Interview mit Malo Civelli von Cân Bardd

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Mit „Nature Stays Silent“ hat Malo Civelli alias CÂN BARDD ein musikalisch äußerst interessantes Epic-Black-Metal-Debüt vorgelegt, das jedoch massiv unter der unzulänglichen Produktionsqualität zu leiden hatte. Im ausführlichen Interview mit dem Schweizer Multi-Instrumentalist und Beinahe-Solokünstler erfahrt ihr mehr darüber, was ihn zu seinem ersten Album inspiriert hat, warum die Platte ursprünglich den Titel „When The Spirit Finally Opens“ tragen sollte und warum man gut daran täte, das Projekt trotz des holprigen Auftakts nicht vorzeitig abzuschreiben.

CÂN BARDD ist dein noch junges Epic-Black-Metal-Projekt. Was waren der Auslöser und deine Intention für die Gründung des Projekts?
Ich genieße es wirklich, Musik zu schreiben, das ist etwas, das mir mentale Stärke verleiht, und ich kann damit Gefühle ausdrücken, die ich ohne sie nicht ausdrücken könnte. Als ich Atmospheric Black Metal für mich entdeckte, wusste ich sofort, dass ich Musik kreieren wollte, die ebenso episch, emotional und schön ist. Die Band Saor gab mir die ausschlaggebende Motivation, mit dem Schreiben von Black Metal zu beginnen. Das erste, was ich schrieb, war der Song „My Ancestors“ und für mich war es eine wirklich gute Möglichkeit, das Projekt damit zu starten. Das ist genau die Art von atmosphärischer Epik, die ich für CÂN BARDD wollte. So hat es begonnen. Es ist etwas, das ich mehr für mich selbst als für andere Menschen tue.

An sich trägt das Projekt deine Handschrift, allerdings hast du mit Dylan Watson einen Drummer dazugeholt. Aus welchem Grund?
Dylan ist der Schlagzeuger meiner Band Kaatarakt und er ist wirklich, ich meine WIRKLICH talentiert. Wir verstehen uns sehr gut und er ist ein fantastischer Mensch. Als ich CÂN BARDD gründete, wollte ich allein arbeiten, oder zumindest so wenige Personen wie möglich einbeziehen, um in meinem Projekt völlig frei zu sein. Als ich die ersten Demos der Songs schrieb, waren die Drums virtuell eingefügt und es klang nicht so kraftvoll wie ein echter Drummer. Deshalb habe ich Dylan gebeten, das Schlagzeug für das Projekt zu spielen, und er hat sofort zugesagt. Es war wirklich schön, das Album zusammen aufzunehmen, und er hat unglaublich gute Arbeit abgeliefert. Ich bin mehr als zufrieden mit dieser Entscheidung und werde Dylan weiterhin bitten, für die nächsten Releases zu spielen!

Ziehst du auch in Betracht, weitere Musiker miteinzubeziehen und aus CÂN BARDD eine volle Band zu machen?
Ich glaube nicht. Wie ich bereits sagte, ist CÂN BARDD ein Projekt, bei dem ich frei sein möchte. Eine komplette Band würde zu viel Zeit in Anspruch nehmen und das ist etwas, was ich nicht will. Für das erste Album wurde alles in weniger als einem Jahr erledigt, weil ich allein arbeite (außer dem Beitrag von Mike Lamb für das Mastering), sodass ich alles wirklich schnell machen kann, ich muss niemanden zur Arbeit motivieren. Ich bin wirklich glücklich mit der Situation und Dylan ist kein Zeitfresser.

Womit tust du dir als weitgehend allein agierender Musiker am schwersten?
Das Schwierigste ist meistens all das, was den musikalischen Teil nicht betrifft, wie die Promotion, die Verwaltung der sozialen Netzwerke usw…. Ich bin wirklich schlecht in diesen Dingen und ich bin wirklich froh, dass das Label einen Teil dieser schwierigen Dinge übernimmt. Ohne es wäre ich wohl immer mal wieder verloren! Zweitens ist es schwierig, einige gute Entscheidungen zu treffen, wenn ich eine schwierige Wahl zu treffen habe. Irgendwann muss ich etwas für einen Song auswählen und ich habe zwei, drei oder vier verschiedene Lösungen. Allein zu sein bedeutet, dass ich die Entscheidung zwischen diesen Lösungen selbst treffen muss, und es ist nicht immer einfach. Ich kann Wochen mit einem einzelnen Detail verbringen, weil ich nicht weiß, ob das, was ich tue, das Richtige ist. Einen Schritt zurückzugehen, kann auch schwierig sein!

