Interview mit Till Herence von apRon

Als junge Band ein Konzeptalbum mit einem neuen Sänger aufzunehmen, ist ambitioniert. Diese Grundidee dann auch noch mit einem Comic und einer Live-Show zu verfeinern, klingt sehr gewagt. Die Münchner Punchrocker apRon sind dieses Risiko eingegangen – und belohnten sich selbst und ihre Hörerschaft mit einem der extravagantesten Alben der letzten Jahre. Alles Wissenswerte zum Zirkus rund um Mr. Punch verrät Neu-Sänger Till Herence im Gespräch mit uns. Manege frei!

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Nach dem Release von „Der Punch“ seid ihr u.a. mit Hämatom und Megaherz auf Tour gewesen und habt in München das Punchfest ins Leben gerufen. Wie waren eure Erfahrungen im Hinblick auf die Livetauglichkeit der einzelnen Songs und wie wollt ihr darauf aufbauend nun weitermachen?
Als Support mussten wir natürlich unser Set stark kürzen und haben somit bei Hämatom und Megaherz nicht alle Songs live testen können. Dennoch funktionieren alle ziemlich gut live, da wir – denke ich – mit einem recht ausgewogenen Anteil an Samples spielen und wenn da mal was nicht richtig abgefeuert wird, was vom Band kommt, ist es auch nicht schlimm, da die Songs auch ohne diese kleinen Extras rocken und funktionieren. Und ja, wir wollen darauf aufbauen und weitermachen ;-)
Am meisten freuen wir uns dieses Jahr schon wieder auf das nächste Punchfest. Zunächst geben wir aber beim Trebur Open Air am 01. August sowie vier Tage später beim Free & Easy in München richtig Vollgas.

Für alle, die euch vielleicht nicht kennen: Wie würdest du selbst eure Musik beschreiben?
Knallharter Punchrock.

Wodurch unterscheidet ihr euch von anderen Bands aus eurem Genre?
Durch die andere DNS.

apRonFoto2014Nach der Veröffentlichung von „Der Punch“ sind nun einige Monate ins Land gezogen. Wie fühlst du dich als Sänger mit dem Material inzwischen und wie zufrieden seid ihr als Band mit der CD?
Mittlerweile bin ich mit dem Material ziemlich verwachsen und es fühlt sich sehr natürlich an. Die Frage nach der Zufriedenheit mit der letzten Scheibe sollte man einem Musiker nie stellen ;-)
Aber nein, im Ernst, wir sind schon ziemlich stolz auf unser Gesamtwerk um Mr. Punch.

Wie war die Resonanz bisher?
Durchweg positiv. Was mich vor allem überrascht hat, ist die Tatsache, das vielen Leuten im ersten Augenblick vor allem live das Konzept erstmal ziemlich egal ist und die Musik im Vordergrund steht. Sobald sie dann mehr Einblick bekommen, worum es bei unserer Geschichte geht, können sich so ziemlich alle auch für den Comic und die übergeordnete Ebene begeistern.

Wie geht ihr mit Kritik um? Allgemein: Wie wichtig sind für euch Reviews? Lest ihr eure Kritiken und wie steht ihr zu der Kritik eines Redakteurs?
Kritik ist immer willkommen, sofern sie konstruktiv ist. Reviews lesen wir immer gerne, denn das heißt meistens, dass sich jemand mit unserer Musik beschäftigt hat. Ob uns das dann gefällt, ist eine andere Sache.

Du bist ja ein alter Hase im Geschäft. Ist es dennoch immer noch eine aufregende Sache, ein Album zu schreiben, aufzunehmen, den Misch durchzuführen und dann der Veröffentlichung entgegen zu fiebern?
Aber ja doch! Der ganze Prozess von Anfang bis Ende ist einfach eine ziemlich starke Lebenserfahrung im Positiven wie im Negativen. In gewissen Bereichen bekommt man zwar eine Routine, aber die ist oftmals auch ziemlich angenehm, da man sich nicht mehr mit Ängsten rumschlagen muss, die man noch zu Anfang hatte. Wenn ich da nur an die ersten Vocalaufnahmen denke…

Gibst es etwas an „Der Punch“, mit dem du nicht 100% zufrieden bist?
Denkst du, ich würde diese Frage in einem Interview beantworten, solange die neue Scheibe noch nicht veröffentlicht ist? :-)
Es ist natürlich das beste Album, das wir je gemacht haben!

Ihr verfolgt auf dem Album ein klares Konzept. Kurz gesagt ergreift eine Puppe namens Mr. Punch sukzessive Besitz von ihrem Inhaber, einem Spießer, der die Puppe zufällig gefunden hat. Diese Story habt ihr mit einem Comic illustriert und für die CD konntet ihr Schandmaul-Sänger Thomas Lindner als Sprecher der Geschichte gewinnen. Wie ist dies alles entstanden?
Die Inspiration für den Song „Mr. Punch“ war damals die gleichnamige Graphic Novel von Neil Gaiman, das war noch vor meiner Zeit.
Als ich dann dazu kam, hatte ich das Gefühl, das ein Konzeptalbum um diesen Song herum ein ziemlich guter Einstieg für mich und die neue Richtung der Band wäre. Der Rest war dann ziemlich viel Arbeit. Vom kompletten Handlungsfaden, den wir erst einmal erstellen mussten, dem Texten der Songs, die alle ein Kapitel des Comics darstellen, den Erzählstücken, die das ganze akustisch verkleben, bis zur Betextung des Comics, die unser Drummer Medusa übernommen hat. Und natürlich ein Haufen Arbeit für unseren großartigen Zeichner Andi Papelitzki, der mit viel Geduld und in genialer Weise den Charakteren ein Gesicht gegeben hat.
Das mit Thomas war dann einfach nur logisch. Du suchst nach einer coolen Erzählstimme für dein Konzeptalbum und kennst Thomas Lindner: Problem gelöst.

