Interview mit James Malone von Arsis

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Mit „Visitant“ melden sich die Tech-Deather ARSIS nach fünf Jahren endlich zurück – und das in lange nicht gehörter Stärke. Fronter James Malone erklärt, warum die fünf Jahre alles andere als ruhig waren und wie eine persönliche Tragödie das Album geprägt hat.

 

Die letzten fünf Jahre war es sehr ruhig um ARSIS – was ist in dieser Zeit passiert, warum hat das neue Album so lange gebraucht?
Obwohl die letzten fünf Jahre für ARSIS ruhig schienen, war dies nicht ganz der Fall: Wir waren auf Tournee, um „Unwelcome“ bis 2015 zu pushen. Sogar 2016 haben wir etwas getourt. 2016 ist Brandon Ellis dann The Black Dahlia Murder beigetreten und ich Necromancing The Stone. Sowohl Brandon als auch ich waren sehr beschäftigt mit dem Songwriting und dem Touren für diese Bands, und Shawn und Noah waren auch an anderen Projekten beteiligt. Abgesehen davon gab es für einige der Mitglieder auch viele große Lebensveränderungen: Noah und ich haben beide in dieser Zeit beträchtliche Umzüge gemacht; ich zog von der Ostküste nach Texas und Noah von der Ostküste nach Washington. Es dauerte einfach ein wenig, bis wir so weit waren, dass wir uns auf ein neues ARSIS-Album konzentrieren konnten. Wir wollten nichts überstürzen.

„Visitant“ ist ein altes Wort für Besucher, sowie ein ornithologischer Begriff für Vögel, die nach der Brutzeit, meist in Schwärmen, im weiten Radius umherstreifen. Worauf bezieht ihr euch mit dem Titel?
Du hast tatsächlich einige sehr wichtige Teile der Definition vernachlässigt und die gängigste Definition völlig ausgelassen: „Visitant: Besucher, besonders einer, von dem man annimmt, er käme aus der Geisterwelt.“  Das ist die Definition im Merriam-Webster-Wörterbuch. Die Definition von Google ist: „ein übernatürliches Wesen oder eine Wirkung; eine Erscheinung.“ Angesichts der Thematik der Texte, bei der jedes Lied von einem anderen Horrorfilm inspiriert ist, wir müssen uns auf herumziehende Vögel bezogen haben. (lacht)

Worum geht es auf dem Album und wie wichtig sind die Texte für dich?
Meiner Meinung nach eignet sich die Ästhetik des Heavy Metal auch auf ihrer basalsten Ebene perfekt für das Horror-Genre – und umgekehrt. Wenn ich die Musik angehört habe, die wir für „Visitant“ geschrieben haben, habe ich versucht, meinen Geist wandern zu lassen und ein geistiges Bild für mich zu malen. Ich würde diese Gedankenbilder mit einem Horrorfilm in Verbindung bringen und das als lyrische Inspiration nutzen. Ich habe nicht so sehr versucht, Geschichten mit den Texten zu erzählen, als vielmehr, Bilder zu malen, die von diesen Filmen inspiriert waren.
Deshalb habe ich mich entschieden, den Texten auf dem Album ein Horrorthema zu geben. Der Grund dafür ist wohl, dass ich in diesem Jahr meinen Vater verloren habe. In Anbetracht seiner Erkrankung und der Behandlung, die er deswegen erhielt, habe ich versucht, mich während des Schreibens für „Visitant“ darauf einzustellen.
Das Interesse und die Wertschätzung für das Horror-Genre waren etwas, das er und ich teilten, so dass es in diesem Sinne eine Art Tribut an ihn war. In einem anderen Sinne glaube ich, dass einer der Gründe, warum Horror als Kunst existiert, darin besteht, uns zu helfen, mit Ereignissen oder Emotionen umzugehen, die wir in Wirklichkeit nicht verarbeiten wollen … der Tod ist das Offensichtlichste.

