Interview mit Cryvas von Dzö-nga

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„The Sachem’s Tales“, die zweite Platte von DZÖ-NGA ist in vielerlei Hinsicht ein bemerkenswertes Album: Unterstützt von der neuen Sängerin Grushenka hat der ehemalige Einzelgänger Cryvas Black Metal mit Folk und Klassik gekreuzt und sich textlich den Mythen der amerikanischen Ureinwohner gewidmet. Was es mit dem seltsam anmutenden Bandnamen auf sich hat, welche Geschichten im Zuge des Albums erzählt werden und warum der Großteil der Musik auf dem Keyboard eingespielt wurde, erfahrt ihr neben anderen Dingen im folgenden ausführlichen Interview.

Guten Tag und vielen Dank, dass du uns ein paar Fragen beantwortest. Wie geht es dir?
Cheers und danke für euer Interesse. Die Dinge laufen gerade super. Unsere CDs kommen langsam in ihren neuen Heimen an und es ist sehr aufregend, zu sehen, wie sich die Leute darüber freuen. Es gibt nichts Besseres, als mit derlei Fotos in deiner Facebook-Inbox aufzuwachen. Außerdem haben die Vorbestellungen zur LP-Version von „The Sachem’s Tales“ gerade angefangen, das ist ziemlich spannend.

DZÖ-NGA war ursprünglich dein Soloprojekt, stimmt’s? Was war deine Intention hinter dem Projekt?
Ja, mein anfänglicher Gedanke war es, ein einzelnes Album zu kreieren. Das nahm seinen Anfang mit dem Konzept – ich habe eine Vorliebe für Gebirgslandschaften und Mythologie und stieß zufällig auf die Legende von DZÖ-NGA, während ich etwas über Kangchenjunga las, einen Berg im Himalaya, dem nachgesagt wird, dass er einen mächtigen Dämon beherbergt. Mein Musikstudio nahm damals gerade Gestalt an und ich hatte noch keine richtige Beheizung darin, also hörte ich im Winter 2015/16 angemessen kalte Musik wie Paysage D’hiver und Ethereal Shroud. Ich habe eine tibetanische Klangschale, die ich manchmal zur Meditation nutze, all diese Begebenheiten brachten mich also auf die Idee, mit einem noch nie dagewesenen Projekt eine Platte zu schaffen, die Mythologie, Ethno-Musik, Meditation und eine wüste, kalte Atmosphäre inkorporiert. Ich nahm „Five Treasures Of Snow“ innerhalb von ungefähr vier Monaten auf (einen großen Teil davon bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt) und veröffentlichte es selbst im Mai. Ich hatte nicht wirklich viel Publikum erwartet, immerhin ist das Album selbst für ein Nischen-Genre experimentell – den Platz von Drums nahmen Glocken, klimpernder Bass und die Klangschale ein. Diesbezüglich gehen die Meinungen auseinander.

Du hast ursprünglich Black Metal gespielt, inzwischen sind auch Elemente auf Ambient und Folk enthalten. Wie kam es zu dieser Entwicklung?
Die stilistische Entwicklung richtete sich nach dem Konzept. Ich hatte das Glück, dass Black Noise Records, die sich auf exotischen Black Metal spezialisiert haben, einen Flyer zu der Platte genommen und daraufhin eine Auflage von 50 CDs herausgebracht haben. Eine davon landete bei Avantgarde Music, die Interesse daran zeigten, entweder „Five Treasures“ erneut zu veröffentlichen oder ein ganz neues Album herauszubringen. Ich habe Musikethnologie an der Universität studiert und hatte das Gefühl, dass die Kultur Nordamerikas noch nicht genug erforscht war. Ich vermute, die Sache, die „The Sachem’s Tales“ am meisten beeinflusst hat, war Henry Wadsworth Longfellows Epos „Das Lied von Hiawatha“. Meine Aufmerksamkeit bewegte sich also weg von desolaten Winterlandschaften hin zu grünen Wäldern, also führte ich Folk-Elemente ein. In diesem neuen Album sind verschiedene, einander gegenüberstehende Kräfte am Werk, die ich in Einklang zu bringen versucht habe: Black Metal gegen Klassik und Folk ist der offensichtlichste Gegensatz, doch dieser ergibt sich aus subtileren Dichotomien. Die Balance aus dem Männlichen und Weiblichen ist sowohl für die Musik als auch für die Geschichte relevant und wird Fans der Post-Metaller Isis wohl geläufig sein. Trauer und Hoffnung sind in jedem Song anzutreffen, sei es in der dualen Erzählung auf „To The Great Salt Water“ oder Liliths engelsgleichem Gesang auf „Halle Ravine“. Durch diese neuen Elemente gibt es viele Spannungen auf dem Album und ich bin sehr erfreut darüber, dass einige Kritiker erkannt haben, was für eine Welt ich für den Hörer erschaffen wollte.

