Interview mit Tomas Åkvik von Bloodbath

Mit „Survival Of The Sickest“ kehren die schwedischen Death-Metaller BLOODBATH zu ihren stilistischen Wurzeln im Florida Death zurück. Wie es dazu gekommen ist, was sein Einstieg bei BLOODBATH für seine eigentliche Band LIK bedeutet und was die Anführungszeichen beim Albumtitel auf dem Cover zu suchen haben, verrät uns BLOODBATH-Neuzugang Tomas Åkvik.

Du bist quasi der Neuling bei BLOODBATH, trotzdem führst du nun Interviews im Namen der Band. Was sagt das über die Bandstruktur von BLOODBATH aus?
Ich weiß es nicht? Ich denke, sie wissen, dass ich ebenso gut wie jeder andere von uns für die Band sprechen kann, und sie vertrauen mir.

Du bist vor etwa einem Jahr bei BLOODBATH eingestiegen – wie kam es dazu?
Ich kenne den Bassisten von Katatonia, Niklas Sandin, seit 20 Jahren oder so. Vor einiger Zeit bin ich dann bei ihnen als Gitarrist eingesprungen. Später haben sie mich dann gefragt, ob ich ein paar Soli bei BLOODBATH beitragen will [„Levitator“ und „Warhead Ritual“ von „The Arrow Of Satan Is Drawn“, 2018 – A. d. Red.]. Das war es eigentlich … ich bin da immer mal wieder dabei und wieder draußen gewesen. Aber jetzt bin ich in der Band.

Was hat dich an BLOODBATH gereizt, sodass du das Angebot, einzusteigen, nicht ablehnen konntest?
Tatsächlich hatte ich abgelehnt, als sie mich das erste Mal gefragt hatten, vor „The Arrow Of Satan Is Drawn“. Damals hatte ich einfach zu viel zu tun, ich hatte gerade ein Studium angefangen – oder es zumindest versucht. Ich hab es dann aber nicht abgeschlossen, also hätte ich eigentlich auch damals schon einsteigen können. Bin ich aber nun einmal nicht. Jetzt war es aber auch reizvoller, weil es musikalisch mit diesem Florida-Death-Metal-Ding mehr in meine Richtung geht. Die Idee hat mir gefallen. Es gibt jede Menge cooles Riffing auf dem Album, da kann man wirklich Gitarre spielen. Das macht Spaß!

Bloodbath live auf dem Brutal Assault 2022
BLOODBATH live 2022; © A. Gethöffer-Grütz / Metal1.info

In welchem Status hat sich die Band befunden, als du eingestiegen bist? War das Material für das Album bereits fertig, oder war BLOODBATH noch im Pandemie-Winterschlaf?
War schon Pandemie, als ich eingestiegen bin? Ich erinnere mich nicht. Ich meine, wir wollten damals gerade für eine Show nach Mexiko fliegen, als um uns herum alles zum Erliegen gekommen ist. Alle Länder haben zugemacht und so weiter, also erschien es uns keine gute Idee, zu fliegen … wir mussten das damals absagen.

Aber waren die anderen schon mit dem Songwriting beschäftigt?
Nein, das hatte noch nicht angefangen.

Du warst also in den ganzen Entstehungsprozess des Albums involviert?
Oh ja, sehr stark sogar.

Du hast den Florida-Death-Einschlag des Albums ja bereits angesprochen – der ist wirklich nicht zu überhören. Wo kam das her – was hat euch da inspiriert?
Musik? (lacht)

Ja, schon … aber wer hat diesen Einfluss reingebracht? Immerhin ist BLOODBATH eigentlich mehr oder weniger eine schwedische Death-Metal-Band – den meisten Bands, wie ja etwa auch LIK, hört man das sehr deutlich an?
„Breeding Death“, die erste BLOODBATH-EP, war ja auch sehr deutlich von diesem Genre geprägt. OK, die war vielleicht nicht ganz so technisch wie das aktuelle Material, aber es ging auch schon sehr stark in diese Richtung. Tatsächlich geht es also eigentlich zu dieser Ära von BLOODBATH zurück.

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In der Zwischenzeit hatten BLOODBATH aber eine deutlich „schwedischer“ geprägte Phase. Was hat euch also dazu gebracht, diesen Schritt zurück zu gehen?
Auf den ersten beiden Alben mit Nick [Holmes] haben Anders [Nyström] und Jonas [Renkse] versucht, das Ganze mehr in Richtung Black Metal aufzuziehen. Jetzt wollten sie eben zurück zum HM-2-Pedal-Sound und wieder Florida Death Metal spielen. Ich denke, das ist einfach ganz natürlich so gekommen, im Sinne von: Wir haben das jetzt ausprobiert, jetzt lass wir wieder etwas anderes machen. Lass uns zurück zu dem gehen, womit wir angefangen haben, und da mehr draus machen!

