten sich einfach perfekt für unser Vorhaben, wenn man sich z.B. die Grafik über den Lyrics zu “Withdrawal” im Booklet des Digipaks genauer anschaut, wird schnell klar, dass es hier eine extrem spannende Verbindung zwischen den Texten, den Zeichnungen, den Manipulationen und der Musik gibt.
Zudem kennen und schätzen die meisten unserer Hörer unseren künstlerischen Anspruch, den wir auch auf diesem Album nicht einfach ad acta gelegt haben.

Wenn ich nicht irre, waren auf eurer Myspace-Seite zwischendurch Grafiken zu sehen, die moderner wirkten, eher im Stile von Secrets Of The Moon’s „Privilegium“-Layout. Warum der Richtungswechsel?
Die erste Cover-Idee (wurde bereits im Februar diesen Jahres verworfen), bestehend aus lediglich dem zweiten im Arigato-Pak abgebildeten Insektenkreis zzgl. Insects-Logo (fyi: ist ohne Logo auf dem Rückendruck vom Shirt), ging nicht mit den Vorstellungen des Labels konform.
Der Entwurf hatte übrigens recht wenig mit dem “Privilegivm”-Artwork zu tun und sollte auf Myspace vordergründig als “Lebenszeichen” dienen. Mittlerweile sind wir aber heilfroh über die Entscheidung, das gesamte Cover-Konzept nochmals überarbeitet zu haben.

Im letzten Interview mit Metal1.info hast du bezüglich eurem letzten Album, „IIII“, gesagt: „Es sei erwähnt, dass die gelisteten Titel lediglich Kompromisstitel sind, welche aus bürokratischen Gründen zu vergeben waren“ sowie, auf das Artwork angesprochen, „Auch hier wurde uns gewissermaßen ein bürokratischer Riegel vorgeschoben“.
Was sind „bürokratische Gründe/Riegel“, die eine Band mit einem liebevoll ausgearbeiteten Konzept wie dem euren dazu veranlassen, sich ausgerechnet bei den Namen ihrer Stücke beziehungsweise gar des Albums zu Kompromissen hinreißen zu lassen?

Die bürokratischen Gründe bei “IIII” waren ganz einfach die, dass man Titel für Tracks vergeben muss, um sie auf Musicload, iTunes, etc. listen zu können. Wir wollten unsere Songs nicht einfach alle “untitled1 – untitled7” nennen. Darum haben wir uns damals für die Titel “Thematik: Angst”, “Angst-Tod” etc. mehr oder weniger entscheiden müssen. Deshalb tauchen die Songnamen auch nicht im Booklet auf.
Der Albumtitel ist ja auch nicht “IIII” sondern schlicht die Grafik auf dem Cover. Das lässt sich im Internet nur schlecht katalogisieren. Das sind Kompromisse, welche man, wenn man solche, leicht abgedrehten, Ideen hat, einfach in Kauf nehmen muss. Das hat nichts damit zu tun, dass wir uns zu Kompromissen hinreißen lassen mussten.
Aber dazu sind ja Interviews da – um die eigentliche Intention des Künstlers zu erfahren. Vielleicht haben wir das Thema damals etwas seltsam umschrieben.

Das war dieses Mal also anders?
Diesmal mussten wir keine derartigen Kompromisse eingehen, da das Album einen Titel hat, sowie ausschreibbare Tracknamen.

Wie bereits mehrfach erwähnt, heißt das Album „Insects“. Was bedeutet der Album-Titel für dich, und warum glaubst du, ist der Titel der Richtige für das Album?
Das war der erste Titel der mir in den Sinn gekommen ist. Er ist direkt, prägnant und lässt dennoch genügend Raum zur Eigeninterpretation offen. Zudem gibt er keine Richtung vor, sondern lässt beim ersten Lesen nur Fragen aufkommen, warum gerade dieser Titel gewählt wurde und was er im Zusammenhang mit dem Album bedeutet.

