Interview mit Arisjel von Autumnblaze

Vier Jahre gingen ins Land, bis mit „Every Sun Is Fragile“ endlich das neue Album der Dunkelrocker AUTUMNBLAZE das Licht der Welt erblickte. Nicht nur aufgrund der erneut großen Qualität des Albums ein guter Grund, bei der Band einmal nach den aktuellen Befindlichkeiten nachzufragen. Schlagzeuger Arisjel berichtet über den Songwritingprozess, die hervorragende Zusammenarbeit mit dem neuen Label und über Seelenbilder, die durch verdichtete Gefühle beschrieben werden.

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Hy, vielen Dank, dass Du Dir Zeit für das Interview nimmst. Alles klar soweit?
Ja, uns geht es gut und mich (Arisjel) freut es, dass wir mit unserem neuen Release dein Interesse geweckt haben.

Zunächst einmal Gratulation zu einem phantastischen Album, vermutlich habt Ihr im Moment eine Menge zu tun, da „Every Sun Is Fragile“ gerade das Licht der Welt erblickt hat?
Danke und ja, das stimmt. Die Promotion für das Album läuft gerade richtig an und in den letzten Tagen sind wir intensiv mit Interviews beschäftigt, was uns natürlich besonders freut.

Ich kann mir vorstellen, auch nach 15 Jahren ist das Schreiben, Aufnehmen und Veröffentlichen eines Albums noch eine aufregende Sache, oder?
Da hast du recht. Für uns ist es noch immer etwas ganz Besonderes, mit unseren Stücken ins Studio zu gehen, aber auch die aktive Songwritingphase, das Entwickeln des lyrischen Konzeptes, der Coverideen und das intensive Proben sind sehr aufregend. Dieses Mal waren wir zudem zum ersten mal im Studio Greywolf, dem Studio von Charles von Powerwolf, das ganz in unserer Nähe ist. Eine fantastische Erfahrung. Wir konnten ohne Zeitdruck arbeiten, da wir fast sechs Wochen zur Verfügung hatten. Charles ist ein genialer Produzent und ich denke, das hört man auch auf „Every Sun Is Fragile“. Ich war noch nie so zufrieden mit einer Produktion.

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Der Veröffentlichungsprozess hat sich etwas hingezogen, obwohl die Musik eigentlich schon länger fertig war, oder? Erzähl mal ein bisschen über die Hintergründe.
Nun, unser Vertrag mit Prophecy war ausgelaufen und wir haben lange überlegt, wie wir die nächsten Schritte angehen. Schließlich haben wir beschlossen, unabhängig von einem Label das Studio zu buchen und „Every Sun Is Fragile“ aufzunehmen. Mit der fertigen Aufnahme haben wir dann verschiedene Labels kontaktiert. All das ohne Eile. Insbesondere die Begeisterung, die wir bei Calvin und Roy von Pulverised mit unserem neuen Material geweckt hatten und natürlich auch das gute Vertragsangebot haben uns dann überzeugt, bei Pulverised zu unterschreiben. Da das Label uns ermöglichte, mit Travis Smith als Coverdesigner zu arbeiten, haben wir uns nochmal ein wenig Zeit dafür genommen. Der größte Teil der Zeichnungen des Coverdesigns stammt von Andrea Wolf-Schuler, der Frau von unserem Gitarristen Andreas. Travis hat ihre wundervollen Zeichnungen ins Design integriert und so ist ein einzigartiges Kunstwerk entstanden. Leider gab es noch ein paar technische Schwierigkeiten, die zu Verzögerungen geführt haben. Pulverised wollten eigentlich das Presswerk wechseln. Leider war man dort jedoch nicht in der Lage, die gewünschte Qualität zu liefern. Das hat ein paar Wochen Zeit gekostet, war aber so nicht abzusehen.

Wie ist die Zusammenarbeit mit dem neuen Label denn angelaufen? Seid Ihr zufrieden bislang?
Wir sind sehr zufrieden mit der Zusammenarbeit mit Pulverised. Das Label arbeitet sehr engagiert und professionell. Wir merken, dass Calvin und Roy 100% von unserem Album überzeugt sind.

Wie lange hat der kreative Prozess unter dem Strich in etwa gedauert? Ich frage deshalb, weil ich finde, die Musik klingt sehr wie aus einem Guss, so als ob sie innerhalb kurzer Zeit entstanden ist.
Wir haben uns nach der Veröffentlichung von „Perdition Diaries“ viel Zeit gelassen. Einzelne Songideen sind nach und nach entstanden. Aber du hast Recht, Anfang 2012 haben wir schließlich erst richtig los gelegt und innerhalb von 3 Monaten in intensiven Proben das Material ausgearbeitet und arrangiert.

Wie planvoll seid Ihr beim Schreiben der Musik vorgegangen? Einen Stilbruch wie vor „Bleak“ hat es ja in dem Maße nicht mehr bei AUTUMNBLAZE gegeben, trotzdem klingt eigentlich keines Eurer Alben wie das andere.
Wir fühlen uns schon lange nicht mehr einem bestimmten Musikgenre zugehörig, haben also in stilistischer Hinsicht keine spezielle Ausrichtung geplant. Der rote Faden bei Atumnblaze ist Melancholie, Emotionalität, die Transformation von Seelenwelten in Musik. Das verbindet alle Alben und ich denke, das hört man auch.