Hattest du schon vor DZÖ-NGA Erfahrung als Musiker?
Ich kreiere schon solang ich denken kann Musik, aber die genaue Anzahl der Jahre wäre wohl irreführend. Mit drei Jahren habe ich angefangen, das klassische Klavier zu lernen, in der Highschool kamen dann noch Schlagzeug und Orgel dazu und schließlich auch die Gitarre. Leider entstammt der Großteil meiner Veröffentlichungen Soloprojekten, da es nirgends bei mir in der Nähe eine richtige Musikszene gibt. In den letzten vier Jahren habe ich unter verschiedenen Namen sechs Alben geschrieben und aufgenommen, darunter die zwei von DZÖ-NGA. Eines davon habe ich mit Aaron Maloney (der die Drums auf „The Sachem’s Tales“ beigesteuert hat) und einem richtig guten Gitarristen neu aufgenommen, was sehr gut geklappt hat. Aus persönlichen Gründen habe ich nicht annähernd genug Aufwand für die Promotion der Platte betrieben, aber das werde ich wohl bald wieder aufgreifen. Hoffentlich werde ich durch meine Arbeit mit mehr Musikern in Kontakt kommen. Kürzlich haben mich beispielsweise Sorrowseed (der Hauptband von Lilith, bei der sie singt) eingeladen, sie diesen Sommer auf ihrer Nordamerika-Tour zu supporten und das war eine tolle Erfahrung.

Was ist dir das Wichtigste, wenn du einen Song schreibst?
Ich behandle jeden Song wie eine Reise. Jeder hat einen Start- und einen Zielpunkt und es gibt unendlich viele Wege, um um von einem zum nächsten zu gelangen. Bei einem Album wie „The Sachem’s Tales“, das ein zusammenhängendes Konzept hat, ist das Songwriting eine delikate Angelegenheit. Die Tracks müssen an den richtigen Stellen aufgeheizt und gedrosselt werden, damit es sich nicht unausgeglichen anfühlt. Eine Klimax, die in einem Song zu groß ausfällt, kann zu Beginn des nächsten ein Vakuum erzeugen, während zu viel zuckersüßes Folk-Gedudel einem Song seinen Schwung nehmen kann. Ich versuche, Tracks zu kreieren, die sich abheben, die sich einprägen, sodass man, wenn sie vorbei sind, sagen kann: „Ich mochte den Song, der dies oder das hatte“. Es enttäuscht mich, wenn ich mir ein Album anhöre, bei dem ich mich danach zwar daran erinnern kann, dass ich es mochte, aber an keine konkreten Momente oder wie viele Nummern es waren. Letztlich geht es um die Balance zwischen der individuellen Identität der einzelnen Songs und deren Beitrag zur ganzen Platte.

Welche Bands und Musiker haben dich als Künstler beeinflusst?
Die Einflüsse von DZÖ-NGA kann man oft sehr gut heraushören. Auf „Five Treasures“ waren das vor allem Paysage, Weakling, aber auch neuere Bands wie The Great Old Ones und Rorcal. Das aktuelle Album ist unter anderem eine Hommage an Wolves In The Throne Room, Windir, Agalloch, Emperor, Ulver und Opeth. Ich weiß noch, dass ich mal wollte, dass DZÖ-NGA die nordamerikanische Antwort auf Saor wird. Es gibt aber auch weniger offensichtliche Einflüsse. Die Art-Sludger Giant Squid aus San Francisco kommen mir da in den Sinn, ihr eklektischer Ansatz beim Songwriting fasziniert mich schon seit einer Dekade. Wer ein Album mit genialer Bildsprache sucht, sollte sich mal „The Ichthyologist“ anhören. Raphael Weinroth-Brownes Cello-Kompositionen für Musk Ox und The Visit sind wunderschöne Beispiele für Harmonie und Ausdruck. Natürlich bin ich auch von klassischer Musik beeinflusst, Hector Berlioz und Gustav Mahler sind vermutlich ganz oben auf meiner „Meistgehört“-Liste. Durch Mastodons „Leviathan“ und „Blood Mountain“ und Isis’ „Oceanic“ und „Panopticon“ habe ich mich in Konzeptalben verliebt. Die Klagelieder von Ahab und My Dying Bride, die erhabenen Keyboards und das gesangliche Wechselspiel von Nightwish… Man findet Stückchen von jedem Teil der musikalischen und geographischen Welt.

