Für Gitarrist Dan Baune läuft es derzeit ziemlich gut: Nachdem sich der gebürtige Bremer als oberster Saitenhexer der britischen NWOTHM-Überflieger Monument einen Namen gemacht hat, fand auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland so manches prestigereiche Anschlussprojekt. Neben seiner eigenen Band Lost Sanctuary klampft und produziert der Nordmann mittlerweile auch bei DEVIL’S TRAIN. Die waren zwar lange im Winterschlaf, sind als Zweitband von Mystic-Prophecy-Boss R.D. Liapakis aber durchaus gut aufgestellt und haben mit „Ashes & Bones“ nach sieben Jahren endlich ein drittes Album veröffentlicht. Wir sprachen mit Herrn Baune über seinen Einstand bei der Truppe.
Hallo Dan und vielen Dank für dieses Interview. Du bist mittlerweile auch Gitarrist bei DEVIL’S TRAIN – wie ist es dazu gekommen?
Das ist komisch, oder? Gefühlt wurde das ja erst vor zwei Monaten oder so bekanntgegeben und nur die wenigsten wissen, wie viel da eigentlich dahintersteckt. Ich habe ja schon zwei Jahre oder so mit den Leuten gearbeitet, ehe das öffentlich gemacht wurde (lacht). Lia (Gesang, Anm. d. Red.) und ich kennen uns schon eine lange Zeit und es stand auch schon länger im Raum, dass ich bei Mystic Prophecy ab und an mal aushelfe, wenn Not am Mann ist. Das hätte eigentlich schon 2019 losgehen sollen, aber dann kam etwas dazwischen und dann kam auch noch die Pandemie und so hatte ich meinen ersten Gig mit ihnen erst letztes Jahr. Die Songs haben wir aber schon 2020 zusammen geschrieben.Wir verstehen uns als Kumpels gut und haben uns ganz unverbindlich getroffen – Lost Sanctuary und Mystic Prophecy sind ja auch bei der gleichen Plattenfirma. Zunächst stand auch noch gar nicht fest, dass das eine DEVIL’S-TRAIN-Platte werden würde. Lia hatte auch mit dem Gedanken gespielt, ein Solo-Album zu machen, aber als wir zunehmend in diese harte Blues- und Southern-Rock-Richtung gegangen sind, klang es dann doch eher nach DEVIL’S TRAIN. Und wenn mich einer fragt, ob ich nicht mit Jörg Michael (Schlagzeug, Anm. d. Red.) und Jens Becker (Bass, Anm. d. Red.) eine Scheibe machen möchte, dann sage ich natürlich nicht „nein“ (lacht).
Und bist du gut im Bandgefüge angekommen?
Ich bin wirklich richtig zufrieden. Zuerst haben wir überlegt, ob es nicht vielleicht auch zwei Gitarristen werden, damit auch noch ein weiterer Musiker die Songs schreibt und es war eine recht kurzfristige Entscheidung, dass nur ich es machen würde. Und dann musste ich mal eben in sechs Monaten zwölf Songs schreiben und so etwas ist nicht immer einfach (lacht). Es soll ja auch nicht jeder Song gleich klingen. Von daher bin ich wirklich stolz auf das, was wir da geschaffen haben.
Um DEVIL’S TRAIN war es ja eine lange Zeit still …
Ja, das letzte Album ist 2016 erschienen und ich glaube, dass sie 2018 das letzte Mal live gespielt haben.
Wie schwierig war es denn, den Rest der Band zu reaktivieren? Jens ist auch auch neu dabei …
Genau, Jens ist auch neu dazugekommen. Früher hat Jari Kainulainen bei uns Bass gespielt, der ja auch bei Stratovarius war. Der wohnt aber erstens in Finnland und hat zweitens gerade ein neues Album mit Masterplan gemacht. Obendrein betreibt er auch noch eine Firma mit seiner Frau, weshalb sich die Zusammenarbeit einfach nicht ergeben hat. Lia kennt aber einfach jeden und er hat mich zwar nach dem einen oder anderen gefragt, aber die meisten meiner Kontakte sind in England. Ich dachte, dass ich Luke Appleton, der früher bei Iced Earth war, vielleicht überzeugen könnte. Wir kennen uns aus der Szene und sind gute Freunde, aber da ist die räumliche Distanz natürlich auch wieder ein Faktor. Jens hat sich zunächst bereiterklärt, das Album einzuspielen und es hat mich überrascht, wie begeistert er dann von der Musik war. Später habe ich dann festgestellt, dass er auch eine AC/DC-Coverband hat. Und bei Jörg glaube ich nicht, dass es großartige Diskussionen gab (lacht). Bisher war es aber auch noch nicht allzu viel Arbeit. Wenn es um den Live-Sektor geht, wird man sehen, wie viel wirklich mit DEVIL’S TRAIN passiert. Ich hoffe viel, aber ich bin mir auch bewusst, dass es für die meisten der Leute eher eine Neben-Band ist. Jens hat viel mit Grave Digger und Lia viel mit Mystic Prophecy zu tun und ich gehe nicht davon aus, dass wir übermäßig viele Gigs im Jahr spielen werden.