Musikalisch ist es eine Mischung aus technischem Death, aber auch Thrash Metal. Was hat dich beeinflusst, welche Bands hörst du im Moment am meisten?
Es war schon immer ein Markenzeichen von ARSIS, dass wir extreme Platten geschrieben haben – aber Extrem Metal war nicht unser größter Einfluss. Wir hatten definitiv eine „Außenseiter-Perspektive“ auf das Genre, und ich denke, das spiegelte sich in der Musik wider. Es war damals ein „frisches“ Produkt.
Ich denke, eine große Schwierigkeit für die Band war, dass wir uns unserer selbst bewusst wurden. Als wir anfingen, wirklich zu touren, tourten wir mit Bands wie The Faceless und Necrophagist und fühlten uns, als müssten wir ein ‚technisches‘ Album schreiben, nur um ‚tech‘ zu sein. Das Ergebnis war „We Are The Nightmare“ und was einst ein kleiner Teil unseres Sounds war, die technischen Aspekte der Musik nämlich, fing an, alles zu dominieren.
Jede Ursache hat einen Effekt und die nächste Veröffentlichung, „Starve For The Devil“, war eine Reaktion auf diese (zu) technischen Eigenschaften. Dies stieß allerdings auf gemischte Reaktionen. (lacht) Als nächstes kam „Unwelcome“, ein überstürzter Versuch, die Brutalität und Rohheit des frühen Materials wiederherzustellen.
Mit „Visitant“ konnte ich endlich genug Abstand zwischen mir selbst, der „Szene“ und dem Alkohol herstellen, um meiner Kreativität endlich freien Lauf zu lassen. Ich denke, das Ergebnis ist, wenn überhaupt, eine sehr authentische Bilanz. Um deine Frage spezieller zu beantworten, habe ich keine Bands gehört, die sich direkt in dem Sinne, den du meinst, in meinen Songs widerspiegeln.

Welche Art von Atmosphäre wolltest du schaffen?
Wenn ich es in Worte fassen müsste, dann wollte ich mit der Musik wohl eine surreale Atmosphäre schaffen. Genauso wie Dario Argento oder Fulci in ihren Filmen eine surreale Atmosphäre erzeugen, wollte ich dies mit meiner Musik erreichen.

Das Artwork ist sehr anders aus als eure früheren Cover – warum habt ihr euch entschieden, mit der Tradition dieser eher futuristischen Bilder zu brechen?
Auch dieses Album stammt von Mark Riddick, dem gleichen Künstler, mit dem wir schon immer zusammengearbeitet haben. Ich stecke mich in Marks Arbeit beim Albumcover nicht hinein, habe ich auch noch nie. Normalerweise gebe ich ihm einfach den Albumtitel und vielleicht ein paar Pre-Production-Songs zum Anhören. Von da an ließ ich seine Phantasie und seine Begabung die Arbeit machen. Für dieses Album hat er sich dafür entschieden, im Gegensatz zu seinem typischen Stift- und Tintenstil Malerei zu verwenden. Es gibt insgesamt sieben Bilder im Layout und ich denke, dass sie alle zusammengehören. Man sollte wirklich das gesamte Layout betrachten.

Es ist sehr einfach gehalten, und um ehrlich zu sein nicht wirklich außergewöhnlich – findest du nicht, dass es ein wenig unspektakulär ist, zumindest im Zusammenhang mit deiner Musik?
Ich persönlich finde es fantastisch! Dass Mark diesmal statt seinem üblichen Stift- und Tintenstil gemalt hat. Ich finde, das hat dem Bild eine viel „ätherischere“ Qualität oder Gefühl gegeben. Ich bin mir sicher, dass Mark Riddick mehr von der Kunst versteht als du oder ich, vielleicht ist das eine Frage für ihn. Ich persönlich bin kein Fan von bunten, aufwändigen Albumcovern, also passt Riddicks Kunst zu mir. Eine Sache, die Kunst großartig macht, ist, dass nicht jeder sie schätzen muss, damit sie trotzdem brillant ist.

Warum ist es trotzdem die perfekte Visualisierung Ihrer Musik?
Ich denke, dass alle sieben Gemälde, die im Layout verwendet werden, und das Layout als Ganzes dazu beitragen, eine sehr surreale oder ätherische Atmosphäre für das Album zu schaffen. Man muss das gesamte Layout sehen, bevor man sich eine Meinung bildet.

