Wer in der Zeit zwischen 2005 und 2011 zur Leserschaft des Legacy Magazins gehörte, dürfte mit Franka und ihren Freunden bereits vertraut sein: Die Kolumne von Mikis Wesensbitter, die sich im weitesten Sinne um die Frage drehte, ob besagte Franka eigentlich noch Black Metal hört, gehörte zum Heft wie Reviews, Interviews und Konzertberichte. Nun erscheint die komplette Fortsetzungsgeschichte – ein Mix aus Roadmovie, Lovestory, Beziehungsratgeber und satanischer Komödie – erstmals in einem Band. Autor Mikis Wesensbitter über seine 12 gemeinsamen Jahre mit Franka.
Über mehrere Jahre hinweg beschäftigte die Leser des Legacy-Magazins neben musikalischen Themen vor allem eine Frage: „Hört Franka eigentlich noch Black Metal?“. Die Antwort gab es immer und doch nie so richtig in deiner so betitelten Kolumne im Heft. Wie kam dir seinerzeit die Idee zu der Fortsetzungsgeschichte?
Da muss ich weiter ausholen. Ich hatte seit 2001 eine Kolumne im Legacy. „Auf der Metalcouch mit Mikis Wesensbitter“ hieß die. Die war eigentlich interaktiv gedacht, also ich schreibe eine Einleitung und die Geschichte kommt von den Lesern. Das hat manchmal geklappt und manchmal nicht. Wenn gerade keine Lesergeschichte vorlag, hab ich mir halt was ausgedacht. Da waren legendäre Stories dabei… Irgendwann an einem schneereichen Januarabend fiel mir dann der Grundplot zu Franka ein und ich hab das erste Kapitel geschrieben und danach gleich das zweite. Ich hatte keinen Plan, wie die Geschichte sich entwickeln soll und was passieren wird, das hat sich eigentlich dann alles von selbst ergeben, die Jungs und Mädels haben quasi ein Eigenleben entwickelt.
Wie lange war die Kolumne nun Teil des Legacy-Magazins?
“Hört Franka eigentlich noch Black Metal“ lief zunächst in zehn hintereinander folgenden Ausgaben, dann dachte ich die Geschichte wäre zu Ende erzählt und habe wieder andere Geschichten veröffentlicht. Aber da hatte ich die Rechnung ohne die Leser und vor allem ohne Franka gemacht – es musste einfach weitergehen. Insgesamt gab es dann 38 Kapitel, Start war im Winter 2005, Ende dann im Herbst 2011.Das Ende kam, ohne, dass die Franka Geschichte ein Ende hatte…
Hast du die einzelnen Episoden damals immer von Ausgabe zu Ausgabe geschrieben, oder auch mal mehrere Teile im Vorhinein?
Die ersten zehn Teile habe ich relativ kompakt geschrieben und immer wieder überarbeitet, es war ja immerhin ein Zeitraum von fast zwei Jahren. Die späteren Teile sind dann tatsächlich immer für die jeweils anstehende Ausgabe entstanden.
War die Story im Kopf schon von Anfang an fertig, oder hast du die Geschichte immer spontan weiterentwickelt?
Wie schon kurz angedeutet, sind die Sachen eigentlich von selbst entstanden, außer der Grundidee, Mann wird von Frau verlassen und trifft sie Jahre später wieder, gab es keine Storyline. Ich arbeitet generell nicht nach einem Skript, sondern lass mich überraschen, was aus einer Anfangsidee wird. Finde ich einfach viel lebendiger, als sich vorher schon alles überlegt zu haben und dann abzuarbeiten.
Nun ist das Ganze gesammelt als Buch erschienen. Wann kam dir die Idee zu dem Buch?
Ich habe vor drei Jahren schon die ersten zehn Kapitel als Buch veröffentlicht. Schön im Eigenverlag, als Limited Edition und voll Underground. Eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte, aber für die komplette Geschichte musste es ein richtiger Verlag sein. Es gab über die Jahre immer wieder Mails von Legacy-Lesern, die wissen wollten, wie es weitergeht, oder die nur Teile der Geschichte kannten und neugierig waren. Das motiviert natürlich zusätzlich.
Für das Buch hast du der Geschichte endlich einen Schluss geschrieben. Ab wann war dir klar, wie die Geschichte enden muss?
Das war mir nie klar. Ich musste ja weit nach dem Ende der Kolumne noch mal alles überarbeiten und zu einem Ende bringen. Da gab es mal einen Impuls, alles sterben zu lassen, quasi einen finalen Showdown zu veranstalten. Aber das hab ich dann doch nicht übers Herz gebracht.
Hast du eine persönliche Lieblingsepisode?
Das ist schwer zu sagen. Ich liebe die ersten Kapitel, besonders die, die in Schweden spielen. Im späteren Teil habe ich auch eine ganz klare Favoriten-Episode, die kann ich aber nicht benennen, ohne zu spoilern …
Gibt es eine Episode, die du aus heutiger Sicht nicht mehr so gut findest oder heute anders geschrieben hättest?
Ein Kapitel hab ich geschrieben, nachdem Frau und Baby im Bett lagen und die Hebamme sich verabschiedet hat. Da bekam Kirk es mit Illuminaten und Hools vom RSC Andrelecht zu tun, das war so schräg, das es im Buch nicht mehr auftaucht. In einer Episode tauchte auch ein Filmteam von „Galileo Mysterie“ auf, das ist im Buch nicht mehr zu finden. Das ist der Luxus, dass man manche Sachen dann einfach weglassen kann.
Wie viel hast du an dem Text generell nachträglich noch editiert, angepasst oder geändert?