Aber es war ihr dezidierter Plan, diese Richtung einzuschlagen, und damit haben sie dich dann überzeugt, einzusteigen?
Ja, genau.  

Welche Bands aus der Florida-Death-Szene hörst du denn am meisten, also welche Bands würdest du als echte Inspiration für das neue Material nennen?
Was meine Riffs und Songs angeht, sind das natürlich Morbid Angel, Autopsy und frühe Death.

Das Album trägt den Titel „Survival Of The Sickest“ – was direkt auffällt, ist, dass der Titel auf dem Cover in Anführungszeichen steht. Warum? Das habe ich glaube ich noch nie gesehen …
Bist du dir da sicher?

Dass ich das so noch nie gesehen habe? Ziemlich … aber wenn du so fragst, ist mir wohl eine Referenz entgangen?
Auf dem ersten Death-Album [„Scream Bloody Gore“, 1987 – A. d. Red.] war das auch so.

Das war also als Hommage an dieses Album gedacht?
Ja … definitiv!  Aber ganz viele Leute haben mich schon danach gefragt … warum habt ihr das gemacht, das ist so dumm! OK – schau dir das erste Death-Album an und du wirst es verstehen.

Eine weitere Auffälligkeit am Cover ist, dass der Zombi in der Mitte Nick Holmes ähnlich sieht – war das beabsichtigt?
(lacht) Das weiß ich nicht. Vielleicht … ich habe da noch nicht drüber nachgedacht, das muss ich mir nochmal anschauen. Aber wenn es stimmt, gehe ich davon aus, dass es definitiv kein Zufall ist. Dann ist es Nick. (lacht)

Das Artwork im Ganzen erinnert mich an das Artwork eures letzten LIK-Albums, „Misanthropic Breed“: Auch darauf robben ja ein paar Zombies um die Wette. Was fasziniert dich an der ganzen Zombi-Thematik?
Ich habe bisher nicht über eine mögliche Ähnlichkeit zum LIK-Cover nachgedacht. Vielleicht stimmt es aber … bei LIK wollten wir etwas, das aus einer zerstörten Stadt hervorkommt … sie haben die Stadt überrollt, komplett niedergemacht und hauen jetzt wieder ab. Bei BLOODBATH ist es jetzt ja ein Rennen … wer ist das kränkste Wesen hier. Derjenige gewinnt das Rennen! Darum geht es auf diesem Cover … all diese kaputten Leute mit ihren Krankheiten, die Ratte, die ihm aus dem Mund kommt … tatsächlich ist die Ratte ja auch die erste! (lacht) Es ist also ein Rennen ums Überleben und darum, wer am kränksten ist.

Wo kommt dieses Konzept, diese Idee her, dass der Kränkste ein Gewinner ist? Und was gewinnt er am Ende?
Ich weiß es nicht … man sagt eben „Survival Of The Fittest“ … und „Survival Of The Sickest“ klingt einfach viel mehr nach Death Metal! (lacht) Jonas hatte die Idee. Es ist einfach ein cooler Titel, und dazu braucht man ein cooles Artwork! Ich finde dieses Rennen der kranken Leute einfach cool! Wer genau die Idee hatte, weiß ich nicht mehr … vielleicht der Künstler, Wes Benscoter?

Beziehen sich die Texte auch auf den Titel, also gibt es ein Textkonzept für das Album?
Nein, es geht einfach nur um Horror und den Tod … aber es ist kein Konzeptalbum. Es ist einfach ein cooler Titel, es ist einfach Death Metal: Ein cooler Vibe, Zombies, Blut, Tod und Gewalt … darum geht es im Death Metal doch! All das muss ein Death-Metal-Album einfach haben!

Also auch mit einer gehörigen Portion Humor garniert?
Ja, definitiv. Ich hoffe, dass man das auch merkt. Wir hatten so viel Spaß dabei, dieses Album zu machen, die Songs zu schreiben, sie aufzunehmen … der ganze Prozess hat uns so viel Freude bereitet. Ich hoffe, dass man das dem Album auch anhört: Wir sind nicht nur ein paar Verrückte, die Death Metal machen wollen … wir haben da richtig Spaß dabei! Jeder in der Band weiß, wie es klingen soll! Wenn man mit Martin [Axenrot, Schlagzeug – A. d. Red.] redet, kommt sowas wie: „Hast du gehört, dass ich da diese verrückte Hi-Hat drauf gepackt habe, wie bei alten Cannibal Corpse! Und hast du das gehört und …“ – all diese Referenzen auf altes Zeug. Das ist ziemlich cool!

