Die schwedischen Post-Rocker EF präsentieren dieser Tage mit „Ceremonies“ ein ausgesprochen interessantes Album. Grund genug, Schlagzeuger Niklas mal etwas auf den Zahn zu fühlen. Dieser gibt sich skandinavisch-untypisch recht auskunftsfreudig und berichtet über Farben, Bilder, Streicher, den Herbst als Veröffentlichungszeitpunkt, die Akzeptanz der Band in der Metalszene und warum die tiefsten Seen ideale Inspirationsquellen sind.
Hallo und vielen Dank, dass Du Dir Zeit für das Interview nimmst. Wie geht es Dir, alles ok soweit?
Hallo, wir sind gerade von einer zwanzigtägigen Tour durch Asien nach Hause gekommen und sind jetzt ziemlich kaputt. Außerdem leiden wir an dem „Post-Tour-Syndrom“, haha. Der Schlafrhythmus ist ziemlich gestört, Sehnsucht nach Alkohol und wunde Kehlen gleichermaßen, blöde Erkältungen und kräftigen Husten. Abgesehen davon ist alles super!
Herzlichen Glückwunsch zu Eurem neuen Album „Ceremonies“, es ist wirklich großartig! Aber bevor wir richtig anfangen, möchte ich Dich bitten, die Band kurz vorzustellen, es ist ja Euer erstes Interview mit Metal1.info
EF ist eine Musikgruppe aus Göteborg in Schweden und wir spielen jetzt seit etwa zehn Jahren zusammen. Viele Göteborger Musiker kamen und gingen in der Zeit, aktuell sind wir mit dieser Besetzung unterwegs:
Thomas Torsson – Gesang, Gitarre
Daniel Öhman – Gesang, Gitarre, Keyboard
Erik Gustafsson – Gitarre
Emanuel Olsson – Bass
Niklas Åström – Schlagzeug
Gut, dann lass uns mal über Musik reden. Ich denke, Eure Musik ist schon sehr besonders, woher nehmt Ihr die Inspiration dafür?
Oh, die klassische Frage. Normalerweise nennen wir da jetzt nicht zu viele Bands, weil wir einfach alle sehr viel unterschiedliche Musik hören. Aber natürlich gibt es Bands, die uns inspiriert haben, selber Post-Rock zu spielen, da wären beispielsweise Mogwai, Godspeed You! Black Emperor und natürlich die schwedischen Helden Cult Of Luna. Daneben beziehen wir Einflüsse aus dem täglichen Leben, der Natur, von Tieren, Filmen usw. Wenn wir neue Lieder schreiben, dann sprechen wir davon, als wenn sie Bilder wären und üblicherweise benennen wir sie nach Farben oder Bildern.
Wie arbeiten Musik und Text zusammen? Entstehen diese Bilder schon mit der Musik oder letztlich erst mit dem Text?
Wir schreiben Songs nie mit dem Text im Kopf. Wenn wir Musik erschaffen, lassen wir schon immer Raum für Texte, manche Teile passen da einfach besser als andere. Die Texte schreiben wir aber immer erst in letzter Minute oder sogar erst dann, wenn die Vocals aufgenommen werden. Verrückt, aber es funktioniert. Trotzdem wollen wir natürlich, dass die Texte die Stimmung des Songs perfekt rüberbringen. Du kannst nichts dazu zwingen zu funktionieren, wenn du nicht daran glaubst.
Warum habt Ihr den Vättern als Songthema ausgewählt? Ich war zweimal in Schweden und denke, dass es da wesentlich schönere Orte gibt…
Na klar! Da gibt es so viele schöne Orte in Schweden. Der Vättern ist der größte udn tiefste See bei uns. Sein Wasser ist sehr dunkel und kalt und unberechenbar. Am einen Tag kann er ganz still daliegen, aber aufgrund seiner Größe kann es am folgenden Tag richtig stürmisch sein. Unser Song dazu ist da ganz ähnlich: dunkel, kalt und ruhig am Anfang, aber er explodiert geradezu zu einem stürmischen Ende. So bekommen die Songs ihre Namen, man muss die Musik spüren, die Augen schließen, ein entsprechendes Bild erzeugen und den Song benennnen.
Es gibt viele Gastmusiker auf dem Album, vor allem Streicher und Blasinstrumente. Früher hattet Ihr einen festen Cellisten in der Band, wäre das für die Zukunft erneut denkbar?
