Interview mit Mayhemic Destructor von Endstille

Die Kieler Black Metaller ENDSTILLE hatten stets mit Vorurteilen zu kämpfen – und haben sich dennoch an die Spitze des deutschen Black Metal gespielt. Nun kommt mit „Verführer“ das sechste Album in neun Jahren Bandgeschichte, welches wohl wieder polarisieren wird – diesmal aber vielleicht eher musikalisch. Pünktlich zum Release erzählt uns Schlagzeuger Mayhemic Destructor, wem er „Verführer“ empfehlen würde, wieso es Kiel nicht aufs Cover geschafft hat und wie es sich anfühlt, auf Festivals immernoch noch Mittags spielen zu müssen.

Wie sind die Pressestimmen denn bisher so ausgefallen? Seid ihr mit den Reaktionen zufrieden, oder interessieren sie euch überhaupt?
Die Promo läuft gerade erst an, noch gibt es nicht viele Reviews, aber die Leute fallen mal wieder vor Begeisterung um. Ist ja auch ne hammerfette Scheibe.

Ihr habt eurem neuen Album den Titel „Verführer“ gegeben… stand bei euch der an sich ja naheliegendere Titel „Endführer“ nie zu Diskussion?
Wieso sollte. Wer kommt denn auf so’nen Schwachsinn. Ergibt doch gar keinen Sinn… albern.

Bisher hatten die Titel ja immer etwas militärisches, so mancher sah die Albentitel auch in Zusammenhang, quasi nach der „Operation Wintersturm“ kam das „Fühlingserwachen“, mit diesem die „Dominanz“, die der „Navigataor“ nutzte, um „Endstilles Reich“ zu errichten. „Verführer“ will sich in diese Reihe nicht wirklich fügen. War diese Reihe reiner Zufall, und „Verführer“ kann deshalb nicht aus einer solchen fallen, oder stellt „Verführer“ in der Tat einen ganz neuen Abschnitt für ENDSTILLE dar?
Warum kann Endstilles Reich nicht durch einen Verführer geführt werden? Der Titel stand als erstes und war absolut passend. Verführer kann so vieles bedeuten. Und wer Navigator sagt, muss auch Verführer sagen. Der Titel fügt sich sich gut in die Reihe der Endstille Albentitel ein.

Die Texte von „Verführer“ liegen mir leider nicht vor – die Kaiser Wilhelm-Karrikatur auf dem Cover deutet aber zumindest an, dass es sich um den ersten WK dreht. Könnte man dies als übergeordnetes Thema ansehen, oder was soll das Artwork ausdrücken?
Der Text von Verführer geht um jegliche Verführer. Hat hauptsächlich was mit Macht zu tun. Und ja, der Schwerpunkt liegt natürlich auf dem ersten Weltkrieg und die Vorgeschichte.

Das Artwork der CD unterscheidet sich dabei ja schon sehr von den bisherigen Werken, die euere Alben zierten. Wo habt ihr dieses aufgetan – oder wurde es extra für das Album angefertigt?
Keine Ahnung woher wir das Bild haben. Cruor hat es irgendwo mal entdeckt. Es war sofort gebongt. Es ist eine Karikatur aus Zeit von Willi II.

Im Hintergrund des Artworks ist der Ausschnitt einer Deutschlandkarte abgebildet – jedoch ist der Ausschnitt genau so gewählt, dass eure Heimatstadt Kiel widererwarten nicht mehr im Bild ist – wieso?
Der Hintergrund des Covers ziert ein Karte der Herzogtümer Schleswig und Holstein. Damit wäre dann auch der Lokalpatriotismus abgedeckt. Ein Hinweis auf den Song „Ursprung“. Wir wohnen seit vielen/einigen Jahren in Kiel. Aber Wachtfels und ich kommen eigentlich aus Husum und Schleswig, Cruor und Iblis aus Neumünster. Kiel ist also nicht unsere Heimat. Aber Lebensmittelpunkt.

Ihr seid mittlerweile eine der, wenn nicht die populärste Black Metal-Band aus Deutschland – dennoch müsst ihr auf Festivals wie dieses Jahr beim Summer-Nights immernoch zur Mittagszeit oder bestenfalls am frühen Nachmittag auf die Bretter.
Ich nehme mal nicht an, dass ihr euch das so gewünscht habt… woran liegt das also deiner Meinung nach?
Man sollte doch meinen, dass Publikumsmengen wie die beim letzten Summerbreeze-Gig zeigen, dass auch der deutsche Black Metal mittlerweile genügend Fans findet, um Headliner zu stellen?

Da frag mal einer den Veranstalter. Ich habe das auch heute so gelesen. Da war bei der Bookinganfrage anderes gesagt wurden. Aber es gibt eine gewisse Connection zwischen bestimmten Labels und bestimmten Bookingagenturen. Ich gehe mal davon aus, dass daher der Wind weht.

