Vier Jahre ist es nun her, dass die Sludge-Legende NEUROSIS zuletzt ein Album vorgelegt hat – das vielgescholtene „Honor Found In Decay“. Ob das Album damals besser abgeschnitten hätte, wäre es nicht der direkte Nachfolger des NEUROSIS-Überalbums „Given To The Rising“ (2007) gewesen, sei dahingestellt. Fakt ist: Seit mittlerweile bald zehn Jahren lechzt der Fan nun nach einem richtig guten Album. „Fires Within Fires“, das elfte Studioalbum der Kalifornier, soll da Abhilfe schaffen.
An den Grundfesten ihres Bandkonzeptes haben NEUROSIS – wer hätte es anders erwartet – nach nunmehr 30 Jahren Bandgeschichte nicht mehr viel geändert. So klingen NEUROSIS auch 2016 noch in erster Linie und ohne Einschränkungen nach NEUROSIS. Düstere Riffs walzen über den Hörer hinweg, während sich Steve Von Till und Scott Kelly darin zu überbieten versuchen, wer seine Stimme roher klingen lassen kann.
Mit nur fünf Songs und einer Spielzeit von gerade einmal 40 Minuten ist „Fires Within Fires“ allerdings um ein Drittel kürzer als „Honor Found In Decay“ und generell das kürzeste NEUROSIS-Werk seit dem Debütalbum und dessen Nachfolger „The Word As Law“ (1990). Genau darin liegt jedoch seine Stärke: So klingt „Fires Within Fires“ wie die auf 40 Minuten eingedampfte Quintessenz dessen, wofür der Name NEUROSIS seit jeher steht. Während gerade „Honor Found In Decay“ etwas ziellos wirkte, klingt „Fires Within Fires“ im Gegensatz dazu fokussiert und durch seine Prägnanz kurzweilig.
Nicht zuletzt, weil trotz der reduzierten Spieldauer Zeit für kleine Experimente bleibt. Während gerade der Opener, „Bending Light“, aber auch „A Shadow Memory“ die Erwartungen an bandtypisches Material im Stile von „Given To The Rising“ befriedigen, drücken NEUROSIS im punkig-rotzigen „Fire Is In The End Lesson“ mitunter etwas auf die Tube, um den Hörer anschließend mit „Broken Ground“ zu überraschen: Stärker denn je färbt hier Steve Von Tills Soloprojekt auf NEUROSIS ab. Das Resultat ist ein gelungener Mix aus düsterer Singer-Songwriter-Atmosphäre gepaart mit kraftvollen Sludge-Riffs – und der stärkste NEUROSIS-Song seit langem. Auch der Zehnminüter „Reach“ weiß mit vergleichsweise ruhiger Atmosphäre zu gefallen: Cleangitarre und melodiöser Gesang stehen hier stolze acht Minuten im Mittelpunkt, ehe NEUROSIS die Röhren ihrer Verstärker im kurzen, aber heftigen Finale nochmal mit ordentlich Distortion zum Glühen bringen.
In erster Linie ist „Fires Within Fires“ unverkennbar ein NEUROSIS-Album und für Fans der Band wohl schon deshalb ein Pflichtkauf. Doch auch bei kritischerem Hinhören kann „Fires Within Fires“ überzeugen: Während sich NEUROSIS stilistisch grundlegend treu bleiben, lassen sie sich dennoch trotz vergleichsweise kurzer Spielzeit genug Raum für Experimente. Die Stärke der daraus resultierenden, vergleichsweise untypischen Songs gegen Ende des Albums gibt ihnen recht – zumal sich die Stücke trotz allem nahtlos in den Verlauf von „Fires Within Fires“ einfügen. Ob NEUROSIS damit „Given To The Rising“ toppen können, ist Geschmackssache. Fakt ist: Anders als sein Vorgänger braucht sich „Fires Within Fires“ nicht vor dem 2007er Meisterwerk zu verstecken.
Wertung: 9 / 10