Wir haben ja sehr viele String-Arrangements auf „Ceremonies“. Es ist so schön, die Streicher über die Melodien zu legen und ihnen so noch mehr Schönheit zu verleihen. Das braucht zwar eine Menge Zeit und so sind wir glücklich, dass Daniel das übernommen hat, seit er Teil der Band ist. Früher hatten wir Jonathan in der Band, er stieg nach der Tour zu „I Am Responsible“ im jahr 2009 aus. Trotzdem hat er weiter mit uns zusammengearbeitet, über „Mourning Golden Mourning“ bis hin zu „Ceremonies“ mit Joel und seiner Schwester. Ich denke, Streicher und Hörner werden immer ein wichtiger Teil von EF sein, auch wenn es sehr teuer ist, die Jungs mti auf Tour zu nehmen. Aber man kann ja nie wissen, haha.
Für mich klingt Eure Musik sehr abwechslungsreich. Welche Teile magst Du mehr, die ruhigen oder die richtig fetzigen?
Ich denke, jeder Teil braucht den anderen. Ohne die ruhigen Teile kömen die explosiven nicht so gut rüber. Die funkigen wären nicht so funky, wenn es nicht hier und da auch monotone Stellen gäbe. Es geht immer um Harmonie und Du musst immer an die Dynamik denken, wenn Du diese Art von Musik schreiben willst.
Gibt es noch Einflüsse aus der Zeit, als Ihr Hardcore gespielt habt?
Yeah, aber vielleicht nicht auf den Platten. Wenn wir live spielen, sieht man sicher unsere Wurzeln. Auf der Bühne haben wir manchmal einen richtigen Mosh-Pit, alles ist viel intensiver und explosiver, wenn man live spielt. Weißt Du, im Studio kriegt man diesen Adrenalin-Kick nicht ganz so gut hin, haha.
Wie würdest Du die Band nun im Vergleich zu “ Give Me Beauty… Or Give Me Death“ beurteilen? Hatten die Line-Up-Wechsel Einfluss auf Euren Anspruch, Musik zu machen?
Ja, sicher…als wir „Give Me Beauty…Or Give Me Death“ um 2005/2006 herum schrieben, waren wir ganz neu in der Szene. Wir liebten Explosions In The Sky und Mogwai und hatten nur das Ziel, ein episches Album zu schreiben, um eine Releasetour zu spielen. Lasst uns Europa anschauen! Lasst uns live spielen! Jetzt, da wir etwas älter sind, denken wir mehr über die Bedeutung der Songs nach, das Feeling, das sowohl die Fans als auch wir haben werden. Wir denken mehr über die Arrangements der Streicher nach, über die Hörner. Wir wollen andere Seiten an uns als Musiker entdecken und mehr mit den Instrumente, Beats usw. experimentieren. Und zusätzlich haben uns Erik und Emanuel verändert, als sie vor etwa zwei Jahren in die Band kamen. Natürlich nur im positiven Sinne, haha.
Was könnt Ihr bei Touren durch Europa beobachten: Sind da immer noch die gleichen Leute wie am Anfang oder habt Ihr über die Jahre neue Fans dazugewonnen?
Während der Zeit haben wir schon eine gewisse Fanbase aufgebaut. Wir haben viele Freunde gewonnen und es gibt eine Menge an Leuten, die wir schon fast zur Familie zählen. Es ist erstaunlich. Die Fanbase wird immer größer, vor allem, seit wir mit unseren letzten beiden Platten Aufmerksamkeit in der Metalszene bekommen haben. Schon lustig, wie man gleichermaßen von der Indie- / Alternative-Szene und der Metalszene beachtet wird, hoffentlich kommen die auch alle zu den Konzerten.
Bei zwei Shows in Deutschland werdet ihr mit den Punk Rockern Turbostaat spielen. Kennt Ihr Euch schon und wie kamen den Shows zustande?
Tatsächlich haben wir die Band schon bei ihrer Releaseshow in Flensburg unterstützt. Wir waren etwas besorgt, wie deren Fans auf unsere Musik reagieren würden, aber es hat perfekt funktioniert und wir hatten eine großartige Zeit. Seitdem stehen wir in Kontakt und wollten immer mal wieder zusammen spielen. Bis jetzt hat es nie geklappt, jetzt aber schon.
