Anlässlich der Veröffentlichung von „Imperial Tzadik“ im April 2007 sprachen wir mit ELLIPSIS-Bassistin Fla Eklektika über das neue Album, Frauen im Metal, die Natur und Sauerkrautbier.
Hi Fla! Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses Interview nimmst. Wie geht es Dir?
Danke, bestens!
Viele Leser von metal1.info hören wahrscheinlich zum ersten Mal von Ellipsis; bitte stelle uns die Band doch kurz vor.
ELLIPSIS wurde 1996 geboren, das aktuelle Lineup besteht seit 1999. Wir haben drei Alben und eine MCD aufgenommen. Getourt sind wir mit Opeth, Arcturus, Nightmare.
Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album, ich halte es für absolut gelungen und habe die Höchstpunktzahl ausgeschenkt. Was für Resonanzen habt ihr bisher so bekommen?
Also, vielen Dank, und ich hoffe, dass du damit noch lange Spaß haben wirst. Die Resonanzen von den Leuten und von der Presse sind tatsächlich sehr gut (ich hoffe, das geht so weiter). Es ist sehr wichtig, solche Eindrücke zu bekommen, speziell wenn man facettenreiche und gehaltvolle Musik macht. Etwas, das kein Mainstream-Metal ist.
Gibt es etwas, das du nun, da das Album draußen ist, gerne noch ändern würdest? Oder bist du wunschlos glücklich?
Unser neues Album „Imperial Tzadik“ ist das Ergebnis langer Arbeit und musikalischer Erfahrungen. Wir haben unseren musikalischen Weg gefunden und unseren speziellen Stil beibehalten, während wir gleichzeitig unsere Kreativität wiederhergestellt haben. Und ich denke, dass wir auf diesem Album realisiert haben, was wir wollten. Aber es ist klar, dass wenn man ein Album aufnimmt, dieses nur eine Momentaufnahme darstellt, und natürlich hätten einige Sachen anders sein sollen – einfach deshalb, weil es wichtig ist, zu „wachsen“ und nie mit uns selbst zufrieden zu sein. Ellipsis verändert sich stetig, behält aber immer seine „Psycho-Identität“. Aber natürlich bin ich sehr stolz auf das Album.
Ich habe mir „Imperial Tzadik“ nun schon recht viele Male angehört und weiß immer noch nicht so richtig, wie ich euch einordnen soll. Wie würdest Du eure Musik bezeichnen? Oder hältst du „Genreschubladen“ generell für unsinnig?
Nunja, wir spielen Psycho Metal, eine Definition, die ich vor einiger Zeit aufgriff, weil unsere Musik von einem psychotischen Gefühl beeinflusst ist, das wiederum selbst unter vielen Einflüssen steht. Es ist außerdem irgendwie ein Witz, weil ich denke, dass die Stilsortierung im Metal heute nicht immer logisch ist bei der Vielzahl von Bands, die ihre Musik aus vielen verschiedenen Szenen zusammenstellen. Also erfinden die Leute teilweise ulkige Bezeichnungen wie „post-suicidal black metal“, die bis zu einem gewissen Zeitpunkt bedeutungslos sind, weil wir wissen, dass jeder von uns zu einem Lied oder einem Album etwas anderes fühlt.
Was drückt der Titel aus, bzw. wofür steht er?
Imperial Tzadik steht für die Dualität des Menschen. So gut und so böse. So schöpferisch und so zerstörerisch.
„Der Tzadik“ ist ein jiddisches Wort und bedeutet „der Führer“, „der Zeuge“. Der Gute, der mit seiner Vision von der Welt dafür sorgen kann, dass du dich änderst und Menschen um sich herum hilft, sich zu entwickeln.
Aber verglichen mit dieser Welt haben wir den Sadisten („sadique“ im Französischen). Zwei Worte, so ähnlich und doch so gegensätzlich.
Jedes Opfer ist auch ein Henker, „Unschuld ist keine Entschuldigung“. Hier kommt der Imperial Tzadik daher!