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Eben jene gesprochenen Passagen von Thomas zwischen den einzelnen Songs haben für geteiltes Feedback gesorgt: Wie steht ihr damals und heute dazu?
Heute wie damals eine coole Sache, weil es eben ein Konzeptalbum ist. Wen die kurzen Skits stören, der kann sie heutzutage ganz easy aus seiner Playlist rausklicken…oder beim illegalen Download einfach nicht mit anwählen.

Die Texte sind dieses Mal ausschließlich auf Deutsch. Eine bewusste Entscheidung?
Unbewusst wäre seltsam gewesen :-)
Ich hatte tatsächlich das ganze Album schon auf Englisch und in der Vorproduktion auch schon fast fertig eingesungen. Aber letztendlich war es dann ein spontaner Versuch, eine Nummer mal einfach auf deutsch auszuprobieren, und siehe da, wir fanden es wesentlich besser. Die ganze Geschichte ließ sich so viel besser transportieren und für mich hat es sich auch richtig angefühlt.

Wo siehst du neben der Sprache die größten Unterschiede zwischen dem aktuellen Release und allem, was apRon davor geleistet haben? Ist die musikalische Bandbreite auf „Der Punch“ das Spektrum, das ihr auch zukünftig abbilden wollt?
Neuer Sänger, neue Besetzung, musikalischer Wandel, im Prinzip eine fast neue Band. Ich denke, das lässt sich so jetzt nicht mehr vergleichen. Was das musikalische Spektrum angeht, denke ich, wird apRon immer eine Rockband der härteren Gangart bleiben, womit aber auch schon alle Eingrenzungen, die unsere Spielwiese betreffen, gesagt sind.

Ihr legt sehr viel Wert auf die audiovisuelle Umsetzung eurer Musik. Wie schwer fällt es euch dabei, aus finanziellen oder anderen Gründen Kompromisse einzugehen?
Manchmal ist es sehr schwer, weil wir gerne groß träumen. Dennoch ist eben eine unserer Stärken, aus sehr wenig ziemlich viel zu machen. An Ideen mangelt es uns dann doch selten.

Du bist als Sänger neu zu apRon gestoßen. Wie hast du die Eingewöhnungszeit nebst Besetzungswechseln, CD-Release und einigen Konzerten erlebt?
Turbulente Zeiten :-)
Aber letztendlich war und ist es das Wert. Ich bin ziemlich stolz auf das, was wir als Team geleistet haben.

Viele talentierte Kapellen dümpeln seit Jahren mit Eigenproduktionen durch die Gegend, während einige andere blindlinks gerade gehypte Bands kopieren und Verträge beinahe hinterher geschmissen bekommen. Was sagst du dazu? Wie schwierig ist es Eigenständigkeit aufrecht zu erhalten, wenn man dadurch durch einige Raster purzelt?
Was heißt denn schon Eigenständigkeit? Fast jede Band behauptet von sich, heutzutage völlig aus der Reihe zu tanzen, dabei hat man so ziemlich alles schon gehört und gesehen. Im Prinzip geht es ja nur darum, was die Leute hören wollen, auch wenn das zum hundertsten Mal der gleiche Song in anderem Gewand ist. Ich finde, wirklich innnovative Musik hat auch nichts mit Mainstream oder Erfolg auf kommerzieller Ebene zu tun, sowas ist immer Pionierarbeit. Das, was als innovativ gehyped wird, ist meistens auch nur Altes ein bisschen neu zusammen gewürfelt. Im Moment machen wir Rockmusik, die hier und da in anderen Gefilden wildert.

Bei vielen kleinen Band klingen Alben manchmal besser als bei manchen, die einen Vertrag innehaben. Kann man da auch ein wenig stolz drauf sein, oder ist das die zusätzliche Belastung nicht wert? Schließlich bleibt z.B. auch die komplette Promotion bei einem selbst liegen.
Die Promotion hat ja so gesehen nichts mit dem Klang des Albums zu tun. Aber für uns ist es schon sehr wichtig, über den Sound und die Qualität des Albums zu bestimmen, da wir das auch ziemlich gut machen, wie ich finde. Zum einen hat Marvin als Co-Produzent hier einen astreinen Job gemacht, zum anderen wissen wir 4 ziemlich genau, wie wir klingen wollen. Dazu kommt natürlich auch noch die großartige Arbeit von Jakob, Max und Lolli aus den „The Engine“-Studios, die diesen fetten Sound durch ihr Know-how bei der Aufnahme und im Mix erst möglich gemacht haben und auch die wie immer coole Arbeit mit meinem langjährigen Vocalproduzenten Erdem Engin. Manchmal ist das alles eben auch eine Belastung, aber so ist das eben.

Gibt es noch etwas, das du an dieser Stelle ganz dringend loswerden möchtest?
Ein dringendes Dankeschön für dieses Interview.

Vielen Dank auch dir für das Interview – zum Abschluss ein kurzes Brainstorming:

Crowdfunding – geil!
MTV/VIVA – viele Stunden vor’m VHS-Rekorder
Jahrmarkt – gruselig
Puppenspieler – gruseliger
Metal1.info – am gruseligsten…nur böse Bands!

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