Interview mit Erik Cohen

Mit „Weisses Rauschen“ haben Erik Cohen und Band das lang ersehnte zweite Studioalbum veröffentlicht. Im Gespräch mit uns stand der Sänger Rede und Antwort zur Entstehung des Albums, persönlichen musikalischen Einflüssen, seiner Vorgängerband Smoke Blow und den Inhalten seiner Songs.

Erik Cohen LogoNach dem vielgelobten Debüt „Nostalgie für die Zukunft“ und einem knappen Jahr Wartezeit hast du jetzt dein zweites Soloalbum „Weisses Rauschen“ veröffentlicht. Wieso fiel die Wahl auf diesen Titel?
Der Titel steht für eine bestimmte innere Ruhe, die ich beim Ausarbeiten und späteren Hören der neuen Songs spürte. Und für das endgültige Ankommen in einer neuen künstlerischen Welt.

Und wie zufrieden bist Erik Cohen - Weisses Rauschendu ehrlicherweise mit dem Endprodukt? Gibt es etwas, dass du aus jetziger Sicht anders machen würdest?
Nein, ich habe das Album – ohne Übertreibung – mittlerweile über 200-mal angehört und bin sehr zufrieden. Ich wollte genau diese Platte machen und glaube, dass ich sie mir auch in 5 Jahren noch anhören kann, ohne dabei zu denken, dass ich dieses und jenes nicht mehr mag oder anders hätte machen sollen.

Die Band ist ja nach dir benannt. Wie werden die Songs erarbeitet? Bist du hauptverantwortlich für die Texte und Musik oder geht das alles Hand in Hand?
Ich arbeite die musikalischen Grundgerüste in den allermeisten Fällen selbst aus und bin hauptverantwortlich, wenn es um das Songwriting und die abschließenden Texte geht. Denn alles soll zu 100% mich als Erik Cohen repräsentieren. Allerdings entstehen die Songs durchaus in einem Gang-Modus. Sie werden live im Proberaum mit meinen Bandkollegen ausgearbeitet, die ihre individuellen Vorlieben natürlich mit einfließen lassen. Die geben mir dann auch bescheid, wenn ich mich mal verrenne. Unser Gitarrist Späthi hat für dieses Album einige geile Riffs geliefert. Dazu ist unser Bassmann Björn intensiv in alle Studioarbeiten involviert und kniet sich tief mit in die Produktion rein.

Die Inhalte deiner Songs erzählen meiner Meinung nach Geschichten aus dem Leben, die jeder von uns schon mal erlebt haben könnte. Wie wichtig sind diese Inhalte für dich und was möchtest du dem Hörer übermitteln? Stecken eventuell persönliche Erfahrungen dahinter?
Es stecken immer persönliche Erfahrungen dahinter, jeder Text ist ein Stück aus dem Leben gegriffen. Allerdings bemühe ich mich hier individuell interpretierbare Flächen anzubieten, sodass der Hörer oder die Hörerin Teil des kreativen Prozesses werden kann. Man muss sich hierauf aber natürlich einlassen wollen.ErikCohen01

Mir persönlich ist der Eröffnungssong „Hier ist nicht Hollywood“ positiv im Gedächtnis geblieben. Jetzt Hand aufs Herz: Welcher der neuen Titel ist dein persönlicher Favorit und warum?
Einen eindeutigen Favoriten rauszupicken, fällt mir schwer. Ich mag viele Songs der Platte aus unterschiedlichen Gründen.  „Hollywood“, „Neues Blut“ oder „Nur ein Herzschlag“ gehören auf jeden Fall dazu, aber ich finde keinen Song minderwertig.

Als Genrebezeichnung kann man zum Beispiel auf deiner Facebook-Seite „Doompop“ lesen. Ein gewisses Augenzwinkern scheint da auch im Spiel zu sein. Wie kam es zu dieser Bezeichnung?
Der Begriff ist mir mal während eines Live-Konzertes im Kieler Orange Club eingefallen, als ich „Dirigent“ angesagt habe. Ich fand ihn ganz treffend und habe das dann als (in der Tat nicht bierernst gemeinte) Kategorisierung beibehalten, um selbst eine  Schublade aufzumachen, in die man gerne gesteckt wird.