Nach Monument läuft es für dich ja ziemlich gut: Du nimmst Songs mit Doogie White auf und spielst in Bands mit Veteranen wie Jörg Michael!
Darauf bin ich auch unendlich stolz. Für mich ist es natürlich ein riesiges Erlebnis, mit Helden meiner Jugend wie Jörg oder Jens zusammenzuspielen. Mit meiner ersten Coverband, in der wir alle noch grottenschlecht waren, haben wir so viele Nummern gespielt, auf denen im Original Jörg Michael Schlagzeug gespiel hat (lacht)! Da war alles von Stratovarius über Axel Rudi Pell bis hin zu Running Wild dabei. Natürlich hat es mich damals nicht interessiert, wer da trommelt (lacht). Aber Jörg hat unglaublich viel gemacht und das Genre geprägt und von daher war es für mich auch ein Riesenspaß, im Studio mit ihm zu arbeiten. Ein Musiker seines Kalibers könnte auch eine ziemlich Diva sein, aber er ist da auch wirklich umgänglich. Jörg ist ein absolut songdienlicher Drummer: Wenn man einen Song schreibt, ist er erstmal für alles offen und man holt gemeinsam das Beste raus. Ich finde auch, dass man das auf der Platte hören kann, weil das wirklich organisch ist. Vielleicht liegt es daran, dass die Besetzung sich neu kennengelernt hat, denn obwohl wir aus ganz unterschiedlichen Genres kommen und unterschiedlichen Alters sind, haben wir Vier und wirklich gut zusammengefunden. Ich bin wirklich sehr glücklich damit, denn so eine Konstellation, in der alles von den Aufnahmen über die Videos bis hin zur Promo reibungslos läuft, passiert sehr selten.
Mit „Ashes & Bones“ ist gerade ein neues Album von DEVIL’S TRAIN erschienen. Weil du an allen Songs mitgeschrieben hast, kannst du uns doch sicher sagen, was uns musikalisch erwartet?
Genau, Lia und ich haben alle Songs gemeinsam geschrieben. Manche beruhen voll und ganz auf seinen Ideen und manche voll auf meinen, aber die meisten sind über Skype in Zusammenarbeit entstanden. Wie das so ist, kümmere ich mich dabei mehr ums Musikalische. Lia kennt sich mit Musiktheorie nur wenig aus, aber er hat eine große Vision und enorme Liebe für den Heavy Metal. Wenn man ein Comeback plant oder einfach nach langer Pause etwas Neues macht, dann muss das gut werden. Es gibt Bands, die alle 18 Monate ein neues Album veröffentlichen und da ist dann schon auch mal ein bisschen Käse dazwischen. Das ist aber auch OK, weil die Leute das professionell machen und ja auch über die Runden kommen müssen. Wir haben uns für „Ashes & Bones“ aber erstens sehr viel Zeit gelassen und zweitens große Mühe gegeben, weil wir es eben richtig machen wollten. Für mich war es das erste Mal, dass ich einen Gitarristen bei einer relativ renommierten Band ersetze. Da musste ich einen Weg finden, wie ich einerseits das, was vor mir kam, respektiere und die Identität der Band weitertrage und andererseits meinen eigenen Stil mit einbringe. Das alte Material von DEVIL’S TRAIIN war sehr stark vom Southern Rock und damit sehr amerikanisch geprägt und das findet man auch auf diesem Album viel. Ich finde aber auch, dass die neue Platte eine größere stilistische Bandbreite bietet. Ich bringe vielleicht ein „britische Sensibilität“ mit, die hier und da eher an Thin Lizzy und Whitesnake als an Zakk Wylde und Black Label Society erinnert. Insgesamt finde ich, dass wir die ersten beiden Alben im Hinblick auf die Qualität der Songs übertroffen haben. Vor allem die Refrains, aber auch die Songs an sich sind alle sehr stark geworden. Verglichen mit früheren Alben gibt es auch mehr schnellere Songs.
Wie lief das Songwriting zum Album ab?