Inzwischen hast du mit Grushenka eine Sängerin als festes Mitglied ins Boot geholt. Wie und aus welchem Grund kam es dazu?
Grushenka ist der Wahnsinn. Sie ist eine seltene Kombination aus Bodenständigkeit und felsenfester Überzeugung von dem, was sie tut. Wir haben uns auf einem Konzert von Wolves In The Throne Room getroffen, als ich gerade nach Massachusetts gezogen war. Dass sie nun für DZÖ-NGA singt, ist eigentlich purer Zufall. Ich hatte im Winter mit Lilith darüber gesprochen, ob sie den weiblichen Gesang auf der Platte übernehmen will, aber sie hat viele Projekte und reist sehr viel, also ist es schwer, sie zu erwischen. Im Februar riefen Avantgarde Music an, weil sie das Album im Frühling herausbringen wollten, und ich hatte schon länger nichts von Lilith gehört, also bekam ich Panik. Grushenka hatte erwähnt, dass sie daran interessiert sei, zu singen, als wir uns bei einem Auftritt von Mayhem wieder gesehen hatten, also rief ich sie an und wir trafen uns zu einer Aufnahme-Session, um zu sehen, wie es läuft. Sie traf den Nagel auf den Kopf, was zugegebenermaßen überraschend war, sodass wir beide der Meinung waren, dass sie dem Album eine tolle neue Dimension verlieh. Wir machten ein Fotoshooting und ich lud sie ein, ein permanentes Mitglied zu werden – das gibt mir Zuversicht, denn nun kann ich die Parts mit dem Wissen, was sie drauf hat, schreiben. Jedenfalls hatte ich das Album schon fertig, als Lilith mir wieder mailte, um zu fragen, wann ich ihren Gesang aufnehmen wollte. Die Antwort war „sofort“ und sie schaffte es, das zeitlich einzurichten. „Halle Ravine“ hatte ich noch gewissermaßen beiseitegelegt und noch nicht entschieden, ob es instrumental oder mit Gesang sein sollte. Lilith hat es dann schließlich zu etwas sehr Einprägsamem gemacht. Das alles klappte also wie ein Wunder und ich denke, dass sich aus beiden Beziehungen noch viel Gutes entwickeln wird.

Dein Bandname DZÖ-NGA bezieht sich auf einen Dämon aus der Mythologie der amerikanischen Ureinwohner, nicht wahr? Was genau hat es damit auf sich und warum hast du dich für diesen Namen entschieden?
DZÖ-NGA bezieht sich noch auf das vorherige Album, das auf den lokalen Legenden um den Kangchenjunga basiert. Die Geschichte geht aus einigen Texten und wissenschaftlicher Literatur hervor: Die Sikkim-Tradition besagt, dass ein Dämon (manchmal beschrieben als physische Kreatur wie etwa der Yeti) auf der Spitze des Berges lebt und bei jeder Expedition ein Menschenleben nimmt, als Bezahlung dafür, dass die anderen den Gipfel sicher erreichen. Das würde erklären, warum der Kangchenjunga der historisch tödlichste Berg der Welt war. Da „Five Treasures“ eigentlich eine einmalige Sache sein sollte, benannte ich das Projekt einfach nach ebenjener Entität, ohne lange über das Marketing nachzudenken. Ich glaube, anfangs kauften es nur acht oder neun Leute über Bandcamp. Einer davon kommentierte, dass der Name „wie ein Wort, mit dem die Typen bei Big Bang Theory Titten bezeichnen, klingt“. Ich weiß nicht, ob das besser oder schlechter als die Tatsache ist, dass jemand mal sagte, unser Bandfoto erinnere ihn an eine Werbung für ein Mittel gegen erektile Dysfunktion.

Obwohl du DZÖ-NGA erst 2016 gegründet hast, ist „The Sachem’s Tales“ bereits dein zweites Album und es gab auch schon eine EP. Wie schaffst du es, so schnell neue Musik umzusetzen?
Ich verbringe unverhältnismäßig viel Zeit damit, Musik zu schreiben. Das war schon so, als ich noch ein Kind war. Gerade habe ich ein orchestrales Konzeptalbum mit Five Treasures Of Snow aufgenommen, ich kann also immer zwischen den zwei Projekten wechseln, wenn ich von einem davon eine Pause brauche. Dass ich mein eigenes Studio habe, treibt das Ganze zusätzlich voran – ich kann Ideen aufnehmen und später auf sie zurückkommen, stetig Dinge verfeinern und mich wochenlang zurückziehen, wenn ich an einer Sache dran bin. An manchen Tagen gehe ich um 9.00 Uhr ins Studio und wenn ich das nächste Mal auf die Uhr schaue, ist es schon dunkel. „Upon The Shimmered Bough“ wurde in vier Tagen geschrieben und aufgenommen, zwischen den Sessions für ein Filmmusikprogramm, und wurde zugegebenermaßen etwas halbgar. Ich habe es nochmal überarbeitet, es soll im Winter auf ein Compilation-Album. Trotzdem kreiere ich gar nicht so viel Musik im Vergleich zu anderen Bands im Bereich des Atmospheric Black Metal – schau dir mal Kalmankantaja oder Hermodr an, die bringen vier- oder fünfmal pro Jahr eine neue Platte raus. Ich bin mir nicht sicher, ob die Typen überhaupt essen oder schlafen.

Wo siehst du die größten Unterschiede zwischen deinem Debüt und deinem neuen Album?
Das emotionale Setting ist ziemlich unterschiedlich. „Five Treasures Of Snow“ ist eine sehr einsame Platte. In einem Review wurde sie „unversönlich offenbarend“ genannt, dem stimme ich zu. Die Klangschale ist ein Instrument zum höheren Bewusstsein und das Album soll den Hörer isolieren und ihn auf einer Reise in sein Inneres begleiten. Die Geschichte von „Five Treasures Of Snow“ handelt davon, dass man den Gipfel erreicht, um auf DZÖ-NGA zu treffen und dahinter das Tal der Unsterblichkeit zu erreichen. Auf „The Sachem’s Tales“ geht es hingegen um geteilte Erfahrungen. Der Titel des Openers „Midewiwin Lodge“ bezieht sich auf ein zeremonielles Schwelgen, im Zuge dessen Geschichten zwischen Generationen geteilt werden. „To The Great Salt Water“ und „A Seventh Age Of Fire“ beinhalten vielfältige Gesangsstile, die verschiedene Erzähler repräsentieren, und „The Witching Meadow“ ist so arrangiert, dass jedes Instrument mal ein Solo hat, so als würden viele Musiker miteinander interagieren.

Gibt es einen Song auf deinem neuen Langspieler, der dir besonders gefällt? Falls ja, welcher und warum?
Ich komme immer wieder zu „Against The Northern Wind“ zurück, mehr als zu jedem anderen der Tracks. Es basiert auf einer großartigen Geschichte und ich denke, die Musik bringt das gut rüber. Das ominöse Intro, Blizzard-artige Strophen mit Grushenkas entfernten, wehklagenden Vocals und die donnernde Auflösung wirken sehr stimmig zusammen. Aarons Drumming ist hier außerdem mit das interessanteste auf dem Album, wie er zum Beispiel Zweier- und Dreier-Rhythmen auf dem China-Becken spielt, um eine bedrohliche Spannung aufzubauen, die in der Klimax entfesselt wird. Der Track beinhaltet alle Elemente, die DZÖ-NGA ausmachen, ist aber trotzdem der kürzeste der vier Haupttracks. Außerdem fühlt es sich majestätisch an, das Orgel-Outro zu spielen.