Zwischen dem letzten und diesem Release sind nur knapp eindreiviertel Jahre vergangen – wenn man bedenkt, wieviel Zeit für Aufnahmen, Mix und Produktion bis zum endgültigen Release vergeht, kann man sich ausrechnen, dass ihr wohl nicht länger als ein Jahr gebraucht habt, um das Material zusammen zu stellen – nicht sonderlich viel Zeit, wenn man es mit anderen Bands vergleicht.Warum ging es bei euch diesmal so schnell?
Wir proben halt recht häufig. Letztes mal musste ja auch erst der Rechtsstreit mitm Twilight-Vertrieb entschieden werden. Deshalb hatte sich der letzte Release auch verzögert. Neue Songs entstehen relativ schnell und werden dann mit der Zeit immer weiter ausgearbeitet. Diesesmal hatten wir dann ja auch von Regain einen Releaseplan vorgeschlagen bekommen. Dem haben wir zugestimmt und sind gleich ins Studio. Das Artwork stand ja soweit schon.

Das Album beginnt, nicht ganz überraschend, mit einem Sample („Das ist der Krieg“). Nach dem sebstbenannten GröFaZ höchstpersönlich klingt es nicht gerade… dennoch werden wohl einige auch hierin wieder eine Provokation sehen, ich denke, dessen seid ihr euch bewusst. War’s einfach mal wieder Zeit für eine kleine Provokation, oder gehört so etwas für euch schlicht zu ENDSTILLE dazu, vollkommen unabhängig von den Reaktionen aus gewissen Kreisen?
Und aus wessen Munde stammt dieser aussagekräftige Satz denn nun eigentlich?

Das ist nicht als Provokation gedacht. Hör Dir doch mal den folgenden Song an. Kein Krieg, oder was? Was selbsternannte Szenepolizisten und Political Correctness Fuzzies wieder rumnörgeln ist völlig egal und amüsiert uns…

Sehr charakteristisch ist ja der typische „ENDSTILLE-Sound“, zu dem auch das trockene, und, wie auf den älteren Alben stets stolz verkündet wurde, triggerlos eingespielte Drumming gehört. Hierzu hattet ihr, gemeinsam mit Koldbrann die „Anti-Trigger-Stop the Madness“-Kampagne ins Leben gerufen.
Mittlerweile findet man das Abzeichen nicht mehr auf euren CDs – sind Trigger doch nicht so schlecht, wie früher gedacht, ist euch die Kampagne einfach langweilig geworden oder hat das andere Gründe?

Es ist weder langweilig, noch sind Trigger toll. Es ist übrigens das erste Mal seit Einführung der Anti-Trigger Kampagne nicht auf der CD.

Nun ist es ja so, dass Bands, die sich stilistisch bzw. inhaltlich enge Grenzen setzen, schnell Gefahr laufen, sich zu wiederholen – fällt es doch mit der Zeit immer schwerer, mit den gleichen Mitteln noch neues zu erschaffen… Wie steht ihr zu diesem „Problem“ bzw. wie geht ihr damit um?
Hör Dir das Album an. Es gibt kein Problem. Keine Wiederholung, stetige Weiterentwicklung. Hört man doch.

Hier würde ich gerne auf „Endstilles Reich“ zu sprechen kommen, welches ich seiner Zeit in gewisser Weise als ersten Schritt gedeutet hatte, ENDSTILLE stilistisch etwas zu öffnen. Nun klingt „Verführer“ in meinen Ohren nach dem genauen Gegenteil: Traditioneller und typischer hätte ein ENDSTILLE-Album wohl nicht ausfallen können.
Gibst du mir recht, wenn ich sage, dass „Verführer“ mehr nach „Navigator“ als nach „Endstilles Reich“ klingt, und war es euer Ziel, wieder mehr in diese Richtung zu gehen?

Nein.

Wie würdest du jemandem, der noch kein ENDSTILLE-Album besitzt, jedoch prinzipiell für diese Art Musik zu begeistern ist, erklären, warum er sich von allen ENDSTILLE-Alben ausgerechnet für „Verführer“ entscheiden sollte?
Anhören!

Wie würdest du jemandem, der bereits das eine oder andere ENDSTILLE-Album beitzt, jedoch nicht alle, „Verführer“ schmackhaft machen? Oder, anders gefragt: Was bietet Verführer deiner Meinung nach, was man als Ergänzung zu sagen wir einmal „Dominanz“ und Navigator“ unbedingt noch gehört haben muss?
Ich bin Musiker und kein Marktschreier.

So, das wars dann auch schon wieder, die letzte Frage ist beantwortet. Willst du noch etwas loswerden, bevor wir zum Metal1-Klassiker kommen?
Nö.

Zum Abschluss noch in guter alter Tradition das Metal1.Brainstorming: Ich nenne dir sechs Begriffe, und du schreibst dazu, was dir als erstes einfällt:

Festivals: Sommer und Schlamm
Barrack Obama: Hussein
The Beatles: Wurzeln und Scheißfrisuren
Internet: lecker Viren
Vegetarier: Ich
Metal1.info: Metalmag

Live-Fotos: Moritz Grütz

Publiziert am von

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert