Morituri Salutant – oder eben doch nicht: Winter und Blutaar erzählen uns ein wenig zum neuen und ersten DRAUTRAN-Album „Throne Of The Depths“, zu Kultgehabe und weiteren amüsanten bis interessanten Dingen.
Drautran – Totgesagte leben länger, das trifft wohl auf euch zu, oder? Ein gutes Gefühl?
Winter: Das könnte man meinen! Auf jeden Fall freuen wir uns, dass das Album jetzt fertig ist und dass es bei den Leuten ganz gut anzukommen scheint!
2007 macht ihr meiner Meinung nach genau da weiter, wo ihr 2000 mit „Unter dem Banner der Nordwinde“ aufgehört habt. Genauso energisch, genauso mit rasenden Emotionen; was hat sich denn überhaupt in dieser Zeitspanne getan?
Winter: Ich gebe dir Recht. Musikalisch haben wir unseren Weg beibehalten und etwas verfeinert. Die Atmosphäre ist die Gleiche geblieben. Getan hat sich, außer dass wir das Album fertig gestellt haben und die Besetzung sich etwas geändert hat, nicht sehr viel, leider. In der Vergangenheit gab es einfach zu unterschiedliche Auffassungen über das Bandleben, was unser Vorankommen doch sehr gehemmt hat.
„Sævar Niðr“, eines der Lieder auf eurem neuen Werk, hat mich überrascht. So ein liebliches Stück, welches den Hörer einlädt, zu träumen und alles um sich herum zu vergessen, unter all diesen rasanten und garstigen Stücken, wie kam es dazu?
Winter: Nun, allzu überraschend finde ich es nicht wirklich. Schon auf dem Demo hatten wir solch ein Stück. Ich wollte auf dem Album einen Ruhepol haben. Und da hat dieser Song gut reingepasst. „Sævar Niðr“ dient als Kontrast und lässt die anderen Stücke noch mächtiger wirken. Außerdem schreibe ich viel Musik auf der Akustikgitarre, es ist ein wichtiger Bestandteil der Musik Drautrans.
Andererseits muss man schon sagen, dass die Tracks aufeinander abgestimmt sind. So folgt auf obiges Lied „Styrt Ned I Mælstraumen“ und dieser Song ist zwar komplett gegensätzlich, passt aber wunderbar trotz seiner anfänglichen Wildheit…
Winter: Siehst du, damit hast du die Intention schon erfasst!
Das Cover zu „Throne Of The Depths“ wirkt düster, zugleich aber auch irgendwie unendlich. Der Mensch würde von dieser Szenerie völlig erdrückt werden, so mächtig ist das dargestellte Schauspiel. Kann man das so sagen und habe ich damit vielleicht zumindest eure Intention angerissen? Wie lässt sich das Covermotiv auf eure Musik übertragen?
Blutaar: Schön zu hören, dass es zu gefallen weiß und diese Art der Gefühle weckt! Du kommst unser Intention sehr nahe, ja, besonders, was die Bandbreite der Wahrnehmung betrifft. Allerdings ist es nicht unser Wille, darin den einen bestimmten „Thron der Tiefen“ stark stilisiert und auf Gedeih und Verderb zu sehen. Es wurde schon ein Unterwasserreich vermutet, was nahe liegt und auf seine Weise sicherlich schlüssig ist, den Albumtitel jedoch recht einseitig und räumlich-konventionell fasst.
Das Cover sollte für uns klassisch, stilecht und hoch-ästhetisch sein und einem Interessierten Hörer einige Denkimpulse geben können, und deswegen sind in diesem Gemälde auch keine konkreten Formen zu erkennen, nur Schemen. Natürlich setzt er aber zu einem hohen Maße das um, was die Musik in Thamuz und mir als den Textschreibern bewirkt….
Ob Englisch, Deutsch oder ähm…Skandinavisch (ich kann die Sprache nicht genau zuordnen), ihr textet in mehreren Sprachen und gebt euch damit als „Pagan Black Metal“-Band offener als so manch andere Kombos, welche dann doch mehr die deutsche respektive eine nordische Sprache bevorzugen. Unterscheidet Drautran noch mehr von anderen Bands aus diesem Genre?
Blutaar: „Sævar niðr“ ist Altnordisch und „Styrt ned i Mælstraumen“ eine der zwei Versionen des modernen Norwegisch. Vielfalt in Sprache und Ausdruck ist mir sehr wichtig, ich liebe es, mit Sprache, ihrem Klang und Ausdruck zu hantieren, dies zu variieren und zu experimentieren und mich auch auf neue, fremde Gebiete zuwagen. Die skandinavischen Sprachen und Englisch beherrsche ich nun als weit zufrieden stellend, dass es an der Zeit war, diese auch mal zu nutzen – danach rief auch mein ästhetische Empfinden bei der Umsetzung der Texte.
Natürlich sind wir sehr „regiozentrisch“: unser Blick geht immer von heimatlichen Gefilden aus, dem Land zwischen den Meeren, er streift aber weit über den Horizont von Schleswig-Holstein hinaus und geht so über Landes- und Kontinentgrenzen, das gesamte Layout zeugt davon. Im Grunde sind wir aber nun mal, außerhalb unser unmittelbaren Region, der skandinavischen Geschichte und dem nordischen Zweig der Mythologie sehr verbunden, die Einflüsse sind natürlich groß und liegen doch auch nahe. Aber selbst wenn man sagen kann, die Band verfügt über ein gesundes Maß an Lokalpatriotismus, wären „kulturgeschichtliche Scheuklappen“, die nur das unmittelbare sehen und fühlen, ja auch eine krampfhafte Form der Limitierung. Insofern unterscheiden wir uns vielleicht von der einen oder anderen Band die ähnliche Stoffe in ihren Texten verarbeiten, ja.
Vielleicht hast du es beobachtet, für eure Demo wird heutzutage bei Ebay oder auch sonst wo richtig viel Geld gezahlt. Dies meiner Meinung nach ja nicht nur, weil es schlicht ausverkauft ist, sondern weil ihr durch die damalige Trennung ja doch ein wenig verklärt worden seid, finde ich, siehst du das vielleicht genau so?
Blutaar: Wir haben nie behauptet, wir wären aufgelöst, und haben es de facto auch nie. Es wurde von unserer Seite lediglich verkündet, wir zögen uns für einige Zeit zurück. Später hieß es dann im Zuge bandinternen Schwierigkeiten, die Band wäre auf Eis gelegt, und so war es vielleicht einige Zeit auch. Das war’s aber, Drautran brauchten bloß eben ein bisschen mehr Zeit und heute sind wir wohl wieder auf dem grünen Ast…
Wie das oder eine Auflösung mit dem materiellen Wert des Demos zusammenhängen könnte, ist mir schleierhaft. Ich bin sowieso kein Freund dieses Kauf- und Limitierungsrausches. Für den Ebay-Wahn sind die Musikliebhaber und ihr Denken verantwortlich, die zuviel Geld für eine ausverkaufte Scheibe ausgeben anstatt sie irgendwo zu ertauschen oder nicht genügsam sind. Na ja, einer der Gründe warum uns eine Neuauflage des Demos sinnvoll erscheint, ebenso wie die Veröffentlichung auf Vinyl…
Was ist denn grundsätzlich deine Meinung über die doch arg häufige Glorifizierung und Verklärung so mancher Band, die einfach nur schon wieder aufgelöst war, bevor sie im Prinzip noch gar nicht durch Konstanz in ihrer Virtuosität glänzen konnte?
Blutaar: Interessiert mich kaum. Es ist mir egal, ob eine Band ein, zwei Hammeralben herausbringt und sich dann auflöst oder zahlreiche, egal ob nun auf kurze Zeit oder über die Jahre hinweg. Solange nur der Spirit, die Aufrichtigkeit und die Leidenschaft stimmt… Ich verbrauche meine Zeit lieber für solche Bands, die wirklich Aufmerksamkeit verdienen. Bei anerkannten und ehemals aufgelösten Geniestreichen wie Vinterland ist es auch nur gut, wenn sie sich wiedervereinen, das riecht meines Erachtens auch kaum nach Geld wie bei vielen anderen.
Wie dem auch sei: „Unter dem Banner der Nordwinde“ wird neu aufgelegt und sicherlich nicht wirklich limitiert, da Lupus Lounge zwar für stilvolle Veröffentlichungen bekannt ist, für Stückzahlbegrenzungen aber nicht. Die einen wird es freuen, die anderen pochen dann auf die rarere 1st Press – um das Schlagwort mal anzubringen –; wie seht ihr das Ganze?
Blutaar: Ich persönlich bin Sammler, aber wie gesagt finde ich krankhafte Stückzahl-Limitierungen nur um der Limitierung willen unsinnig und falsch. Wenn es eine anspruchsvolle Wiederveröffentlichung gibt, ist mir diese genauso lieb und heuer.