Ich schätze, Summoning und Caladan Brood zählen zu deinen größten musikalischen Vorbildern, oder? Was gibt es sonst noch für Bands oder andere Dinge, die dich inspirieren?
Ich habe mit Summoning Atmospheric und Epic Black Metal entdeckt (danke, Bruder!), aber ich muss sagen, dass es keine Band ist, die ich viel höre, im Gegensatz zu Caladan Brood, zum Beispiel. Natürlich haben sie einen gewissen Einfluss auf die Musik von CÂN BARDD, aber nicht so sehr, wie manche Leute gerne behaupten! Wenn ich ein paar Bands nennen müsste, die CÂN BARDD viel mehr beeinflussen, würde ich sagen: Saor, Elderwind und Gallowbraid. Diese drei Bands sind sicherlich die Atmospheric-Black-Metal-Bands, die ich in den letzten drei Jahren am meisten gehört habe. Aber diese drei Bands sind nicht die einzigen, die meine Musik beeinflussen. Ich höre immer neue Bands oder Künstler, nicht nur in der Metal-Szene (ich mag OSTs von Videospielen wie „Trine“ oder „Dark Souls“ wirklich sehr), und es gibt viele Dinge, so klein sie auch sein mögen, die mich inspirieren. Es kann der Klang eines Synthesizers, einer Melodie oder von Ambient sein. Und natürlich ist die Musik einiger Bands wirklich inspirierend. Um nur einige zu nennen: Sojourner, Unreqvited, Coldworld, Mirrorthrone und Zuriaake. Wie auch immer, ich kann Inspiration in fast jeder Musik finden.

Du hast CÂN BARDD 2016 gegründet und 2018 mit „Nature Stays Silent“ gleich dein Full-Length-Debüt veröffentlicht. Warum hieltest du es für überflüssig, vorher eine Demo oder EP herauszubringen?
Als ich anfing, Musik für CÂN BARDD zu schreiben, war die Veröffentlichung eines Albums oder einer Demo nicht geplant. Als ich dann damit begann, über eine Veröffentlichung nachzudenken, hatte ich bereits genug Songs, um ein Album zu veröffentlichen, sodass mir die Idee einer EP oder einer Demo nicht einmal in den Sinn kam, um ehrlich zu sein!

Ursprünglich trug das Album den Titel „When The Spirit Finally Opens“. Was hat dich zu dem Wechsel zu „Nature Stays Silent“ bewogen?
Ich hatte eigentlich gehofft, dass niemand den ursprünglichen Namen des Albums herauskriegen würde! (lacht) Ich wollte das Album so nennen, da ich, als ich die Texte von zwei oder drei Songs des Albums schrieb, einige Dinge über mich selbst herausfand, von denen ich nie dachte, dass sie da wären. Also ja, für mich war es ein guter Titel, aber nachdem ich darüber nachgedacht hatte, schien er mir doch nicht so toll für das Album zu sein, weil er nicht in der allgemeinen Stimmung und dem Thema entsprach. Also habe ich mich für etwas entschieden, das mehr zum Konzept passt.

Worum geht es inhaltlich auf dem Album?
Es gibt zwei Hauptthemen auf dem Album: Das erste ist meine Vision von der Natur. Ich spreche über die Landschaften, die ich hier in der Schweiz sehe, über die Gefühle, die ich habe, wenn ich diese schönen Landschaften sehe, oder über Geschichten über sie. Das zweite nimmt eher Bezug auf meine tiefen Gefühle. Das sind wirklich persönliche Texte und ich war mir anfangs nicht sicher, ob ich sie im Booklet des Albums veröffentlichen will. Nach einer Weile beschloss ich jedoch, dass ich das, was ich geschrieben hatte, annehmen und veröffentlichen musste.