„IIII“ war ja ein Konzeptalbum über die menschliche Psyche… womit versucht man, dieses komplexe Thema zu toppen? Worum geht es auf „Insects“?
(A.d.Red: Die Texte lagen für das Interview leider nicht vor)
Inhaltlich sind wir viel tiefer in die Thematik eingetaucht, als man sich vorzustellen vermag. Ich möchte sogar soweit gehen und sagen, dass ich mich diesem Konzept wesentlich intensiver widmete als dem vom Debüt. Das Album stellt, wie bereits erwähnt, einen Vergleich zwischen Mensch und Insekt auf. Es stellt dem Hörer Fragen, wie “Inwiefern ist der Mensch Insekt?”, “Degradiert sich der Mensch durch seine Verhaltensweisen nicht selbst zum sogenannten Ungeziefer?”, “Ist der Mensch wirklich die Krone der Schöpfung, die er von sich behauptet zu sein?” und “Ist nicht etwa das Insekt das überlebensfähige Subjekt im Kampf ums Überleben?”. Mit diesen Fragen konfrontiert “Insects” seinen aufgeschlossenen Hörer, welcher bald feststellen wird, dass der Mensch im Vergleich zu den Insekten wahrlich keine guten Karten in der Hand hält.

Ich nehme an, dass einer Band, die viel Wert auf ihre Texte legt, diese auch als einigermaßen wichtiger Bestandteil ihrer Kunst erscheinen. Was denkst du, wie viele Hörer sich wirklich mit euren Texten befassen… und, Hand aufs Herz: Bei wie vielen CDs, die du dir kaufst, liest du selbst die Texte nach?
Ich denke und hoffe, dass gerade bei Bands wie FARSOT die Texte für den Zuhörer von großer Bedeutung sind. Gerade wenn ein Konzept hinter dem Album steckt, finde ich es persönlich sehr spannend, die Lyrics mitzulesen. Ich muss zugeben, dass ich mir nicht alle Texte durchlese, da ich viele Konzepte als überzogen bewerte und ich dann lieber die Musik sprechen lasse. Zudem hört man ja, was gesungen wird (vielleicht fällt mir das als Sänger leichter zu differenzieren) und kann sich über das Hören einen Eindruck über die Sprachgewalt einer Band verschaffen. Es gibt jedoch auch viele Bands, bei denen es unabdingbar ist, sich mit den Texten auseinanderzusetzen.
(Negativbeispiel: Sarke – Vorunah, Positivbeispiel: Mastodon – Crack the Skye).

Die Texte liegen mir wie gesagt nicht vor, den Titeln nach zu urteilen, sind sie jedoch alle auf Englisch – im Gegensatz zu euren bisherigen Texten. Was hat euch zu diesem Schritt bewogen, und wo siehst du Vor-, vielleicht aber auch Nachteile?
Klarer Nachteil ist, dass einige unserer “Fans” deutsche Texte erwartet haben, demzufolge sehr enttäuscht sind und den englischen Texten auch keine Chance einräumen wollen. Das ist eigentlich sehr schade, denn ich denke, dass englische Lyrics der Thematik wesentlich besser zu Gesicht stehen. Man muss sich nur darauf einlassen wollen. Die deutsche Sprache ist extrem hart. Englische Lyrics gaben uns zum ersten Mal den nötigen Freiraum, etwas zu experimentieren. Bei deutschen Texten ist es schwierig, den Grad zur arg zurechtgeschusterten Lyrik nicht zu übertreten, wenn Du verstehst, was ich meine. Für uns gab es jedenfalls keine Option auf deutsche Texte für dieses Album. FARSOT haben sich durch die deutschen Texte jedenfalls nicht eigenständig gemacht, wo es doch mittlerweile sehr viele Bands mit recht brauchbaren deutschen Lyrics gibt und für uns ist es schlicht eine Form von Weiterentwicklung, ein frischer Wind, nach 12 Jahren mal mit englischen Vocals zu arbeiten.

War das auch ein Schritt der im Hinblick auf eine bessere internationale Vermarktbarkeit gegangen wurde?
Nein, daran haben wir nie gedacht. FARSOT ist und wird nie ein Verkaufsschlager werden. Weder hier, noch im Ausland. Dafür interessieren wir uns zu wenig für geltende Konventionen.

