Es gibt diese Musikgenres, von denen du dich irgendwann abwendest, weil einfach nichts Neues kommt. Weil der frische Wind fehlt. Und dann gibt es Bands wie HYRAX, die wie ein Sturm durch die Szene fegen und dich mit nur wenigen Takten eines Besseren belehren können. Wow! Die Nürnberger Newcomer können mit ihrem ersten Album „Over The Edge“ vor allem eines – auf ganzer Linie überzeugen.
„Groovepeitsche“ nennt man sie, die vier Jungs von HYRAX, und als „Pop für Nicht-Schwangere“ bezeichnen sie selbst ihre Musik. Und legt man die neue Scheibe ein, weiß man sofort, was damit gemeint ist. Der erste Track „Desire“ ist so grandios auf den Punkt gebracht, treibend, kraftvoll und auffordernd, dass man einfach sofort weiß, wo diese Band hinwill und was sie leisten kann. Und genau so geht es weiter. Auch der Titeltrack „Over The Edge“ ist einfach wahnsinnig eingängig, wartet mit kreativen Rhythmen auf und treibt, treibt, treibt. Und macht Spaß. „Tasting Pain“ etabliert sich als der verrückte, verschrobene Track des Albums, Songs wie „This Place“ oder „Soaking“ glänzen mit coolen Solo-Parts. Irgendwo zwischen In Flames und Rob Zombie ist dieser Sound anzusiedeln, und schafft es dabei, nicht die depressive Schiene zu fahren, sondern, obwohl Texte und Artwork anderes erwarten lassen, positiv zu stimmen, zum Bewegen aufzufordern und einem ein Grinsen ins Gesicht zu zaubern. Und da verzeiht man HYRAX auch gern die mangelnde Abwechslung (Homogenität ist nicht alles), die nicht immer stilsicheren Melodien sowie die manchmal doch seltsamen, verwirrenden Texte über verhärtete Gefühle. Denn Songs wie „Constant Swelling“ bringen noch den letzten Eisklotz zum rhythmischen Kopfnicken und minimalistische Fußklopfer zum Headbangen.
Die Jungs sind wahnsinnig talentiert und wahnsinnig spielfreudig. Sie wollen dem „bösen Metal-Image eine humorvolle Seite gegenüberstellen“, und das gelingt ihnen. Im aktuellen Video zu „Desire“ beispielsweise sieht man HYRAX vor dem Badezimmerspiegel nach einer durchgefeierten Nacht, grimassenziehend, brustwachsend, zähneputzend, pinke Pompoms schleudernd. Sympathische Selbstironie pur. Gerade touren sie passenderweise mit J.B.O. durch Deutschland und dürfen sich nicht zum ersten und definitiv auch nicht zum letzten Mal live beweisen. Dieser Band kann man getrost eine erfolgreiche Zukunft vorhersagen, und mit „Over The Edge“ ist der erste Grundstein dafür gelegt. Die sollte man im Auge behalten. Und vor allem im Ohr.
Wertung: 8.5 / 10