Ihr habt das ganze Album während der Hochphase der Pandemie produziert – waren das Songwriting und die Aufnahmen davon beeinträchtigt?
Es war tatsächlich nicht so einfach, Nick nach Schweden zu bekommen: In Schweden gab es ja zu keiner Zeit einen Lockdown. Wir hatten ein paarmal Sperrstunden für Bars und dergleichen, aber keinen Lockdown. Insofern war das kein Problem. Aber wir hatten nur ein kleines Zeitfenster, als Schweden aufgemacht hat – das mussten wir nutzen, um Nick herzuholen. Er hat es auch wieder heim geschafft, ehe wieder zugemacht wurde: Es war damals kurz besser geworden, also hatten sie aufgemacht, und dann war es wieder schlimmer geworden, also haben sie wieder zugemacht. (lacht) Es ist schon verrückt … aber wir haben es geschafft, Nick zur richtigen Zeit herzuholen.

Bloodbath live auf dem Brutal Assault 2022
BLOODBATH live auf dem Brutal Assault 2022; © Afra Gethöffer-Grütz / Metal1.info

Bisher habt ihr allerdings nur ein paar Flight-In-Shows auf Festivals gespielt – plant ihr zu „Survival Of The Sickest“ auch eine richtige Tour?
Wir sprechen über ein paar kleinere Sachen, aber aktuell ist noch nichts gebucht oder so. Wir spielen in zwei Wochen noch eine Show in Mexiko, danach haben wir aktuell gar nichts mehr im Kalender.

Ist das gut oder schlecht?
Schlecht, denke ich? Aber so ist es eben.

Aktuell ist Touren aber auch eine schwierige Angelegenheit – zumindest in Deutschland sind die Vorverkaufszahlen vieler Shows sehr schlecht, sodass viele Konzerte und auch ganze Touren abgesagt werden müssen. Ist das in Schweden auch ein Problem?
Ich weiß es nicht – wir haben in Schweden zuletzt nicht viel gespielt – auch nicht mit LIK. Tatsächlich spielen wir mit LIK jetzt am Freitag eine Show in Schweden, aber das ist ein Festival. Generell glaube ich, läuft alles schon ganz OK. Aber ich weiß es nicht?

Ich hoffe, dass es hier auch bald wieder besser wird. Es scheint eine Pandemiefolge zu sein, dass die Leute keine Tickets mehr kaufen …
Ja, hoffentlich! Aber klar, man weiß nicht, ob die Shows nicht doch abgesagt werden … da kann ich schon verstehen, wenn jemand kein Geld in Tickets steckt. Und auf der anderen Seite will niemand das Risiko eingehen, irgendwo hinzufliegen, wenn nur drei Tickets verkauft sind – auf den bloßen Verdacht hin, dass es am Ende vielleicht doch 200 oder 500 Leute werden. Man weiß es ja nicht.

Wie setzt du jetzt deine Prioritäten, was BLOODBATH auf der einen Seite und deine angestammte Band LIK auf der anderen Seite anbelangt? Muss LIK jetzt zurückstecken?
Nein. Wenn es um Showtermine geht, gilt einfach: Wer zuerst kommt, malt zuerst. Man muss halt etwas mehr planen. Aber das ist bei den anderen mit ihren Bands ja auch nicht anders, wenn Katatonia oder Paradise Lost eine Show haben, kannst du ja auch nicht gleichzeitig eine BLOODBATH-Show spielen. Bei mir ist es genau das gleiche.

LIK auf dem Party.San 2022; © C. Emmrich / Metal1.info

Drei andere große Bands, mit denen man sich abstimmen muss – macht es das nicht extrem kompliziert?
Nun, wir spielen ja gelegentlich, also ist es offensichtlich möglich. Das passt schon, es funktioniert.

Und wie sieht es bei LIK in Sachen Album aus? Bisher habt ihr alle zwei Jahre ein Album veröffentlicht – so gesehen wäre es nun eigentlich wieder an der Zeit!
Ja, wäre es … aber wir haben bisher nichts gemacht. Zumindest nicht, soweit ich weiß. Aber wir werden jetzt dann anfangen. Wir wollten die Songs von „Misanthropic Breed“ erst live spielen. Wenn du die Songs nicht live gespielt hast, und nicht die Zeit hattest, die Songs live zu genießen, ist es wirklich sonderbar, schon wieder ein neues Album zu schreiben. Jetzt hatten wir diese Zeit, jetzt fühlt es sich natürlicher an, mit LIK wieder etwas Neues zu machen.

Damit wären wir am Ende, vielen Dank für deine Zeit!
Vielen Dank für das Interesse, es hat Spaß gemacht!

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Dieses Interview wurde per Telefon/Videocall geführt.

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