Apropos Vermarktung: Nachdem ihr mit eurer „042103freitod“-Demo bekannt geworden seid, wurdet ihr bei „IIII“ ja überall gefeiert und als die neue deutsche Black Metal-Hoffnung gefeiert. Dieses Mal erscheint es mir hingegen überraschend still um euren neuen Release – zumindest ich habe das Gefühl, dass der Promotion-Fokus eures Labels grade wo anders liegt (Alcést sind groß im Kommen, Lantlôs haben ein neues Album, etc…). Siehst du das genauso, oder bilde ich mir das ein?
Darüber kann man nur mutmaßen. Wir haben keinen Überblick über die Vermarktungsstrategien unseres Labels. Möglicherweise liegt es an der Scheibe an sich. Vielleicht ist “Insects” zu anders.
Klar, die Erwartungshaltungen nach “IIII” waren entsprechend hoch. Aber hat man allen Ernstes “Thematik:Trauer Part II” von uns erwartet?! Vielleicht hat man das und wir haben viele Hörer somit enttäuscht. Aber das ist im Grunde genommen doch alles nicht so wichtig. Die Hauptsache ist, dass es uns gefällt (viele Rezensenten finden das Album übrigens ebenfalls grandios) und wir können von uns behaupten, unser ganzes Herzblut in diese Scheibe gesteckt zu haben und sind mit dem Ergebnis vollkommen zufrieden.

Das Streamen eines kompletten Albums scheint derzeit ja in der Mode zu sein, sei es nun bei euch oder bei Metallica… glaubst du, diese Taktik geht auf, und die Leute hören auf youtube rein, und kaufen sich das Album dann, oder ist es nicht viel eher so, dass die Leute es nur dort hören, oder mitschneiden?
Ich meine, irgendwie wirkt diese Strategie etwas krude – da wird einerseits alles getan, damit die Songs nicht vorab geleaked werden, die Presse bekommt die personalisierten mp3s erst am Releasetag, und gleichzeitig stellt das eigene Label das komplette Album in guter Qualität ins Internet…?

Das ist ein Thema, welches mein Interesse überscheitet. Je mehr Leute das Album hören, desto besser. Wer das Album physisch haben möchte, kauft es sich. Das ist in unserem Genre glücklicherweise noch üblich. Ansonsten sind die Streams Labelpolitik und darauf haben wir ohnehin keinen Einfluss.

Ok, kommen wir auf den Aufnahme-Prozess zu sprechen: Euer Debüt-Album habt ihr ja mit V. Santura aufgenommen, dieses Mal habt ihr im Prophecy-Haus-Und-Hof-Studio „Klangschmiede E“ von Markus Stock gearbeitet.
War das eure Entscheidung, oder ist es bei Prophecy Productions einfach Standard, dass früher oder später jeder bei Markus Stock landet?
Und wenn ersteres: Warum habt ihr euch gegen eine weitere Zusammenarbeit mit V. Santura entschieden?

Klar ist Markus der Hausproduzent von Prophecy, aber sie haben uns nicht gezwungen, sein Studio aufzusuchen. Die Entscheidung, dieses Album im Studio E aufzunehmen, lag ganz allein bei uns. Viktor hat einen Super-Job auf “IIII” gemacht, keine Frage. Nur wollten wir diesmal einfach ausprobieren, wie uns Markus\‘ Sound bekommt. Wir finden den Sound sehr gelungen und absolut passend. Er ist sehr differenziert und nicht zu aufgeplustert. Mit etwas Abstand gibt es im Nachhinein an jeder Produktion etwas zu bemängeln – vor allem, wenn es die Eigene ist. Aber das ist schlussendlich doch nur Haarspalterei. Vielleicht probieren wir beim nächsten Album ja wieder ein anderes Studio aus. Wer weiss…

Wo liegen deiner Meinung nach die Haupt-Unterschiede in der Arbeitsweise, wie auch im Resultat?
Für uns war es diesmal etwas bequemer, da sich das Studio E nur eine Stunde von unserem Heimatort entfernt befindet und man „mal fix hinfahren“ kann. Markus ist super entspannt und hat die Gabe, jeder Band einen individuellen Anstrich zu verpassen – obwohl böse Zungen das Gegenteil behaupten, was völlig aus der Luft gegriffen ist. Bei den Aufnahmen zu “IIII” haben wir viel improvisiert, da sich Viktors Studio noch in Kinderschuhen befand. Was allerdings sehr spannend und mitunter auch extrem witzig war. Aber im Großen und Ganzen sind die Abläufe in jedem Studio nahezu identisch.
Ein großer Unterschied für uns war, dass die meisten Songs wesentlich frischer waren. Als wir “IIII” aufnahmen, hatten einige der Songs schon ein paar Jahre auf dem Buckel.