ErikCohen02Neben Rockmusik verbindest du auch Pop, Wave oder Metal-Elemente in deinen Songs. Darüber hinaus habe ich an Ambient erinnernde Strukturen oder Jazz-Parts herausgehört. Welche Künstler oder Bands würdest du als Vorbilder oder Einflüsse benennen?
Meine natürlichen Einflüsse reichen von Bands wie Danzig, Type O Negative, The Cult, Life Of Agony oder Alice In Chains bis hin zu Lana Del Rey, Depeche Mode, frühen NDW-Sachen, klassischem Wave-Rock usw., das ist stilistisch vielfältig und lässt sich nicht so einfach einsortieren. Ich habe über die Jahre vielleicht so runde 50 Alben bis ins Mark verinnerlicht, die für meine (mehrdimensionale) musikalische Sozialisation stehen und von großer Wichtigkeit für mich sind.

Der Stil, den Erik Cohen verfolgt, steht in einem auffälligen Kontrast zu deiner ehemaligen Band Smoke Blow. Nicht nur im Bezug auf die musikalische Ausrichtung, sondern auch den Wechsel zur deutschen Sprache. Warst du es leid ausschließlich brachiale Härte unter die Menschen zu bringen? Wie entstanden diese Veränderungen?
Das war der ganz natürliche Drang, mich mal komplett frei von jeglichen Erwartungen und Genre-Grenzen austoben zu wollen und alles zuzulassen, worauf ich Bock hatte. Etwas für mich frisches zu machen und mich künstlerisch neu zu beweisen und zu entwickeln. Dass das dann mit Smoke Blow wenig zu tun haben würde, war eigentlich klar. Denn diese Platten habe ich ja nunmal schon gemacht und in dem Rahmen auch alles gesagt. Ich mag es nicht sonderlich, mich zu wiederholen. Es ist ja auch früher schon so gewesen, dass ich mich von Album zu Album neu orientiert habe und wir auch mit Smoke Blow stilistisch nicht sonderlich berechenbar waren.

Neben dem aktuellen Namen Erik Cohen habe ich im Zusammenhang mit Smoke Blow desöfteren in Bezug auf deine Person Jack Letten gelesen. Sicherlich kann man diese Änderung auch mit der stilistischen Umorientierung begründen. Aber sind beides nur Künstlernamen oder ist einer davon dein bürgerlicher Name?
Beides sind Kunstfiguren, die Übergange von Fiktion zur Realität sind dabei aber natürlich fließend. Jack Letten ist mehr die  dreckige Rampensau, Erik Cohen eher der zurückgelehnt-melancholische, aber neugierig suchende Charakter. Beide sind musikalische Outlaws und tragen auf ihre Art den Punkrock-Gedanken im Herzen.ErikCohen03

Bereitet dir als Musiker die Arbeit im Studio oder das Gefühl eines Liveauftritts mehr Freude? Gibt es im Bezug auf das eine oder andere eine besonders lustige oder prägende Erinnerung?
Am liebsten bastle ich an neuen Songs. Das Hochgefühl, wenn einer am Ende so richtig schön aufgeht, ist einfach toll. Manchmal sind die Wege dorthin allerdings so weit, dass ich auch auf sie verzichten könnte. Live-Auftritte haben aber auch ihren Reiz und stimmungsvolle Abende, wie wir sie vor einigen Tagen z.B. in Berlin und Hamburg erlebten, geben mir viel mit und motivieren mich.

Ok, dann danke ich dir an dieser Stelle für das Interview. Wenn du nichts dagegen hast, würde ich es an dieser Stelle gern mit dem traditionellen Metal1.info-Brainstorming beenden. Was fällt dir spontan zu folgenden Begriffen ein:
Kieler Sprotten: Fisch ist mein Gemüse.
Silvesternacht in Köln: Die Würde des Menschen ist unantastbar.
David Bowie: Ein großer, rastloser Künstler mit maßgeblichen Impulsen für die Popkultur.
Der schönste Ort in Kiel: Jenseits des Kanals.
Fußball oder Handball: Fußball.
Böhse Onkelz: Finden sich nicht in meinem Regal.

Die letzten Worte gehören dir – gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
Meine Platte ist in erster Linie für alle, die sich fürs Hören noch Zeit nehmen und auf Alben stehen. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit und Unterstützung.

Publiziert am von Christian Denner

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