Was hört Ihr privat so, ich nehme an, es beschränkt sich nicht auf Post-Rock…
Ich glaube, keiner von uns hört öfter als ab und zu Post-Rock…ich weiß, dass Daniel viel klassische Musik hört, vielleicht kommt daher sein Interesse für die Streicher?!? Der Rest von uns hört alles von Metal über Hip Hop bis zu Indie-Kram.
Habt Ihr den Herbst absichtlich als Veröffentlichungstermin ausgewählt?
Das kann man durchaus so sagen! Der Sommer ist ein wirklich blöder Zeitraum, alle sind auf Festivals unterwegs oder im Urlaub. Wir sind im Frühjahr nicht fertig geworden und der Winter ist zum Touren wirklich scheiße, also halt Herbst. Und ich denke, die Musik kann die meisten Herbstdepressionen heilen. Oder…?!?
Ein paar Worte zum Artwork: im Gegensatz zu der ernsten Musik wirkt es etwas albern. Es erinnert mich etwas an „A Crimson Cosmos“ von Euren Landsmännern Lake Of Tears. Welche Intentionen hattet Ihr dabei?
Das Artwork ist ein Teil einer Geschichte, die „Mourning Golden Mourning“, „Delusions Of Grandeur“ und „Ceremonies“ miteinander verbindet, eine Trilogie eben. Die Bilder stammen vom schwedischen Illustrator Staffan Larsson, wir bewundern seine Arbeiten sehr. Wir wollten etwas, das einem 70er-Jahre-Kinderbuch nahe kommt. Etwas progressiv, aber nicht zu sehr auf einem LSD-Trip. Viele warme Farben und in geweisser Weise geheimnisvoll. Die sonstigen Artworks im Post-Rock sind oft scheußlich und völlig uninspirierend.
Wie schon früher, gibt es kein Booklet. Warum gibt es zur Schönheit der Musik nicht ebensolche Bilder?
Wir heben uns die für unsere Vinyl-Veröffentlichungen auf. Wenn wir je eine Best-Of machen, dann verspreche ich ein fettes Booklet. Bis dahin…sind Texte und andere schöne Dinge in den Vinyl-Covern zu finden.
Sigur Rós sind ein großer Einfluss für Eure Musik, das sagt Ihr selber oft in Interviews. Werdet Ihr gerne mit ihnen verglichen?
Da kümmern wir uns eigentlich nicht wirklich drum. Es ist eine Ehre, mit Helden wie Sigur Rós verglichen zu werden oder mit Mogwai oder Godspeed You! Black Emperor. Aber wir sind einfach glücklich, wenn die Leute UNSERER Musik Aufmerksamkeit schenken. Ja und wenn sie dann denken, dass die Musik super ist und Gemeinsamkeiten zu unseren früheren „Göttern“ finden, dann ist es für uns ein schöner Bonus.
Versteht Ihr denn, dass Ihr oft miteinander verglichen werdet? Vielleicht weil der Sound recht ähnlich zu dem von Sigur Rós auf ihren letzten Alben ist?
Sigur Rós sind so groß und sie können, was immer sie wollen; sie haben das Geld, sie haben die Musiker, sie haben die Möglichkeiten. EF können niemals ein so majestätisches Album wie Sigur Rós machen. Aber wir können ein majestätisches EF-Album schreiben und wir glauben, genau das getan zu haben. Und das glauben unsere Fans auch, wenn ich das richtig einschätze und das ist das Wichtigste.
Ok, beenden wir das Interview mit einem kurzen Wortspiel, Deine ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen:
Schweden im Herbst: erst schön, später wirklich ätzend
Wahlen in Deutschland: das habe ich nicht wirklich verfolgt, da wir in Asien waren
Konzerte in Europa: herrlich
Post-Rock: Bitte! Entwickle dich weiter!
Prips Blå: Wasser
Ok, danke dann noch einmal, dass Du meine Fragen so geduldig beantwortet hast. Die letzten Worte gehören Dir.
Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um allen zu danken, die das Interview gelesen haben, die sich „Ceremonies“ angehört haben und die zu unseren Shows kommen. Bringt Eure Freunde und Lieben mit und wir werden zusammen eine geile Zeit haben. Ohne Euch sind wir nichts!