Aber ok, ich drück jetzt aber mal auf die Tränendrüse: Früher, als es das Internet noch nicht gab und die Musikszenen überschaubarer waren, war alles besser. Heutzutage sollen Limitierungen meist über künstlerische Unfähigkeiten hinwegtäuschen, einen materiellen Wertschub hervorrufen oder irgendeine Reputation schaffen. Früher war das nicht so. Die meisten Limitierungen waren doch auf sinnvolle Stückzahlen begrenzt und über Jahre erhältlich (etwa die Paysage d’Hiver Kassetten). So auch unser Demo, und 1000 Stück sind nun wirklich nicht wenig Exemplare für eine Eigenveröffentlichung dieser Art, oder? Jeder, der das Demo haben möchte es aber nicht hat kann auf Prophecy und uns vertrauen, dass die Wiederveröffentlichung würdig sein wird…
Noch einmal der Sprung zurück zu „Throne of the Depths“, welches es schon bei Amazon gibt, was ich nebenbei bemerkt irgendwie zum Schmunzeln finde, und welches dort in Sachen Liedtitel wohl falsch verarbeitet worden ist: „1. Zum Kaff hinaus…“, „8. Kehre Runen in Dämmer und Eis“, sehr schön, hehe. Also ich finde das durchaus amüsant, ich weiß ja nicht, wie es da um dich steht, und wie du das generell so siehst, dass das eigene Album nun bei Amazon erhältlich ist, wo sich ja sonst die Leute quasi um die Demo kloppten.
Blutaar: Haha, ja, die paar Schnitzer haben wir mitgekriegt, die finden sich noch an anderer Stelle. Sehr amüsant das Ganze, wir haben gut gelacht. Schon beim Demo hat es übrigens so etwas gegeben, so stand in etwa auf Metal-Archives für Jahre „Malstatt“ Svolder… Na ja, nicht jeder kann Deutsch und/ oder Fraktur lesen oder ist mit dem Stoff unserer Liedtitel vertraut. Dann noch mangelnde Vorstellungskraft…
Ich denke, alle in der Band blicken mit gemischten Gefühlen auf die Tatsache, dass „Throne of the Depths“ nun weltweit und professionell vertrieben wird: Zufriedenheit und Freude auf der einen, Bescheidenheit auf der anderen. Ich möchte meinen, Drautran lässt sich immer Genügsamkeit und Bodenständigkeit nachsagen. Daher wird auch immer dieser Zwiespalt bleiben.
Ich persönlich kann mich nicht daran erinnern, mal ein Interview von euch gelesen zu haben, ein Freund meinte auch, ihr würdet keine geben. Zumindest bisher, darum erst einmal die Frage: Weshalb, hat sich da einfach nichts ergeben, Desinteresse…? Wieso denn nun der Sinneswandel, liegt es vielleicht auch am Label?
Winter: Nein, nein, das liegt mit Sicherheit nicht am Label. Um ehrlich zu sein, gebe ich eigentlich ganz gerne Interviews, zumindest, wenn die Fragen gut gestellt sind und nicht einem 08/15 Schema entsprechen! In der Vergangenheit haben wir auch einige ausgewählte Interviews gegeben, bis 2004 so etwa 15. Nachdem aber die Veröffentlichung des Demos schon einige Zeit zurück lag, ergab es für uns keinen Sinn, die tausendste Frage nach unserer Entstehung bzw. dem aktuellen Stand der Band zu beantworten. Es gab einfach nichts zu erzählen. Jetzt, da unsere neue Scheibe draußen ist, sieht es natürlich anders aus!
Dann natürlich die Standard-Frage für alle Konzertfreudigen: Kann man euch demnächst live bewundern? Eine Tour mit Helrunar und Farsot würde sich ja prinzipiell anbieten…
Winter: Ja, eine Tour mit den beiden Bands wäre natürlich eine klasse Sache! Leider verfügen wir z Zt. über kein livefähiges Line-up! Und somit kann ich dir wohl sagen, dass es damit wohl schlecht aussieht in nächster Zeit.
Zuletzt: Werden Drautran nun weiter agieren und ist vielleicht schneller mit dem zweiten Album zu rechnen?
Winter: Als nächstes werden wir uns um die Neuveröffentlichung unseres Demos kümmern. Das wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Nebenbei arbeite ich an neuem Songmaterial. Wann dieses aber veröffentlicht, kann ich dir leider noch nicht sagen! Ich bin aber kein Freund von jährlichen Veröffentlichungen!
Ich bedanke mich!
Blutaar: Wir bedanken uns für die Aufmerksamkeit und die ansprechenden Fragen!
Geschrieben am von Metal1.info