Apropos Visualisierung: Für „Tricking The Gods“ habt ihr ein ziemlich skurriles und futuristisches Video gedreht. Was war die Idee hinter dem Clip?
Nun, die Songtexte wurden von ein paar Werwolffilmen („Silver Bullet“ und „Dog Soldiers“) inspiriert und im Video verwandelt ein Kult jemanden in einen Werwolf, der wiederum anfängt, die Kultteilnehmer zu töten. Mit diesem Wissen finde ich es nicht so seltsam. Die Kostüme und Bilder mögen etwas futuristisch wirken, aber das hat mehr mit den Einschränkungen des Regisseurs und des Budgets zu tun als alles andere. Wenn man den lyrischen Inhalt, die Budgetrestriktionen und die surreale Atmosphäre des Albums betrachtet, denke ich, dass der Regisseur mit dem Video mehr als zufriedenstellend gearbeitet hat.

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Was hältst du von Musikvideos im Allgemeinen? Teil der Kunst oder Teil der Promotion-Strategie?
Videos können Spaß machen, aber ich persönlich lege nicht viel Gewicht oder Wert darauf. Für mich liegt die wahre Kunst in der Musik. Damit meine ich, dass ich kein bildender Künstler bin und dass ich mich dabei auf andere Menschen verlasse. Ich bin auch fest davon überzeugt, dass andere Menschen ein größeres Wissen über bildende Kunst haben als ich. Dies gilt für Mark Riddick mit dem Albumcover und Rob Nielson, den Video-Regisseur. Sie sind beide sehr kompetent in ihren jeweiligen Bereichen und in einigen Fällen auch bekannt. Ich vertraue ihnen, um die bestmögliche Arbeit abzuliefern, und ich habe nicht das Gefühl, dass es mir oder jemand anderem zusteht, das zu viel zu kritisieren.

Auf dem Album gastieren Trevor Strand (The Black Dahlia Murder) und Malcolm Pugh (Inferi). Warum habt ihr euch entschieden, diese beiden zu fragen und wie ist die Zusammenarbeit verlaufen, habt ihr euch getroffen oder war es eine reine Online-Kooperation?
Wir sind seit über einem Jahrzehnt mit Malcolm und Trevor befreundet. Malcolm und ich haben jahrelang darüber gesprochen, Gastauftritte auf den Alben der anderen zu tauschen. Der Zeitpunkt war richtig und ich war Gast auf dem neuen Inferi-Album und jetzt konnte er etwas zu unserem beitragen. Da Brandon Ellis nun Mitglied von The Black Dahlia Murder ist, war es sehr einfach, einen Gastbeitrag von Trevor zu organisieren.

Du bist ein klassisch ausgebildeter Musiker, gelernter Geiger und Kompositionsstudent – inwieweit beeinflusst das deine Art, Musik für ARSIS zu komponieren?
Ich denke, dass im Death Metal zu viel Wert darauf gelegt wird, dass alles „technisch“ oder „brutal“ ist, und dass Aspekte wie Komposition übersehen werden. Die Menschen scheinen das Konzept, ein Thema zu etablieren und weiterzuentwickeln, nicht wirklich zu verstehen. Das ist etwas, was ich bei jedem ARSIS-Song sorgfältig beachte. Ich denke, dass uns dieser Ansatz und seine Ergebnisse definitiv von anderen Bands innerhalb des Genres unterscheiden.

Was steht es um eure Tourpläne – kommt ihr nach Deutschland?
Wir hoffen sehr, dass wir bei diesem Albumzyklus auch nach Europa kommen und arbeiten gerade die entsprechenden Pläne aus!

Vielen Dank für deine Zeit und Antworten! Zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:
Donald Trump: Orange.
Das Ende von Slayer: Nostalgie.
Deutschland: Helloween.
Death Metal: Verminderte Quinten.
Dein Lieblingsalbum im Moment: „Leather Teeth“ von Carpenter Brut.
ARSIS in zehn Jahren: Synthesizer.

Nochmals vielen Dank! Die letzten Worte gehören dir:
Vielen Dank für das Interview! Ich hoffe, wir sehen uns in Deutschland!

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Dieses Interview wurde per E-Mail geführt.
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