Auf „The Sachem’s Tales“ befasst du dich mit der Mythologie der amerikanischen Ureinwohner. Worum geht es im Detail?
Jeder Song auf „The Sachem’s Tales“ ist eine traditionelle Geschichte der Anishinaabe – daher der Titel der Platte. „To The Great Salt Water“ erzählt, wie zwei Liebende bei der großen Migration nach Westen getrennt werden, die Texte wechseln zwischen ihren Blickwinkeln (Grushenka fragt: „Was soll ich unseren Kindern sagen?“, woraufhin ich antworte: „Erzähl ihnen unsere Geschichte. Sag ihnen, wer sie sind.“). „The Wolves Fell Quiet“ ist der düsterste Song des Albums, er spielt „jenseits der Taiga im gefrorenen Hemlock-Gehölz“ und befasst sich mit der Schöpfung eines Wendigo, eines boshaften, kannibalistischen Geistes. Am Ende verweise ich auf Wallace Stevens „Domination Of Black“, ein surreales Gedicht, dessen Atmosphäre ich musikalisch umsetzen wollte. „Halle Ravine“ führt die Geschichte der weiblichen Protagonistin von „Salt Water“ weiter und ist nach einem Naturreservat benannt, in dessen Nähe ich aufgewachsen bin. „Against The Northern Wind“ basiert auf der Erzählung von Shingebiss (verkörpert von Grushenka), einer jungen Frau, die sich weigert, ihr Zuhause angesichts des verheerenden Strums des Winterbringers zu verlassen, wodurch sie sich dessen ewigen Respekt verdient. „A Seventh Age Of Fire“ vertont die Prophezeihung der sieben Feuer, die die Ankunft einer gefährlichen neuen Rasse ankündigt, ebenso wie einen auserwählten Jungen, der seine Leute entweder in den Wohlstand oder in eine Hungersnot führen wird. Zuletzt kehren wir auf „The Witching Meadow“ zum Feuer des Stammesältesten zurück, das Album endet in feierlicher Stimmung.

In welcher Verbindung steht das Artwork, das den Titel „Der Wendigo“ trägt, zu den Texten?
Das Artwork zeigt kein konkretes Vorkommnis des Albums, sondern ist mit verschiedenen Aspekten davon verbunden. Ein paar Reviewer haben eine Korrelation zwischen den zwei Gesangsstilen und dem Kampf zwischen der Maid und dem Monster sowie den wetteifernden Stilelementen festgestellt. Der Wendigo kommt auch in „The Wolves Fell Quiet“ vor, allerdings in einem anderen Kontext. Das Artwork sieht undeutlich wie ein Traum aus, was gut passt, da es ja um Geschichten geht, die sich vor dem inneren Auge abspielen. Die Farbpalette ist warm und einladend trotz der Thematik, was auch dem Charakter einer Geschichtenerzählung entspricht. Avantgarde wollten zuerst eine Waldlandschaft, stimmten dann aber zu, dass dieses Bild ikonischer ist. Die Reaktionen darauf waren sehr enthusiastisch und es scheint mit einer der Gründe dafür zu sein, dass einige Leute eher auf dieses Album klicken als auf die anderen darum herum.

Die Drums hat ein Gastmusiker eingespielt. In den heftigen Passagen klingen sie jedoch ziemlich künstlich. Hat er wirklich alles selbst eingespielt?
Die Frage bekomme ich oft zu hören und das nicht ohne guten Grund. Die Drums klingen sehr bearbeitet und an manchen Stellen kann man sich nur schwer vorstellen, wie man das live spielen kann. Mit der einzigen Ausnahme eines Samples der Kicks und Snares, das man in den Blast-Beats zu Beginn von „Wolves“ und auf „Seventh Age“ hören kann, sind die Drums meines Wissens nach völlig authentisch. Ich habe mit Aaron schon persönlich gearbeitet und er kann echt unglaublich flinkes und komplexes Zeug spielen (er beschreibt die Kicks am Ende von „Wolves“ immer noch als die schnellste Double-Bass, die er je gespielt hat). Allerdings ist er für gewöhnlich kein Black-Metal-Drummer und die Effekte, die er auf das Set gelegt hat, lassen es seltsam blechern und unnatürlich klingen.Ich hätte sie vielleicht anders aufgenommen, mit einem natürlicheren Sound, aber ich bin mit dem Endresultat zufrieden.

