Review Hassliebe – Sklave der Neuzeit

Die Referenzen lesen sich ganz gut: Siege bei diversen Bandwettbewerben, viele durch und durch positive Reviews, ausgedehnte Tourneen und Auftritte mit Acts wie Die Toten Hosen, Edguy oder Life Of Agony. Dazu die wiederholte Zusammenarbeit mit „Star“-Produzent Jon Caffery (u.a. Die Toten Hosen, Joy Division, Einstürzende Neubauten) und eine breite Fanbase. HASSLIEBE entfachen mit ihrem neuen Album „Sklave der Neuzeit“, welches nach einigen Verzögerungen nun erscheint, tatsächlich so etwas wie Vorfreude auf Punkmusik, die man sich ja hier und da schon mal geben kann.

Wenn man sich die Referenzbands anschaut, wird schnell klar, die Süddeutschen spielen eher die ernsthafte Variante der prinzipiell fröhlich-beschwingten Stilrichtung. Hier geht es nicht darum, den Hörer zum Schmunzeln zu bringen, sondern nachdenkliche Stimmungen zu kreieren. Die Musik tut ihr Bestes, um dies zu unterstützen, dies wird durch das im Punk nun nicht gerade alltägliche Instrument Keyboard unterstrichen, zudem spielen Gastmusiker Kazoo, Posaune und Trompete. Immer wieder nimmt die Band Tempo raus, typische 08/15-Punkriffs bleiben weitgehend in der Schublade, stattdessen greift man auch mal auf mehr als drei Akkorde zurück.
Musikalisch geht die Rechnung auch einigermaßen auf, man merkt der Band ein gewisses songwriterisches Niveau durchaus an, auch der Gesang ist prinzipiell gut gelungen, wobei es da in der Spielart auch wenig falsch zu machen gibt. Ein wenig Aggression durch eine dezente Anrauung der Stimme, hier und da ein Anflug von Melancholie in den leiseren Passagen und fertig ist das Grundkonzept. Ein wenig stoße ich mich aber an dem, was HASSLIEBE offensichtlich ganz oben auf ihrer Agenda haben: Texte, die Emotionen schüren sollen, die Themen der Zeit anpacken und den Hörer zu einer Auseinandersetzung damit bringen wollen. Das ist zwar nicht alles völliger Blödsinn, klingt für mich aber etwas aufgesetzt. Die Suche nach dem wahren Charakter, dem Essentiellen, geht auf jeden Fall noch weiter, DDP haben das jüngst wesentlich besser hinbekommen.
Die Songs als solche lassen sich ganz gut anhören, der eine oder andere Mitsing-Refrain ist dabei, die Bandbreite ist wie angesprochen gegeben. So gibt es auch mal ein zackiges Drumming, welches mit einem etwas räudigeren Sound der Gitarre auch ganz gut auf einem Metalalbum stehen könnte. Apropos Sound, mit Caffery an den Reglern konnte da nicht viel danebengehen, jederzeit transparent klingen die Instrumente durch, eins fügt sich zum anderen.

Etwas zwiespältig lässt mich „Sklave der Neuzeit“ zurück, einerseits haben wir ambitioniertes Songwriting, welches in ein vernünftiges Soundgewand gekleidet ist, andererseits erzielt man auf textlicher Basis nicht ganz das gewünschte Resultat. Etwas mehr Eingängigkeit wäre schön gewesen und so bleibt unter dem Strich ein knapp überdurchschnittliches Album, welches Fans der Band vermutlich ansprechen dürfte, andere Interessierte aber erst mal zum Probehören führen sollte.

Wertung: 6.5 / 10

Publiziert am von Jan Müller

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