Was steckt hinter dem stimmigen Coverartwork? Gibt es eine Verbindung zu einem der Lieder?
Das Coverdesign repräsentiert den Song „The Witness Tree“. Dieser alte Baum war der Zeuge der Entwicklung einer großen Stadt, einer Art Metropolis. Nach vielen Jahren der Dekadenz ist er immer noch an seinem Platz, wird aber doch wie alles um ihn herum geopfert werden. Verloren im Grau des Himmels und in der Zeit, ohne Hoffnung. Aber du kannst dieses Bild auch ganz anders als ich empfinden, genau wie unsere Lieder.
Die Lieder auf „Imperial Tzadik“ stecken ja voller Details, die man vielleicht erst nach und nach entdeckt; außerdem habt ihr einige recht originelle Elemente in eure Musik integriert, beispielsweise die Stammesgesänge bei „Tribal Misericordia“. Habt ihr einen Hauptdenker, der sich das alles einfallen lässt oder trägt jeder seinen Teil zu den Liedern bei? Kurz: Wie funktioniert das Songwriting bei euch?
Die Basis für die Kompositionen bringt häufig Emmanuelson mit. Dann arbeitet jeder an seinen Teilen. Was solche Elemente wie die Stammesgesänge in „Tribal“ betrifft, wir hatten das auf einem Lied unserer MCD „Build the Nation“ und Emmanuelson hatte den guten Einfall, das wieder zu benutzen. Was den Rest der Arrangements angeht, da arbeiten Terje, unser Produzent, und jeder andere dran herum.
Eure Musik ist ja recht anspruchsvoll in dem Sinne, dass sie nicht leicht zugänglich ist und sich dem Hörer nicht gleich beim ersten Hördurchgang erschließt; trotzdem habt ihr euer Ding hier sehr konsequent durchgezogen. Hattet ihr Bedenken, dass eure Musik vielleicht für viele Hörer zu sperrig sein könnte oder wart ihr zu jedem Zeitpunkt felsenfest von eurem Schaffen überzeugt?
Wir sind uns unserer Andersheit bewusst und denken nicht, dass unsere Musik kompliziert ist. Ich denke, dass sie eher reichhaltig denn kompliziert ist. Vielmehr vereint die Gesangsmelodie jene Songs, die sich leicht einprägen. Warell Dane, Jorn Lande und Dan Swanö haben solche „einfachen Melodien“. Und jene Teile der Musik, die harte und melodische Parts vermischen, bringen den Zuhörer Lied für Lied in verschiedenartige und neue Landschaften.
Denkst du, dass die neuen Lieder live gut ankommen werden?
Die neuen Lieder werden gut aufgenommen, wie wir an den Reaktionen des Publikums sehen, das die Refrains mitsingt und das wir sprichwörtlich zum Platzen bringen. Wir haben die Songs so für die Bühne aufgearbeitet, dass sie nah am Album sind. Wir würden gern das ganze Album live spielen!
Wird man euch denn vielleicht in absehbarer Zeit auch mal in Deutschland live sehen können?
Vielleicht werden wir im Herbst nach Deutschland kommen und da spielen; zur Zeit warten wir auf Antworten von unserem Management. Es wäre eine Ehre für uns, dort zu spielen, denn das deutsche Publikum ist das beste auf der ganzen Welt. Ich war zweimal in Wacken, und das sprach für sich! *lol*
Gibt es Bands, mit denen ihr gerne mal auf Tour gehen würdet?
Sicher, es gibt viele Bands, mit denen wir gern mal spielen würden: Nevermore, Pain Of Salvation, Alice In Chains, Last Crack, Devin Townsend…
Wo liegen eure musikalischen Wurzeln? Wer beeinflusst euch?
Unsere musikalischen Einflüsse sind vielfältig: Nevermore, Devin Townsend, Dimmu Borgir, für mich Bill Frisell und Buckethead. Opeth, Tool, Pain of Salvation… vom Metal der 70er bis zum Grindcore. Wir lieben den Metal der 80er. Wenn’s gut ist, ist es was für uns! (lacht)
Habt ihr eine spezielle Beziehung zur Farbe Grün? Die Titel „Green Kommando“ und „Kingdom of Green and Hate“ lassen das irgendwie vermuten.