Um kurz auf die „bösen Zungen“ einzugehen: Ein bisschen sehe ich schon auch das Risiko, dass zu viele Bands, die in eine vergleichbare Richtung gehen, über den gleichen Kamm geschoren werden, und so die soundtechnische Vielfalt abnimmt…
Diese Meinung teile ich nicht. Die Musik macht einzig und allein den Unterschied. Der Sound ist nur die Nuance, die das musikalische Schaffen in seinem individuellen Glanz erstrahlen lässt. Ich kann unmöglich Werke von z.B. Helrunar, Secrets Of The Moon, Geist (Eis) und FARSOT soundtechnisch miteinander vergleichen. Jedes Album (bei manchen Genannten mittlerweile mehrere) hat seinen individuellen, von der Band gewünschten Sound. Das sollte für den – nicht mal aufmerksamen – Zuhörer mehr als offensichtlich sein. Alles andere ist reine Kopfsache.

Ich persönlich finde beispielsweise, im Vergleich zum Vorgänger klingt „Insects“ soundtechnisch überraschend brav und glatt. Eine Einschätzung, die du so unterschreiben könntest, und wenn ja: War das ein bewusster Schritt? Wo siehst du generell die Unterschiede zwischen „Insects“ und „IIII“?
Das liegt daran, dass die Songs teilweise nicht so harsch und ungestüm sind, wie auf dem Debüt. Musikalisch gesehen hat sich ja auch einiges verändert. So wurden die Lead-Gitarren zurückgeschraubt und dem Bass mehr Freiraum gegeben, es gibt Instrumentale und viele ruhige, teils psychedelische Passagen. “Insects” ist spielerisch auch wesentlich diverser als “IIII”. Somit benötigten wir logischerweise einen “cleaneren” Sound. Die fertige Produktion passt optimal zu dem erdigen, leicht doomigen, von der Presse als “hypnotisch” bezeichneten Charakter des Albums.

Ihr habt auf dem Album einige Male mit Film-Samples gearbeitet, wenn ich nicht irre… Aus welchem Film oder welchen Filmen stammen die Zitate, und warum habt ihr ausgerechnet diese ausgewählt?
Die Samples entstammen einer Dokumentation namens “The Hellstrom-Chronicles” aus dem Jahr 1971. Das Spannende hierbei ist die Melange aus Fiktion und Dokumentation, in der ein paranoider Wissenschaftler dem Zuschauer anhand seiner Beobachtungen der Spezies “Insekt” beweisen will, dass der Mensch den Kampf ums Überleben verlieren wird und sich bereits dabei befindet, ihn zu verlieren.

Kommen wir zum Abschluss: Wenn du das Album in einem Satz beschreiben müsstest – wie würde er lauten?
Das tief-erdige, abgründige und detailverliebte Album “Insects” ist die logische Fortführung des hohen musikalischen Anspruchs einer Band, welche sich nicht von geltenden Genre-Konventionen beeindrucken lässt.

Ok, das war dann meine letzte Frage, danke dir für die Geduld mit dem zugegebenermaßen langen Fragenkatalog. Wenn du noch etwas loswerden willst, hast du dazu jetzt die Gelegenheit:Vielen Dank für die ehrlichen Fragen. Ansonsten: Licht aus, Kopfhörer auf, Volume-Regler nach rechts. “Insects” hören und “IIII” – zumindest für den Moment – vergessen.

Ich habe für die ausführlichen und ebenso ehrlichen Antworten zu danken!
Wenn es dir recht ist, würde ich das Interview an dieser Stelle gerne mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden.
Was fällt dir zuerst ein, wenn du die folgenden Begriffe hörst:

Lulu: Schräg bis unhörbar (leider nicht nur durch Lou Reed)
Insekt: Mensch
Thomas Gottschalk: Insekt
Rettungsschirm: Regenschirm
Metal1.info: Online-Metal-Mag
Freitod: 042103
Black Metal: Darkthrone

Vielen Dank nochmals!

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