Autumnblaze13-02Eure Musik war eigentlich nie besonders eingängig, wenn man vielleicht von einzelnen Stücken einmal absieht. Fordert Ihr den Hörer bewusst heraus, Zeit und Energie zu investieren?
Keines unserer Stücke entsteht verkopft oder ist konstruiert, um gewünschte Wirkungen zu erreichen. Wie schon gesagt, entstehen die Songs aus inneren Gefühlswelten, in die wir die Hörer einladen. Wer sich darauf einlässt, wird von ganz allein in unsere Musik eintauchen und in sich selbst den Widerhall der Melodien als Empfinden spüren.

Ich finde, die Platte entfaltet sich am besten, wenn man sie komplett durchhört. Würdest Du trotzdem einzelne Lieder hervorheben, vielleicht weil sie in Deinen Augen besondere Qualität aufweisen oder Dir einfach viel bedeuten?
Ich sehe „Every Sun Is Fragile“ auch als Album, dass man am besten komplett hört. Ich mag jeden einzelnen Song.

Ich finde, die Stimmung ist am Anfang von „Every Sun Is Fragile“ noch beinahe positiv, in gewisser Weise fast euphorisch und verdüstert sich im weiteren Verlauf immer mehr. Liege ich damit richtig und welches Konzept liegt dem zu Grunde?
Die Reihenfolge der Songs haben wir sehr bewusst ausgewählt und die sich verändernde Stimmung ist tatsächlich gewollt. Das Konzept dahinter ist die Zerbrechlichkeit des Lebens, selbst in den glücklichsten Augenblicken. Das wollten wir musikalisch umsetzen.

Konzept ist an dieser Stelle ein gutes Stichwort, Ihr macht nicht nur außergewöhnliche Musik, sondern seid auch lyrisch recht versiert. Wovon handeln die Texte?
Bei unserer Musik gab es schon immer einen engen Zusammenhang zwischen Texten und der Musik. Oftmals entsteht die Musik zum Text und nicht umgekehrt. Die Lyrics sind teilweise von Markus, teilweise aus meiner Feder. „Every Sun Is Fragile“ erzählt keine zusammenhängende Geschichte wie bei „Perdition Diaries“. Dennoch sind die Stücke lose miteinander verbunden und beleuchten das Thema der Fragilität des Daseins aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Texte sind wie Gedichte, verdichtete Gefühle, die oftmals eher Seelenbilder beschreiben als eine konkrete Geschichte.

Was macht für Euch einen guten Text aus? Ich kann mir vorstellen, wenn man ein wenig Talent im Umgang mit Wörtern hat, kann man praktisch zu jedem Thema anspruchsvoll schreiben, oder?
Sicherlich kann man zu jedem Thema anspruchsvoll schreiben. Für uns eignen sich aber nicht alle Themen, um durch unsere Musik vertont zu werden. Unsere Texte sind immer Poesie der Seele, nur dann sind sie gut! Weltpolitik wirst du darin nicht finden.

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Gute Überleitung, verfolgst Du weltpolitische Themen? NSA-Skandal, arabischer Frühling oder Terrorangst stimmen auch 2013 nicht wirklich hoffnungsfroh. Geht die Welt in Deinen Augen sprichwörtlich vor die Hunde?
Natürlich verfolge ich auch weltpolitische Themen, das sind aber nicht die Themen, mit denen sich AUTUMNBLAZE befasst. Jede Epoche hat ihre Skandale, ihre Fanatiker, ihre Abgründe und Grausamkeiten. So gesehen geht es uns doch heute in Europa besser als unseren Großeltern, die in einer abartigen Diktatur groß geworden sind und den 2.Weltkrieg erlebt haben. In meiner Kindheit war die Gefahr eines Atomkrieges allgegenwärtig. Vielleicht lernen die Menschen ja irgendwann einmal, dass nur Toleranz und die Abkehr von Gewalt die Bausteine der Zukunft sind.

Ist Sommer für AUTUMNBLAZE eigentlich eine angenehme Jahreszeit oder fühlt Ihr Euch in Herbst und Winter wohler?
Jede Jahreszeit hat ihren Reiz. Wir genießen die warmen Sonnentage sehr. Aber Herbst und Winter sind eine gute Zeit zum Komponieren und Schreiben.

So, bevor das hier noch weiter ins off-topic abdriftet, kommen wir zum Schluss noch zum beliebten Metal1-Wortspiel. Deine ersten Gedanken zu den folgenden Begriffen:
Veggie-Tag in deutschen Kantinen:
Gibts bei uns (ich arbeite in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung der Lebenshilfe) schon lange.
Start der Bundesligasaison: Fußball interessiert mich (im Gegensatz zu Andreas und Markus) überhaupt nicht.
Gustl Mollath: Den Fall des Herrn Mollath kenne ich zu wenig, um dazu etwas zu sagen.
Bundestagswahl: Haben wir eigentlich wirklich eine Wahl?
NSU-Prozess: Ich hoffe auf ein hartes, gerechtes Urteil und darauf, dass mögliche Verwicklungen des Verfassungsschutzes lückenlos aufgedeckt werden.

So, noch einmal vielen Dank für die geduldige Beantwortung der Fragen. Euch weiterhin viel Erfolg, die letzten Worte gehören Dir.
Ich danke dir für dein Interesse und den Fans, die uns in all den Jahren unterstützt haben. Wir haben ein wundervolles Album für euch, also
genießt „Every Sun Is fragile“!

Publiziert am von Jan Müller

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