Interview mit Mark Jansen von Epica

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Mit „The Holographic Principle“ haben EPICA der Symphonic-Metal-Gemeinde eine unglaublich facettenreiche, ambitionierte und ausschweifende Platte geschenkt. Bei den Sessions waren jedoch sogar noch mehr Songs entstanden, die die Niederländer nun kaum ein Jahr später auf der EP „The Solace System“ herausbringen. Im Interview hat Gitarrist Mark Jansen uns aus diesem Anlass unter anderem erzählt, was er für den Grund für den Erfolg von EPICA hält, warum er die Gitarren im Studio nicht selbst eingespielt hat und warum er gerne mal in Nordkorea auftreten würde.

Beginnen wir mit ein paar allgemeinen Fragen. EPICA gibt es nun schon recht lange. Inwiefern, denkst du, habt ihr euch als Band weiterentwickelt?
Die Stärke von EPICA liegt darin, dass wir gewillt sind, immer hart zu arbeiten, um uns weiterzuentwickeln. In den 15 Jahren, die es uns schon gibt, waren wir eine der am härtesten arbeitenden Bands überhaupt. Wir gehen auch immer an unsere Grenzen, wenn es um Songwriting geht. Wenn du die alten EPICA mit den neuen vergleichst, werden dir die Gemeinsamkeiten auffallen. Wir haben schon immer Orchestrierungen, Chöre, Grunts, eine Death-Metal-Basis und Simone eingesetzt. Aber wir haben unseren Sound über all die Jahre weiterentwickelt. Wir sind keinen beliebten oder kommerziellen Genres gefolgt und sind nicht weniger heavy geworden, ich denke, deswegen gibt es uns noch. Unsere Fans schätzen das.

Ihr seid mittlerweile eine richtig große Nummer im Symphonic Metal. Was glaubst du, wie habt ihr es geschafft, in der Hörerschaft so bekannt und beliebt zu werden?
Weil wir einfach immer das gemacht haben, was wir wollten, und unseren Herzen gefolgt sind. Ich bin sicher, dass das der Hauptgrund ist, deshalb lieben wir die Musik, die wir machen. Wenn du deine eigene Musik nicht zu 100 Prozent magst, funktioniert das meiner Meinung nach nicht.

Was sind deiner Meinung nach deine Stärken und Schwächen als Musiker?
Meine Stärke ist, dass ich quasi immer inspiriert bin, Musik zu schreiben und dass meine Musik einen gewissen Grad an Qualität hat. Meine Schwäche ist, dass ich nicht gerne probe und übe.

Erst 2016 habt ihr mit „The Holographic Principle“ einen Koloss von einem Album veröffentlicht, nun habt ihr mit eurer EP „The Solace System“ schon nachgelegt. Hat euch das mehr Energie abverlangt als eure sonstige Routine?
Wir waren in der bequemen Lage, dass wir zu viele Songs hatten. Wir wollten nicht, dass die Songs einfach nur als Bonus-Tracks auf „THP“ enden, also entschieden wir uns dazu, sie zusammenzufügen und als EP zu veröffentlichen.

Die EP setzt sich aus Songs zusammen, die es nicht auf das Album geschafft haben. Gab es da noch mehr, sodass ihr abermals selektieren musstet oder waren das dann alle?
Es gab noch viel mehr, aber die hatten wir (noch) nicht aufgenommen. Diese hier sind all jene Songs, die es nicht auf „THP“ geschafft haben, die aber schon aufgenommen waren. Die, die wir aufgenommen haben, waren alle tolle Songs und für das Album vorgesehen. Der einzige Grund, aus dem sie dann nicht auf der Platte gelandet sind, war der Mangel an Platz.

Ihr habt euch für diese Art der Veröffentlichung entschieden, weil ihr kein Doppelalbum machen wolltet. Warum eigentlich nicht?
Unserem Manager gefiel die Idee mit dem Doppelalbum nicht, also hatte er den Einfall mit der EP. Das war uns Recht, solange die Songs nicht einfach nur ordinäre Bonus-Tracks hier und dort werden würden. Die Songs waren einfach zu gut, um so zu verstauben. Ich finde es immer noch schade, dass eine Nummer wie „In All Conscience“ nach den Sessions zu „The Quantum Enigma“ als Bonus-Track verendet ist. Wir wollten nicht, dass das schon wieder mit Songs passiert, von denen wir denken, dass sie einen besseren Platz verdient haben.

Behandeln die Tracks lyrisch ebenso das Thema „virtuelle Realität“ oder kann man sie auch unabhängig von dem Konzept von „The Holographic Principle“ betrachten?
Die meisten der Tracks hängen nicht direkt mit dem Konzept des Albums zusammen, aber manche schon. Ein Song wie „Fight Your Demons“ hätte da auch gut reingepasst. Aber die meisten der Songs stehen lyrisch auf eigenen Beinen.

Die Orchestrierung des Albums ist um einiges umfangreicher ausgefallen. Ist das auch bei „The Solace System“ der Fall und falls ja, denkst du, dass sich das ausgezahlt hat bzw. dass das die Leute zu schätzen wissen?
Ja, es war genau dieselbe Herangehensweise wie bei den anderen „THP“-Songs, sie wurden nämlich in demselben Zeitraum aufgenommen, gemixt und gemastert wie „THP“. Die Leute wissen es wirklich zu schätzen, dass wir uns so bemüht haben, alle Instrumente live aufzunehmen.