Die „grüne Welt“ ist für uns sehr wichtig. Wir sind „Stadtmenschen“ und brauchen die Natur. Die Bäume, die Erde und Himmel verbinden, sind das Tor zu einer unsichtbaren Welt. Die Welt der Natur ist extrem lebendig und empfindlich. Vielleicht wird es der Menschheit möglich sein, sich auf einem anderen Weg zu entwickeln als wir das heute tun, wenn wir lernen, die Bäume als bewusstseinsbesitzende Teile der Erde zu empfinden. Die Bäume, der Wald – sie halten so viel Kraft für den bereit, der sie erhört…
Wie sieht’s bei euch in Frankreich mit der Metalszene aus? Gibt es einen Untergrund mit reger Aktivität und wie stehen die Chancen für kleine Bands, nach oben zu kommen?
Die Szene ist sehr reichhaltig, dynamisch und kreativ. Ich glaube, die französischen Bands haben einen bestimmten Charakter und Originalität. So eine Art französischen Touch. Wir haben nicht unter internationalen Bands zu leiden. Malmonde, Veloce Hystoria, Scarve, Gogira, Kraggens, Nightmare sind sehr gute Bands…
Frauen in Metalbands sind ja auch heute beileibe kein gewöhnliches Vorkommnis; ist dann doch mal eine vorhanden, so nimmt sie häufig eine Sonderrolle als Einheizerin ein, da viele männliche Metalhörer vor der Bühne während eines Konzerts ziemlich triebgesteuert sind und oftmals eher auf eine Dame hören, wenn es z.B. um das Zeigen der „Pommesgabel“ ( m/ ) geht. Hast du ähnliche Erfahrungen gemacht, oder hältst du dich doch lieber im Hintergrund auf?
In der Tat, die weiblichen Sänger tragen die Bands vielleicht ein bisschen mehr, weil Frauen im Metal eben nicht so zahlreich vertreten sind und es fürs Publikum faszinierend ist, eine Frau an vorderster Stelle zu sehen – in jeder Richtung, extrem oder melodisch.
Andererseits muss ein Mädchen, wenn es Schlagzeug oder Bass spielt, viel draufhaben, da es manchmal eher danach eingeschätzt wird als ein Mann. Was mich betrifft, ich versuche ich selbst zu sein und halte mich nicht speziell im Hintergrund auf.
Nimmst du vielleicht auch intern eine besondere Rolle ein? Ich habe die Erfahrung gemacht, dass eine Frau die Band zusammenhalten und Streitereien besser schlichten kann als ein Mann, der das versucht ;)
Naja, eigentlich kann ich das nicht sagen, weil ich mir mit meinen Freunden auch nicht immer einig bin, einfach weil wir oft verschiedene Ideen haben! Aber ja, du hast Recht, ich mag keine Streitereien, also versuche ich zu schlichten. Aber wir sind sehr enge und sehr gute Freunde, deshalb ist es kein Problem, wenn es ab und zu mal zu Zusammenstößen kommt ;]
Zum Schluss kommt nun unser kleines Metal1.wortspiel daher! Nenne einfach die Sachen, die dir zuerst zu diesen Begriffen einfallen:
Elsass-Lothringen: Sauerkrautbier! (Vielleicht „das Bier, das ‚at so schön geprickelt in meine Bauchnabel“?; Anm. d. Red. )
Napoleon: Diktator
Dagoba: Französische Metalband
Vinyl: Ich liebe den Sound
Zinedine Zidane: Champion du monde!
metal1.info: Would you like to drink a bear with me ! ( sic! )
Fla, ich sage „Merci pour le interview“ und wünsche dir und Ellipsis alles Gute für die Zukunft!
Vielen Dank hat für das int sehr bald in Deutschland, das weiß? Bye bye !! (O-Ton)
F.L.A.