Gesegnet ist, wem die Kreativität in dem Maße geschenkt wurde, wie es offensichtlich bei Christian Kolf der Fall ist – ist dieser doch nicht nur bei Valborg, Woburn House, Gruenewald und Island aktiv, welche allesamt in recht verlässlicher Regelmäßigkeit elaborierte Werke musikalischen Schaffens auf die Szene loslassen, sondern hat, ganz nebenbei, offensichtlich noch die Zeit, sich weiteren Projekten zu widmen – wie nun dem neuen Projekt OWL, welches er mit Patrick Schroeder, den man bereits als Schlagzeuger von Klabautamann kennt, ins Leben gerufen hat.
Mit „Owl“, dem selbstbetitelten Debüt, fügt man dabei dem Zeitgeister-Katalog eine weitere anspruchsvolle Scheibe mit viel Tiefgang hinzu – aber mal ehrlich: Was hätte man auch anderes erwartet?
Geboten wird hier extrem finsterer, doomiger Death Metal, welcher zwar stellenweise Parallelen zu Valborg aufweist (was wohl hauptsächlich Kolfs Gesang zuzurechnen ist), insgesamt jedoch eine komplett andere Richtung einschlägt, ist die Musik hier doch nicht auf Rock und Groove, als viel mehr auf eine düstere, beklemmende Atmosphäre ausgelegt. Zwischen den brutalen Blastbeat-Parts finden sich dabei immer wieder auch ruhigere, bisweilen gar ambientlastige Passagen, die an Kolfs Projekt Gruenewald denken lassen, sowie offensichtlich progressive Stellen. Überhaupt sind die Kompositionen, die hier dargeboten werden, alles andere als simpel gestrickt: Selbst die harten Passagen haben stets eine innovative Note, welche sich jedoch bisweilen ob des recht dichten, drückenden Sounds nicht sofort bemerkbar macht – mehrere Hördurchgänge sind hier definitiv notwendig, um das Material angemessen zu erfassen.
Nicht ganz einfach machen es OWL dem Hörer auch mit dem Gesantkonzept des Albums, folgt nach vier Songs, welche wie beschrieben größtenteils düster und bösartig aus den Boxen prügeln, ein stilistischer Bruch, wie er krasser kaum sein könnte: So besteht die gesamte zweite Albumhälfte aus einem einzigen, halbstündigen Ambient-Track, welcher OWL zufolge als Homage an Anathemas „Dreaming: The Romance” gedacht ist.
Schwierig daran ist weniger das Material als solches, welches mit seinen getragenen Synthesizer-Klängen und dem beruhigenden Meeresrauschen durchaus einen gelungen meditativen Chrakter entwickelt, denn der deutliche Bruch zum Vorangegangen – ist doch das, was der „Threnodical Ritual At The Spectral Shores Of The Eternal Sunset” betitelte Song da bietet, nicht eben, was man hören will, wenn man in der Stimmung für bösen, düsteren Death „Owl“ seiner ersten Stücke wegen einschaltet – die Gefahr, dass man deshalb bereits vor diesem Ambient-Opus den Durchlauf abbricht und von vorne beginnt, sehe ich deshalb durchaus als gegeben an…
Ob „Owl“ durch diesen Ausflug in die Welt des Ambient zu einem besseren Album wird, oder ob dieser auf einer Ein-Track-EP von Gruenewald vielleicht nicht doch besser aufgehoben gewesen wäre, sei mal dahingestellt – sicher ist, dass das Stück auch niemandem weh tut, nachdem es am Ende des Albums plaziert den Albumfluss auch nicht unterbricht. Die ersten vier Songs des Albums sind jedenfalls allemal hörenswert, findet man an räudigem, bisweilen doomigen Death Metal mit Anleihen von Morbid Angel bis hin zu den Frühwerken von Anathema Gefallen.
Wertung: 8 / 10