Wir haben das ganze natürlich gründlich lektoriert und mussten einige kleine Korrekturen vornehmen, was Zeitabläufe betraf, die so im Buch nicht funktioniert hätten. Ansonsten habe ich weitestgehend das Originalmaterial beibehalten und lediglich gewisse Dinge weggelassen. Mein allerletztes Kapitel als Kolumne endetet mit einer Zombieinvasion auf einem Metalfestival, das musste raus und dann hab ich nachträglich eigentlich nur die Erlebnisse von Egil in Island und das Ende geschrieben
Im Buch taucht immer wieder die Frage auf: Was ist der beste Burzum-Song. Wieso ausgerechnet Burzum, und wie stehst du heute zu Burzum und Varg Vikernes?
Burzum ist natürlich ein sehr strittiges Thema. Zum einen sind sehr viele Leute, die eigentlich keinen Metalhintergrund hatten, über ihn auf den Black Metal aufmerksam geworden und in musikhistorischen Zusammenhängen hat er durchaus einen Sonderstatuts in der Geschichte. Was seine außermusikalischen Eskapaden betrifft, ist klar, das er ein Mörder und Rassist ist und der ganzen Szene extremen Schaden zugefügt hat. Im Buch versucht Rouven ja festzulegen, welches der beste Burzum-Song war, das ist aber eigentlich mehr ein Running-Gag, als eine Hommage an Herrn Vikernes. Ich hatte durchaus überlegt, diese Passagen rauszunehmen, aber mich dagegen entschieden.
Beruht die Geschichte eigentlich auf wahren Begebenheiten, beziehungsweise gibt es die oft geleugneten Parallelen zu real existierenden Personen?
Sie ist ausgedacht und beruht nicht auf wahren Begebenheiten, aber als Autor ist man natürlich nie frei von Inspirationen und Einflüssen aus dem (eigenen) Leben. Das steckt schon einiges von mir selbst drin.
Viele Schriftsteller entwickeln ja sehr persönliche Beziehungen zu ihren Charakteren. Wie sieht es da bei dir aus? Hast du eine Lieblingsfigur aus Frankas Welt?
Ich mag die eigentlich alle, selbst die doch zuweilen recht unsympathische Bea. Jeder von denen vereinigt ja auch viele verschiedene menschliche Aspekte in sich. Und letztlich sind es ja meine Geschöpfe.
Und hast du dich auch schon mal wirklich über eine der Figuren in deiner Geschichte geärgert?
Nicht wirklich. Sonst hätte ich sie auch aus der Geschichte gekickt.
Werden wir je wieder etwas aus Frankas Welt von dir lesen, oder betrachtest du die Geschichte mit der Veröffentlichung des Buches als final abgeschlossen?
Ich habe insgesamt 12 Jahre an Franka gearbeitet. Also nicht kontinuierlich, aber letztlich eben doch über diesen langen Zeitraum. Ich war extrem froh, als ich ENDE unter die Geschichte geschrieben hatte. Es war mehr als an der Zeit, sie endlich loszulassen. Aber sie leben alle noch und wer weiß, vielleicht stehen Franka und Kirk ja auch eines Morgens an meinem Bett und sagen: „Steh auf Alter, es ist Zeit für eine Fortsetzung.“
Wenn es das nun wirklich gewesen sein soll – wie geht es bei dir weiter – hast du schon neue Projekte, die in irgend einer Weise Metal-Bezug aufweisen?
Vor Franka habe ich im letzten Jahr „Wir hatten ja nüscht im Osten…nich ma Spaß!“ veröffentlicht, ein Tagebuchroman der 1989 in Ostberlin spielt. Einer der Protagonisten kann sich nicht so richtig entscheiden, ob er nun Punk oder Metaller ist. Da würde sich natürlich eine Fortsetzung anbieten, gerade weil die 90er ja ein extrem spannendes Jahrzehnt waren, mit all ihren Umbrüchen. Das ist aber noch nicht soweit. Momentan schreibe ich an einem Kurzgeschichtenbuch, mal sehen, ob es darin auch eine Black Metal Geschichte gibt.
Letzte Frage: Hörst du eigentlich noch Black Metal?
Ich höre gerne mal alte Black-Metal-Scheiben, aber verfolge die Entwicklung nur noch am Rande mit. Wenn Lieblingsbands wie In The Wooods oder Esoteric mit etwas Neuem am Start sind, bin ich aber natürlich dabei.
Besten Dank für Zeit und Antworten. Zum Abschluss ein Brainstorming:
Print-Magazine: Puh! Ich als Chefredakteur von zwei Printmagazinen bin natürlich vehementer Verfechter dieses Mediums. Gedrucktes ist für die Ewigkeit, aber natürlich kenne und sehe ich die Schwierigkeiten dieses Mediums…
Bisheriges Lieblingsalbum 2016: In The Woods – Pure und Mogwai – Atomic
Berlin: Bleibt wohl für eine ganze Weile noch die spannendste Stadt Deutschlands. Lebendig, tolerant und immer noch voll von Überraschungen. Auch wenn die Politik alles tut, um die Stadt zu domestizieren und es einfach kein vernünftiges Bier gibt aus Berlin.
e-books: Teufelszeug!
Festivals: Ist mir zu viel Input
Online-Magazine: Es gibt jede Menge gute, wo Leute mit Herzblut und Charme agieren.
Die letzten Worte gehören dir – gibt es noch etwas, was du unseren Lesern mitteilen möchtest?
“Auf der Metalcouch“ war der Schlusssatz immer: Mögen die Brauereien eures Herzens frei von emotionalen Turbulenzen seien! Ich glaube, der passt immernoch.
Fotos: Jana Farley