Warum hast du einen Gastdrummer engagiert, anstatt einen Drummer permanent in die Band zu holen?
Letztes Jahr wusste ich, ehrlich gesagt, nicht einmal, ob es genug Interesse an dem Projekt geben würde, um weiteres Material zu kreieren. Also fragte ich Aaron, ob er die Perkussion für das Album übernehmen könnte, da ich gesehen habe, zu was er imstande ist, und wir ein gutes Verhältnis haben. Ich denke, die Platte hat genug Aufmerksamkeit bekommen, sodass es vielleicht wirklich sinnvoll wäre und ich ziehe es auf jeden Fall in Betracht, einen festen Drummer anzustellen, der in dem Stil geübter ist. Wenn jemand interessiert und in der Nähe ist, kann derjenige sich gerne bei uns melden.

Die Akustikgitarren klingen auch ziemlich ungewöhnlich, fast so sanft wie eine Harfe. Woran liegt das?
Die Akustikgitarren wurden auch auf dem Keyboard eingespielt. Ich bin wesentlich besser mit Tasten als mit der Gitarre (siehe „Tremolo-Powerchords“), also benutze ich diese für die Harmonien. Dadurch klingt das Album einzigartig hell und üppig, das stört hoffentlich niemanden.

Generell wirkt die Produktion noch unausgereift. Liegt das daran, dass deine Möglichkeiten diesbezüglich eingeschränkt sind oder bist du damit bereits ganz zufrieden?
Die Antwort liegt irgendwo dazwischen. Ich gebe zu, die Produktion klingt ziemlich dünn, aber ich denke nicht, dass das die Platte ruiniert. Es gibt bestimmt sowohl Alben, die besser klingen, als auch solche, die schlechter klingen. Wie du schon bemerkt hast, ist DZÖ-NGA eine sehr junge Band und das Budget war nie besonders groß. Deshalb habe ich das Album alleine aufgenommen und produziert, abgesehen von den Drums, für die ich Aaron bezahlt habe. Ich denke aber, dass das Projekt genug Eindruck gemacht hat, sodass ihm beim nächsten Mal eine professionellere Behandlung zuteil werden wird.

Wie wird es mit DZÖ-NGA weitergehen?
Chronologisch gesehen kommt als Nächstes diesen Winter eine Split, wie bereits erwähnt. Es fühlt sich aber nicht wie ein großer Schritt an, schließlich wird es derselbe Stil wie „Shimmered Bough“ sein (wenn auch bereichert von Grushenkas Anwesenheit). Wesentlich mehr Gewicht wird die nächste volle Platte haben – ich habe bereits den Rahmen gelegt, ich warte aber noch darauf, dass sich noch ein paar Dinge ergeben, bevor ich wirklich die Segel setze. Ich kann allerdings schon mit Gewissheit sagen, dass es eine selbsterdachte Geschichte wird, die sich um Hexerei und Reinkarnation dreht und dass es von mittelalterlicher und europäischer Folkmusik inspiriert sein wird. Wer neben Grushenka noch daran mitwirken wird, muss noch entschieden werden, aber es würde mir gefallen, DZÖ-NGA zu einer vollen Band zu machen. Vielleicht sogar mit richtigen Gitarrenleads.

Schließen wir das Interview mit unserem traditionellen Metal1.info-Brainstorming:
Kolonisation: Unausweichlich
Ahnen: Lehrer
Präsident Trump: Beschämend
Ethno-Musik: Reichhaltig
Texte – Musik: Symbiotisch
DZÖ-NGA in fünf Jahren: Umbenannt

Nochmals danke für deine Zeit und deine Antworten. Möchtest du noch ein paar letzte Worte sagen?
Für eine Band, die ganz unten am sprichwörtlichen Totempfahl angefangen hat, war das alles bisher eine unglaubliche Reise. Ich kann nicht angemessen ausdrücken, wie dankbar ich all jenen bin, die unserer Musik eine Chance gegeben haben, die ihr hartverdientes Geld für unsere Alben ausgeben und die uns positives und/oder konstruktives Feedback gegeben haben. Ihr seid der Grund dafür, dass DZÖ-NGA lebt.

Publiziert am von Stephan Rajchl

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