Auf eurer letzten Platte hast du die Gitarren nicht eingespielt, auf der EP nun hingegen doch wieder, oder? Was ist der Grund dafür?
Ich habe mich auf die Texte konzentriert, während Isaac die Gitarren aufgenommen hat. Alle Songs wurden in ein und derselben Session aufgenommen, also habe ich auch die Gitarren für die EP nicht aufgenommen. Abgesehen davon, dass ich mit den Texten beschäftigt war, ist Isaac ziemlich schnell darin, die Gitarren aufzunehmen, er ist ein fantastischer (Studio-) Musiker.

Zu ein paar Tracks wurden auch offizielle Videos im Comic-Stil veröffentlicht. Wer hatte die Idee dazu und was war die Intention dahinter?
Coen hatte die Idee, Cartoon-Videos zu machen. Wir wollten mal etwas Anderes machen, etwas, das wir vorher noch nicht gemacht hatten. Sie wurden, während wir auf Tour waren, gemacht, was ein weiterer Vorteil war, da wir so unsere spärliche freie Zeit zuhause verbringen konnten, anstatt Videos zu machen. (lacht)

Welchen Track der EP findest du persönlich am besten und warum?
„Fight Your Demons“, weil es ein sehr kraftvoller Track ist und weil ich mit den Texten sehr zufrieden bin.

Insbesondere die Akustik-Ballade „Immortal Melancholy“ sticht hervor. Ich habe das Gefühl, dass ihr dabei besonders stark von klassischer Musik inspiriert wurdet, stimmt das? Wie seid ihr auf die Idee zu dieser Nummer gekommen?
Den Song hab ich zusammen mit unserem Produzenten Joost geschrieben. Wir haben uns in meinem Heimstudio zusammengesetzt und wollten beide etwas von Grund auf Neues machen. Da wir noch keine klassische Gitarrenballade in unserem Repertoire hatten, haben wir es mal damit versucht. Kurz nachdem wir angefangen hatten, fühlte es sich an, als würde sich der Song von selbst schreiben. Das ist ein großartiges Gefühl, wenn man einfach dem Fluss der Inspiration zu folgen. Ich war von Anfang an ganz begeistert von dieser Ballade und ich muss sagen, ohne Joosts Input wäre sie nicht so gut geworden. Es war ein beidseitiger Austausch von Ideen, die wir einander zugeworfen haben.

Seit „The Holographic Principle“ ist inzwischen schon eine Weile vergangen. Habt ihr schon eine Ahnung, wie es auf eurer nächsten Platte weitergehen wird?
Wir werden nach dem Sommer des kommenden Jahres über ein nächstes Album nachdenken, wenn wir mit dem Touren fertig sind. Bezüglich der Texte habe ich bereits eine Idee, in welche Richtung ich gehen möchte, aber musikalisch noch nicht. Momentan arbeite ich am dritten Album meiner anderen Band MaYaN. Da dies ein besonders wichtiges Album für MaYaN wird, arbeiten wir daran härter denn je. Wir gehen in etwa so an die Sache heran wie mit EPICA auf „THP“. Hoffentlich wird es die Fans von MaYaN überraschen, aber ich bin sicher, dass es auch vielen EPICA-Fans gefallen wird.

Was habt ihr sonst noch für Pläne für die nahe Zukunft von EPICA?
Bis September 2018 touren wir und wir haben für EPICA noch ein paar spannende Projekte geplant, zum Beispiel werden wir mit dem renommierten niederländischen Metrople Orchestra aufnehmen. Und es ist noch ein weiteres Projekt geplant, über das ich noch nicht viel sagen kann, aber es wird in naher Zukunft auch davon Material veröffentlicht werden. Kein volles Album, sondern etwas Anderes.

Zum Abschluss jetzt noch unser traditionelles Metal1.info-Brainstorming:
Lieblingsalbum: Dream Theater„Scenes From A Memory“
Bester Symphonic-Metal-Newcomer: Nicht gerade ein Newcomer, aber immer noch schnell wachsend: Insomnium
USA-Nordkorea-Konflikt: Was soll ich sagen… Werdet mal erwachsen! Ungeachtet dessen können wir mit EPICA hoffentlich in der Zukunft mal in Nordkorea spielen. Wir sind schon in Südkorea aufgetreten, im Norden auch zu spielen, wäre wirklich etwas Besonderes. Damals waren wir ja auch die erste internationale Metal-Band, die in Tunesien gespielt hat, also warum nicht? (lacht)
Extreme Metal: Emperor
Technologie: Ein Segen und ein Fluch, je nachdem, wie man sie einsetzt.
EPICA in fünf Jahren: Ich schaue nie weiter als ein Jahr voraus.

Dann nochmal danke, dass du uns ein paar Fragen beantwortet hast. Möchtest du unseren Lesern anschließend noch etwas mitteilen?
Danke vielmals, dass ihr dieses Interview lest und dass ihr uns all die Jahre hindurch unterstützt habt.

Publiziert am von Stephan Rajchl

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