Im Gegensatz zu vielen anderen Bands des Genres ist der Metal bei dir ebenso präsent wie die Keyboards. Findest du, dass andere Interpreten die beiden Stilmittel zu einseitig gewichten?
Ich denke, dass jeder Mensch seine eigene Sichtweise auf Musik hat. Wenn jemand seine Keyboards in den Hintergrund mischt, ist es seine künstlerische Wahl, ebenso wie wenn er sie in den Vordergrund stellt. Ich persönlich habe noch nie eine Band gehört, die mich damit schockiert hat. Ausgehend von dem, was ich bisher gehört habe, wird das im Allgemeinen sehr gut ausgewogen! Aber es ist wahr, dass ich es liebe, die orchestrale Seite meiner Musik wirklich in den Vordergrund zu stellen.

Die Keyboards klingen auf „Nature Stays Silent“ oft nach Folk-Instrumenten. Würdest du nach Möglichkeit lieber echte Instrumente einsetzen oder bist du mit den Keyboards zufrieden?
Natürlich würde ich gerne mit echten Instrumenten aufnehmen. Auf dem ersten Album wollte ich eine Geige verwenden (besonders auf dem Intro von „An Evolving Painting“), aber dazu kam es nicht. Wenn es der Musik eine andere Dimension verleihen kann, wäre es eine gute Sache für CÂN BARDD. In Zukunft werde ich versuchen, einige echte Instrumente hinzuzufügen, um einigen Teilen mehr Emotionen zu verleihen, aber ich bin auch mit Keyboards zufrieden, also ist es nicht von hoher Priorität!

Welcher der Songs auf deinem Debüt bedeutet dir persönlich am meisten und warum?
Musikalisch ist der Song, der mir am besten gefällt, eindeutig „A Gift For Nature“. Ich liebe die Epik des Intro-Riffs, die emotionalen Aspekte und den ganzen Song. Das lyrische Thema ist für mich ebenfalls ein Höhepunkt. Ich bin wirklich glücklich damit und ich höre ihn immer noch gerne von Zeit zu Zeit. Emotional ist „My Ancestors“ die Nummer, die mir am besten gefällt. Es ist das erste Stück, das ich geschrieben habe und das gab mir die Motivation, dieses Projekt fortzusetzen, also gefällt mir auch dieses sehr gut!

Die Produktion des Albums ist ziemlich ungewöhnlich, die Gitarren sind recht rau und tief. Ist das beabsichtigt oder siehst du selbst noch Verbesserungsbedarf?
Ich habe den Mix selbst erledigt und ich bin kein guter Toningenieur, also habe ich mein Bestes getan und wir hatten kein Budget, also war es für uns unmöglich, jemanden einzustellen, der uns hilft. Es könnte viel besser sein, wenn es von einem Profi übernommen worden wäre, das ist mir bewusst. Wir lernen aus unseren Fehlern und die nächsten Alben werden im Studio aufgenommen.

Wie hast du das allgemeine Feedback auf „Nature Stays Silent“ wahrgenommen? Kannst du etwaige Kritik auch nachvollziehen?
Bei Dylan waren wir erstaunt über das beeindruckende Feedback, als „A Gift for Nature“ auf Atmospheric Black Metal Albums (RIP) veröffentlicht wurde. Alle waren so freundlich und wir haben viele positive Nachrichten erhalten. Das war wirklich großartig. Als das Album erschien, waren einige Leute damit zufrieden, und einige mochten es wegen des Sounds nicht. Ich verstehe diese Meinungen voll und ganz und stimme dieser Kritik zu. Ich habe mein Bestes getan, aber es ist offenbar noch nicht genug. Wir würden es gerne in einem Studio neu aufnehmen, aber im Moment bereiten wir etwas Größeres als eine Neuauflage vor, also wird das später mal erledigt! Aber wir werden es eines Tages machen, weil uns dieses Album wirklich gefällt und wir wollen, dass es sein volles Potenzial entfaltet!