Der Anfang mit Lia und Jörg war deshalb schwierig, weil ich in meiner Eigenwahrnehmung der „Neue“ war. Ich hatte angenommen, dass ich als neuer Musiker in ein eingespieltes Team reinkomme und mich besser etwas zurückhalte, um niemandem auf den Schlips zu treten. Darum bin ich mit meinen Ideen zunächst auch nicht sehr „offensiv“ oder „dominant“ gewesen. Erst später habe ich bemerkt, dass sie meinen Input durchaus brauchen konnten. Es macht mir großen Spaß, mit Sänger vom Kaliber wie Lia zusammenzuarbeiten, weil sie einen anderen Blick auf die Musik haben. Ihnen geht es mehr um Gefühle und den „Vibe“ ich selbst verliere mich als Produzent und Gitarrist sehr schnell in Details – da ist es durchaus von Vorteil, wenn jemand wie er zu mir sagt, dass sich das noch nicht richtig anfühlt. Dieses jugendliche Herumprobieren hat mir oft gefehlt, weil ich die letzten Jahre hauptsächlich alleine am Laptop an Vorproduktionen gearbeitet habe. Bei DEVIL’S TRAIN lief das viel organischer ab. Wenn man zusammen jammen kann – und das haben wir im Endeffekt ja über Skype gemacht – dann überdenkt man nicht immer alles und es kommen mitunter effektivere Ideen heraus.
Es ist wirklich beeindruckend, dass reguläre Band-Arbeit heutzutage auch über die Distanz möglich ist …
Tatsächlich hat Lia mir z. B. über eine Voicemail eine Idee geschickt und ich habe das dann zuhause etwas ausarrangiert und ihm meinen Vorschlag gezeigt. Das ging dann oft erstmal nur bis zum ersten Refrain. Dann haben wir zunächst mal gecheckt, ob das die richtige Tonart ist und ob das Tempo passt. Das ist beides gar nicht so unwichtig: Wenn eine Band jeden Song in der gleichen Stimmung schreibt, geht einem das recht schnell auf den Keks. Die meisten alten DEVIL’S-TRAIN-Songs sind alle unglaublich tief gestimmt, was auch total fett wirkt. Auf der neuen Scheibe haben wir aber auch an dieser Stelle etwas variiert, wodurch zusätzliche Abwechslung reinkommt und alles etwas frischer wirkt.
Und wer schreibt die Texte?
Die Gesangsmelodien und auch die Texte schreibt alle Lia und ich denke, das muss auch so sein. Wenn er mal Hilfe gebraucht hat, habe ich mich natürlich angeboten, aber ich habe auf diesem Album nicht einen Songtext geschrieben. Inhaltlich teilt er sich dabei ganz gut auf: Bei Mystic Prophecy und auch Steel Prophet kann er seine typischen Power-Metal-Texte verwenden, die vom Heavy Metal selbst oder irgendwelchen Fantasy-Sachen handeln. Bei DEVIL’S TRAIN gibt es etwa zur Hälfte diese „Feel-Good-Songs“, die sich um den Lifestyle und Rock ’n‘ Roll drehen und die sind dann natürlich auch sehr klischeebeladen. Die andere Hällfte – und dazu zählen vor allem die langsameren Songs wie der Titeltrack von „Ashes & Bones“ – geht aber durchaus tiefer. In der Zeit, in der er den Text zum Titelstück geschrieben hat, ist z. B. einer seiner Eltern gestorben und er hat sich im Text sehr damit beschäftigt. Wenn eine Nummer einem der Songwriter derart viel bedeutet, gibt man sich als Gitarrist natürlich auch noch mehr Mühe, dem gerecht zu werden.
Du hast bereits mögliche Live-Aktivitäten von DEVIL’S TRAIN angedeutet. Habt ihr da schon konkrete Pläne?
Wie gesagt haben wir uns für „Ashes & Bones“ bewusst sehr viel Zeit genommen und wollten die Platte dementsprechend auch nicht voreilig ankündige. Damit war uns natürlich auch bewusst, dass die meisten Touren schon gebucht sind, wenn das Album im Sommer erscheint. Für dieses Jahr ist der Zug also schon so gut wie abgefahren, weshalb es sehr unwahrscheinlich ist, dass in diesem Jahr eine ausgewachsene Tour stattfinden wird. Wir haben aber sowohl für 2023 als auch für 2024 bereits Angebote bekommen und es wird dann sicherlich die ein oder andere Gelegenheit geben, DEVIL’S TRAIN live zu sehen. Eine volle Tour ist etwas schwierig, weil Jens so viele Termine mit Grave Digger hat und auch Jörg mit seiner Firma sehr eingespannt ist.
Damit sind wir am Ende angekommen – möchtest du gerne noch ein paar abschließende Worte an unsere Leser*innen richten?
Ich bin unendlich dankbar, dass ich Teil von DEVIL’S TRAIN sein kann. Das ist eine riesige Ehre für mich und man muss ganz klar sagen, dass das ohne Lia nie passiert wäre. Ich habe unglaublichen Respekt vor ihm und ich bin immer wieder überrascht, wie viel Feuer er nach so vielen Jahren noch hat. In diesem Team – und auch bei Mystic Prophecy – sind alle immer gut drauf, arbeiten in die gleiche Richtung und es gibt keinen Streit. So etwas ist wirklich selten! Letztendlich hoffe ich, dass die Fans der alten DEVIL’S-TRAIN-Sachen mich annehmen, denn ich freue mich unendlich, dabei zu sein.
Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.