Review Marillion – F.E.A.R.

MARILLION – ein Name, bei dem Prog-Fans direkt warm ums Herz wird. 1979 gegründet, zählen die Engländer zu den ganz Großen ihres Genres und ließen sich auch durch einen Wechsel am Mikrofon nicht aufhalten, als Steve Hogarth auf Originalsänger Derek William Dick – besser bekannt als Fish – folgte. Nun erscheint das vierzehnte Album der Engländer, das den Titel „F.E.A.R.“ trägt.

Dieser steht als Abkürzung für Fuck Everyone And Run, ist bewusst provokativ gewählt, ohne dabei beleidigend sein zu wollen. Angst wird hier als einer der beiden Impulse gesehen, von denen jegliches menschliche Verhalten ausgeht, wobei der andere, von dem alles Gute kommt, die Liebe ist. Dementsprechend widmen sich MARILLION auf ihrer neuen Platte den großen Lebensthemen, ohne jedoch dem Hörer etwas predigen zu wollen. So dreht sich „New Kings“ um den modernen Kapitalismus, der sich ganz offensichtlich zu etwas entwickelt hat, was für einen nicht geringen Teil der Weltbevölkerung lebensbedrohlich ist. Dieses Motiv wird in „The Leavers“ erneut aufgegriffen, wenn man sich mit der Flüchtigkeit des Lebens auseinandersetzt. „El Dorado“ hingegen untersucht die Vorstellung des politischen Anspruchs und die modernen Herausforderungen, derer sich das Vereinigte Königreich stellen muss – ein Thema, das nach dem Brexit-Votum noch an Aktualität gewonnen hat. Und so ist „F.E.A.R.“ das eindeutig politischste Album der Hogarth-Ära geworden, was der Scheibe sehr gut zu Gesicht steht.
Musikalisch bleiben sich MARILLION treu und setzen auf grandiose Keyboardteppiche, die über diesen schwebenden Gitarrensoli von Steve Rothery und selbstverständlich auch den unverwechselbaren Gesang von Steve Hogarth. Dieser liefert auf „F.E.A.R.“ eine absolut grandiose Leistung ab, seien es Spoken-Word-Passagen, kräftig rockende Parts, ruhige Momente oder die Trademark-Falsettstimme, in der auch der Albumtitel als Textzeile während „New Kings“ gesungen wird. Dieser Track schließt das Album ab und ist mit seinen knapp 20 Minuten eine spannende musikalische Reise, die zugleich starke Erinnerungen an Pink Floyd und Radiohead wachruft.
Dringend zu erwähnen ist zudem die absolut perfekte Produktion und überragende Soundqualität, die in Peter Gabriels „Real World“-Studio entstanden und MARILLION in ihrer ganzen technischen Fähigkeit darstellen, dabei aber auch die spontane Energie des gemeinsamen Musizierens eingfangen haben und in der Super-Audio-Ausgabe des Albums jedem Klangfanatiker feuchte Augen bescheren dürften.

„F.E.A.R.“ bringt das zur Vollendung, was auf „Marbles“ und „Sounds That Can’t Be Made“ bereits angedeutet wurde und erinnert an Frühwerke wie „Brave“. Wahrscheinlich das beste Album der Hogarth-Ära, ist „F.E.A.R.“ eines der besten Alben von MARILLION überhaupt und sicher in Zukunft ein ebensolcher Klassiker wie ihr Überalbum „Misplaced Childhood“.

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Wertung: 9.5 / 10

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