Als Artwork hast du das Gemälde „La Route Du Grimsel“ von Alexandre Calame ausgewählt. Warum gerade dieses Bild und wie bist du darauf gestoßen?
Ich habe lange Zeit nach einem Gemälde gesucht, das zu unserer Musik passen würde. Vor einiger Zeit habe ich das Genfer Kunstmuseum besucht und mich in die Gemälde von Alexandre Calame verliebt und ich dachte, dass es eine gute Idee wäre, die Arbeit eines Schweizer Malers für dieses Album zu verwenden, denn wir sind auch Schweizer, also würde es Sinn machen. Nach einiger Recherche stieß ich auf dieses Gemälde und wusste sofort, dass es genau das war, das ich für das Album wollte. Ich denke, dass es genau die gleiche Energie überträgt wie die Musik von CÂN BARDD. Es ist farbenfroh, wild und energetisch. Ich liebe dieses Bild wirklich sehr.

Veröffentlicht wurde die Platte über Northern Silence. Wie kam es dazu, dass du schon jetzt bei einem Label untergekommen bist und warum gerade bei diesem?
Seitdem ich angefangen habe, Atmospheric Black Metal zu hören, respektiere ich die Bands von Northern Silence. Sie haben einige erstaunliche Bands wie Gallowbraid, Woods Of Desolation, Eldamar etc… Als ich „A Gift for Nature“ veröffentlichte, halfen mir Mike und Emilio von Sojourner sehr, viele Menschen zu erreichen, einschließlich Northern Silence. Am Tag nach der Veröffentlichung kontaktierten mich einige Labels, um das Album zu veröffentlichen, und NSP waren auch dabei. Ich zögerte keine Minute und unterschrieb bei ihnen. Ich denke, dass ich meinen Platz in ihren Reihen habe und hoffe, dass ich den Namen des Labels mit meiner Musik ehren werde! Und natürlich werde ich Mike und Emilio ewig dankbar sein, da sie mir geholfen haben, so viele erstaunliche Menschen zu erreichen.

Hast du schon Pläne für die weitere Zukunft von CÂN BARDD? Live-Auftritte stehen vorerst wohl nicht zur Debatte, oder?
Eigentlich sind wir mit Dylan bereits im Gespräch über Live-Shows. Das ist etwas, worüber wir schon eine Weile nachdenken, aber wir wollen uns nicht hetzen. Also nehmen wir uns die Zeit, darüber nachzudenken, und wenn wir bereit sind, beginnen wir mit Live-Shows! Nebenbei arbeiten wir hart an dem neuen Album. Der erste war ein Testlauf, wenn man so will. Das neue ist viel ausgereifter und kohärenter. Ich kann dir schon jetzt sagen, dass die Menschen, die vom Klang des ersten enttäuscht waren, zufrieden sein werden. Wir arbeiten mit dem großartigen Vladimir Cochet (Mirrorthrone, Unholy Matrimony, Weeping Birth) zusammen und ich verspreche, dass es wirklich episch werden wird!

Kommen wir nun noch zu einer kleinen Metal1.info-Tradition – dem abschließenden Brainstorming. Was fällt dir zu den folgenden Begriffen ein?
Neutralität: Schweiz (okay, nicht gänzlich neutral, aber…)
Lo-Fi: Norwegischer Black Metal aus den 90ern
Drumcomputer: Summoning
Schweizer Metal-Szene: Vielfalt. Wir haben echt unterschiedliche Bands und das ist echt cool!
Celtic FrostTriptykon: Weiterentwicklung. Nicht unbedingt auf eine gute Weise.
Spiritualität: Unterschiede. Ich denke, dass jeder eine eigene Sicht auf Spiritualität hat. Für mich ist es eher etwas, das du finden kannst, wenn du etwas tust, das du liebst.

Damit wären wir auch schon am Ende angelangt. Möchtest du zum Abschluss noch ein paar Worte sagen?
Vielen Dank für dieses Interview! Ich hoffe, dass die Leute es gerne lesen werden. Vielen Dank an alle, die die Band unterstützen, indem sie unsere Musik kaufen oder uns einfach nur auf Facebook folgen, ihr seid großartig! Ich wünsche euch einen schönen Tag!

Publiziert am von Stephan Rajchl

Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
Zur besseren Lesbarkeit wurden Smilies ersetzt.

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